In der außenpolitischen Wirkung hat Turin mit seinen Ausführungen schon recht. Der Iran wird zusehends vom Westen nun isoliert, die Verhandlungen der EU-Troika stehen daher unter einem sehr ungünstigen Stern und die Problematik des iranischen Atomprogramms erhält neue Nahrung.
Alles vollkommen korrekt, dies ist die primäre Außenwirkung.
Allerdings - obwohl ich die Aussage sehr kritisch sehe und scharf verurteile - wundere ich mich etwas über die so erhitzten Reaktionen.
Natürlich können wir uns nun hinstellen und entsprechend unserer westlichen Wahrnehmung den Iran verurteilen.
Doch normative Werturteile ersetzen keine kritische Analyse und daher an Turin, falls ich mit meinen Ausführungen auch gemeint bin, wenn es um Relativierungen geht, dann widerspreche ich dir deutlich.
Wie schon gesagt, die normative Ebene ist das eine oder die auf den Moment fokussierte westliche Wahrnehmung dieses Verbalsausfalls, das andere ist die kritische, neutrale Bewertung der Gesamtlage.
Zitat:Wenn er glaubt, mit Muskeln spielen zu können, die er höchstens in einem Zerrbild besitzt, mag er es versuchen, meine Einschätzung ist, dass sich die gegenwärtige Administration des Irans in dem Eindruck ihrer Möglichkeiten klar auf dem Holzweg befindet.
Daher ist die Analyse auch absolut richtig, geht aber nicht tief genug.
Dir müßte ja auch klar sein, dass politische Reden nicht nur eine direkte Aussage besitzen, sondern dass man die Umstände und die wahren Intentionen und indirekten Aussagen beachten sollte.
Es läßt sich natürlich nicht abstreiten, dass da Ahmednedschad hier zum Völkermord aufruft ( nochmal: was zu verurteilen ist), nur geht es hier prinzipiell nicht allein um die Juden oder Israel allein, sondern hier geht es um "den großen und den kleinen Satan", um Macht, Interessen und Einflußsphären und hier sieht sich der Iran bzw. gewisse Teile als alleinige Streiter für die islamische Sache wider dem Westen. Meine Ausführungen aus dem obigen Post würde ich daher gern nochmal unterstreichen. Da kann sich auch Bastian so viel darüber lustig machen, wie er will. Das zeigt nur - sorry - seine westliche Ignoranz. Denn falls China plötzlich Polen, Dänemark und Belgien besetzen würde, würden wir auch anders über China reden ( als Analogie). Klingt seltsam, unrealistisch, aber genauso sieht es da unten aus: Mit unserem Verständnis, mit unseren Vorstellungen können wir uns eben nicht ohne weiteres in die da unten herrschenden Verhältnisse einfühlen. Denn dort ist es ganz anders, eine ganz andere Lebenswelt. Jeder, der das außer acht läßt, sollte - meines Erachtens - sich seine Analyse sparen.
Also angesichts solcher Zeilen:
Zitat:Und wenn Shahab3 darauf hinweist, dass das schon seit Jahren Praxis im Iran ist, ob auf Militärparaden oder sonstwie, fände ich das als Israeli weniger beruhigend als vielmehr alarmierend.
Was ist nun neu an der Situation? Es ist doch schon so lange bekannt, dass der Iran gegen Israel und die USA ist, da dieser Staat in seiner radikalen Islaminterpretation die beherrschende Position beider Mächte über die islamischen Länder in der Region ablehnt. Schon vor 20 Jahren wurde der Weg über Bagdad nach Jerusalem propagiert. Und viele denken halt eben immer noch so, dass sie der Islam in einer traditionelleren Interpretation gegen das Fremde, des Westen aufhetzt.
Das ist keine Relativierung, das sind ergänzende Feststellungen.
Zumal wenn man noch die innerstaatliche Akteursanalyse dazu nimmt:
Ahmednedschad ist ein radikaler alter Schule, der von den Armen und radikalisierten, traditionellen Massen gewählt wurde.
Es gibt aber auch Leute, die den Konfrontationskurs nicht gehen wollen um jeden Preis mit den USA und Israel, die statt dem Clash of civilisations und dem Aufeinanderprallen der Lebenswelten Mäßigung wollen. Solchen Leuten wird mit diesen polarisierenden Aussagen das Wasser auch abgegraben und so hat er auch die Massen leicht radikalisiert und entflammt.
Dies meinte überdies auch der ZDF-Korrespondent (??) aus Teheran so.
Also, das Problem geht viel tiefer und liegt an der generellen Auseinandersetzung des Irans/der islamischen Welt mit den USA/der westlichen Welt. Das, was jetzt abgeht, ist nur die Eisbergspitze und nur ein Fortgang im Krieg der Worte.
Und für leicht erregbare Moslems, die eh schon genug von westlicher Moderne und erzwungener Modernität haben, sind Bushs verbale Patzer wohl fast genauso schlimm: Kreuzzüge haben in der islamischen Welt keinen guten Ruf und sind dort automatisch mit der Bedeutung des Kampfes gegen den Islam konnotiert und auch der Kampf wider dem islamischen Imperium von Indonesien bis Marokko mag nicht viel besser klingen in deren Ohren.
Also, ich würde sagen, man sollte den sich jetzt verschärfenden Konflikt im Auge behalten, denn er beginnt wohl hitziger zu werden. Von Eskalation sollte man trotzdem aber nicht schon reden.
Daher sollte man die Rahmenbedingungen eben im Auge behalten
@ Wolf
Dein Post geht am Inhalt meines Posts vorbei. Normative Bewertungen oder die westliche Wahrnehmung, auf die du rekkurierst, habe ich gerade mit Absicht außen vor gelassen, da du so immer nur zu einer verzerrten Analyse des Geschehens kommst.
Und wir mischen uns dort schon sehr sehr lange ein. Dies müßte dir doch bekannt sein und daher kann ich nicht zu 100% verstehen, warum du jetzt noch mehr Interventionen forderst: Die bisherigen haben uns doch zu teilen das ganze Problem erst eingebrockt...