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Drusen engagieren sich gegen die Hamas und wollen nicht länger "Bürger zweiter Klasse" in Israel sein.
France 24 (französisch)
Die Drusen sind historische Unterstützer des jüdischen Staates und bilden eine eng verbundene Gemeinschaft, die bei den israelischen Kriegsanstrengungen gegen die Hamas an vorderster Front steht. Doch diese arabische Minderheit, die mit Israel durch einen "Blutpakt" verbunden ist, fühlt sich durch das umstrittene Nationalstaatsgesetz von 2018, das Israel als jüdischen Staat festschreibt, marginalisiert und diskriminiert. Angesichts des Drucks, den ihre Vertreter ausüben, scheint die von Benjamin Netanjahu geführte Regierungskoalition für einige Zugeständnisse offen zu sein.

Veröffentlicht am: 28/11/2023 - 15:32
8 Min.
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Ein Wandgemälde, das den libanesischen Drusenpolitiker Walid Jumblatt (unten rechts) und den syrischen drusischen nationalistischen Führer Sultan al-Atrash (oben links) am 16. November 2023 in der mehrheitlich von Drusen bewohnten Stadt Beit Jan in Israel zeigt. John MacDougall, AFP
Durch:
Grégoire SAUVAGE


Wird die Loyalität der Drusen gegenüber dem jüdischen Staat angemessen gewürdigt? Diese alte Debatte in Israel erhält vor dem Hintergrund des Krieges mit der Hamas, an dem diese arabische Gemeinschaft, die einem Zweig des schiitischen Islams entstammt, aktiv teilnimmt, neue Brisanz. Als einzige nichtjüdische Wehrpflichtige kämpfen die Drusen massenhaft in den Reihen der israelischen Armee, sind aber der Meinung, dass sie nicht ausreichend anerkannt werden.

"Es ist an der Zeit, dass sich die Regierung der drusischen Gemeinschaft, ihrer Soldaten und derer, die im Kampf gefallen sind, bewusst wird", schrieb Scheich Mowafaq Tarif, ein religiöser Würdenträger der Drusen, Anfang November in einem Brief an Premierminister Benjamin Netanjahu. "Es ist an der Zeit, dass die Regierung und die Knesset das Nationalstaatsgesetz ändern und die historischen Verzerrungen in Bezug auf die drusische Gemeinschaft wiedergutmachen, während die Gemeinschaft und ihre Rechte in der Gesetzgebung verankert werden."

Das Gesetz über den "Nationalstaat des jüdischen Volkes" von 2018, das Israel als jüdischen Staat definiert, dessen einzige Amtssprache Hebräisch ist, wurde von dieser arabischsprachigen Religionsgemeinschaft, die mit Israel durch einen "Blutpakt" verbunden ist, als Verrat empfunden. Dieser Ausdruck bezeichnet das unverbrüchliche Bündnis zwischen den Drusen und Israel, bei dem die israelischen Behörden ihnen als Gegenleistung für das im Kampf vergossene Blut Schutz und eine Art Autonomie gewährten, die 1963 von der Knesset ratifiziert wurde, insbesondere in den Bereichen Bildung und Verwaltungsgerichtsbarkeit.

"Im Jahr 2018 waren sie die ersten, die [gegen dieses Gesetz] demonstrierten, weil sie darin einen Bruch des Vertrags mit Israel sahen. Seit der Geburt des jüdischen Staates 1948 sehen sich die Drusen als Verbündete Israels, da sie eine ethnisch-religiöse Minderheit sind, deren politische Tradition darin besteht, sich mit dem Stärksten zu verbünden", erklärte Denis Charbit, Professor für Politikwissenschaft an der Offenen Universität Israels.

Die Drusen praktizieren einen heterodoxen und synkretistischen Islam und lehnen die Scharia, das islamische Recht, und seine rituellen Verpflichtungen wie das Fasten im Ramadan ab. Sie werden von Sunniten und Schiiten als Ketzer betrachtet und waren im Laufe ihrer Geschichte immer wieder Verfolgungen ausgesetzt, die eine Form des gemeinschaftlichen Rückzugs und des Kults der Geheimhaltung verstärkten.

