ich glaub, ich versteh jetzt langsam was Du meinst; Tatsache ist ja auch, dass die Arabische Liga inzwischen aktive Politik macht und sich dabei auch massiv in die inenren Verhältnisse der arabischen Mitgliedsstaaten einmischt. Das war vor einigen Jahren noch völlig undenkbar.
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Zitat: 28.01.2012
Beobachtermission in Syrien
Arabische Liga bricht mit Assad-Regime
Von Ulrike Putz, Beirut
Die Arabische Liga hat genug: Die Beobachtermission ist abgebrochen, nun wenden sich die Vermittler an den Uno-Sicherheitsrat. Das Regime in Damaskus reagiert empört - und mit Vorwürfen. Doch Syriens Präsident Assad hat seine Glaubwürdigkeit längst verspielt.
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allerdings wird diese Entwicklung von den Stocklkonservativen Staaten am Golf vorangetrieben.
Zitat: ...
Es sind vor allem die Ölstaaten am Persischen Golf, die Assads Politik der Gewalt nicht mehr decken wollen. Anfang Januar hatten einige Beobachter aus Gewissensgründen ihren Aufenthalt in Syrien abgebrochen. Doch das waren Einzelfälle: Das politische Signal, dass Syrien seine Chance vertan hat, kam am Montag aus Riad. Saudi Arabien kündigte an, seine Beobachter abziehen zu wollen, da sich Damaskus nicht an den Plan für eine Beilegung der Krise im Land gehalten habe. Die Entscheidung hatte Signalwirkung. Am Dienstag zogen die anderen fünf Staaten des Golfkooperationsrates nach, jetzt hat die ganze Liga sich entschlossen, den Versprechungen Assads nicht länger Glauben zu schenken.
Findet sich eine Mehrheit für ein militärisches Eingreifen?
Am Freitag gab es Gerüchte, Saudi Arabien plane, den Syrischen Nationalrat SNC und damit die Rebellen anzuerkennen. "Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal einer Delegation des SNC, die er vergangene Woche in Kairo getroffen hat, gesagt, dass das Königreich den Rat als offizielle Vertreter des syrischen Volkes anerkennen wird", zitierte die kuwaitische Zeitung "al-Rai" das Ratsmitglied Ahmad Ramadan.
Zudem wird spekuliert, ob sich nicht doch langsam eine Mehrheit für ein militärisches Eingreifen finden könnte. Angeheizt wurden die Gerüchte Ende der Woche durch den sehr kurzfristig angekündigten Besuch des Generalsekretärs des Golfkooperationsrats, Abdul Latif Bin Raschid al-Zayani, im Hauptquartier der Nato in Brüssel. Zayani trifft dort am Montag den Generalsekretär des Bündnisses, Anders Fogh Rasmussen.
Dass vor allem die Golfstaaten sich offen gegen das syrische Regime stellen, liegt auch an dessen engen Bindungen zu Iran. Die Achse Damaskus-Teheran stört die Saudis und ihre Nachbarn seit langem. Am Freitag gaben syrische Freischärler an, eine Gruppe von iranischen Söldnern im Dienste Assads gefangen genommen zu haben. Ob das stimmt oder nicht: Es bestärkt viele Araber darin, dass Iran bei der Verfolgung seiner regionalen Machtinteressen vor wenig zurückschreckt.
Die Entscheidung der Araber, das syrische Morden nicht länger decken zu wollen, dürfte auch von der verbesserten Öffentlichkeitsarbeit der syrischen Rebellen beeinflusst worden sein.
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Der Nachfolgende Teil ist mehr spekulativ. Ich versuch mal, aus der vorhandenen Ausgangslage und den unterschiedlichen Interessen einen Blick in die Zukunft der Arabischen Liga:
Dass den Golftstaaten die engen syrisch-iranischen Beziehungen ein Dorn im Auge sind, liegt auf der Hand. Und wenn Israel tatsächlich (mit oder ohne die USA) einen Präventivschlag gegen den Iran führen will, dann kann es sich nicht leisten, unmittelbar vor seiner Haustüre auf den Golan-Höhen und im Südlibanon stark bewaffnete Streitkräfte stehen zu haben, die sich gegebenenfalls auf Seite des Iran in einer kriegerischen Auseinandersetzung beteiligen würden.
