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Normale Version: Russland vs. Ukraine
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Zitat:um den vielfach bemühten heißen Brei bzw. um diesen Krieg herum und suchen eher nach dem eigenen Vorteil, etwa Indien oder China (also die beiden größten).

Und fûr beide gibt es regionale Konflikte, die dazu führen können das sie als erste in ein Nachbarland einmarschieren.
Die Separatisten Regierung hat nun die ersten drei ausländischen Kämpfer im Sold der Ukraine zum Tode verurteilt. Ich denke damit will man vor allem erreichen dass der Nachschub an ausländischen Söldnern versiegt.
Ich mutmaße mal eher, dass man hiermit eine Art Faustpfand bzw. "Verhandlungsmasse" schaffen will. Man bedenke, dass kürzlich ein russischer Soldat in Kiew wegen der Tötung eines Zivilisten zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Gut möglich, dass man diesen (und ggf. noch andere) bald mit irgendeinem Deal austauschen möchte.

Interessant auch, was anscheinend mit den Kämpfern aus dem Mariupoler Stahlwerk geschieht:
Zitat:Ukrainische Einheiten

Offenbar mehr als 1000 Gefangene aus Mariupol nach Russland gebracht

Die Sorge um die Kriegsgefangenen von Mariupol wächst. Laut russischen Angaben wurden rund tausend von ihnen über die Grenze transportiert – für »Ermittlungen«. Darunter sollen nicht nur Ukrainer sein. [...] Ende Mai hatten sich insgesamt mehr als 2400 ukrainische Kämpfer ergeben. [...]

Mehr als 1000 von ihnen sind mittlerweile nach Russland gebracht worden. Die russischen Strafverfolgungsbehörden beschäftigten sich derzeit mit ihnen, meldete die russische Staatsagentur Tass in der Nacht zum Mittwoch unter Berufung auf Sicherheitskreise. Unter ihnen könnten mehr als 100 ausländische »Söldner« sein. Bald würden noch mehr ukrainische gefangene Soldatinnen und Soldaten aus der südostukrainischen Hafenstadt nach Russland transportiert.
https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-k...aee5a7b5c0

Denkbar, dass hier bald der eine oder andere Schauprozess folgen wird. Aber wie gesagt: Ich denke, dass vieles damit zu tun hat, dass man ein Faustpfand für Verhandlungen und einen Austausch schaffen will.

Und die Zeichen deuten Richtung "Schauprozess":
Zitat:VERTEIDIGER VON MARIUPOL

Russland plant Tribunal über Kriegsgefangene

Laut russischen Medien sind etwa Tausend gefangene ukrainische Soldaten aus Mariupol zu „Ermittlungen“ nach Russland gebracht worden. Offenbar will Moskau sie in einem Tribunal aburteilen. [...]

Die Mehrzahl der getöteten Ukrainer sind nach ukrainischen Angaben bei den Kämpfen um das Stahlwerk Asowstal in Mariupol gefallen. Auch beim ersten Gefallenenaustausch der beiden Länder am Samstag waren unter den 160 Leichnamen, welche in die Ukraine gebracht wurden, zahlreiche Gefallene aus den Kämpfen um Asowstal. Für deren überlebende Kameraden schwinden derweil die Aussichten, bald durch einen Gefangenenaustausch in die Heimat zurückzukehren. [...]

Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS meldete am Mittwoch, was in den Tagen zuvor schon als Gerücht in sozialen Medien kursierte: Etwa 1000 der ukrainischen Soldaten, die sich Mitte Mai in Mariupol in russische Gefangenschaft begeben haben, seien zu Ermittlungszwecken nach Russland gebracht worden. „Die Sicherheitsorgane arbeiten kräftig mit ihnen“, sagte laut der Agentur eine nicht namentlich genannte Quelle. Weitere Gefangene sollten nach Russland gebracht werden. Die Gesamtzahl der ukrainischen Kämpfer, die sich im Mai in Mariupol ergeben haben, wurde damals vom russischen Verteidigungsministerium mit 2439 angegeben.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...89555.html