Gesellschaftlicher Fahrstuhl

Seit den Terroranschlägen der Hamas am 7. Oktober sind mindestens sechs drusische Soldaten unter den 390 israelischen Soldaten, die im Kampf getötet wurden. Für diese historischen Verbündeten der zionistischen Bewegung ist die Teilnahme an den Kriegsanstrengungen ein zentrales Element ihrer Identität. Bereits 1948 wurde die Einheit 300, die erste drusische Einheit, in die Reihen der israelischen Armee aufgenommen. Im Gegensatz zu den israelischen Arabern sind drusische Männer seit 1956 wehrpflichtig. Für die israelischen Behörden stellt diese diskrete Gemeinschaft, die auch im Libanon und in Syrien vertreten ist, ein Integrationsmodell dar.

"Wir betrachten uns als verpflichtet, in den israelischen Verteidigungsstreitkräften zu dienen. Wir tun dies mit Stolz als Israelis", sagte Anan Kheir, ein Anwalt und Mitglied des Drusen-Veteranenverbands. "Die Rekrutierungsquote der 18-Jährigen liegt bei den Drusen bei 87% gegenüber 67% bei den Juden. Niemand tut mehr für Israel als wir", fügte er hinzu und erinnerte daran, dass 452 drusische Soldaten seit der Gründung Israels bei der Verteidigung des Landes ihr Leben verloren haben.

Zitat:Lesen Sie auch
Naher Osten: Drusische Soldaten stehen in Israel an vorderster Front.

Für die israelischen Drusen bietet die militärische Karriere eine mächtige Möglichkeit zum sozialen Aufstieg. "Die Drusen haben Vorbehalte gegenüber der Moderne, was sie in einer dynamischen und liberalen Gesellschaft behindert: Der Begriff der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist bei ihnen überhaupt nicht selbstverständlich. Sie leben wirtschaftlich autark und haben auch im Vergleich zur übrigen arabisch-israelischen Bevölkerung nur sehr wenige höhere Bildungsabschlüsse. Daher haben sie in der Regel Anspruch auf weniger gut bezahlte Stellen", analysiert Denis Charbit.

Viele von ihnen entscheiden sich daher für eine militärische Laufbahn, und viele Mitglieder der Gemeinschaft haben hohe Positionen in der Befehlskette erreicht. Bis heute ist der ranghöchste Offizier, der beim Bodeneinfall in Gaza ums Leben kam, Oberstleutnant Salman Habaka, der aus einem drusischen Dorf in Galiläa stammte.

Zitat: 🔴 ISRAEL IM KRIEG: Der 18. IDF-Soldat fällt im Kampf gegen den nazislamistischen Feind. Oberstleutnant Salman Habaka. 33 Jahre alt. Mitglied der treuen drusischen Gemeinschaft in Israel. Mitglied der Brigade 53. 😪🙏🇮🇱. pic.twitter.com/uhzP28bWYU.
- Jonathan Serero (@sererojonathan) November 2, 2023

"Der soziale Fahrstuhl, den die Armee darstellt, funktioniert für die drusische Gemeinschaft besonders gut. Die Tatsache, dass Arabisch ihre Muttersprache ist, ermöglicht es ihnen, strategische und kapitale Positionen einzunehmen, insbesondere während der Strafverfolgungsmaßnahmen in den besetzten Gebieten, wo sie nicht auf die Dienste eines Übersetzers angewiesen sind und direkt diskutieren und verhandeln können", betont Denis Charbit.

Die Drusen in der Enge

Der "Blutpakt" zwischen Israel und den Drusen wird zwar nicht in Frage gestellt, doch die Verluste, die die Gemeinschaft während und nach dem 7. Oktober erlitten hat, sowie ihre Verwicklung in den Gaza-Krieg haben die Forderungen dieser religiösen Minderheit wieder in den Vordergrund gerückt.

Seit Jahrzehnten fühlen sich die Drusen in sozioökonomischer Hinsicht marginalisiert und werfen dem Staat vor, zu wenig in die 16 Dörfer im Norden Israels zu investieren, in denen sie ausschließlich ansässig sind.

Ihre Hauptforderung betrifft den Wohnraum und insbesondere die nach Ansicht der Gemeinschaft variable Anwendung des Landnutzungsplans. Die meisten Mitglieder dieser arabischen Minderheit, die seit einem Jahrtausend in dieser Bergregion des Nahen Ostens verwurzelt ist, haben sich dafür entschieden, ihre Heimat im Herzen ihrer kulturellen und identitätsstiftenden Wiege zu gründen.

