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Normale Version: Russland vs. Ukraine
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Die jeweiligen Aufträge der sehr verschiedenen Untereinheiten von Wagner sind halt auch sehr verschieden. Da gibt es einfaches Kanonenfutter welches einfach nur nach vorne verbrannt wird, dann gibt es militärisch recht konventionelle Einheiten die ganz normal kämpfen, dann gibt es Spezialeinheiten welche Infiltrieren und Aufklärung betreiben usw.

Das ist eben eine sehr stark diversifizierte Streitmacht. Das Kanonenfutter geht allerdings zunehmend aus, man hat die Gefängnisse schon sehr weitgehend "geplündert". Das Kalkül dahinter ist dabei ja auch explizit, sich der Gefangenen und Asozialen Elemente zu entledigen, damit der Krieg sozusagen sekundär damit noch einen Nutzen "für die Gesellschaft" hat.
(16.03.2023, 00:45)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das ist eben eine sehr stark diversifizierte Streitmacht. Das Kanonenfutter geht allerdings zunehmend aus, man hat die Gefängnisse schon sehr weitgehend "geplündert". Das Kalkül dahinter ist dabei ja auch explizit, sich der Gefangenen und Asozialen Elemente zu entledigen, damit der Krieg sozusagen sekundär damit noch einen Nutzen "für die Gesellschaft" hat.

Aus russischer Sicht geht dieses Kalkül ja auch auf. Man präsentiert allerdings auch die andere Seite. Die eher Wenigen die es geschafft haben sich durch diese Einsätze sozusagen den Platz in der Gesellschaft zurück zu erkämpfen. Inwiefern dies in Zukunft andere Inhaftierte dazu motiviert bei Wagner zu unterschreiben steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ich denke Potential in Richtung 100-150k gäbe es in den russischen Lagern noch. Nur will von denen vermutlich kaum noch jemand mitmachen.
Nach aktuellen Meldungen sollen die Russen pro Tag Verluste von bis zu 500 Mann erleiden. Also wenn dies stimmt (wobei es teils ukrainische Meldungen sind, die man natürlich auch kritisch betrachten muss), und wenn nur die Hälfte der Verlustzahlen stimmt, so fallen grob 2.000 bis 3.000 Mann je Woche aus. Das wird auf Dauer auch von Wagner und schnell ausgehobenen Rekruten nicht aufgefangen werden können. Zumal der Kampf um Bakhmut schon seit Monaten tobt.

Hieße also, dass nicht nur die Ukrainer in einem Rattenloch festhängen und weder vor noch zurück können, sondern dass die Russen selbst aus der Falle Bakhmut nicht mehr wirklich herauskommen, da sie bereits zu viel "investiert" haben, sie können gar nicht mehr zurück, sie müssen Erfolg haben - sind also ihre eigenen Getriebenen...
Zitat:Russland „verblutet“ in Bachmut: Fallen Prigoschin und Putin auf einen „Trick“ herein? [...]

Die russischen Verluste sollen indes ungleich höher sein. Mehr noch: Laut einem Militärexperten fallen Moskau-Machthaber Wladimir Putin und der Chef der Söldnergruppe „Wagner“, Jewgeni Prigoschin, im Ukraine-Krieg just in Bachmut sogar auf einen „Trick“ der ukrainischen Verteidiger rein. [...]

„Während sich die russischen Streitkräfte überaus dumm anstellen, machen es die Ukrainer äußerst geschickt. Die Kämpfe um Bachmut binden eine Großzahl an russischen Kräften. Soldaten, die wiederum an anderer Stelle fehlen. So kann die Ukraine ihre Reserven schonen – und Kräfte für Offensiven im Frühjahr aufbauen. Je mehr Selenskyj (Präsident Wolodymyr Selenskyj, d. Red.) zudem die ‚Bedeutung‘ Bachmuts betont, desto dringender will Prigoschin es erobern. Russland fällt auf einen Trick rein“, erklärte Marcus Keupp, Dozent für Militärökonomie an der Militärakademie der ETH Zürich, dem Nachrichtenportal t-online. [...]