Allerdings ist auch die Frage, inwieweit hier geltendes Kriegsrecht verletzt wird. Wenn es sich um Söldner handelt aus dem Ausland, so haben diese wohl einen schlechten Stand und könnten tatsächlich abgeurteilt werden. Aber wenn es reguläre Angehörige des Asow-Bataillons sind, und dieses ist ja Teil der ukrainischen Streitkräfte bzw. der Nationalgarde und die Mitglieder sind auch entsprechend gekennzeichnet, so sind sie als normale Kriegsgefangene mit entsprechenden Rechten zu behandeln (in der Theorie zumindest; dass der Status eines Kriegsgefangenen bei diesem Krieg leider wenig zählt, ist ja hinlänglich schon bekannt). Aber auch die russischen Ankläger und Strafverfolger sollten sich gut überlegen, inwieweit sie gängiges Kriegsrecht aushebeln wollen, einerseits weil sie sich selbst strafbar machen würden, andererseits weil russischen regulären Soldaten sonst ein ähnliches im Rahmen von Repressalien der Gegenseite widerfahren könnte.

Und letztlich ist eine solche Vorgehensweise auch militärisch betrachtet zweifelhaft. Denn: Ein Soldat, der weiß, dass ihm im Falle einer Gefangennahme ein Schauprozess, die Deportation in ein russisches Arbeitslager, Hunger, Folter oder gar die Hinrichtung droht, wird wesentlich erbitterter und notfalls bis zur Selbstaufgabe kämpfen; hingegen wird ein Soldat, der weiß, dass ihm als Gefangenem eigentlich wenig passieren kann und dass er gut behandelt werden wird, sich erstens nicht nur eher ergeben, sondern zweitens insgesamt gesehen wird die Kampfkraft der Gegenseite dadurch reduziert, was wiederum die eigenen Verluste senken wird. Insofern tun sich die Russen selbst keinen Gefallen, wenn sie nun diesen Weg der Repression gegenüber Kriegsgefangenen beschreiten.

Schneemann
Für einen Krieg dieses Ausmaßes bleibt die Zahl der zivilen Opfer zum Glück relativ gering https://de.statista.com/statistik/daten/...ine-krieg/
Das ist zum Glück sicherlich so, aber es steht in dieser Übersicht auch dabei, dass das ja nur die offiziell erfassten Opfer sind und dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt. Und ich denke mal, wenn dieser Bericht von etwa 10.000 toten oder verletzten Zivilisten ausgeht, dass es vermutlich 20.000 bis 25.000 in der Realität sind.

Und es könnten eventuell bald noch mehr werden, wenn diese Gerüchte stimmen...
Zitat:Ukraine-Krieg: Cholera-Ausbruch in Mariupol befürchtet – WHO bereitet sich vor [...]

Im russisch besetzten Mariupol sollen nach ukrainischen Angaben Krankheiten ausgebrochen sein. In der Hafenstadt gebe es einen Ausbruch von Cholera und der Ruhr, so der Bürgermeister Mariupols, Wadym Bojtschenko, der sich nicht in der Stadt befindet. Der Krieg werde „mit diesen Infektionsausbrüchen leider die Leben weiterer Tausender in Mariupol fordern.“ Cholera ist eine lebensgefährliche Durchfallerkrankung, die meist durch das Trinken von etwa durch Fäkalien verschmutztem Wasser übertragen wird. In Mariupol sollen Teile der Wasserversorgung verseucht sein, sanitäre Anlagen sind zerstört und Leichen verwesen in den Straßen, wie die Welt online berichtet. [...]