Da die Stadtplanung jedoch seit Jahrzehnten unverändert geblieben ist, wird der Platz allmählich knapp, was die Drusen dazu zwingt, illegale Gebäude zu errichten. "Wir Drusen bauen nur in unseren Dörfern. Das Problem ist, dass die Behörden uns keine Alternativen anbieten, anstatt die Fläche, auf der wir bauen dürfen, zu erweitern, wie in den jüdischen Siedlungen oder in den großen Städten", beklagt Anan Kheir.

Schätzungen zufolge wurden in den letzten Jahrzehnten etwa zwei Drittel der drusischen Häuser in Israel ohne Genehmigung gebaut, was mit der Gefahr des Abrisses, aber vor allem mit Geldstrafen für die Täter verbunden ist. Das 2017 verabschiedete sogenannte "Kaminitz-Gesetz" hat die finanziellen Sanktionen erheblich verschärft.

"Sie sind dabei, unsere Brieftaschen und unser Bankkonto zu zerstören", versicherte Ashraf Halabi, ein Basketballtrainer, der rund 600.000 Schekel (ca. 148.000 Euro) an Geldstrafen zahlen muss, weil er sein Haus und einen Pool am Rande des Dorfes Beit Jann illegal gebaut hat, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

"Die Drusen und vor allem die jüngeren Drusen leiden unter dieser Situation. Seit zehn Jahren fordern wir, dass wir unsere Gemeinden vergrößern dürfen, aber nichts passiert", beklagte sich Anan Kheir.

Diese Frustration zeigte sich insbesondere im letzten Sommer mit einer Reihe von großen Versammlungen auf den Golanhöhen, um gegen einen geplanten Windpark auf Land, das den Drusen gehört, zu protestieren.
"Das sind nur Versprechungen"

Seit 2018 und der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes, das die jüdische Identität Israels festschreibt, wird die traditionell zurückhaltende drusische Gemeinschaft immer lauter. "Mit diesem Gesetz ist man entweder Jude oder nicht. Es schafft Bürger zweiter Klasse", empörte sich der Anwalt Anan Kheir.

Die regierende Regierungskoalition in Israel scheint jedoch zu einer Geste bereit zu sein. Der Abgeordnete Ofir Katz und der Außenminister Eli Cohen, beide Mitglieder des rechtskonservativen Likud, kündigten am 19. November einen Entwurf für ein Grundgesetz an, das in Israel quasi Verfassungsrang hat, um den Status der drusischen Gemeinschaft in Stein zu meißeln.

"Es ist ziemlich selten, dass der Likud sofort auf solche Forderungen reagiert", sagt Denis Charbit. Die drusische Gemeinschaft möchte jedoch kein spezielles Gesetz, sondern vielmehr, dass der Grundsatz der Gleichheit aller Bürger in das berühmte Gesetz des Nationalstaats des jüdischen Volkes aufgenommen wird."

Von Journalisten auf die Möglichkeit einer Änderung des umstrittenen Gesetzes von 2018 angesprochen, hielt sich Benjamin Netanjahu jedoch bedeckt. "Die Drusen sind eine wertvolle Gemeinschaft. Sie kämpfen, sie fallen im Kampf, Israel wird ihnen geben, was sie verdienen", kommentierte der israelische Premierminister lediglich.

In der Zwischenzeit wurde von mehreren Likud-Politikern die Möglichkeit eines Einfrierens der Geldstrafen für illegale Bauten der Drusen erwähnt. "Man spürt, dass die Regierung sich nützlich machen will, und zwar jetzt, nicht erst nach dem Krieg mit der Hamas", will Anan Kheir glauben. "Aber bei diesen Politikern ist es nie schwarz oder weiß. Und im Moment sind es nur Versprechungen".
Zitat:Die Rekrutierungsquote der 18-Jährigen liegt bei den Drusen bei 87% gegenüber 67% bei den Juden.

Dasselbe mit den Beduinen. Es gibt keine muslimische Gruppe die treuer wäre zu Israel, die prozentual mehr Soldaten stellt für Israel, und die trotzdem von den Juden in Israel oft wie der letzte Dreck behandelt wird. Das reicht so weit, dass man Beduinen in der Nähe zu Gaza keine Schutzräume gegen Raketenbeschuss genehmigt und verhindert dass sie selbst welche bauen. Das Verhalten der jüdischen Israelis gegen diese Gruppen ist absurd dumm und man muss es offen sagen: von blindem Rassismus beherrscht. Der jüdische Rassismus in Israel ist so ein Thema, dass ganz allgemein totgeschwiegen und ignoriert wird, selbst da wo er sich nicht gegen Muslime, sondern in letzter Zeit beispielsweise massiv zunehmend gegen Christen richtet.

