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Normale Version: Russland vs. Ukraine
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Da gärt ganz viel unter der Oberfläche. Meiner Einschätzung nach gibt es aktuell einen zunehmenden Machtkampf zwischen dem FSO / FSB und dem GRU / der Armee.

Fakt ist aber, dass Strelkov tatsächlich an die Front gezogen ist, als stellvertretender Kommandeur und Stabschef der Newski Einheit welche er selbst sehr stark beworben und mit aufgestellt hat.
Newski Einheit - bitte, worum handelt es sich dabei?
Name abgleitet von Alexander Newski.

https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_...sch_Newski

Strelkov hat deshalb die letzten Monate auch immer wieder mal über die Schlacht am Peipussee geredet.

Das ist im Endeffekt ein Verband in der Größe von einem Bataillonsäquivalent (westliches Bataillon). So weit ich es weiß leichte Infanterie, nicht mechanisiert und er besteht nur aus Freiwilligen. Zudem soll er laut Strelkov sehr gut ausgerüstet sein, wobei der Gros der Ausrüstung irgendwie privat beschafft wurde.Der Verband untersteht jetzt anscheinend der russischen Armee, ist aber keine reguläre russische Armeeeinheit. Vor der Annektierung der "Volksrepubliken" war es anscheinend der Plan sich den Milizen der Volksrepublik Luhansk anzuschließen. Wo der Verband jetzt hin ist, ist nicht bekannt. Keine Internetpräsenz und Strelkov ist kein Freund von Smartphones im Einsatz.

Die letzte Nachricht von Strelkov bezüglich der Einheit lautete wie folgt (das war unmittelbar nach der Annektierung der "Volksrepubliken")

Zitat:Im Zusammenhang mit neuen Informationen der Newski-Abteilung muss ich Ihnen Folgendes mitteilen:

1) Der OD "Novorossiya" ist de facto von der Organisation zur Bildung dieser Abteilung suspendiert worden;

2) Diesbezüglich können der OD „Novorossiya“ und ich persönlich keine Verantwortung mehr dafür übernehmen, wie und unter welchen Bedingungen der Einsatz der Einheit stattfinden wird;

3) Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Freiwillige aufgrund von Informationen welche ich gegeben habe und mit meiner Unterstützung in die Abteilung rekrutiert wurden - und der OD "Novorossiya" leistete der Abteilung erhebliche materielle Unterstützung - entschuldigte ich mich persönlich bei allen, die sich für die Abteilung gemeldet haben für den Fall, dass die derzeitige Führung ihren Verpflichtungen gegenüber den Freiwilligen nicht nachkommt. Ich hoffe aber, dass sie es noch schaffen wird (es gibt immer noch Leute in der Führung der Abteilung, die ich sehr respektiere).

P.S. Diese Nachricht war nicht im Voraus geplant, sie musste im Zusammenhang mit der Information veröffentlicht werden, dass die Führung des Kommandos nicht mehr bereit ist, Freiwillige unter den (unter anderem von mir) versprochenen Bedingungen aufzunehmen.

Diese Aussagen beziehen sich darauf, dass die reguläre russische Armee anscheinend ihre Hände drauf gelegt hat und die Einheit zu ihren Bedinungen ihrer Kontrolle unterstellt hat.

Zudem ist es natürlich gut möglich, dass wie bei allem was da gerade an höchst undurchsichtigem geschieht rein gar nichts davon tatsächlich stimmt.


Strelkov könnte daher natürlich auch mit einer anderen Aufgabe in der Ukraine betraut sein (aufgrund seiner Kontakte dort, und seiner engen Beziehungen nach Luhansk und Donzek), oder bei einer anderen Einheit dienen. Es war halt sein ursprünglicher Plan mit dieser Einheit in den Kampf zu ziehen. Aber was daraus und aus ihm geworden ist, wird man vermutlich erst in etlichen Monaten gesichert erfahren.
Die Ukraine hat sicherheitshalber mal heute Nachmittag ein Kopfgeld ausgesetzt:

https://www.dw.com/ru/v-ukraine-predlaga...a-63456259

Zitat:Die Ukraine bietet eine Belohnung für die Gefangennahme von Girkin an

Für die Festnahme des ehemaligen sogenannten Verteidigungsministers der "DNR" ist die Hauptnachrichtendirektion des Verteidigungsministeriums der Ukraine bereit, 100.000 US-Dollar zu zahlen. Eine Auszeichnung von weiteren 50.000 Dollar wurde von ukrainischen Aktivisten angekündigt.

