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Normale Version: Bundeswehr – quo vadis?
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Hier muss man halt immer aufpassen wer hier Lobbyarbeit betreibt. Der Artikel bestätigt ja ebenso, wenn auch in einem abfälligen Ton, dass die 100 Milliarden nicht aus einem luftleeren Raum kommen sondern seriös mal ausgearbeitet wurde.
Ob diese Summe dann tatsächlich reicht oder nicht, da sollte man erstmal die geplanten Anschaffungen abwarten. Es tut aber erstmal gut dass man hier erstmal ein Vermögen schafft mit denen Investitionen sofort getätigt werden und nicht über Jahre verteilt werden müssen. Andere genannten Summen sind erstmal unseriös weil sie halt nicht ausgearbeitet wurden sind.
(14.05.2022, 06:42)26er schrieb: [ -> ]Selbst der Spiegel spricht von der "Null-Bock-Ministerin":
"Im sechsten Monat ihrer Amtszeit als Verteidigungsministerin sorgt Christine Lambrecht mit ihren privaten Aktivitäten für Schlagzeilen – politisch aber ist die Sozialdemokratin bisher ein Totalausfall". Der Rest ist leider hinter der Paywall".

https://www.pressreader.com/germany/nord...3833915094
"Millitärisches ist nicht ihr Ding"

Warum sie auf dem Posten ist, weiss man nicht genau. Viele vermuten, dass damit notgedrungen Quoten erfüllt wegen sollten und man halt irgendjemand nehmen musste ("Feministisches Kabinett")
(15.05.2022, 14:11)DeltaR95 schrieb: [ -> ]... die Rede vom 27. Februar 2022 war - mal wieder - ein Schnellschuss ohne Substanz, sprich einer ehrlichen, überprüften und überprüfbaren Anforderungslage.

Nein, absolut nicht. Es wurde von Anfang an klar kommuniziert, dass man mit dem Sondervermögen die Versäumnisse der Vergangenheit hinsichtlich der Finanzierung von Beschaffungsvorhaben korrigieren will. Und die waren formal im Ministerium bekannt und mit 102 Mrd. beziffert. Deshalb hieß es auch die ganze Zeit: "Ausrüsten, nicht Aufrüsten". Natürlich ist das nicht das, was wir hier als einer realistischen Anforderungslage entsprechend betrachten. Aber es ist das, was das Ministerium für mindestens erforderlich und zugleich noch politisch machbar erachtet. Und mit mehr war auch nicht zu rechnen.
Die Bundeswehr selbst hat diese Summe im letzten Jahr ausgerechnet. Es gibt im Prinzip keine andere Möglichkeit einfach mal eine höhere Summe X aufzurufen, selbst wenn das Ziel ein wesentlicher Fähigkeitenzuwachs sein sollte, müsste der Mehrbedarf erstmal ermittelt werden.
(15.05.2022, 16:41)Pmichael schrieb: [ -> ]Die Bundeswehr selbst hat diese Summe im letzten Jahr ausgerechnet. Es gibt im Prinzip keine andere Möglichkeit einfach mal eine höhere Summe X aufzurufen, selbst wenn das Ziel ein wesentlicher Fähigkeitenzuwachs sein sollte, müsste der Mehrbedarf erstmal ermittelt werden.

Bin ich der einzige, der es irritierend findet, dass es 8 Jahre nach der Krim-Annexion (scheinbar) keinen Plan und keine Bedarfsrechnung für eine LV/BV fähige Bundeswehr gibt?
(15.05.2022, 16:52)DeltaR95 schrieb: [ -> ]Bin ich der einzige, der es irritierend findet, dass es 8 Jahre nach der Krim-Annexion (scheinbar) keinen Plan und keine Bedarfsrechnung für eine LV/BV fähige Bundeswehr gibt?

