03.10.2005, 12:09
:hand: von <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,377487,00.html">http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,377487,00.html</a><!-- m -->
Zitat:Scheidung vor der Hochzeit?
Verbittert und illusionslos startet Ankara in die Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union. Die Zustimmung für den Gang nach Westen schwindet, alte EU-Gegner melden sich zurück. Doch die Empörung über die zaudernden Europäer birgt Risiken - nicht nur für die Türken. [...]
"Ich würde die Türkei auch nicht in die Union aufnehmen, wenn ich Europäer wäre", sagt Emin Çölasan spöttisch. Der stramm nationalistische Kolumnist der Tageszeitung "Hürriyet" gilt als Sprachrohr des konservativen Offizierscorps. [...]
Andere Kritiker zählen als Argumente auf, dass die EU Ankara kolonisieren und ausplündern wolle, dass Brüssel ständig lüge und der Türkei ausschließlich christliche Werte aufzudrücken versuche. Istanbuls MHP-Chef Ihsan Barutçu verglich die EU gar mit einem Pferd: "Man darf es nur besteigen, wenn man es lenken kann."
Zumindest zwei Jahre noch will Erdogan den offenen Bruch mit Brüssel vermeiden, denn bis 2007 läuft das milliardenschwere Türkei-Programm des Internationalen Währungsfonds. Danach gilt, was er in schwierigen Phasen immer wieder betont hat, ohne konkret zu werden: Die Türkei habe "Alternativen" zu Europa. [...] Außenpolitisch könnte dies die Annäherung an Russland, Iran und Syrien bedeuten, auf die hohe Militärs bereits offen drängen. Insbesondere Erdogans Verhältnis zu Wladimir Putin ist ausgezeichnet; dessen Machtfülle soll dem türkischen Premier sehr imponieren. [...]
Die Erwartungen sind bescheiden am Vorabend der Beitrittsverhandlungen. "Was ist die EU?", wollte die englischsprachige "Turkish Daily News" vorige Woche in einer Internet-Umfrage wissen. Fast 800 Leser antworteten, und zwar eindeutig: 2,6 Prozent hielten sie für "ein Modernisierungsprojekt", 46,9 Prozent aber kreuzten die Rubrik an, die EU sei nichts weiter als "ein christlicher Club".