Die Hauptnachrichtendirektion (GUR) des Verteidigungsministeriums der Ukraine und Privatpersonen haben eine Belohnung für die lebende Festnahme des ehemaligen FSB-Offiziers Igor Girkin angekündigt. So erklärte der Pressedienst der GUR am Sonntag, dem 16. Oktober, im Telegram-Kanal, dass sie 100.000 US-Dollar für die Inhaftierung von Girkin zahlen würden.

Was wird Igor Girkin vorgeworfen?

Girkin (auch bekannt als Igor Strelkov, Strelok und Sergey Runov) wird in der Ukraine wegen terroristischer Aktivitäten, Folter, Mord und Verletzung der staatlichen Souveränität gesucht. Außerdem ist er einer der vier Angeklagten im Fall des Absturzes der malaysischen Boeing 777 am Himmel über dem Donbass am 17. Juli 2014 und wurde von den Niederlanden auf die internationale Fahndungsliste gesetzt. Girkin steht unter EU- und US-Sanktionen.

Am 13. August wurde Girkin auf der von Russland annektierten Krim festgenommen, als er versuchte, mit gefälschten Dokumenten in den Krieg in der Ukraine zu gelangen. Einige Zeit später wurde er entlassen, woraufhin er in sozialen Netzwerken schrieb, dass er immer noch in den Krieg ziehen würde.

Sergey Runov ist auch so ein alter Name von ihm. Den hat er schon in Transnistrien benutzt.
@Quintus_Fabius Das war prompt und ausführlich zugleich. Manierlichsten Dank!!
Die russischen Attacken auf zivile Ziele in der Ukraine laufen aktuell weiter. Allerdings ist es so, dass die Zahl der verfeuerten Raketen und zumindest halbwegs präzisen Marschflugkörper beständig abnimmt, zumindest über die letzten Tage hinweg, stattdessen scheinen in verstärktem Maße nun iranische Kamikazedrohnen zum Einsatz zu kommen. Fast scheint es, als wenn man die zielgenaueren und teureren bzw. aufwendigen Systeme zurückhält und man eben auf die billige und ungenaue Variante des Terrorkrieges zurückgreift. Zumindest scheinen sich die Einschläge relativ wahllos zu verteilen.
Zitat:Ukraine war: Kyiv attacked by kamikaze drones, say officials

Russia has hit the Ukrainian capital, Kyiv, with a wave of Iranian-made kamikaze drones - killing at least one person, says Mayor Vitali Klitschko. [...] And in the port city of Mykolaiv, sunflower oil tanks were set on fire by similar drones, said the city's mayor. A week ago, the capital was hit by Russian missiles at rush hour, part of nationwide attacks which left 19 dead.

A Ukrainian air force official said all the drones had flown into the country from the south. Oleksandr Senkevich said three drones ignited the tanks at Mykolaiv late on Sunday evening, hours before the attack in Kyiv. [...] The city reverberated to the rattle of gunfire as anti-aircraft batteries frantically tried to shoot them down. Video on social media appeared to show one interception.

The explosions on Monday began at about 06:30 local time (03:30 GMT). The most recent was at about 08:10 local time. Two were close to the city centre, with sirens and car alarms heard across the area.
https://www.bbc.com/news/uk-63280523

Die Frage wäre auch, ob die teuren Systeme für wirklich wichtige Ziele zurückgehalten werden oder ob diese schlicht zur Neige gehen, so dass man auf die iranischen Drohnen zurückgreifen muss?

Auch die Quellen, wie viele Drohnen die Russen haben, liegen teils meilenweit auseinander. Angeblich sollen die Russen noch 300 Stück in ihrem Arsenal haben - und laut ukrainischen Quellen sollen die Russen nochmals über 2.000 Drohnen bei den Iranern geordert haben (?). Gut möglich ist auch, dass es aber nicht nur bei Drohnen bleibt - so sollen angeblich die Iraner die Absicht haben, den Russen auch entsprechend leistungsstärkere Raketen zu verkaufen (was offiziell aber dementiert wird):
Zitat:Iran plans to send missiles, drones to Russia for Ukraine war, officials say

Increased flow of weapons from Iran could help offset steep Russian weapons losses, rebuild supply of precision-guided munitions. [...]

