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Zitat:Shahab3 postete
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Die Wahlerfolge der erzkonservativen Kräfte, oder eher die Wahlniederlage der Reformer sowie der Gemäßigten ist auch als eine Folge dieses Drucks zu werten.

Wäre es nicht besser gewesen, eine Annäherung an den Iran zu wagen, als die Reformer im Iran noch Einluss auf die politischen Geschicke hatten?
Einfluss hatten die Reformer auch unter Chatami relativ kurz. Nach der Reform des Presserechtes wurden seine Initiativen vom Wächterrat rückgängig gemacht. Von da an hat der gute Mann nicht mehr viel gemacht. Bei den darauffolgenden Parlamentswahlen wurden Reformkandidaten erst gar nicht zugelassen.

Kein Wunder, dass die Wähler von der Reformbewegung entäuscht waren.
Shahab3 schrieb:
Zitat:Jedenfalls würde ich mit der Demokratiekeule ein bischen bedachter umgehen. Heute dem Iran einen Mangel an dem Vorzuwerfen, was man vorher auszumerzen gesucht hatte, ist eine Farce. Vielen Dank für die Pahlavi Diktaturen. Trotztdem schade irgendwo, dass dafür Parlamente und Kabinette aufgelöst, sowie gewählte Präsidenten gestürzt werden mussten.
Naja, also erstens meine ich, dass man nie von einer Demokratiekeule sprechen kann und zweitens sollte man berücksichtigen, dass die Zeit des Stürzens von Präsidenten und die Pahlevi-Zeit auch schon länger zurückliegt. Auch wenn die islamische Revolution Khomeinis im Iran aufgrund des schiitischen Hintergrundes eine spezielle Rolle innerhalb des Islam einnimmt, so hätten sich viele heutige Probleme und Spannungen mit dem revolutionären Islam im Orient zwangsweise auch so ergeben, egal ob der Westen sich großartig eingemischt hätte und irgendwen stürzt oder nicht. Diese Umwälzungen wären gekommen und wurden nicht vom Westen verursacht (allenfalls zeitweise mit beeinflußt). Insofern macht es keinen großen Sinn, wenn man immer auf den Westen zeigt und an alte Putschkamellen erinnert.

Aber im Islam hat man eh ein Problem mit sich selbst und dem Westen. Da wird immer wieder auf die Kreuzzüge verwiesen und auf deren ach so furchtbare Folgen. Das der Islam zuerst ins europäische Kernland vorstieß und zwischen Tours und Poitiers in Zentralfrankreich gestoppt wurde, spielt keine Rolle. Das die Mongolenstürme des 14. und 15. Jahrhunderts den Islam in seinen Grundfesten mehr erschütterten und mehr Zerstörungen anrichteten als die paar lächerlichen Kreuzritter, spielt in der Gegenwart keine Rolle. Da steht immer wieder das Massaker der Kreuzritter nach der Eroberung Jerusalems im Zentrum der Kritik, aber das z. B. der mongolische Feldherr Tamerlan nach der Eroberung und Zerstörung von Isfahan rund 100.000 Menschen massakrieren und mehr als zwei Dutzend Schädelpyramiden bauen ließ, ist Nebensache. Kurz: Man geilt sich gezielt und unnötig am Westen auf. Wenn man den bösen Westen nicht mehr hätte, wäre man sicher arg betrübt und würde sich ein neues Feindbild suchen...

Schneemann.
@Ingenieur

Zitat:Einfluss hatten die Reformer auch unter Chatami relativ kurz. Nach der Reform des Presserechtes wurden seine Initiativen vom Wächterrat rückgängig gemacht. Von da an hat der gute Mann nicht mehr viel gemacht.
...
Natürlich gab es auch die konservativen Kräfte vor allem im Justizapparat, Geheimdienstkreisen und dem Wächterrat. Die gibts ja auch nicht erst seit 2005. Aber während der 8-jährigen Amtszeit von Khatami stellten die Reformer den Präsidenten, dominierten die Parlamente auf Kommunal und Landesebene und stellten den Großteil der Minister. Das damals auch noch ganz andere Diplomaten in den ausländischen Vetretungen waren, kommt ebenfalls hinzu. Der Vizepräsident der Islamischen Republik Iran war zu der Zeit übrigens genauer gesagt eine VizepräsidentIN (Masumeh Ebtekar) und er ernannte auch eine Frauenbeauftragte und eine Beraterin in Kulturfragen.