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht zwar ein hohes Risiko für einen Cholera-Ausbruch in Mariupol, hat jedoch eigenen Angaben zufolge bisher „keine Meldung von Verdachtsfällen oder bestätigten Fällen erhalten“, so eine Sprecherin in Genf. Die WHO sei selbst nicht in Mariupol, aber in engem Kontakt mit Partnern vor Ort. [...] Die WHO habe vorsorglich Tests und Medikamente bereitgestellt, um auf einen möglichen Cholera-Ausbruch in Mariupol schnell zu reagieren, erklärte eine Sprecherin. Ebenso helfe die Organisation Behörden in der Ukraine, den Einsatz von Impfstoffen sowie Aufklärungsmaterial für die Bevölkerung vorzubereiten.
https://www.fr.de/politik/waffenlieferun...04767.html

Krieg und Pestilenz gingen bekanntlich leider immer schon nebeneinander her. Und angesichts der desolaten Lage des russischen Gesundheitssystems, das schon vor dem Krieg heillos heruntergewirtschaftet war und die Tuberkulose seit Jahren nicht in den Griff bekommen hatte, wäre es unwahrscheinlich, dass Seuchenausbrüche in den kriegsverwüsteten Gebieten großartig eingedämmt werden könnten.

Schneemann
Seit wann gibt es eigentlich eine bewaffnete Version der russischen Billigdrohne Orlan 10? Einige aktuelle russische Videos sollen angeblich Treffer durch die Orlan 10 Drohne dokumentieren.
Darüber hinaus - zur Lage vor Ort: Seitens des US-Militärs sieht man zwar enorme Verluste der Russen (und auch der Ukrainer), angesichts der zahlenmäßigen bzw. materiellen Stärke der russischen Armee geht man allerdings von aus, dass sich die Lage zum Vorteil für die Russen entwickeln wird, wenn auch sehr langsam.
Zitat:US-Militär zum Ukraine-Krieg: „Die Zahlen sprechen eindeutig für die Russen“

Schwere Verluste auch auf der ukrainischen Seite: Russland hält sich bei den Angaben zu den eigene Opfer-Zahlen zurück. Die Ukraine berichtet dagegen von schweren Verlusten in den eigenen Reihen. [...]

Dass Russland seine Kontrolle in der Ostukraine festigen kann, sei laut US-General Mark Milley, Vorsitzender der Generalstabschefs, „keine beschlossene Sache“ - obwohl Russlands Streitkräfte den ukrainischen zahlen- und waffenmäßig überlegen seien, wie der US-Sender CNN berichtet. [...] „Im Krieg gibt es keine Unvermeidbarkeiten. Der Krieg nimmt viele, viele Wendungen. Ich würde also nicht sagen, dass er unvermeidlich ist“, so der US-General. Er einräumte jedoch auch ein, dass „die Zahlen eindeutig für die Russen sprechen.“ Milley sagte, dass die ukrainische Stadt Sjewjerodonezk „wahrscheinlich zu drei Vierteln von den russischen Streitkräften eingenommen“ sei, aber dass „die Ukrainer sie Straße für Straße, Haus für Haus bekämpfen“. [...]

Milley bezeichnete die gegenwärtige Phase des Krieges außerdem als eine „sehr harte Zermürbungsschlacht, fast wie im Ersten Weltkrieg“ und wies darauf hin, dass die russischen Fortschritte in der Region „sehr langsam und sehr mühsam“ seien. „Die Russen sind auf viele Probleme gestoßen. Sie haben Kommando- und Kontrollprobleme, logistische Probleme. Sie haben Probleme mit der Moral, der Führung und eine Vielzahl anderer Probleme“, sagte Milley. „Und die Russen haben eine enorme Anzahl von Verlusten erlitten.“
https://www.fr.de/politik/ticker-ukraine...97695.html

Gleichwohl, die materielle Überlegenheit bedeutet nicht, dass man auch mit technisch besserem oder modernerem Gerät daherkommen würde...
Zitat:Russia Is Fielding 50-Year-Old Tanks in Ukraine [...]

The Russian Army has begun deployment of one of the oldest tanks in its stockpile, the T-62 main battle tank. The T-62, which the Soviet Union produced between 1962 and 1973, is poorly armored by modern standards, with little of the protection that modern vehicles offer. Relying on these tanks will only exacerbate Russia’s losses in its ongoing invasion of Ukraine—both in hardware and in human lives.