Es liegt also im Interesse der Golf-Araber, der Israeli und der USA, den Iran weitestmöglichst zu isolieren und in Syrien einen Machtwechsel zu erreichen, durch den konservativ sunnitische Kräfte (wie in Ägypten die Muslimbrüder) an die Macht kommen. Zumindest aber müsste der syrische Staat so geschwächt und destabilisiert werden, dass sich die Streitkräfte auf einen Bürgerkrieg im eigenen Land konzentrieren müssen und nicht auf Seite Irans eingreifen können.
Damit wäre für Israel "der Rücken frei".
Fraglich dürfte dann sein, wie sich der Irak verhält. Immerhin gibt es dort eine schiitische Bevölkerungsmehrheit, die wohl von einem Angriff auf den Iran (und auf den iranischen Verbündeten Syrien) nicht begeistert sein dürfte.
Angesichts dieser Lage rechne ich damit, dass der Irak schon heute verdeckt als Transitkorridor zwischen Iran und Syrien genutzt wird und versteckte Hilfe an das syrische Regime leistet.
Wie könnte sich die Entwicklung weiter abspielen?
Aus dieser Interessenskollission und den dahinter stehenden starken Kräften kann man dann auch vermuten, dass sich Syrien - ähnlich wie der Irak - über kurz oder lang in seine ethnischen Teile regionalisiert. Für Israel und die USA wäre damit die erforderliche Schwächung des Assad-Regimes erreicht. Saudi-Arabien wird mit den Golfstaaten die radikalsislamischen Fundamentalisten fördern, Ägypten wird die konservativen Muslimbrüder unterstüzen, und der Iran wird mit dem Irak alles tun, um die schiitischen Alawiten in Syrien vor dem Untergang zu bewahren. Da können dann "im Windschatten" auch andere Ethnien wie Kurden und Drusen vermehrte Autonomie erhalten. Ich sehe nicht mehr die Möglichkeit, dass eine Fraktion die "Oberhand" gewinnt.
Entweder, der Konflikt zwischen diesen Regionen läuft sich irgendwann bis zur Erschöpfung tot, oder die Verantwortlichen kapieren schon vorher, dass sie nicht die Dominanz über die anderen erreichen können und für die eigenen Prosperität mehr oder weniger tolerant zusammen arbeiten müssen.
Und plötzlich sieht die Landkarte anders aus:
Im "Halbmond" mit Libanon, Syrien und dem Irak entwickeln sich über kurz oder lang wohl eher Bundesstaaten mit starken regionalen Teilen, die für ihre Prosperität auf die Zusammenarbeit mit anderen Regionen angewiesen sein werden. Kooperation wird dann wohl auch Erfolge zeigen und Nachahmer finden. Dazu dürften vor allem die arabisch sprachigen Medien beitragen, die Ideen, Informationen und Nachrichten über Erfolge und Misserfolge sehr schnell im gesamten arabischen Raum verbreiten werden. Es gibt in der heutigen Medienwelt kein "Nachrichtenmonopol" mehr. Die Bevölkerung ist mit fundamentalistischen Parolen genauso erreichbar wie mit liberalen Ideen. Fundamentalismus findet in der Regel nur dort einen fruchtbaren Nährboden, wo existentielle Nöte herrschen. Genauso können und werden aber positive Entwicklungsbeispiele entsprechende Nachahmer finden.
Und eine positive Entwicklung der Kooperation wird auch auf die Arabische Liga durchschlagen. Das dürfte dann endgültig "den Spieß umdrehen" und auf die konservativen Golfmonarchien erheblichen Druck zu mehr politischer Öffnung ausüben.
Damit wird die Demokratisierung der arabischen Staaten weiter voranschreiten.