Zitat:Nach der Reform des Presserechtes wurden seine Initiativen vom Wächterrat rückgängig gemacht. Von da an hat der gute Mann nicht mehr viel gemacht. Bei den darauffolgenden Parlamentswahlen wurden Reformkandidaten erst gar nicht zugelassen.
omg. :tard:

Zuerst einmal kann der Wächterrat keine "Initiativen" eines Präsidenten "rückgängig machen". Im Iran werden Gesetze nicht vom Präsidenten, sondern von den Parteien im Parlament durch Abstimmung beschlossen. Danach gehen die beschlossenen Gesetze zur Überprüfung auf Islam-Kompatibilität zum Wächterrat. Wenn diesem das Gesetz nicht gefällt, wird es abgelehnt. Letzterer kann blockieren, aber nicht agieren. Das führt zu dem von Patriot beschriebenen typischen Effekt im Iran: Zwei Schritte vor und einer zurück.

@schneemann
Zitat:Naja, also erstens meine ich, dass man nie von einer Demokratiekeule sprechen kann und zweitens sollte man berücksichtigen, dass die Zeit des Stürzens von Präsidenten und die Pahlevi-Zeit auch schon länger zurückliegt. Auch wenn die islamische Revolution Khomeinis im Iran aufgrund des schiitischen Hintergrundes eine spezielle Rolle innerhalb des Islam einnimmt, so hätten sich viele heutige Probleme und Spannungen mit dem revolutionären Islam im Orient zwangsweise auch so ergeben, egal ob der Westen sich großartig eingemischt hätte und irgendwen stürzt oder nicht. Diese Umwälzungen wären gekommen und wurden nicht vom Westen verursacht (allenfalls zeitweise mit beeinflußt). Insofern macht es keinen großen Sinn, wenn man immer auf den Westen zeigt und an alte Putschkamellen erinnert.
Ich kann es nur so sagen. Wer Menschen, Länder und Kulturen verstehen will muss sich mit den Hintergründen befassen. Wenn Du wüsstest wieviele von Deinen Handlugsweisen und der Denke aus Ereignisse herrührt die schon hundert, zweihundert Jahre zurückliegen. Dagegen sind die Ergeignisse auf die ich mich beziehe mit 20-50 Jahren erst gestern gewesen. Aber wenn Dich alte Kamellen nicht so interessieren, dann müsste ja der Holocaust und seine politischen Folgen ein völlig unerklärbares Phänomen für Dich sein. Interessante Denkweise, aber wohl eher nicht die des Masinstream, der sich für die Geschichte seines Landes interessiert, bzw dadurch in seinem Denken und Handeln beeinflusst wird.