Diese Rechnung wurde ja angestellt. Für die geplanten Fähigkeiten wurde ja diese 100 Milliarden ausgerechnet. Wenn dann natürlich Forderungen nach doppelter Mannstärke und dies und das, dann würden auch keine 200 Milliarden genügen, da auch alles gleich innerhalb weniger Jahren geschehen soll.
Genau da liegt doch letztlich das Problem, man kann jetzt alle möglichen Zahlen in den Raum stellen, aber was sollen die ausdrücken? Von welchen Zeiträumen wird da gesprochen, um welche Fähigkeiten und welchen Fähigkeitsaufwuchs oder welche Form der Transformation von Fähigkeiten geht es, wie ist die genaue Differenzierung der Kosten aufgeteilt bspw. auf Anschaffung, Betrieb, Entwicklung, usw., welche Nebenkosten, langfristige Rückstellungen, durchlaufende Ausgaben etc. kommen hinzu, usw.?
Für die aktuell immer wieder genannte Zahl, aus der sich auch die Höhe des Sondervermögens ergeben soll, gibt es konkrete Angaben, die Bundeswehr hat die zur vollständigen Erfüllung ihrer aktuellen Aufgaben notwendige Ausrüstung und Struktur für die nächsten zehn Jahre (meine ich, nagelt mich bitte nicht darauf fest) aufgelistet, das ganze wurde dann von ministerialer Seite bepreist. Am Ende kamen die etwa 100 Milliarden heraus (es waren mehr als das, ein Teil war allerdings schon beauftragt), und nicht mehr als eine aktueller ausgestattete Bundeswehr in der gegenwärtigen Form bekommen wir dafür.

Natürlich wird durch die aktuellen Entwicklungen in vielerlei Richtungen auch Auf- bzw. Umrüstungen angedacht, Arrow 3 ist ja beispielsweise solch ein "Schnellschuss" (ohne das negativ werten zu wollen), aber ebenso muss klar sein, dass das in diesem Rahmen von 100 Milliarden nur sehr eingeschränkt machbar ist, und nicht ohne Rückentwicklungen in bestimmten Bereichen funktioniert. Jedenfalls außerhalb von Forenspielereien. Dies nun als politischen Schnellschuss zu bezeichnen, nur weil man selbst in das genannte etwas anderes hinein interpretiert, als eigentlich gemeint war, kann ich nicht nachvollziehen. Die Art und Weise der Kommunikation zu kritisieren ist etwas anderes, das hätte besser laufen können. Sowohl von politischer wie auch medialer Seite. Gerade hinsichtlich letzterer kommt wieder meine Kritik, dass da leider zu viel Kreischerei und zu wenig Substanz zur Bewertung bestimmter Aussagen zu finden sind.

Aber zurück zu dem, was sein sollte: Im Wunschkonzert hat ja jeder die Möglichkeit, mal durchzuspielen, wie eine für "echte LV/BV" aufgestellte Bundeswehr ausgestattet sein sollte, ich bin mir ziemlich sicher, bei zehn Leuten haben wir dazu elf Meinungen. Wink
@ Helios

Ich bin grundsätzlich deiner Meinung, aber hier liegt mehr als ein "kommunikatives Desaster" vor - meiner Meinung nach.

Die Rede von Herrn Scholz am 27.02.2022 war klar auf die Befähigung der Bundeswehr zur Reaktion im Rahmen von LV/BV nach der russischen Invasion der Ukraine bezogen - dort mit einer Zahl aufzuwarten, die nach eigenem Wissen und Planungsprozess auf einer Fähigkeitslage basiert, die mit der Ukraine in großen Teilen obsolet wurde und nicht mal einen "Vorhalt" - ja, ich weiß, nicht geplant, wäre aber ehrlich gewesen - aufzuschlagen gerade in Anbetracht der derzeitigen Inflation über die nächsten Jahre, zeugt für mich entweder von Vorsatz (Nebelkerze) oder grobem Unwissen - fachliche Arbeit sieht für mich anders aus.

Es kann mir doch keiner erzählen - hoffe ich -, dass der Bundeswehr-Planungsprozess nicht mehrere Zukunftsszenare abdeckt, daraus entsprechend differenzierte Strukturen, Fähigkeitsbedarfe und Mannstärken ableitet, so dass man wie in dem Fall der russischen Invasion in der Ukraine und damit der geänderten Weltlage kurzfristig zumindest einen validen Plan zur Umsteuerung "in der Tasche" hat? Genau dafür hatte man das Planungsamt der Bundeswehr doch mal geschaffen?