Seine These: „Die russischen Truppen werden in einen Fleischwolf geschickt – ohne jede Rücksicht. Dieses Vorgehen ist aus militärischer Sicht außerordentlich dumm. Aber es geht im Kampf um Bachmut nicht in erster Linie um die Erreichung militärischer Ziele, sondern um einen Machtkampf in der russischen Führung.“ Dieser Machtkampf tobe angeblich zwischen „Wagner“-Chef Prigoschin und dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Beide seien „verfeindet“, meinte Keupp: „Aber auch Prigoschin ist das Schicksal seiner Leute ziemlich egal. Diese Menschen werden als ‚überflüssig‘ betrachtet, so zynisch das ist.“
https://www.merkur.de/politik/ukraine-kr...43551.html

Auch noch etwas zu einem anscheinend recht effektiven System:
Zitat:+++ 09:25 London: Ukraine überlistet russische Truppen erfolgreich mit neu eingeführtem Waffensystem +++

Die russische Offensive auf die ostukrainische Stadt Wuhledar hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste wohl an Tempo verloren. Sie füge sich in eine Reihe gescheiterter, extrem verlustreicher russischer Angriffe in den vergangenen drei Monaten ein, heißt es im täglichen Kurzbericht des Verteidigungsministeriums. Die russischen Rückschläge seien unter anderem durch die erfolgreiche Einführung eines Systems durch die Ukrainer zurückzuführen, das im Englischen als "Remote Anti-Armor Mine System" (RAAM) bezeichnet wird. Damit können Panzerabwehrminen den Angaben nach bis zu 17 Kilometer vom Abschussort entfernt verstreut werden. Teilweise habe die Ukraine diese über und hinter vorrückenden russischen Einheiten abgeworfen, was beim Rückzug russischer Truppen zu Chaos geführt habe, heißt es von den Briten.
https://www.n-tv.de/politik/09-25-London...43824.html

Schneemann
Panzer mit Minen zu überschütten ist ja keine neue Sache, aber ich habe immerschon sehr viel davon gehalten und die besagte Schlacht zeigt einmal mehr auf, wie gut dieser Ansatz sein kann. Leider werden solche Fähigkeiten und die Minenkriegsführung im allgemeinen in der Bundeswehr sträflich vernachlässigt. Auch in der Berichterstattung über die Ukraine wird viel zu wenig über den heftigen Minenkrieg in der Ukraine berichtet. Dabei spielen Minen aller Art dort eine immens wichtige Rolle und in der Ukraine liegen inzwischen gewaltige Minenfelder (von beiden Seiten) die es beiden Seiten schwer machen sich schnell offensiv zu bewegen, auch dies ein Aspekt der viel zu wenig Beachtung findet bei der Klärung der Frage warum die Front derart steht.
Wenn man bedenkt, dass die USA anscheinend 9.000-10.000 RAAMs geliefert haben - und die Deutschen vermutlich an die 14.000 DM-31 / PARM DM-22 -, so kann man sich sicherlich fragen, inwieweit man sich noch in einen Panzer setzen mag (unabhängig von der Masse an ATGMs)? Mischt man diesen Umstand mit dem derzeitigen Matschwetter, so braucht man sich die nächsten zwei Monate erst mal keinen Kopf über irgendwelche größeren Panzeroperationen zu machen.

In dieser Zeit täte man insofern gut daran, die Ausbildung der ukrainischen Panzermannschaften in den westlichen Ländern auszubauen und zudem - was gerne etwas stiefmütterlich behandelt wird bei aller Kampfpanzer-Rhetorik - auch die Pionierpanzer, vor allem die Räumpanzer oder MBT Attachments, und Räumtechniken mit schwerem Gerät verstärkt ins Auge zu fassen.