Iran is strengthening its commitment to supply arms for Russia’s assault on Ukraine, according to U.S. and allied security officials, secretly agreeing to send not only attack drones but also what some officials described as the first Iranian-made surface-to-surface missiles intended for use against Ukrainian cities and troop positions. [...]

An intelligence assessment shared in recent days with Ukrainian and U.S. officials contends that Iran’s armaments industry is preparing a first shipment of Fateh-110 and Zolfaghar missiles, two well-known Iranian short-range ballistic missiles capable of striking targets at distances of 300 and 700 kilometers, respectively, two officials briefed on the matter said. If carried out, it would be the first delivery of such missiles to Russia since the start of the war.

The officials spoke on the condition that their names and nationalities not be revealed because of the extreme sensitivities surrounding intelligence-collection efforts.
https://www.washingtonpost.com/national-...s-ukraine/

Schneemann
(17.10.2022, 11:39)Schneemann schrieb: [ -> ]Fast scheint es, als wenn man die zielgenaueren und teureren bzw. aufwendigen Systeme zurückhält und man eben auf die billige und ungenaue Variante des Terrorkrieges zurückgreift. Zumindest scheinen sich die Einschläge relativ wahllos zu verteilen.

"Billig" ...Du meinst sicher "günstig". Wink Die Frage ist aber tatsächlich, ob die Russen überhaupt einen einzigen Rubel/Rial/Dollar/Euro/Bitcoin für importierte Waffen oder Waffenteile bezahlen. Ich vermute nicht. 2000 Drohnen an die Russen zu liefern dürfte den Iranern aber mehr weh tun, als 2000 Raketen. Insofern spricht sehr viel für Raketen, wenn überhaupt der Iran irgendetwas in der Form liefert. Vielleicht baut der Russe nur nach Bauplan und mit importierten Komponenten nach. Das wäre aus russischer Sicht auch viel schlauer eigentlich. Was mich nur generell irritiert: Die selbe Zeitung u.a. auch die selbe Journalistin hatten vor ein paar Wochen geschrieben, dass die Russen sehr unzufrieden mit iranischen Waffen wären. Insofern muss da ja schon ein gewisser Notstand vorliegen, wenn nun trotzdem eine Nachbestellung im Raume steht. Alles jeweils gemäß informierter Kreise angeblich wohlgemerkt.
(17.10.2022, 14:17)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Vielleicht baut der Russe nur nach Bauplan und mit importierten Komponenten nach. Das wäre aus russischer Sicht auch viel schlauer eigentlich.

Das würde nur Sinn ergeben, wenn die iranischen Modelle aus Teilen gebaut werden können, die seitens der Russen aktuell leichter zu besorgen sind als das für ihre eigenen Modelle gilt. Denn sie kaufen ja nicht im Iran ein, weil deren Technik soviel fortschrittlicher ist, sondern weil sie selbst nicht ausreichend produzieren können.
Ziemlich sicher ist genau das Gegenteil von dem richtig, was Du annimmst. Die Russen könnten sehr, sehr, viel, viel, viel mehr produzieren, aber hinken in bestimmten technischen Bereichen (insb. Elektronik) 10-20 Jahre hinterher.
(17.10.2022, 14:39)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Die Russen könnten sehr, sehr, viel, viel, viel mehr produzieren, aber hinken in bestimmten technischen Bereichen (insb. Elektronik) 10-20 Jahre hinterher.
Und der Iran etwa nicht? Ich würde sagen, 10-20 Jahre ist hier für beide Seiten sehr optimistisch angenommen. Ok, der Iran mag vielleicht mehr Erfahrung im Bau von Drohnen haben, einfach weil das in Russland aufgrund der vermeintlich starken Luftwaffe nie besonders hoch im Kurs stand, aber bei Raketen zeigt sich sicher ein anderes Bild.
Die Annahme dass Russland überall einfach nur Dekaden hinterher hinkt stimmt in etlichen Bereichen nicht. Rein theoretisch wäre die Technologie durchaus vorhanden. Das ganze System in Russland ist aber derart dysfunktional (in jedem Aspekt) dass die Russen aktuell äußerte Mühe haben irgend etwas wirklich voran zu bringen. Und entsprechend zehren sie von Arsenalen veralteter Technologie, einfach weil das Gesamtsystem derart von extremster Korruption und völlig dysfunktionalen Prozessen zerfressen ist. Und die Auswirkungen davon betreffen sowohl die Qualität als auch die Quantität.