Zitat:Aber im Islam hat man eh ein Problem mit sich selbst und dem Westen. Da wird immer wieder auf die Kreuzzüge verwiesen und auf deren ach so furchtbare Folgen. Das der Islam zuerst ins europäische Kernland vorstieß und zwischen Tours und Poitiers in Zentralfrankreich gestoppt wurde, spielt keine Rolle. Das die Mongolenstürme des 14. und 15. Jahrhunderts den Islam in seinen Grundfesten mehr erschütterten und mehr Zerstörungen anrichteten als die paar lächerlichen Kreuzritter, spielt in der Gegenwart keine Rolle. Da steht immer wieder das Massaker der Kreuzritter nach der Eroberung Jerusalems im Zentrum der Kritik, aber das z. B. der mongolische Feldherr Tamerlan nach der Eroberung und Zerstörung von Isfahan rund 100.000 Menschen massakrieren und mehr als zwei Dutzend Schädelpyramiden bauen ließ, ist Nebensache. Kurz: Man geilt sich gezielt und unnötig am Westen auf. Wenn man den bösen Westen nicht mehr hätte, wäre man sicher arg betrübt und würde sich ein neues Feindbild suchen...
Na jetzt kommst Du aber von Hölzchen auf Stöckchen. Ich habe im Vorfeld eigentlich keine islamischen Motive eingebracht sondern nationale, geschichtliche. Davon abgesehen, dass Dein Einwurf/Ausflug in die äh.."Geschichte des Islam" :frag: :laugh: etwas albern ist...
Was haben die Kreuzritter mit dem Iran zu tun? Spielst Du auf die Kooperation der Kreuzritter und Schiiten bzw Assassinen gegen die Sunniten an? Auch fand ich die Mongolen relativ harmlos, weil sie sich ziemlich schnell assimiliert haben.
Aber wie auch immer...falscher Thread. Hier gehts nicht um irgendwelche Kulturdebatten.
Shahab3 schrieb:
Zitat:Ich kann es nur so sagen. Wer Menschen, Länder und Kulturen verstehen will muss sich mit den Hintergründen befassen. Wenn Du wüsstest wieviele von Deinen Handlugsweisen und der Denke aus Ereignisse herrührt die schon hundert, zweihundert Jahre zurückliegen. Dagegen sind die Ergeignisse auf die ich mich beziehe mit 20-50 Jahren erst gestern gewesen.
Sicher, keine Frage. Ich beschäftige mich studienbedingt viel mit der Geschichte anderer Völker und versuche zu verstehen, weshalb welche Handlungsweise derzeit irgendwo an den Tag gelegt wird. Darum ging es mir aber nicht. Mir ging es um dieses "Oh ja, wäre ja alles in Butter, wenn nicht immer der Westen seine Putschfinger im Spiel gehabt hätte!"-Gejammer. So einfach kann man sich nämlich nicht immer aus der Affaire ziehen. Und im Falle des Iran hätte es, wenn es keinen Putsch gegen Mossadegh gegeben hätte, früher oder später auch eine islamische Revolution gegeben. Und selbst wenn 1941 die Briten und Sowjets nicht in den Iran einmarschiert wären und die ihnen genehme Regierung installiert hätten und es keinen Schah und es keinen Einfluß aufs Öl (AIOC) gegeben hätte, hätten die Mullahs irgendwann die Macht übernommen. Insofern meinte ich, dass diese Deuten mit dem Finger auf den Westen allgemein keinen allzu großen Sinn im Rahmen eines Vorwurfs macht.
Zitat:Aber wenn Dich alte Kamellen nicht so interessieren, dann müsste ja der Holocaust und seine politischen Folgen ein völlig unerklärbares Phänomen für Dich sein. Interessante Denkweise, aber wohl eher nicht die des Masinstream, der sich für die Geschichte seines Landes interessiert, bzw dadurch in seinem Denken und Handeln beeinflusst wird.
Blödsinn. Auch hier muss man differenzieren. Der Holocaust war ein außergewöhnliches und prägendes Ereignis, dass hoffentlich auf immer eine Lehre sein wird. Damit meine ich nicht, dass ich mich schuldig fühle, sondern ich meine, dass man alles daran setzen muss, dass es sowas nie mehr gibt. Mit alten Kamellen meinte ich insofern irgendwelche halbgaren Putsche vor 40 Jahren. Und zwischen einem Militärputsch mit ein paar Panzern auf den Straßen und einem industriell umgesetzten Massenmord mit Gaskammern, Verbrennungsöfen und angeschlossenen Knochenmühlen ist ein "kleiner" Unterschied.
Zitat:Na jetzt kommst Du aber von Hölzchen auf Stöckchen. Ich habe im Vorfeld eigentlich keine islamischen Motive eingebracht sondern nationale, geschichtliche. Davon abgesehen, dass Dein Einwurf/Ausflug in die äh.."Geschichte des Islam" etwas albern ist...
Was haben die Kreuzritter mit dem Iran zu tun? Spielst Du auf die Kooperation der Kreuzritter und Schiiten bzw Assassinen gegen die Sunniten an?
Wieso ist der Ausflug in die Geschichte albern? Ich wollte nur aufzeigen, dass es wesentlich gefahrvollere Episoden in der Geschichte des Islam für den Islam gab, als heute den Leuten bewusst ist. Zugegeben, mit dem Iran haben die Kreuzritter nichts am Hut (war mir auch bewusst, ich formulierte es wohl nur zu ungenau; ging mir auch um eine eher allgemein gehaltene Darstellung dieses mimosenhaften Verhaltens).
Zitat:Auch fand ich die Mongolen relativ harmlos, weil sie sich ziemlich schnell assimiliert haben.
Wenn es noch ein paar so harmlose Invasionen gegeben hätte, hätte man den Orient abschaffen können. Entschuldige, aber wenn die Blutspur der Mongolen von den Kreuzrittern angerichtet worden wäre, könnte man das Gejammer beim Gebet in Mekka heute an jedem Tag bei uns in Mitteleuropa hören.