In just over 100 days, the Russian Army has lost an estimated 15,000 personnel, killed in action. Russian equipment losses have been especially heavy, as well, with at least 761 tanks, 840 infantry fighting vehicles, 271 artillery pieces, 30 fixed-wing aircraft, and an entire guided-missile cruiser destroyed. [...] Both in the field and in deep storage, the Russian Army has approximately 12,420 tanks, according to Global Firepower, a website that maintains rankings of global military strength. Russia has built comparatively few tanks since the end of the Cold War, relying on thousands of T-72 and T-80 main battle tanks that the Soviet Union produced between the late 1970s and 1991, when the USSR broke up. Decades old, Russia has renovated and upgraded these tanks into improved versions, including the T-72B1, T-72B3, and T-80BVM. Although enhanced, they still suffer from 50-year-old design decisions that make them more vulnerable to catastrophic destruction. [...]

On May 25, social media posts reported sightings of even older tanks—T-62Ms and T-62MVs—loaded on trains arriving in Ukraine. Users also spotted T-62-series tanks in the field on June 5, heading west in the direction of cities like Mykolaiv and Kryvyi Rih. That same day, footage showed the first reported losses of those tanks. [...] T-62s sighted in Ukraine have grid cages installed on the turret roof. The cages, derisively nicknamed “cope cages,” are supposed to provide additional protection against shaped-charge attacks. Unfortunately, there are numerous examples of even newer tanks equipped with the cages destroyed on the battlefield, strongly suggesting they don’t work as intended. [...]

There is no comparable tank like it left today in the West; it would be unethical to force soldiers to fight in a tank as obsolete as the T-62. Yet to all of this, there is a silver, morbid, lining: if deploying T-62s to Ukraine accelerates Russian army losses, it could hasten an end to the war.
https://www.popularmechanics.com/militar...-invasion/

Schneemann
Meldung von heute - sollte sie so zutreffen, würde das die Gerüchte über versteckte Mobilmachungen unterstreichen können, da offiziell ja zu Beginn des Krieges etwa 190.000 russische Soldaten zusammengezogen wurden:
Zitat:+++ 08:09 US-Thinktank: Bereits 330.000 russische Soldaten im Krieg +++

Russland soll auch ohne eine offizielle Generalmobilmachung bereits rund 330.000 Soldaten im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt haben. Dies berichtet der Thinktank Institute for the Study of War unter Berufung auf ukrainische Beamte. Dabei ist unklar, ob in den Zahlen auch schon zwangsmobilisierte Soldaten in den selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk enthalten sind.
https://www.n-tv.de/politik/17-16-Merkel...43824.html

Zum Wunsch eines EU-Beitritts der Ukraine...
Zitat:Ukraine moves one step closer to EU membership

The European Commission has backed Ukraine's bid to be given candidacy status to join the EU - bringing it one step closer to joining the bloc.

"Good work has been done" by Ukraine, but more is needed, European Commission President Ursula von der Leyen said. Ukraine must make "important" reforms - on rule of law, oligarchs, human rights and tackling corruption, she added. Candidacy status is a significant step to joining the EU, however the whole process can take many years. The recommendation from the European Commission still needs to be signed off by the EU's 27 member states, who meet to discuss it next week. The French, German and Italian leaders have already backed Ukraine's bid, but the decision must be unanimous. [...] The announcement comes a day after the leaders of France, Germany, Italy and Romania visited Kyiv and backed Ukraine's bid to join the EU - a big vote of confidence for Ukraine that today's decision was inevitable.

Meanwhile in Russia, the Kremlin has been watching Ukraine's efforts to join the EU very closely.
https://www.bbc.com/news/world-europe-61841598

Zum Kampf um die Stadt Sewerodonezk und den Folgen, die sich aus diesen "Städtekämpfen" ergeben:
Zitat:Erst Mariupol, jetzt Sewerodonezk: Städte als Bollwerk gegen die russische Armee

Urbane Zentren spielen eine wichtige Rolle bei der ukrainischen Verteidigung. Die Eroberung von Sewerodonezk in der Ostukraine durch russische Truppen scheint nur eine Frage der Zeit. Beobachter fragen sich schon jetzt: Welche Stadt wird als nächstes belagert? [...]