Ich kritisiere dass dabei nicht aus moralisch-ethischen Gründen, sondern einfach aus rein praktischen Gründen. Denn es ist einfach nur dumm und kurzsichtig.
Es gibt durchaus Bemühungen des Israelischen Staates die Situation der Beduinen zu verbessern. Es ist aber eine komplexe und vielschichtige Gemengelage, die sich kaum auf Rassismus reduzieren lässt. Wenn überhaupt darauf, dass sich Nomadenkulturen und sesshafte Kulturen seit jeher nicht beliebig vermengen lassen und das immer mit gewaltigen Flurschäden für die Nomadenkultur einhergeht.

Das man hier seitens des Staates noch mehr machen müsste ist zweifellos richtig, es gibt aber auch einfach keine simple staatliche Lösung, die nomadisch geprägte Ansiedlungen irgendwo im nirgendwo in integrierte und prosperierende Ortschaften verwandelt.
Einfach jedem nicht anerkannten Kuhkaff aus besseren Wellblechhütten im tiefsten Negev das komplette zivilisatorische Programm zu Verfügung zu stellen ist nicht darstellbar.
Der israelische Ansatz, die Beduinen in größeren eigens durch den Staat gebauten Ortschaften zu konzentrieren ist da eigentlich sehr vernünftig.
Das geht entweder nur mit Zwang und Gewalt oder wird sich als Prozess über multiple Generationen hinziehen und nie vollständig gelöst werden.

In diesen offiziellen Ortschaften der Beduinen gibt es dann auch Schutzräume. Freilich wiederum weniger als andernorts, weil halt jüdische Ansiedlungen Priorität hatten. Nicht aus rassistischen Gründen, sondern weil die Hamas halt eher jüdische Ortschaften näher an der Grenze beschießt, als die Ortschaften der Beduinen tiefer im Hinterland.
Landesweit hat übrigens fast ein Drittel aller Israelis keinen Zugang zu Luftschutzanlagen. Auch an den Grenzen zu Gaza und zum Libanon waren noch vor wenigen Jahren eine Viertelmillion Menschen ohne ausreichenden Schutz. Das Problem betrifft also längst nicht nur irgendwelche Minderheiten.
(03.12.2023, 08:57)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das Verhalten der jüdischen Israelis gegen diese Gruppen ist absurd dumm und man muss es offen sagen: von blindem Rassismus beherrscht.

Mal angenommen Volksgruppe XY baut in Deutschland auf ein Grundstück, von welchem sie nicht Eigentümer sind, ein Dorf aus Holz- und Wellblechhütten ohne jegliche Bauordnung zu beachten. Hier würde das zum Abriß führen und wären die Mitglieder dieser Volksgruppe deutsche Staatsbürger dann würden sie maximal ein Obdachlosenasyl angeboten bekommen als Übergangsmaßnahme. Macht Israel das Gleiche heißt es das wäre Rassismus, obwohl echte Wohnungen als Ausgleich angeboten werden.
In Israel geht die Geduld mit der gesellschafts- und v. a. sicherheitspolitischen Sonderrolle der Ultraorthodoxen langsam wohl dem Ende entgegen, zumindest zeichnet sich handfester innenpolitischer Streit um deren Drückebergerrolle beim Wehrdienst ab:
Zitat:Israel crisis deepens over ultra-Orthodox draft

Israel's High Court has issued an order in the long-running dispute over ultra-Orthodox military exemptions, deepening a crisis in the government. It instructed a funding freeze for ultra-Orthodox, or Haredi, educational institutions whose students are eligible for conscription.

Haredi parties in the government have reacted angrily, while a secular party has threatened to quit over the issue. Ultra-Orthodox exemptions are opposed by a majority of Israelis. [...]

Conscription applies to almost all other Israelis, apart from Israeli Arabs, from the age of 18 for both men and women. The government is debating a bill which reportedly seeks to strike a compromise by allowing exemptions with limitations. But the draft plan is fiercely opposed by Haredi parties. Two of those parties - Shas and United Torah Judaism (UTJ) - hold 18 seats in the 72-seat emergency government. On the other hand, the secular, centrist National Union party, which holds eight seats, is insisting exemptions are scrapped altogether.