Schneemann.
Mimosenhaftes verhalten ? Du tust so als würde die islamische Welt sich wegen einiger unfairer Verträge so beschweren. Anscheinend kennst du dich als Geschichtsstudent nicht sehr gut in der Geschichte aus denn sonst würdest du nicht son Mist erzählen, dass das Verhalten der Muslime Mimosenhaft sei und das der Westen ja so gut wie garkeine Schuld am jetzigen Zustand hätte. Vllt solltest du mal die Geschichte des Orients im 20. Jahrhundert anschauen dann würdest du das nicht so locker dahertippen. Klar haben die Muslime eine Mitschuld an ihrem Zustand aber im Großen und Ganzen ist es tatsächlich die imperialistische und Menschenverachtende Politik des Westens gewesen die seit mehr als 100 Jahren die Muslime versucht zu knechten und niederzuwerfen. Diese Menschenverachtende Politik den Muslimen gegenüber kannst du auch nicht durch das erwähnen der Mongolen Invasion harmlos machen bzw. den Westen als Engel darstellen. Verbrechen bleibt Verbrechen egal ob es vorher schon ein anderes gab.
Zitat:Shahab3 postete
Der Vizepräsident der Islamischen Republik Iran war zu der Zeit übrigens genauer gesagt eine VizepräsidentIN (Masumeh Ebtekar) und er ernannte auch eine Frauenbeauftragte und eine Beraterin in Kulturfragen.
Eine Frau als Vize-Präsident?? Wahnsinn! Über dieses Forum lernt man doch einiges dazu...

Zitat:omg. :tard:

Zuerst einmal kann der Wächterrat keine "Initiativen" eines Präsidenten "rückgängig machen". Im Iran werden Gesetze nicht vom Präsidenten, sondern von den Parteien im Parlament durch Abstimmung beschlossen. Danach gehen die beschlossenen Gesetze zur Überprüfung auf Islam-Kompatibilität zum Wächterrat.
Aja, wusste ich nicht. Bei Wiki wurde es anders formuliert:

Das Aufleben der Pressefreiheit dauerte allerdings nicht sehr lange an. Der Wächterrat macht die Gesetze mit Verweis auf Unverträglichkeit mit dem Islam rückgängig und blockierte fortan nahezu alle Reformversuche des Parlaments.
Seitdem sehen sich die Reformer mit großen Vertrauensverlusten in den reformwilligen Bevölkerungsgruppen konfrontiert. Die Enttäuschung über die Ohnmacht des Parlaments führte bei den letzten Kommunalwahlen (2003) zu sehr geringer Wahlbeteiligung (Landesschnitt 36 %, in Teheran 25 %) und zu einem klaren Sieg der konservativen Kräfte.

(aus: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Iran#Politik">http://de.wikipedia.org/wiki/Iran#Politik</a><!-- m -->)

Zitat:Wenn diesem das Gesetz nicht gefällt, wird es abgelehnt. Letzterer kann blockieren, aber nicht agieren. Das führt zu dem von Patriot beschriebenen typischen Effekt im Iran: Zwei Schritte vor und einer zurück.
Eher Stillstand.

@Patriot

Ich glaube nicht, dass Schneemann den westlichen Kolonialismus schönreden wollte.
Er hat bloß die Frage gestellt, ob die demokratischen Regierungen im Iran auch ohne westliche Einflussnahme gestürzt worden wäre.
@Ingenieur

Zitat:Eine Frau als Vize-Präsident?? Wahnsinn! Über dieses Forum lernt man doch einiges dazu...
Siehste mal. Auch wenn sie leider oft noch benachteiligt sind, kommt den Frauen im gesellschaftlichen Leben traditionell keine untergeordnete Rolle zu. Sowas musst Du eher in anderen Ländern suchen. Zum Beispiel in Saudi Arabien, oder vielleicht in der Pornosammlung Deiner Kumpels.

Zitat:Aja, wusste ich nicht. Bei Wiki wurde es anders formuliert:
Das Aufleben der Pressefreiheit dauerte allerdings nicht sehr lange an. Der Wächterrat macht die Gesetze mit Verweis auf Unverträglichkeit mit dem Islam rückgängig und blockierte fortan nahezu alle Reformversuche des Parlaments.
Seitdem sehen sich die Reformer mit großen Vertrauensverlusten in den reformwilligen Bevölkerungsgruppen konfrontiert. Die Enttäuschung über die Ohnmacht des Parlaments führte bei den letzten Kommunalwahlen (2003) zu sehr geringer Wahlbeteiligung (Landesschnitt 36 %, in Teheran 25 %) und zu einem klaren Sieg der konservativen Kräfte.
Das mag sein, dass es dort anders formuliert wurde. Gleichzeitig ist es aber vor allem auch so wundervoll verkürzend geschrieben. Rolleyes

Der Wächterrat kann vielleicht in der Theorie aber nicht in der Praxis jedes Gesetz nach belieben blockieren. Irgendwann würde er sich unglaubwürdig machen. Interessant ist auch die Frage, was wie durchgesetzt und geahndet wird. Auch da muss man sich in der Regel einem ständigen gegensieitgen Kompromiss stellen.