Die Ukrainer verteidigen ihre Städte mit hoher Opferbereitschaft, auch wenn eine Niederlage unvermeidbar scheint. Diese Strategie soll nicht nur den Vormarsch der russischen Armee verlangsamen, sondern auch die Moral der eigenen Truppe stärken. Ein Vorgehen, das effektiv, aber auch verlustreich ist. [...]

So verlangsamte nach Ansicht von William Schneider von der US-Denkfabrik Hudson Institut die schwierige Eroberung Mariupols Russlands Offensive im Donbass in der Ostukraine erheblich. Seinen Schätzungen zufolge musste Moskau mehr als zwölf Bataillone am Asowschen Meer vorhalten, um die Hafenstadt einzunehmen. Sewerodonezk habe als Tor zur Donbass-Region eine "noch größere politisch-militärische Bedeutung", erläutert er. [...] Ein französischer Militärvertreter, der anonym bleiben will, stellt fest, dass die Ukrainer insbesondere in Mariupol "wie Märtyrer erscheinen" können. Das sei eine Möglichkeit, "den Zusammenhalt und die Einheit der Truppe sicherzustellen", die zunehmend aus jungen Soldaten und Freiwilligen bestünde und durch Vorbilder ermutigt werden müsse. [...]

In einer Analyse für das Französische Institut für Internationale Beziehungen (Ifri) stellte der ehemalige französische Oberst Michel Goya fest, dass mehr als 30 ukrainische Städte das Potenzial hätten, "länger als einen Monat gegen eine vollständige russische Armee auszuhalten". Hinzu kämen "vier Super-Bollwerk-Städte mit mehr als einer Million Einwohner" östlich des Flusses Dnepr, erläutert Goya. Selbst im Falle einer eingekesselten Stadt wie Mariupol hätte die russische Armee eine Woche gebraucht, um eine 20 Quadratkilometer große urbane Zone einzunehmen.
https://www.diepresse.com/6153156/erst-m...sche-armee

In gewisser Weise haben wir es mit einem massiven Material- und Artilleriekrieg zu tun. Aber interessanterweise, im Gegensatz zu früheren Großkonflikten, geht dieses Mal die Rechnung, wonach sog. "feste Plätze", wie es die Wehrmacht zu Ende des Zweiten Weltkrieges praktizierte (und was, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur sehr geringen Einfluss darauf hatte, den Gegner zu stoppen), einen mechanisierten Feind bremsen könnten, zumindest bislang weitgehend auf. Und die russische Vormarschgeschwindigkeit, die schon zu Beginn der Donbass-Offensive nicht unbedingt sonderlich schnell war, schwächt sich derzeit immer mehr ab.

Während taktisch dieses starre Festhalten an Städten und Orten fast bei allen bekannten Autoren als wenig sinnhaft angesehen wird in einem Bewegungskrieg, liefern die Ukrainer gezwungenermaßen das Gegenbeispiel, dass eine solche Taktik durchaus auch funktionieren kann, um eine Offensive aufzuhalten. Es gilt natürlich zu berücksichtigen, dass dieser Krieg wiederum spezielle Rahmenparameter mit sich bringt, die es ermöglichen, dass diese Taktik funktioniert.

Einerseits sind die Russen zahlenmäßig nicht so stark wie die Rote Armee bei ihren Großoffensiven 1944/45, wir haben also keine "Flutwelle" vor uns, andererseits haben aber auch die modernen Panzerabwehrwaffen den raschen Vorstoß von Panzerverbänden, in Kombination mit schwierigerem Terrain, sehr riskant und verlustreich werden lassen. Und zuletzt kommt noch hinzu, dass die Russen in den ersten fünf, sechs Wochen des Krieges bedingt durch einen technisch-taktischen und moralisch-logistischen Totalausfall einen erheblichen Teil ihrer noch halbwegs besser ausgestatteten Verbände verloren haben bzw. dass diese zumindest über das erträgliche Maß hinaus angeschlagen wurden. Großartige Offensivreserven sind also nicht mehr vorhanden.