The party's leader, Benny Gantz, a former army chief of staff, has threatened to pull out of the government over the current plan. "The people will not tolerate it, the Knesset will not be able to vote in favour of it, and my associates and I cannot be part of this emergency government if this law passes," he said on Monday.
https://www.bbc.com/news/world-middle-east-68684069

Schneemann
Als Ergänzung:
Zitat:Israel's High Court endorses IDF haredi draft, calls to freeze yeshiva funding

Arye Deri on High Court's interim ruling: I can understand those who don't want to serve in IDF.

The High Court of Justice on Thursday night issued a blockbuster decision endorsing a universal draft, including the Haredi sector, starting April 1 as a matter of principle, while in practice deferring most enforcement until August 9. The decision largely accepted the recommendation of the Attorney-General’s Office on these issues, invoking a legal universal draft immediately but providing months of transition time for the institutions to adjust to the new reality. [...]

The original law that granted the haredi exemption was ruled unconstitutional already in 2017 but did not officially expire until the end of June last year. Prior to its expiration, the government passed a decision to give itself until the end of March 2024 to formulate a new law. State funding for yeshivot is contingent on the number of students with legal exemptions, and with March ending and no new law in sight, the court ruled that there was no longer a legal basis for the funding to continue. [...]

Shas chairman MK Aryeh Deri lambasted the decision in a written statement. “The interim decision that the High Court of Justice gave to immediately halt the yeshiva funding is a mark of Cain and an unprecedented mistreatment of Torah students in the land of the Jews. [...] The Degel Hatorah faction in the United Torah Judaism party expressed outrage at the decision, warning that they would not let it pass without a response.
https://www.jpost.com/breaking-news/article-794176

Und ich schätze mal, dass diese Thematik eine deutlich stärkere Belastung für die Gesellschaft in Israel werden wird, als dieses Affentheater um die Justizreform.

Schneemann
Zitat:Sánchez legt nach im Streit mit Israel: Spanien will Palästinenserstaat bald anerkennen

Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez hat eine baldige Anerkennung eines Palästinenserstaates angekündigt und Israel heftig kritisiert. „Spanien ist bereit, den palästinensischen Staat anzuerkennen“, sagte der Sozialist am Mittwoch im Parlament in Madrid.

Er habe sich mit den Regierungschefs von Irland und Malta getroffen, um diesen bedeutenden Schritt voranzutreiben. Die Anerkennung sei richtig, „weil die gesellschaftliche Mehrheit es verlangt, sie im geopolitischen Interesse Europas liegt und weil die internationale Gemeinschaft dem palästinensischen Staat nicht helfen kann, wenn sie ihn nicht anerkennt“, betonte Sánchez.
Zugleich griff er die israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an. „Die völlig unverhältnismäßige Reaktion der israelischen Regierung auf den Terroranschlag der Hamas setzt Jahrzehnte des humanitären Rechts außer Kraft und droht, den Nahen Osten und damit die ganze Welt zu destabilisieren“, sagte er.

In der Region spiele sich eine der beklagenswertesten humanitären Katastrophen dieses Jahrhunderts ab.
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/po...r-BB1lo9Qw
Über die Beduinen in Israel:

https://www.jpost.com/opinion/article-797588

Zitat:The Negev Bedouins are neglected by the system

Rivers of ink poured on papers after the October 7 attack and the following war. Many spoke of “sobering” from an illusion of security and readiness for a national emergency. Only a few wrote about the failure of Israel’s capacities in handling Israel’s civil response to the damage caused to economy and society. Even fewer wrote about the place of Israel’s Arab citizens both in suffering from the consequences of the war (mass loss of income and jobs, more significant than that of Jewish society) and the role of Arab citizens in holding things together (such as over-representation in the medical system, especially in the South and the devoted treatment in incoming patients from the Gaza envelope and the IDF).

Nearly no one mentioned the harm caused to the weakest of the weakest, Israel’s most socio-economically vulnerable citizens – the Negev Bedouins.

The community of 300,000 Israeli Arab citizens took one of the hardest hits – dozens of Bedouin were kidnapped and murdered by Hamas. Many more were killed by direct hits of Hamas rockets, lives that could be saved if only they were protected sufficiently, as most Israelis are.

Many lives could have been saved if the Negev’s Bedouin villages had been covered by the Iron Dome system and if they had a functioning alarm system notifying people of incoming missiles.