Schneemann
@Quintus: Danke für die Erklärung. Es ist interessant. Im Prinzip ist mir das Meiste aus den regulären Medien bekannt. Gleichzeitig habe ich mich von der Berichterstattung der letzten Wochen und Monate so beeinflussen lassen, dass ich unbewusst zu dem Schluss gekommen bin, dass der professionelle Teil der Wagner-Infanterie schon vernichtet sei und man jetzt nur noch Zombies in die Schlacht schickt.

Wobei mir das mit den Studenten neu war. Ich wusste nur von nigerianischen Strafgefangenen, die man dem nigerianischen Staat abgekauft hat.

Der Kannibale scheint's dir angetan zu haben. Wink

Was den Minenkrieg in der Berichterstattung angeht - ich könnte mir hier eine gewisse Hemmschwelle seitens der Medien vorstellen. Minen werden in der Zivilbevölkerung vor allem mit APM in Verbindung gebracht und sind entsprechend beliebt wie Fußpilz. Da auch die Ukraine diese verwendet und man sie vielleicht ungern in schlechtem Licht darstellen möchte, lässt man das halt beiseite. Alternativ ist dieses Wissen in den regulären Medien auch vielleicht einfach zu wenig verbreitet. Beziehungsweise eine Mischung aus beiden Gründen.

Ich habe mich ja schon öfters gefragt, was in Rockensußra noch so auf dem Hof steht. Vor allem Jaguare und Skorpione sind mir damals in den Sinn gekommen, als die Gepard-Diskussion aufkam. Ich bin dann auf diesen Artikel von 2016 gestoßen, bei dem der Betreiber von Rockensußra schon fast prophetisch auf die steigenden Spannungen in Osteuropa verwies und explizit deswegen die Minenwerfer, ich nehme mal an Skorpione, erst einmal nicht verschrotten wollte. Nach deinem Kommentar zum Minenkrieg musste ich wieder daran denken.

Habe mir gerade mal ein Google Maps-Bild diesbezüglich angesehen. Viel scheint ja nicht mehr übrig sein. Aber gut, der politische Wille ist ohnehin nicht da.

Apropos Minen in den Schlammäckern: Möchte man sich nicht ausmalen, wie viele davon im Schlamm versinken und in den nächsten Jahrzehnten noch so mancher ukrainischer Bauer mit seinem Traktor hochgehen wird. Gleichzeitig stellt sich mir die Frage, wie dauerhaft die Minensperren sind.
Unterliegen die Richtminen durch ihre Treibladung einer haltbarkeitsbeschränkung ? Diese sind ja nun im Schnitt um die 30 Jahre alt .
Der Lt. Colonel aus dem WP Artikel ist sein Bataillon los und darf sich jetzt voll auf die Ausbildung konzentrieren:
Zitat: Lt. Col. Anatolii "Kupol" Kozel, a skilled commander of a battalion of 46th Airmobile Brigade was demoted to deputy commander of training center after an interview with Washington Post.
Kupol wrote a resignation letter in response.
#UkraineRussiaWar
https://twitter.com/Militarylandnet/stat...4642408488
Es könnte sein, dass die wuchernde Korruption bei den Russen in verstärktem Maße die Geheimdienste beschäftigt. Nicht, dass diese nun vor Korruption gefeit wären, schließlich tragen sie das korrupte System Putin, aber anscheinend werden verstärkt Kontrollen von Equipment durchgeführt. Quasi sorgen somit die korrupten Geheimdienste dafür, dass die korrupte Armee nicht noch mehr Gedöns verscherbelt. Ob das nun die Kampfbefähigung hebt, sei dahingestellt, das Verhältnis zwischen Armee und Geheimdiensten dürfte sich allerdings nicht verbessern...
Zitat:The Russian Federal State Security Service (FSB) appears to be trying to penetrate the Russian Defense Industrial Base (DIB) in a way that is reminiscent of the KGB’s involvement with the Soviet military establishment. Spokesperson for the Ukrainian Center for the Research of Trophy and Prospective Weapons and Military Equipment of the Ukrainian General Staff Andrii Rudyk remarked on March 16 that Ukrainian experts have found FSB markings on many Russian weapons components that Ukrainian forces have destroyed or captured on the battlefield.[1]