Und dies führt nun dazu, dass man sich mit einer Artilleriewalze versucht irgendwie noch vorzuwühlen, aber genau dies bringt es wiederum mit sich, zum Leidwesen natürlich der Zivilisten in den Städten, dass die Taktik des Verteidigens der "feste Plätze" aufgeht und die Offensive nach und nach zum Stillstand kommt. Rein militärisch betrachtet ein interessanter Sachverhalt.

Schneemann
zu den 330.000 gibt es hier die Originalquelle:

Zitat:
Ukrainian officials stated that Russian forces have already committed about 330,000 servicemen to their invasion of Ukraine without conducting partial or full-scale mobilization in Russia. Ukrainian General Staff Main Operations Deputy Chief Oleksiy Gromov stated that Russian forces grouped 150,000 servicemen into battalion tactical groups (BTGs) and other formations and involved additional 70,000 troops from air and sea elements, with the remaining personnel staffing non-combat support units.[6] Gromov noted that Russian forces committed more than 80,000 servicemen of the mobilized reserve, up to 7,000 reservists of the Russian Combat Army Reserve (BARS-2021), up to 18,000 members of the Russian National Guard (Rosguardia), and up to 8,000 troops from private military companies. Gromov did not specify if Ukrainian officials included information about forcibly mobilized servicemen in the Donetsk and Luhansk People’s Republics (DNR and LNR) in these numbers. Gromov noted that the Kremlin may still increase the number of Russian military personnel in Ukraine by executing covert or full mobilization.[7] Gromov noted that while it is unknown if the Kremlin will declare mobilization, Russian forces will still need time to execute the deployment and training of the new personnel whether or not the Kremlin announces full mobilization.
https://www.understandingwar.org/backgro...ct-updates

Also alle Teilstreitkräfte plus Etappe. Ich lese da nichts Neues und keine versteckte Mobilmachung raus.


Zitat:In gewisser Weise haben wir es mit einem massiven Material- und Artilleriekrieg zu tun. Aber interessanterweise, im Gegensatz zu früheren Großkonflikten, geht dieses Mal die Rechnung, wonach sog. "feste Plätze", wie es die Wehrmacht zu Ende des Zweiten Weltkrieges praktizierte (und was, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur sehr geringen Einfluss darauf hatte, den Gegner zu stoppen), einen mechanisierten Feind bremsen könnten, zumindest bislang weitgehend auf. Und die russische Vormarschgeschwindigkeit, die schon zu Beginn der Donbass-Offensive nicht unbedingt sonderlich schnell war, schwächt sich derzeit immer mehr ab.
Funktioniert halt auch nur weil die Russen meinen es wäre irgendwie sinnvoll sich durch Severodonetsk zu kloppen anstatt den Durchbruch bei Popasna zu vollenden und die Stadt einzukesseln. Muss man nicht verstehen.
Oberst Reisner macht Inventur:

Schwere Waffen für die Ukraine
Auszüge aus Macrons RETEX Ukraine Besuch Juni 2022

Nur meine persönliche Interpretation

Der Krieg wird noch dauern und die Ukraine muss noch lange unterstützt werden

Was wird gebraucht ? (Aussagen von O. Scholz deuten die selbe Richtung an)
Eher Artillerie und die dazu gehörige Munition
Um liefern zu können muss die (französische) Rüstungsindustrie um orientiert werden.
Ein Anfang bei KDNS Nexter

Es geht um Mengen und Preise.

Was kann schnell gemacht werden?
Export der ukrainischen Getreideernte durch Rumänien, Rumänien plant eine logistische Plattform für den Export des in Odessa gelagerten Getreides. Frankreich hilft bei der Umsetzung.
Eine große Menge Saatgut wird gerade geliefert.
Also zumindest die nächsten zwei Monate wollen sie anscheinend nicht verhandeln, und dies dürfte die Mutmaßung, dass man sich im Sommer noch gegenseitig "austoben" will, zumindest halbwegs bestätigen. Interessant finde ich, dass die Ukrainer selbst es so darstellen, dass sie "Ende August in einer besseren Verhandlungsposition seien", während sie zugleich sagen, dass sie die Front im Donbass kaum mehr halten können...
Zitat:UKRAINE-LIVEBLOG

Ukraine: Weitere Verhandlungen mit Russland erst Ende August [...]

Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija will erst Ende August nach der Durchführung von Gegenangriffen die Friedensverhandlungen mit Moskau wieder aufnehmen. Ende August werde die Ukraine eine bessere Verhandlungsposition haben, sagte er in einem am Samstag erschienenen Interview mit dem Sender Voice of America. „Ich denke, wir werden eine Operation mit Gegenangriffen an verschiedenen Orten führen“, erklärte Arachamija, ohne Details zu nennen.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...28371.html

Und die Verluste sind nicht gering:
Zitat:Bis zu 50 Prozent der Ausrüstung

Ukrainischer General gibt hohe Verluste zu

Seit fast vier Monaten nun schon wehrt sich die Ukraine gegen die russischen Angreifer. Die dabei erlittenen materiellen Verluste der ukrainischen Armee sind enorm. Einem ranghohen General zufolge wurde bei den Gefechten ein großer Teil der Ausrüstung zerstört, darunter allein 400 Panzer.

Die ukrainische Armee hat nach Angaben eines ranghohen Generals seit Beginn des russischen Angriffskriegs hohe materielle Verluste erlitten. "Bis heute haben wir infolge aktiver Gefechte schätzungsweise 30 bis 40, manchmal bis zu 50 Prozent Verluste bei der Ausrüstung", sagte der Brigadegeneral Wolodymyr Karpenko dem US-Magazin "National Defense". "Schätzungsweise 1300 Infanterie-Kampffahrzeuge, 400 Panzer und 700 Artilleriesysteme wurden verloren."
https://www.n-tv.de/politik/Ukrainischer...07529.html

Schneemann
(18.06.2022, 14:18)Schneemann schrieb: [ -> ]Interessant finde ich, dass die Ukrainer selbst es so darstellen, dass sie "Ende August in einer besseren Verhandlungsposition seien", während sie zugleich sagen, dass sie die Front im Donbass kaum mehr halten können...

Könnte man so deuten, dass sie sich selbst darüber bewusst sind, welche Gebiete sie potentiell zurückerobern können (Cherson) und welche Russland nicht wieder hergeben wird (östl. Donbas). Die am stärksten umkämpften Gebiete dort sind ja auch -so bitter das ist- eh für den Besitzer mehr Last als Gewinn. Mit Blick auf einen potentiell erneut eingefrorenen Konflikt werden solche Aspekte an Relevanz gewinnen. Da bringt ein befreites Cherson mit dem Dnepr als Grenze deutliche Vorteile gegenüber bspw. einem verwüsten Brückenkopf östlich des Siwerskyj Donez.
(18.06.2022, 14:36)Broensen schrieb: [ -> ]Könnte man so deuten, dass sie sich selbst darüber bewusst sind, welche Gebiete sie potentiell zurückerobern können (Cherson) und welche Russland nicht wieder hergeben wird (östl. Donbas). Die am stärksten umkämpften Gebiete dort sind ja auch -so bitter das ist- eh für den Besitzer mehr Last als Gewinn. Mit Blick auf einen potentiell erneut eingefrorenen Konflikt werden solche Aspekte an Relevanz gewinnen. Da bringt ein befreites Cherson mit dem Dnepr als Grenze deutliche Vorteile gegenüber bspw. einem verwüsten Brückenkopf östlich des Siwerskyj Donez.

Danach sieht es aber nicht aus, denn die Ukrainer versuchen ihre Positionen im Donbass zu halten.
Es wird einfach gerne so manches lanciert um die (ver)öffentliche Meinung zu beeinflussen. Je mehr Druck die westliche Medien hinsichtlich Waffenlieferungen machen, desto besser für die Ukraine, völlig gleich was tatsächlich an der Front passiert.