It is time for the state of Israel to diminish this inequality that is costing citizens’ lives.

The inclusion of all Arab citizens and the creation of a truly shared Arab-Jewish society begins with inclusion under the security blanket of protection.
Siehe Beitrag 2647...
Die Beduinen in Israel leben hauptsächlich östlich von Be'er Sheva südlich der Grünen Linie zum Westjordanland. Zumindest die Hälfte der Bevölkerung um die es hier geht - diejenigen die noch einen möglichst unbebundenen nomadisischen Lifestyle haben und frei im Negev siedeln. Die Wüste dort östlich von Be'er Sheva ist tatsächlich vollkommen zersiedelt, da stehen mindestens alle zwei Kilometer Ansiedlungen mit oft nicht mehr als zwei, drei Dutzend Hütten/Schwarzbauten.
Es ist völlig illusorisch diese weitläufigen Communities infrastrukturell zu erschließen und die ca. 900km² dort mit Bunkern und Iron-Dome Batterien zuzuknallen. Dazu wären wahrscheinlich wenigstens 4 Batterien notwendig, Israel hatte vor dem Krieg nur 10. Aktuell sind es 12, weil die USA zwei Testsysteme zurückgeschickt haben.

Aber selbst wenn mehr System verfügbar wären - es gibt zum Gazastreifen hin und noch viel, viel mehr an der Nordfront Communties die wesentlich gefährderter sind als diese Dörfer mitten im tiefsten Negev. Zumal zwischen dem Beduinendörfern und dem Gazastreifen ja nun mal eben vorgelagert schon genügend Iron Dome Batterien stehen, die auch die dahinterliegenden Gebiete im Negev mit abdecken.
Wenn die Hamas überhaupt solch weitreichende Raketen (wenigsten 50km) in diese Richtung geschossen hätte anstatt auf Aschdod und Tel Aviv.
Die Realität ist einfach, dass es viel gefährdetere Communities in Israel gibt und es daher völlig richtig ist, dass wild siedelnde Beduinen irgendwo weit abseits der Konfliktzonen hinten anstehen.

Es sei ihnen ja umbenommen, dass die sich da im Negev ausbreiten wie sie lustig sind, aber man kann nicht einerseits einem betont freiheitlichen Lifestyle frönen und sich andererseits darüber beschweren, dass der Staat dann nicht fließend Wasser hinter jede Düne legt und neben zwei Wellblechhütten einen Betonbunker stellt. Wenn man sich damit nicht arrangieren kann hat man entweder die Möglichkeit, dass Angebot der israelischen Regierung anzunehmen und in die eigens gegründeten und besser geschützten Ortschaften zu ziehen, zu warten bis ihnen eine der zahlreichen (israelischen) Hilfsorganisationen einen Bunker vor die Tür stellt oder selbst Verantwortung für sich und seine Nächsten zu übernehmen und so ein Ding zu bauen oder zu kaufen. Das ist jetzt auch kein Hexenwerk sich da einen Stahlbetonbau zusammenzuzimmern, gerade in diesen Communities Schwarzbau eh an der Tagesordnung ist.

Hinsichtlich des Warnsystems kann man auch auf die Warnapp zurückgreifen. Muss man halt die nächste größere jüdische oder beduinische Ortschaft wählen.
Von der EU gibt es nun Sanktionen gegen radikale Siedler:

https://www.zeit.de/politik/ausland/2024...jordanland

Zitat:Hilltop Youth sei eine Gruppe, deren Mitglieder für Gewalttaten gegen Palästinenser und deren Dörfer im Westjordanland bekannt seien, heißt es im EU-Amtsblatt. Die Strafmaßnahmen gegen Lehava begründete die EU unter anderem damit, dass diese Gewalt anwende und zu Gewalt gegen Palästinenser, Christen und Messianische Juden anstifte. Demnach haben Lehava-Mitglieder unter anderem "Tod den Arabern" gesungen und bei Kundgebungen dazu aufgerufen, zu den Waffen zu greifen.

Was man in diesem Kontext betonen sollte ist, dass sich die Gewalt und Agression dieser Juden keineswegs allein gegen die Palästinenser richtet, sondern vor allem auch gegen israelische Araber und vor allem auch gegen Christen in Israel.