Rudyk noted that these markings appear not only on equipment such as T-90M tanks, but also on weapons’ microcircuits, and suggested that this means that the FSB conducted an equipment inspection of such weapons and components.[2] Rudyk concluded that this means that the FSB does not trust Russian military leadership and is conducting inspections of Russian equipment accordingly.[3] FSB markings on Russian equipment and weapons components, if confirmed, would have broader implications for the relationship between the FSB, the Russian DIB, and the broader Russian military apparatus. Either FSB Director Alexander Bortnikov has instructed the FSB to conduct these investigations at the direction of Russian President Vladimir Putin, or Bortnikov has issued this directive independent of Putin. In either case the FSB appears to be directly inserting itself into the inner workings of the Russian DIB, likely penetrating equipment acquisition and inspection processes. The KGB (the FSB’s predecessor) notably penetrated the Red Army and Soviet defense industry in a similar fashion.
https://www.understandingwar.org/backgro...ch-16-2023

Schneemann
Es ist zwar nach gegenwärtigem Stand - relativ - unwahrscheinlich, dass Putin sich jemals vor Gericht verantworten wird müssen, aber dennoch nicht ganz auszuschließen. Vermutlich wird er vorher an seiner kolportierten Erkrankung oder am fortgeschrittenen Alter sterben. Aber sollte es zu einem Umsturz in Moskau kommen (je nachdem, wie der Krieg weiter verläuft und wie die "Heimatfront" sich verhält), und sollten dann Kräfte ans Ruder kommen, die ihm feindselig gesonnen sind, dann könnte vielleicht (und wenn sie ihn nicht erschießen oder er sonstwie "verunfallt") sogar irgendwann doch eine Auslieferung erfolgen nach dem Schema Milošević...
Zitat:LIVE UPDATES

ICC issues arrest warrant for Putin and Russian official tied to alleged deportation of Ukrainian children

The International Criminal Court has issued arrest warrants for Russian President Vladimir Putin and Maria Lvova-Belova, it announced in a news release on Friday.

Lvova-Belova is the Russian official at the center of the alleged scheme to forcibly deport thousands of Ukrainian children to Russia.
https://edition.cnn.com/europe/live-news...7144d61dd2

Schneemann
@lime

Antworten zur Gerichtsthematik sind verschoben nach https://www.forum-sicherheitspolitik.org...nationaler

Aktuelles: Wie hier schon einmal angesprochen, muss abgewartet werden, ob die westlichen Unterstützungsleistungen an die Ukrainer, v. a. durch die USA, in nächster Zeit weiterhin aufrecht erhalten werden. Sowohl in Europa als auch in den USA erodiert die Bereitschaft, sich weiter zu engagieren. Und ausgerechnet die beiden (mutmaßlichen) Hauptplatzhirsche der kommenden Präsidentenwahl auf republikanischer Seite sind sich nicht zu schade, diese isolationistische Anti-Ukraine-Karte zu spielen. Sicherlich muss man abwarten, was sie denn umsetzen würden, wenn sie denn gewählt werden würden, aber die Zeichen an der Wand sind dennoch nicht zu übersehen.

Schlecht für die Ukraine, und auch schlecht für die Europäer, die einen Ausfall der USA in keiner Weise kompensieren könnten.
Zitat:The two biggest 2024 Republican names would mean bad news for Ukraine

CNN - Russia might be bogged down in its vicious onslaught on Ukraine, but President Vladimir Putin is winning big elsewhere – in the Republican presidential primary.