"Die Mullahs" kennen sich mit Revolutionen aus. Niemand hat dort ein Interesse daran, das Volk gegen sich aufzuhetzen. Sagt der Wächterrat also 2 mal Nein, muss er auch zwangsläufig mal zähneknirschend zustimmen. Die Iraner sind zudem ein junges Volk (<30 im Schnitt). Selbst mit Zensur lassen sich 17Mio Internetnutzer nicht von der Welt und den internationalen Medien abschotten.

Die Konflikte/Machtkämpfe, sowie der stattfindende(!) interne Dialog zwischen Reformern und Konservativen sind durchaus belebende Elemente für einen gesellschaftlichen und politischen Findungsprozess. Das sind Fragen und Kompromisse mit denen sich die Iraner auseinandersetzen müssen. Die gesamte islamische Welt (vor allem Gesellschaft&Klerus) wird nur auf einem eigenen geigneten (Mittel-)Weg seine poltische und dauerhafte Selbstverwirklichung finden. Für diesen Weg dorthin war die islamische Revolution im Iran eine wundervolle Sache.

Zitat:
Zitat:Wenn diesem das Gesetz nicht gefällt, wird es abgelehnt. Letzterer kann blockieren, aber nicht agieren. Das führt zu dem von Patriot beschriebenen typischen Effekt im Iran: Zwei Schritte vor und einer zurück.
Eher Stillstand.
Nein, ganz sicher kein Stillstand. Sondern ein Weg aus Fort- und Rückschritten. Das ist ein augenscheinlich kleiner, aber ganz entscheidender Unterschied.
@ Schneemann

Ich wäre da sehr, sehr vorsichtig mit solchen Kommentaren. Gerade als Geschichtsexperte sollte dir klar sein, dass die Dinge nunmal meisten sehr kompliziert sind und man sicherlich keim Determinismus a la die Mullahs hätten so oder so die Macht ergriffen das Wort reden sollte. Denn worauf stützt du diese These? Die Macht der Mullahs lag bei dem einfachen Volk, zu dem das Pahlevi-Regime jeden Kontakt verloren hatte und bei den aufbegehrenden Studenten, die die nase voll hatten von dieser unfreien westlichen Marionette. Wie dagegen sich der Iran unter Mossadegh sich entwickelt hätte, liegt im Unklaren der Geschichte und bleibt auch dort. Zu schwer ist es da genaue Prognosen aufzustellen. Mossadeghs säkulares-linkes Regime hätte vielleicht nur ganz kurz überlebt, ähnlich den Vorgängeregimen des Baathregimes in Bagdad. Oder es hätte es sich gut weiterentwickelt, was auch stark von der Einstellung des Westens und der UdSSR abgehangen hätte.
Man weiß es nicht.
Was man aber weiß, ist, dass die interne Entwicklung des nahen Ostens und des Irans immer wieder stark miteinbeeinfluß wurde von dem Westen. Probleme gibt es da natürlich aus der eigenen Verfassung und der eigenen Strukturen wegen, aber darum kann es nicht gehen. Das wäre der falsche Ansatz. Es geht nicht darum, dass Probleme aus einer best. sozialen Ordnung erwachsen. Das gilt für jeden. Auch für uns. Es kommt darauf an, wie selbstverantwortlich und wie autonom ohne externe Effekte und Einmischungen man sich denen widmen kann und hier hat man deutlich auf den Westen nunmal zu zeigen. Eigene eh schon viel zu geringe Problemlösungsfähigkeit wurde durch westliche Einmischung immer weiter zerstört, da man sich im Westen auch nur für die eigenen Interessen interessierte, die Stabilität dort unten wurde nur unter diesem Gesichtspunkt gesehen. Ein bißchen krass vielleicht, aber ich denke da an die Worte des Scheihs im US-Film Syriana. Ein bißchen hart siche rund etwas einseitig, aber in der Richtung durchaus zutreffend.