Daher ist es meine Vermutung, dass der Iran als Teil der Bezahlung für die gelieferten Drohnen umgekehrt russische Militärtechnologie erhält, denn obwohl diese in bestimmten Aspekten hinterher hinkt, ist sie immer noch in etlichen Aspekten fortschrittlicher als die des Iran selbst. Entsprechend ist es meine These, dass hier jetzt als Folge dieser Kooperation ein Technologiefluss von Russland in den Iran erfolgen wird, welcher schlussendlich den Iran militärisch (relativ gesehen) stärken wird.

Im weiteren ist der jeweils neueste Stand der Technik nicht zwingend das beste und geeignetste im Krieg. Es gibt dazu spezifische Untersuchungen, für einen Einsteig kann ich hier das Buch Military Power von Biddle empfehlen. Dass die russische Militärtechnologie also in bestimmten Aspekten nicht auf dem neuesten Stand ist, müsste kein Nachteil sein, es könnte sogar - wenn die Russen es denn richtig anstellen würden - sogar ein Vorteil sein. Die Überbetonung / die zu hohe Gewichtung der Technologie, spezifischer noch des jeweils neuesten technisch machbaren ist meiner Ansicht nach sogar eine gewisse Fehlentwicklung in den westlichen Armeen. Und umgekehrt könnte Russland sich rein theoretisch gerade auch aufgrund seines militärisch querschnittlich niedrigeren Technologieniveaus auch schneller wieder militärisch erholen, deutlich schneller ernsthaft militärisch aufrüsten und dann selbst bei einer Niederlage jetzt in wenigen Jahren schon einen weiteren, und dann deutlich ernsthafteren Revanchekrieg führen.

Der Grund warum Russland aktuell derartige militärische Probleme hat liegt jedenfalls nicht am technologischen Niveau seiner Militärtechnologie, sondern hat ganz andere Gründe. Man muss dass wie schon angerissen sogar umdrehen: die exakt gleichen Gründe sind die Ursache für dieses technologische Hinterherhinken.

Aber selbst mit dem was real ist, hätte Russland die Ukraine besiegen und vollständig erobern können. Auch wenn das jetzt viele im Nachhinein nicht mehr sehen wollen, die Ukraine hätte diesen Krieg schon vor Monaten mit Leichtigkeit verlieren können. Da ist ein sehr umfangreiches Faktorenbündel zusammen gekommen, damit es zu dem derzeitigen Zustand kam.

Beschließend: auch wenn ich - inzwischen nachweislich - dazu neigte die Russen zu überschätzen, und aufgrund dessen vorliegende Informationen falsch interpretiert hatte, so bin ich dennoch der Überzeugung, dass man nur dringendst davor warnen sollte irgendeinen Feind jemals zu unterschätzen! Man sollte allein schon aus "buchhalterischer Vorsicht" von einem Gegner ausgehen, der deutlich besser ist als es der Gegner dann real sein mag.

Insbesondere aber eine solche eigene Aufrüstung über das eigentlich real notwendige hinaus meiner Meinung nach absolut wesentlich für eine glaubhafte konventionelle Abschreckung. Wenn man nur das vorhält, was exakt notwendig ist, so kann dies in vielen Fällen für die Frage der Abschreckung unzureichend sein. Die Überlegenheit muss für diese also exemplarisch sein.
(17.10.2022, 19:44)Broensen schrieb: [ -> ]Und der Iran etwa nicht? Ich würde sagen, 10-20 Jahre ist hier für beide Seiten sehr optimistisch angenommen. Ok, der Iran mag vielleicht mehr Erfahrung im Bau von Drohnen haben, einfach weil das in Russland aufgrund der vermeintlich starken Luftwaffe nie besonders hoch im Kurs stand, aber bei Raketen zeigt sich sicher ein anderes Bild.

Ich schrieb von "bestimmten Bereichen", wo einige iranische Waffensysteme moderner sind. Kurzstreckenraketen und Drohnen mit bestimmten Fähigkeiten, die sie selbst nicht haben, könnten sich für die Russen in diesem Konflikt durchaus als wertvoll erweisen. Beispielsweise für Angriffe auf Infrastruktur weit hinter den Frontlinien, wie bei dem hinreichend präzisen Raketenangriff aus einer Distanz von 425km auf die Ain Al Asad Airbase vor zwei Jahren demonstriert könnten sich diese eignen. https://www.youtube.com/watch?v=YfjxHjs0hKo Aber was sollen wir groß spekulieren. Falls dort solche Waffensysteme in größerer Zahl auftauchen sollten, werden wir die Ergebnisse unter Filterung der üblichen Kriegspropaganda besser beurteilen können. Wäre jedenfalls ein interessanter Test.