Entsprechend sind das Gruppierungen, welche selbst nur in Bezug auf Israel versuchen die Gesellschaft dort zu spalten und sie schädigen damit Israel als Nation nicht unerheblich. Deshalb finde ich es immer recht erstaunlich, wie wenig der israelische Staat gegen diese Rechtsextremisten unternimmt, insbesondere da sich ihre Gewalttaten ja auch gegen Israelis richten wenn diese Araber, Christen, Drusen oder Muslime sind.

Das reicht also viel weiter als nur die Gewalt gegen Palästinenser in Cisjordanien. Insbesondere die rasant wachsende Gewalt von Juden gegen Christen und Drusen in Israel wird hierzulande kaum oder gar nicht thematisiert.
(21.04.2024, 09:16)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das reicht also viel weiter als nur die Gewalt gegen Palästinenser in Cisjordanien. Insbesondere die rasant wachsende Gewalt von Juden gegen Christen und Drusen in Israel wird hierzulande kaum oder gar nicht thematisiert.

Was bedeutet denn "rasant wachsend" in absoluten Zahlen?
https://www.dw.com/de/kirchen-in-jerusal...a-64588314

https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-r...ie-gruende

https://www.katholisch.de/artikel/46470-...arer-trend

https://www.vaticannews.va/de/welt/news/...litik.html

Exakte Zahlen gibt es hier nicht, weil die israelische Polizei sich weigert Anzeigen deswegen überhaupt aufzunehmen oder zu bearbeiten und die Thematik in Israel ganz allgemein geleugnet wird. Nur in Extremfällen, wie beispielsweise einem Brandanschlag auf ein Kloster durch Jüdische Extremisten oder bei Brandanschlägen auf Kirchen kam es überhaupt mal zu einer behördlichen Verfolgung.

Zitat:Christenhass habe es bis zu einem gewissen Ausmaß immer schon gegeben. Das jetzige Ausmaß sei in der Geschichte aber beispiellos. „Wurde ich früher in den Straßen von Jerusalem vielleicht einmal in drei Monaten angespuckt, so passiert es heute viermal am Tag“, so Schnabel. Die Politik der Regierung enthemme die Extremisten.

Zitat:Allein in Jerusalem gab es laut dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) dieses Jahr 90 Übergriffe. Der ÖRK ruft deshalb in einem offiziellen Statement die israelische Regierung auf, christliche Menschen und Einrichtungen besser zu schützen. Diese Übergriffe reichen von verwüsteten Kirchen, Schmierereien wie «Tod den Christen» und «Christen zur Hölle», körperlichen Angriffe, bis hin zu Friedhofsschändungen und Brandanschlägen.

Zitat:Gibt es israelweite Zahlen für antichristliche Gewalttaten? Nein, denn vieles wird nicht angezeigt oder von der Polizei nicht als antichristliches Gewaltverbrechen eingestuft. Die Kirchen vor Ort kritisieren das seit Jahren. Polizei und Rechtsstaat reagierten zu zögerlich und hätten diese Gewaltexzesse allzu lang verharmlost.

Gründe:

Zitat:Woher kommt die Gewalt? Sie wurzelt in der extremistischen jüdischen Siedlerjugend in den Palästinensergebieten. Bekannt ist die militante Siedlerjugend «Noar Hagvaot» (Hügeljugend): Sie übt seit 2010 antiarabische und gezielt antichristliche Terrorakte aus.

Mittlerweile bespucken aber auch in Jerusalem ultraorthodoxe Jugendliche Mönche auf den Gassen der Altstadt. Das mag mit dem Einsitz Rechtsradikaler in der Knesset, dem Parlament, zu tun haben. Vor allem der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir steht offen dafür ein, alle Nicht-Juden aus dem Land zu vertreiben.

Auch noch eine typische Anekdote:

Zitat:Zuletzt erlebte Deutschland eine peinliche Situation, als die deutsche Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf Israelreise hautnah mitbekam, wie Abt Nikodemus an der Klagemauer von Sicherheitsleuten aufgefordert wurde, sein Kreuz zu verstecken, um orthodoxe Betende nicht zu provozieren.

Etliche Israelis berufen sich übrigens darauf, dass der Status von Christen in Israel genau genommen nur der einer Duldung ist, weil ihr rechtlicher Status verfassungsrechtlich nicht geklärt sei.

https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-04...el/seite-2

Zitat:Seit der geplanten Justizreform hat sich herumgesprochen: Israel hat keine Verfassung. Auch der Status der Christen ist deshalb nicht geklärt. Bisher gilt auch für die Kirchen ein Status quo, basierend auf dem osmanischen Recht aus dem 19. Jahrhundert.