Und unterschätze nie die Folgen externer Interventionen und Einmisachungen, die können in eine eh schon bestehende Unordnung das Chaos bringen!

Zur Geschichte: Wenn die Mongolen und die Türkvölker (Timur war kein reiner ethnischer Mongole, sowas gab es um 1400 schon gart nicht mehr) heute derart über die Moslems herrschen würden, dann wären diese Erinerungen sicher eher im Gedächtnis. Nur nach gut 200 Jahren westlicher Interventionen, Kolonisationen und Einflußnahme wird sowas eben etwas vergessen. Relativ einfache Sache und leicht verständlich...Wink
Patriot schrieb:
Zitat:Mimosenhaftes verhalten ? Du tust so als würde die islamische Welt sich wegen einiger unfairer Verträge so beschweren. Anscheinend kennst du dich als Geschichtsstudent nicht sehr gut in der Geschichte aus denn sonst würdest du nicht son Mist erzählen, dass das Verhalten der Muslime Mimosenhaft sei und das der Westen ja so gut wie garkeine Schuld am jetzigen Zustand hätte. Vllt solltest du mal die Geschichte des Orients im 20. Jahrhundert anschauen dann würdest du das nicht so locker dahertippen. Klar haben die Muslime eine Mitschuld an ihrem Zustand aber im Großen und Ganzen ist es tatsächlich die imperialistische und Menschenverachtende Politik des Westens gewesen die seit mehr als 100 Jahren die Muslime versucht zu knechten und niederzuwerfen. Diese Menschenverachtende Politik den Muslimen gegenüber kannst du auch nicht durch das erwähnen der Mongolen Invasion harmlos machen bzw. den Westen als Engel darstellen.
Sagen wir es mal so: Sicherlich sind die Verfehlungen des Westens im Orient, sei es durch Unkenntnis oder Absicht, in den letzten 50 bis 60 Jahren eine Ursache für die gegenwärtigen Spannungen. Und ich habe hier auch schon oft genug die Doppelmoral des Westens angeprangert. Ich mache da sicher keinen Hehl daraus. Aber ich möchte genauso behaupten, dass Strömungen im Islam ebenso Fehler begangen haben und man nicht wegen jedem Käse sofort eine Ursache im Westen suchen kann. Abgesehen davon kann man aber oftmals zu dem Eindruck gelangen, dass bei einigen Muslimen sofort immer reflexhaft der Westen grundsätzlich für alles Schuld ist. Ach ja, und den Westen als Engel darstellen, bzw. zu versuchen, die Kreuzzüge zu verharmlosen, bzw. zu relativieren, wollte ich so auch nicht. Ich sagte nur, dass es wesentlich schlimmere Ereignisse in der Geschichte des Islam für den Islam gab, aber das heutzutage, angesichts der gegenwärtigen Situation, immer gerne die Kreuzzüge als vermeintlich grauenhaftester Aspekt einer Bedrohung des Islam verkauft wird. Und das ist falsch.
Zitat:Verbrechen bleibt Verbrechen egal ob es vorher schon ein anderes gab.
Oh Himmel, das bezweifelt doch auch niemand. Unrecht und Unrecht geben nicht Recht, so wie mathematisch gesehen Minus und Minus Plus geben. Aber was würde man im Islam wohl sagen, wenn man sich genauso gebetsmühlenhaft im Westen hinstellen und sagen würde, dass die Kreuzzüge nur eine angemessene Reaktion auf die Bedrohung des Abendlandes durch den Islam im Rahmen der Eroberung der iberischen Halbinsel und der Vorstöße nach Frankreich (732 n. Chr.) und bis in die Po-Ebene hinein war? Genau. Das Geschrei wäre kaum zu überhören und man würde dahingehend argumentieren, dass dies ja "schon ewig zurückliegt". Da es langsam aber arg Off-Topic hier wird, formuliere ich das nicht weiter aus.