Grundsatz jeder (Haushalts-)Verhandlung, egal ob Staat oder Industrie ist doch immer, dass man nicht exakt mit der Forderung ins Rennen geht, die man später nach Verhandlung haben will, sondern der "gute Verkäufer" schlägt immer etwas drauf...

Oder unterliege ich hier einem kompletten Trugschluss und der "Sanierungsstau" der Bundeswehr bis hin zu einer für LV/BV befähigten Streitkraft liegt wirklich "nur" bei 100 Mrd. EUR? Wie kommen dann diverse Experten auf 250 Mrd. EUR?

Scheinbar liegt ja in der Spanne die Ursache für die Katastrophe bereits angelegt, weil anscheinend 80 Tage nach Änderung der Weltlage immer noch keiner ganz genau weiß, was jetzt zu tun ist?

Aus meiner Sicht geht es hier nicht um ein "Wunschkonzert", sondern ich erwarte, dass man jetzt zügig seine Hausaufgaben erledigt, wenn man die Notfall-Pläne nicht in der Tasche hat, und offen, ehrlich und transparent auch der deutschen Bevölkerung darlegt, was jetzt eigentlich benötigt wird und wo die Grenzen sind.

Einfach nur F126 Schiff 5+6 mit Zulauf ab 2032 oder mehr PUMA ab 2030 (?) ist mir da einfach zu platt...
Ein Sondervermögen von 250 Milliarden würde im Prinzip ein Verteidigungsetat von über 3% entsprechen. Damit wäre man in Europa Spitzenreiter und das soll dann das wahre Minimum sein?
(15.05.2022, 17:30)DeltaR95 schrieb: [ -> ]Oder unterliege ich hier einem kompletten Trugschluss und der "Sanierungsstau" der Bundeswehr bis hin zu einer für LV/BV befähigten Streitkraft liegt wirklich "nur" bei 100 Mrd. EUR? Wie kommen dann diverse Experten auf 250 Mrd. EUR?

Wie Helios es schon umschrieb: Es gibt halt nicht die klare Definition von "LV/BV-befähigt", von der aus man einen Bedarf ableiten könnte. Man kann immer nur aus bestimmten Bedrohungsszenarien zu einer Aufgabenforderung kommen, die man dann mit einer entsprechenden Planung hinterlegen und monetär beziffern kann. Als man das zuletzt mal gemacht hat, kam man auf 102 Mrd. Natürlich könnte man das jetzt überdenken, neue Anforderungen erstellen, ausplanen und beziffern. Nur das macht man halt nicht in drei Tagen. Noch nicht mal in drei Monaten. Da spielen dann auch sehr viele -vor allem politische- Aspekte mit rein, z.b: müssen wir uns als EU ohne die USA gegen einen russischen Angriff verteidigen können? Das macht dann schon mal ganz schnell ein paar Hundert Mrd. Unterschied. Die eigene BV-Fähigkeit hängt nun mal auch sehr stark vom Rest des Bündnisses, aber auch vom zu erwartenden Gegner ab. Müssen wir mit einem Konflikt NATO/SCO rechnen? Dann wären 3% BIP noch viel zu wenig. Geht es aber nur um Russland und die USA sind mit von der Partie, dann dürften die 100 Mrd. schon reichen.
(15.05.2022, 17:57)Pmichael schrieb: [ -> ]Ein Sondervermögen von 250 Milliarden würde im Prinzip ein Verteidigungsetat von über 3% entsprechen. Damit wäre man in Europa Spitzenreiter und das soll dann das wahre Minimum sein?

250 Mrd. EUR über 10 Jahre sind am Anfang knapp über 2 % und dank Inflation und Steigerung des BIP am Ende definitiv unter 2 % Wink

Schneller rüsten geht sowieso nicht...
(15.05.2022, 19:09)DeltaR95 schrieb: [ -> ]250 Mrd. EUR über 10 Jahre sind am Anfang knapp über 2 % und dank Inflation und Steigerung des BIP am Ende definitiv unter 2 % Wink

Schneller rüsten geht sowieso nicht...