Zitat:Daher ist es meine Vermutung, dass der Iran als Teil der Bezahlung für die gelieferten Drohnen umgekehrt russische Militärtechnologie erhält, denn obwohl diese in bestimmten Aspekten hinterher hinkt, ist sie immer noch in etlichen Aspekten fortschrittlicher als die des Iran selbst.

Oh ja. Die Russen könnten einiges im Tausch anbieten. Lieferungen, Lizenzen und Training für SU-30/35, Triebwerke, Moskit, Unterseeboote, Satelliten-Taxi, usw.usf.
@Quintus

Ich schätze deine Erklärungen sehr, danke auch für manche Erläuterung und ich habe auch feststellen müssen, dass ich manches über Russland nicht wusste oder falsch eingeschätzt habe oder ich auch nur meinen eigenen Annahmen, die sich als Fehlannahmen entpuppten, aufgesessen bin.

Aber ganz langsam, ganz langsam wohlgemerkt, schleicht sich bei mir ein gewisses Gefühl des Unwohlseins ob dieser Erklärungen ein. Sie legen sicher vieles dar, aber ich bin es langsam leid zu hören, dass Russland hier oder da oder halbwegs hinter dem Polarkreis schlecht aufgestellt ist, etwas nicht verstanden hat, sich noch entwickeln muss, einen Denkfehler aufgebaut hat, ein innergesellschaftliches Problem geschaffen hat, ein Korruptionsproblem hat, alles ja noch viel schlimmer werden könnte etc. pp. Dieses Regime hat einen verbrecherischen Krieg vom Zaun gebrochen mit dem Ziel, eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen. Alle weiteren Entwicklungen hat dieses Regime selbst zu verantworten.

Vielleicht bin ich nun ein absolut unfähiges "Produkt" der westlichen (aus deiner Sicht rückschrittlichen bzw. nicht bestehenden) Zivilisation: Aber ich hasse es, mich dauernd von einem degenerierten, autokratischen Regime mit Atomwaffen bedrohen zu lassen, selbst wenn ich es mir zehnmal erklären kann, wieso es so wäre oder nicht so ist.

Ohne nun zu sehr an Brigadegeneral Jack D. Ripper (der mit den "Chrome Dome"-B-52 "reinen Tisch machen wollte") in Kubricks "Dr. Strangelove" erinnern zu wollen, aber irgendwann dürfen wir uns den Erpressungsversuchen dieses Regimes nicht mehr hingeben. Um einen Schritt weiter zu gehen: Meiner Meinung nach sollten wir uns darauf einstellen, auch ggf. einen (konventionellen) Erstschlag gegen Nuklearmächte in Erwägung zu ziehen, egal was deren Machthaber sagen oder androhen. Darunter fallen bei mir auch Nordkorea oder China.

Schneemann
(17.10.2022, 22:47)Schneemann schrieb: [ -> ]Meiner Meinung nach sollten wir uns darauf einstellen, auch ggf. einen (konventionellen) Erstschlag gegen Nuklearmächte in Erwägung zu ziehen, egal was deren Machthaber sagen oder androhen.

Ich weiß nicht, ob man es "Erstschlag" nennen sollte, wenn man auf reale Angriffe reagiert. Nur weil ein Angriff sich nicht auf das Territorium einer vertraglich an ein Verteidigungsbündnis angeschlossenen Nation bezieht, bedeutet es ja (auch völkerrechtlich) nicht, dass die Reaktion darauf ein "Erstschlag" wäre. Es wäre die Verteidigung einer Weltordnung.
(17.10.2022, 23:10)Broensen schrieb: [ -> ]Ich weiß nicht, ob man es "Erstschlag" nennen sollte, wenn man auf reale Angriffe reagiert. Nur weil ein Angriff sich nicht auf das Territorium einer vertraglich an ein Verteidigungsbündnis angeschlossenen Nation bezieht, bedeutet es ja (auch völkerrechtlich) nicht, dass die Reaktion darauf ein "Erstschlag" wäre. Es wäre die Verteidigung einer Weltordnung.

Solche Ideen sind nichts weiter als ein Spiel mit dem Feuer. Die russische Reaktion darauf wäre absolut nicht abschätzbar. Die Welt ist kein Pokerspiel!