Thomas Wach schrieb:
Zitat:Zur Geschichte: Wenn die Mongolen und die Türkvölker (Timur war kein reiner ethnischer Mongole, sowas gab es um 1400 schon gart nicht mehr) heute derart über die Moslems herrschen würden, dann wären diese Erinerungen sicher eher im Gedächtnis. Nur nach gut 200 Jahren westlicher Interventionen, Kolonisationen und Einflußnahme wird sowas eben etwas vergessen. Relativ einfache Sache und leicht verständlich...
Hmm, aber hier muss man auch differenzieren und sollte nicht mal 200 Jahre westliche Boshaftigkeit in die Landschaft setzen. Zwar waren der Maghreb unter dem Einfluß Frankreichs und Ägypten und der Sudan unter britischer Herrschaft, aber der Rest des Orients, von Palästina bis zum heutigen Irak, wurde bis zum Ersten Weltkrieg vom Osmanischen Reich dominiert und Persien/der Iran war quasi bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein ein sehr unabhängiges Gebilde. Erst ab etwa 1925 herum begannen sich die Briten einzumischen. Insofern: Ja, es gab und gibt die westliche Einmischung, aber ich denke, dass 200 Jahre hier zu hoch greifen.

Weiterhin: Es mag sein, dass angesichts der gegenwärtigen Krisen (Irak, Iran-Atomfrage, Palästina, etc.) die Verbrechen der Kreuzzüge, d. h. also die gewaltätige Intervention des christlichen Westens, sich quasi "lebendiger" im kollektiven Bewußtsein der Muslime darstellen, aber im historischen Kontext gesehen ist es eine manchmal beinahe schon leicht hysterisch anmutende Übertreibung in Bezug auf eine eher unbedeutende Invasion. Zugegeben, das George W. Bush unvorsichtigerweise das Wort "Kreuzzug" benutzt hat als er den "Krieg gegen den Terror" ausrief, hat die Gemüter sicher nicht beruhigt.

Schneemann.
Zitat:Zur Geschichte: Wenn die Mongolen und die Türkvölker (Timur war kein reiner ethnischer Mongole, sowas gab es um 1400 schon gart nicht mehr) heute derart über die Moslems herrschen würden, dann wären diese Erinerungen sicher eher im Gedächtnis. Nur nach gut 200 Jahren westlicher Interventionen, Kolonisationen und Einflußnahme wird sowas eben etwas vergessen. Relativ einfache Sache und leicht verständlich...
Die Timuriden beriefen sich zwar auf ihren mongolischen Ursprung (als "Schwiegersöhne"), aber sie waren überwiegend persisch-sprachig und kulturell stark iranisiert. Man kann daher zu der Zeit wirklich nicht mehr von Mongolen a la Chingis Khan sprechen.
Längst selbst zum Islam konvertiert, sorgten sie zudem für eine Manifestierung des Islam in Zentralasien. Die Aussage, dass "die Mongolen" im 14.Jh dem Islam einen nachhaltigen Schaden zugefügt hätten, sind daher falsch. Gelernter/lernender Historiker hin oder her.

Der Einfall der Mongolen hat aber grunsätzlich zu gewaltigen nahchaltigen ehtnischen Vermischungen und Veränderungen. Diese neuen Elemente ordneten sich jedoch kulturell unter.

Wie hoch die Opferzahlen und die Grausamkeiten waren, ist bis heute nicht kalkulierbar. Die Aussage von Quituns, dass die Opferzahlen die des 2. Weltkriegs übersteigen, sind mit Sicherheit sehr stark überzogen. Das sie grausam waren, wird wohl niemand bestreiten.

Abschliessend sei noch angemerkt, dass die ganze Argumentation nicht nur historisch falsch sondern auch vom Prinzip her Quatsch ist.
Auf Ereignisse von vor über 1000 Jahren zu verweisen und damit dann vorzurechnen, dass es damals schlimmer war und die Verbrechen des Westens heute dagegen doch nur sehr unbedeutend seien, ist einfach nur lachhaft. Wem ist denn damit geholfen, ausser dem eigenen Gewissen?