Deshalb sei es laut der wachsenden Zahl rechter Juden zweifelsohne rechtmäßig wenn man die Christen vertreiben würde um eine rein jüdische Nation zu schaffen und alle sollten dankbar sein, dass man sie überhaupt toleriert usw.

Zitat:Seit Wochen häufen sich Angriffe auf christliche Stätten: Im Januar schändeten Unbekannte 30 Gräber auf dem protestantischen Friedhof auf dem Berg Zion. Im Februar zerstörte ein jüdisch-amerikanischer Tourist die Jesus-Statue in der Geißelungskapelle in der Via Dolorosa. Ende März stürmten zwei israelische Siedler die Kirche des Grabes der Jungfrau Maria, griffen Geistliche und Gläubige an. Und im christlich-armenischen Viertel schmierte jemand das Wort "Rache" in hebräischer Schrift an eine Mauer.

Das gleiche Problem haben die Drusen übrigens auch, oder sogar noch mehr.
Als mögliche Folge der politischen Spaltungen innerhalb der politischen und militärischen Führung sowie innerhalb der Gesellschaft spekuliert Middle East Monitor über die Möglichkeiten des Ausbruchs eines Bürgerkriegs und oder eines Regimechange durch die IDF selbst. MeMo ist eine Pro-Palästinensische Quelle und daher ist insofern wohl der Wunsch zu einer solchen Entwicklung herauszulesen. Gleichzeitig ist die Möglichkeit eines solchen Ereignisses nicht ganz von der Hand zu weisen, welches in jedem Fall mit Zunahme der Konfliktdauer und der Notstandssituation wahrscheinlicher wird.

Zitat:The Altalena Affair: Is Israel heading towards a civil war?
June 25, 2024 at 8:52 am

Although Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu said on 18 June, “There will be no civil war [in Israel],” he might be wrong. Netanyahu’s statement was made in the context of the growing popular protests in Israel, especially following the long-anticipated resignations of several War Cabinet Ministers, including Benny Gantz and Gadi Eisenkot, both of whom are former chiefs of staff in the Israeli army.

These resignations did not necessarily isolate Netanyahu, as the man’s popularity rests almost entirely on the support of the right and the far right. However, the move further illustrated deep and growing rifts in Israeli society, which could ultimately take the country from political upheaval to an actual civil war.

Divisions in Israel cannot be viewed in the same way as other political polarisations currently rife within Western democracies.

This assertion is not necessarily linked to the legitimate view that, at its core, Israel is not an actual democracy but, rather, due to the fact that Israel’s political formation is unique.
...
The story began long before the current Gaza war. In February 2019, the leaders of three Israeli parties formed a coalition, Kahol Lavan, or “Blue and White”. Two of the coalition’s founders, Gantz and Moshe Ya’alon, were also military men, respected widely among the country’s powerful military establishment, and thus society at large. Despite their relative electoral successes, though, they still failed to dislodge Netanyahu from office. So, they took to the streets.

Taking the conflict to the streets of Tel Aviv and other Israeli cities was a decision not taken lightly. It followed the collapse of a strange government coalition, cobbled up by all of Netanyahu’s enemies, unified around the single objective of ending the right and far-right rule over the country. Naftali Bennet’s failure in this was simply the last straw.
...
The internal Israeli conflict over Gaza is, indeed, not just about Gaza, Hamas or Hezbollah, but the future of Israel itself. If the Israeli army finds itself scapegoated for 7 October and the assured failed military campaigns that followed, it will have to decide between accepting its indefinite marginalisation or clashing with the political institution. If the latter is the option chosen, a civil war might be a real possibility.
https://www.middleeastmonitor.com/202406...civil-war/
Fantasien verzweifelter Nichtinformierter. Ein Bürgerkrieg ist vollkommen ausgeschlossen, da ist jede andere Entwicklung wahrscheinlicher.
(25.06.2024, 23:27)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Fantasien verzweifelter Nichtinformierter. Ein Bürgerkrieg ist vollkommen ausgeschlossen, da ist jede andere Entwicklung wahrscheinlicher.
insbesondere ein (erneuter) Aufstand der Palästinenser, weil wieder einmal diskriminierende Regelungen zu Gunsten der völkerrechtswidriger Siedler in Kraft gesetzt wurden