The two highest-polling potential GOP nominees – former President Donald Trump and Florida Gov. Ron DeSantis – are making clear that if they make it to the White House, Ukraine’s lifeline of US weapons and ammunition would be in danger and the war could end on Putin’s terms. Their stands underscore rising antipathy among grassroots conservatives to the war and President Joe Biden’s marshaling of the West to bankroll Kyiv’s resistance to Putin’s unprovoked invasion. “The death and destruction must end now!” Trump wrote in replies to a questionnaire from Fox News’ Tucker Carlson about the war and US involvement. DeSantis, answering the same questions, countered with his most unequivocal signal yet that he’d downgrade US help for Ukraine if he wins the presidency. [...]

Trump’s warnings that only he can stop World War III and DeSantis’ main argument that saving Ukraine is not a core US national security interest will likely gain even more traction following one of the most alarming moments yet in the war on Tuesday.
https://edition.cnn.com/2023/03/15/polit...is-ukraine

Trumps The death and destruction must end now! erinnert beinahe ein wenig an Wagenknecht und Co.: Man redet zwar über etwas bzw. fordert etwas zu einem Ereignis, ohne aber tiefer ins Detail zu gehen oder nähere Ursachen zu benennen. Der große, unsichtbare Elefant im Raum wird geschickt umwandert und nicht näher genannt, zugleich aber wird mit ihm bzw. möglichen Folgen für den Porzellanladen möglichst dramatisch Wahlkampf gemacht. Bei der einfacher gestrickten Fraktion des Wahlvolkes wird das sicher landen...

Schneemann
Offenbar machen die Russen bei Bakhmut leichte Bodengewinne...
Zitat:RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, MARCH 20, 2023 [...]

Russian forces made marginal gains in and around Bakhmut amid a reported increase in the tempo of Russian operations around Avdiivka. Russian forces likely made additional gains in southwestern and northern Bakhmut as well as northwest of Bakhmut between Bohdanivka and Khromove as of March 20.[1] The Ukrainian General Staff reported on March 19 that Russian troops attacked toward Berdychi (10km northwest of Avdiivka), which indicates that Russian forces likely advanced west of Krasnohorivka (9km north of Avdiivka) and captured Stepove (just west of Krasnohorivka).[2] Russian forces are likely increasing the tempo of operations north of Avdiivka in an effort to set conditions for the encirclement of the settlement and are reportedly employing a greater number of aviation units in the area to support these operations.[3]
https://www.understandingwar.org/backgro...ch-20-2023

...gleichwohl aber unter geradezu horrenden Verlusten...
Zitat:Bachmut ist Russlands „Todeszone“ – Schwere Verluste in zermürbender Schlacht [...]

Mittlerweile gibt es keinen Tag, an dem nicht eine neue Eskalationsstufe in der umkämpften Stadt Bachmut erreicht wird. Seit Wochen toben schwere Kämpfe russischer und ukrainischer Truppen im Donbass. [...]

Die angesprochenen Informationen aus Großbritannien gelangen jedoch nicht nur durch staatliche Quellen an die Öffentlichkeit. Medienberichte geben ebenfalls immer wieder Einblicke in die Truppenstärke. Beispielsweise sagte ein Nato-Beamter, der anonym bleiben wollte, dem Guardian, dass täglich rund 1500 russische Soldaten in Bachmut sterben würden. Die Stadt im Donbass habe sich mittlerweile zu einer „Todeszone“ verwandelt, so die Quelle.
https://www.fr.de/politik/bachmut-verlus...54616.html

1.500 Gefallene je Tag erscheint mir etwas hoch gegriffen, aber selbst wenn damit nur die Gesamtausfälle (inkl. Verwundeten, Vermissten etc.) gemeint wären oder wenn die Zahl "nur" halb so hoch wäre, wären diese katastrophale Verluste.