Da die jeweilige Regierung nur im Rahmen ihrer Legislaturperiode entscheiden können, kann das Sondervermögen halt nur für innerhalb dieser Periode betrachtet werden. Was nach den vier Jahren geschieht ist in der Verantwortung der nächsten Regierung.
Alles andere wäre auch Verfassungswidrig.
Für mich ist die Frage, wann das Sondervermögen konkret umgesetzt wird und wann die Beschaffungen von F35 etc. tats. gestartet werden

Es wurde ja mit Superlativen wie Zeitenwende usw. angekündigt. Aktuell bestimmt das Thema aber nicht mal das politische Geschehen. Wenn man es politisch wirklich umsetzen möchte, sollte man sich vorher mit der Opposition zusammensetzen und eine für alle tragbare Lösung erarbeiten. Wenn es die Regierung genauso angeht, wie die Impfpflicht, dann wird es sicher nichts.
(15.05.2022, 19:14)Pmichael schrieb: [ -> ]Da die jeweilige Regierung nur im Rahmen ihrer Legislaturperiode entscheiden können, kann das Sondervermögen halt nur für innerhalb dieser Periode betrachtet werden. Was nach den vier Jahren geschieht ist in der Verantwortung der nächsten Regierung.
Alles andere wäre auch Verfassungswidrig.

Genau deswegen gibt es doch Kritik am Sondervermögen, eben WEIL es auch die nächste Regierung per Grundgesetzänderung bindet?

Als Maßnahme im normalen Haushaltsgesetz wäre es für die nächste Regierung unverbindlich.
@Broensen

(15.05.2022, 16:21)Broensen schrieb: [ -> ]Nein, absolut nicht. Es wurde von Anfang an klar kommuniziert, dass man mit dem Sondervermögen die Versäumnisse der Vergangenheit hinsichtlich der Finanzierung von Beschaffungsvorhaben korrigieren will. Und die waren formal im Ministerium bekannt und mit 102 Mrd. beziffert. Deshalb hieß es auch die ganze Zeit: "Ausrüsten, nicht Aufrüsten". Natürlich ist das nicht das, was wir hier als einer realistischen Anforderungslage entsprechend betrachten. Aber es ist das, was das Ministerium für mindestens erforderlich und zugleich noch politisch machbar erachtet. Und mit mehr war auch nicht zu rechnen.

Klare Kommunikation und Olaf Scholz passt nicht zusammen. Scholz sagt inhaltlich max. wenig bis gar nichts. Das können z.B. die Grünen deutlich besser.

Du unterschlägst dabei, dass Olaf Scholz eine Erhöhung des Verteidigungsbudget in der letzten Legislaturperiode abgelehnt hatte (2019). Und wir sollten uns auch daran erinnern, dass er nicht in der Opposition war, sondern Bundesfinanzminister und Vizekanzler. Wir sollten hier auch bei den Fakten bleiben. Auch ein Außenminister Steinmeier hatte das 2%-Ziel 2014 zugesagt. Mir ist auch klar dass die SPD das aktuell nicht mehr wissen möchte.

Hier noch ein paar Links dazu:

https://www.tagesschau.de/inland/erhoehu...n-101.html

2018 hielt er (Scholz) einen höheren Verteidigungshaushalt für unnötig:

https://www.faz.net/aktuell/politik/inla...90838.html

Ich hab mir jetzt nicht so viel Arbeit mit den Quellen gemacht - da gibt es aber noch deutlich mehr.

Das Problem ist halt nur, dass man gesagt hat, man macht alles viel besser. An dem Maßstab muss man sich jetzt auch messen lassen.

Das sehe ich aktuell nicht. Zugegebenermaßen war U.v.d.L. nicht gut. AKK hat zumindest die Beschaffungsvorhaben für die Marine vor der Sommerpause entgegen parlamentarischer Gepflogenheiten, noch durchgebracht. Aber mit Fr. Lambrecht muss die SPD für gute Verteidigungspolitik definitiv keine Werbung machen. Bei ihr wäre es immer am besten, sie sagt rein gar nichts.

Wir erinnern uns nur die Drohung von letzter Woche gegenüber einem Journalisten, dass sie Volljuristin ist... Bei anderen reicht das für einen Rücktritt.