Wie ich aber bereits im Libanon-Thread herauslesen konnte, scheint sich bei Schneemanns Denke eingebürgert zu haben, in Kenntnis der vermeintlichen TOP5 der schlimmsten historischen Ereignisse, den Rest daran zu messen und einzuordnen. Also was war schon Falluja gegen Dresden? Was ist schon AIDS gegen die Pest? Also was war schon der Holocaust im Vergleich zum Genozid an den Indianern? Sollen die sich doch mal alle nicht so aufregen und rumheulen, oder?! :pillepalle:
Für Menschen die in diesem ethischen Elfenbeinturm sitzen, gehen erfahrungsgemäß komischerweise schon ganze Welten unter, wenn es draussen kälter wird und sich der erste Schnupfen ankündigt. Wink
Shahab3 schrieb:
Zitat:Wie ich aber bereits im Libanon-Thread herauslesen konnte, scheint sich bei Schneemanns Denke eingebürgert zu haben, in Kenntnis der vermeintlichen TOP5 der schlimmsten historischen Ereignisse, den Rest daran zu messen und einzuordnen. Also was war schon Falluja gegen Dresden? Was ist schon AIDS gegen die Pest? Also was war schon der Holocaust im Vergleich zum Genozid an den Indianern? Sollen die sich doch mal alle nicht so aufregen und rumheulen, oder?!
Für Menschen die in diesem ethischen Elfenbeinturm sitzen, gehen erfahrungsgemäß komischerweise schon ganze Welten unter, wenn es draussen kälter wird und sich der erste Schnupfen ankündigt.
Flasch. Mir geht es um die Art wie man etwas darstellt. Damit meine ich die teils bodenlosen Übertreibungen unfähiger Presseleute und einiger hochbetroffener User hier und in anderen Foren, die gegenwärtige Ereignisse verheerender darstellen als sie sind und die so die wesentlich schlimmeren Ereignisse auch der näheren Geschichte mithelfen zu verharmlosen. Ich will also NICHT sagen, dass es an Ort X gefälligst genauso viele Tote zu geben hat wie in Dresden, bis ich Begriffen wie "Genozid", "Massenmord", oder "Kriegsverbrechen" eine Gültigkeit ausstelle. Nein, ich will nur sagen, dass man gefälligst mal differenzieren soll und dass diese blindwütigen und propagandistisch verklärenden Übertreibungen absolut daneben sind.

Und: Die Vergleiche mit den TOP 5 der schlimmsten Verbrechen der Menschheit ziehe nicht ich, aber ich rege mich auf wenn mir erzählt wird, dass derzeit diese TOP 5 alle z. B. in den Palästinensergebieten vertreten sind. So oft wie ich schon gehört habe, dass in den Palästinensergebieten ein Genozid stattfindet, sollte ich eigentlich annehmen, dass es die Palästinenser gar nicht mehr gibt...:wall:

Schneemann.
@Schneemann

Zitat:Nein, ich will nur sagen, dass man gefälligst mal differenzieren soll und dass diese blindwütigen und propagandistisch verklärenden Übertreibungen absolut daneben sind.
Was ist denn daran daneben, zu sagen, dass demokratische Entwicklungen im Iran in den letzten 100 Jahren gezielt vom Westen torpediert wurden?
Zitat:Shahab3 postete
Siehste mal. Auch wenn sie leider oft noch benachteiligt sind, kommt den Frauen im gesellschaftlichen Leben traditionell keine untergeordnete Rolle zu.
Hmm, also die Scharia gilt im Iran doch immer noch, oder? Also gleichgestellt sind sie sicher nicht. Im Westen sind Frauen vielleicht benachteiligt, wenn sie nicht das glieche Gehalt für die gleiche Arbeit erhalten. Der Begriff "benachteiligt" klingt in meinen Augen zu schwach.

Zitat:Sowas musst Du eher in anderen Ländern suchen. Zum Beispiel in Saudi Arabien, oder vielleicht in der Pornosammlung Deiner Kumpels.
Oje, Du musst ja ne Vorstellung über meine soziale Umgebung haben :|
Zitat:Shahab3 postete
Was ist denn daran daneben, zu sagen, dass demokratische Entwicklungen im Iran in den letzten 100 Jahren gezielt vom Westen torpediert wurden?
Weil es wie eine Schutzbehauptung klingt um dich persönlich aus der Verantwortung zu stehlen Big Grin

Für die Demokratrien in fast allen anderen Ländern wurde geblutet und zwar nicht zu knapp. Wenn genug Leute glauben es wäre eine nette Idee die Demokratie in ihrem Land einzuführen passiert nämlich noch lange nichts. Und es gab immer ausländische Regime oder Gruppierungen die die antidemokratischen Kräfte in den späteren Demokratien unterstützt haben. Sogar wenns da kein Öl gab...
Zitat:Shahab3 postete
Was ist denn daran daneben, zu sagen, dass demokratische Entwicklungen im Iran in den letzten 100 Jahren gezielt vom Westen torpediert wurden?
Torpediert ja - aber es ist eben die Frage ob der Westen der letzte Schritt bzw. ein Katalysator einer ohnehin schon vorhandenen Dynamik in der iranischen Gesellschaft war, oder ob die westlichen Einflussnahmen alleinverantwortlich sind.