Dass gerade aber Wagner schwere Ausfälle haben dürfte, könnte sich auch in diesem Aufruf bzw. in dieser Bitte seitens Prigoschin spiegeln (gesetzt den Fall, es ist keine Finte, um die Ukrainer über hohe Eigenverluste zu täuschen oder um die Machthaber im Kreml und in der Militärführung unter Druck zu halten/setzen). Und gerade der Umstand, dass Prigoschin derart offentsichtlich den eh schon recht verpönten Schoigu so ins Boot hereinholt, könnte in diese Richtung deuten. Er hebt somit Wagner weiter auf den Schild, kann aber sagen, wenn er dennoch vor Bakhmut scheitert, dass er ja Schoigu um Hilfe gebeten hatte, aber dass dieser ihn nicht oder unzureichend unterstützt habe. Könnte taktisch also auch dem innenpolitischen Machtkampf geschuldet sein. Zumal Prigoschin sicher auch weiß, wie schlecht die regulären Einheiten personell und materiell derzeit aufgestellt sind und der Kreml neue Mobilisierungen wegen der Proteste bei der letzten Welle von Aushebungen in jedem Fall umschiffen möchte.
Zitat:Angst vor ukrainischer Offensive

Kampf um Bachmut - Prigoschin bittet um Hilfe

Seit Monaten versuchen russische Kämpfer der Gruppe Wagner die Stadt Bachmut zu erobern. Nun bittet Söldnerchef Prigoschin Moskau eindringlich um Verstärkungen. [...] Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin veröffentlichte einen Brief an Verteidigungsminister Sergei Schoigu, in dem er um Verstärkung bittet. [...]

Schoigu solle dringend die nötigen Schritte einleiten, um das zu verhindern. Andernfalls habe das "negative Folgen" für die russische Invasion in die Ukraine, warnte Prigoschin. [...] Die Wagner-Truppen sind nach Prigoschins Darstellung bisher die einzigen russischen Einheiten, die in Bachmut kämpfen. Die russische Armee ist demnach an anderen Frontabschnitten im Gebiet Donezk aktiv.
https://www.n-tv.de/politik/Kampf-um-Bac...99504.html

Schneemann
Zu Bakhmut könnte man übrigens anmerken, dass hier die letzte Woche / bis die letzten Tage ein paar begrenzte Gegenoffensiven der Ukrainer gegeben hat, mit dem Ziel die langsam vordringenden Russen wieder zurück zu drängen. Diese Gegenoffensiven wurden vor allem hierzulande medial de facto gar nicht beachtet und auch ganz allgemein ist sehr wenig über ihren Verlauf bekannt bzw. ich habe dazu nur sehr wenig und indirektes gefunden.

Anscheinend gab es dabei durchaus einige - natürlich räumlich begrenzte - ukrainische Erfolge. Die Gegenstöße der Ukrainer wurden nach Filmen welche ich dazu gesehen habe durchaus mit richtiger mechanisierter Infanterie mit Schützenpanzern geführt. Die ukrainischen Verluste sind nicht abschätzbar, dürften aber ebenfalls erheblich sein.
Mein Eindruck dazu ist, dass sich die russischen Vorstöße an den Flanken schon vor den kolportierten ukrainischen Gegenangriffen deutlich verlangsamt hatten und man stattdessen verstärkt in der Stadt selbst angreift.
Und über kurz oder lang wird den Ukrainern da schlicht die Stadt zum zurückweichen ausgehen, unabhängig davon ob die Russen davor noch die letzten Verbindungsstraßen kappen oder nicht.
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, aber ich werde langsam etwas misstrauisch, ob Bakhmut wirklich das ist, was man darstellt: D. h. eine relativ zweitklassige Stadt, die man mit großem Aufwand und unter hohen Verlusten gerade so noch vor den anstürmenden Russen halten kann? Aber ist das wirklich so?

Genau genommen kommen die Russen nur unter immensen Verlusten voran, und das sehr langsam und über Wochen und Monate hinweg. Es wirkt wie ein gezieltes Steuern der russischen Angriffe, ein Abnutzen der Reserven des Gegners, besonders seiner Wagnerianer, quasi wie wenn die Ukrainer Bakhmut zum Käsestück in der Falle herauspoliert haben.

Die Medien berichten relativ unisono vom Orlog Bakhmut, vom "killing field" etc. und vom verzweifelten Abwehrkampf (den mag es sicher geben). Aber darüber hinaus sind die Meldungen - mal vom einen oder anderen Politikerbesuch in Kiew abgesehen - recht rar geworden, wie das Schweigen im Walde. Oder das Schweigen vor dem Sturm? Was ich meine: Ist Bakhmut vielleicht eine Falle? Es wird in letzter Zeit immer wieder vom Rumoren im Hintergrund berichtet, wonach es ggf. eine ukrainische Gegenoffensive geben könnte. Lenkt vielleicht dieser durchaus dramatische Kampf um Bakhmut gezielt ab von den Planungen im Hintergrund?

Auch was Quintus angesprochen hatte, ist interessant: Gegenangriffe. Aber dies passt nicht so ganz in das Gesamtbild, das man medial serviert bekommt. Die Ukrainer, so wurde berichtet, kämpfen quasi auf dem Zahnfleisch, die Munition ist knapp, die Russen wühlen sich mühsam voran, der Fall der Stadt stehe wohl bevor etc. pp. So zumindest fast immer die Meldungen. Und nun gibt es anscheinend Gegenangriffe im Stadtgebiet, teils vorgetragen mit M113 und aufgesessener Infanterie im Husarenritt (gibt da auch diverse Videos). Und die Angriffe sind auch nur punktuell, so als wie wenn man eine zuvor eingedrückte Verteidigungslinie nur eben wieder errichten will, damit die Russen wieder anrennen können und man sie weiter hinhalten kann. Für eine anscheinend derart abgekämpfte Truppe ist das recht bemerkenswert.

Wenn ich versuche, meine Glaskugel abzustauben...

1. Bakhmut ist eine Falle, sie soll die Russen abnutzen, ablenken und binden.
2. Die Ukrainer sind nicht so schwach, wie man teils gemeldet bekommt, darauf weisen recht gezielte und begrenzte Gegenangriffe hin. Aber es wird suggeriert, sie stünden vor dem Kollaps.
3. Bakhmut soll alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, um von den Vorbereitungen für eine Gegenoffensive abzulenken.
4. Die sonst relativ berichtfreudigen Ukrainer sind ungewöhnlich verschwiegen derzeit.
5. Es gibt nicht nur lokale Gegenangriffe, sondern auch Aktionen im russischen Hinterland.

Dazu auch:
Zitat:Explosionen auf der Krim

"Angriffe sind Vorbereitung auf Frühjahrsoffensive"

Mehrere Explosionen erschüttern in der Nacht die Krim. Der Ukraine zufolge wurden dabei russische Hyperschallraketen am Eisenbahnknotenpunkt Dschankoj zerstört. Für Russland ist das ein empfindlicher Schlag in die Magengrube, sagt Sicherheitsexperte Gerhard Mangott im Interview mit ntv.de. Ukraine verfüge über Drohnen, die Russlands Nachschublinien nachhaltig stören könnten. Seiner Meinung nach sind die Angriffe eine Vorbereitung auf die angekündigte Frühjahrsoffensive der Ukraine. [...]

ntv.de: Über den Eisenbahnknotenpunkt Dschankoj auf der Halbinsel liefert das russische Militär Nachschub für die Krim, darunter Raketen für die Schwarzmeerflotte. Was bedeutet das für die Russen, wenn diese Eisenbahnschienen zerstört würden? [...]

Mangott: Es handelt sich bei dieser Eisenbahnlinie um eine sehr wichtige Nachschublinie für Russland, sowohl für Truppen als auch für Geräte und Munition. Würde diese Eisenbahnlinie nachhaltig beschädigt, würde das Russland wehtun, keine Frage. [...]
https://www.n-tv.de/politik/Angriffe-sin...00787.html

Insofern: Möglich, dass Bakhmut nur eine Ablenkung ist und wir in den nächsten Wochen eine Überraschung erleben werden (und die Russen auch).

Schneemann