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Normale Version: Arabien - Arabische Liga
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Ja ich denke auch, dass in die arabische Welt Bewegung gekommen ist. Inwieweit sich das "Überschwappen" auswirkt, kann man wirklich schwer sagen. Die Situation in den Ländern ist auch jeweils eine sehr eigene. Neun saudische Aktivisten machen einen Anfang und beantragen offiziell die Gründen der ersten politische Partei:

Zitat:Saudi activists found first political party
by Wissam Keyrouz Wissam Keyrouz – Thu Feb 10, 1:08 pm ET

DUBAI (AFP) – Despite a ban on political parties, nine activists in ultra-conservative Saudi Arabia have announced the formation of the first party there, aiming to forward political reform, their website says.

The activists have issued a founding statement for the "Islamic Umma Party," and have sent a letter to King Abdullah seeking recognition of it, according to their website, <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.islamicommaparty.com">http://www.islamicommaparty.com</a><!-- m -->.

"It is not hidden from you that the Islamic world has seen great political developments and the strengthening of freedoms and human rights which Islam already approves ... It is now time for the kingdom to keep pace with this development and contribute to it," a copy of the letter on their website reads.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://news.yahoo.com/s/afp/20110210/wl_mideast_afp/saudipolitics_20110210180837">http://news.yahoo.com/s/afp/20110210/wl ... 0210180837</a><!-- m -->
Shahab3 schrieb:Du bist sehr optimistisch, Erich.
ja, aber das ist nicht aus einem "Baugefühl" heraus. Ich habe vielmehr einige Indizien, die mich optmistisch stimmen:
1.
Diese Revolten sind bisher sehr diszipliniert abgelaufen - die Gewalt ging nicht von den Demonstranten aus.
Es handelt sich also nicht um eine Chaos-Revolution.
2.
Träger der Revolten waren zunächst die Jugendlichen, die einerseits über moderne Medien gut vernetzt (und vor allem gut informiert !) sind.
3.
Die breite Bevölkerung, der Mittelstand (in Ägypten auch Richter mit Roben usw.) haben sich angeschlossen..
4.
Islamisten (nicht Muslime, sondern ideologisch verblendete Fundamentalisten) haben bisher nirgends eine Führungsrolle übernehmen können. Das ist bei einem möglichen Stimmenanteil von ca. 20 % (bei demokratischen Wahlen) auch kaum zu ändern.
5.
Selbst die von den Autokraten als islamistisch verfehmten Gruppierungen wie die Muslimbrüder in Ägypten haben sich bisher als eher zurückhaltend und moderat erwiesen.
Ob sie tatsächlich eher konservativen Strömungen wie der türkischen AKP zuzurechnen sind oder sich als "Wolf im Schafspelz" erweisen kann zwar nur die Zukunft zeigen, aber ... es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die "Verteufelung" dieser Gruppierungen durch die autokratischen Regierungen nur ein Vorwand der arabischen Autokraten war, um sich die Unterstützung der USA und anderer westlicher Staaten zu sichern.
6.
Die Militärs - die eigentliche Macht im Staate - haben sich bisher als zurückhaltend und stabilisierend erwiesen, und die bisherigen Handlungen der Militärs lassen auch weiterhin eine Entwicklung in Richtung "Demokratisierung" erwarten.
7.
Demokratie ist immer die stabilere Regierungsform. Das wird sich auf alle Staaten der Region stabilisierend auswirken.

Dazu auch folgender Kommentar:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubCE94B3411C3C4E7F87C529014DE189AD/Doc~E5D25131A26804248A6AA13A88E4B2B0C~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubCE94B3411C3C4E7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Kommentar
Sturm über Arabien
Das Aufbegehren in der arabischen Welt hat nun den zweiten Herrscher fortgerissen. Es geht dabei auch um den Platz der Länder im 21. Jahrhundert. Denn für Länder ohne Freiheit ist in der globalisierten Welt auf Dauer kein Platz.


Von Klaus-Dieter Frankenberger

12. Februar 2011 ...

as Aufbegehren in der arabischen Welt hat nun den zweiten Herrscher fortgerissen: erst Ben Ali in Tunesien, jetzt Mubarak in Ägypten. Werden weitere folgen?

In vielen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens ... haben viele Leute die Nase voll davon, dass ihre Region nur in der Kombination aus Rohstoffexporteur und Konfliktproduzent eine weltpolitische Rolle spielt; und dass sie selbst unter Perspektivlosigkeit, Staatsversagen und dem Mangel an demokratischer Teilhabe zu leiden haben. Während die Musik einer dynamischen Weltwirtschaft anderswo spielt und allenfalls die reichen, bevölkerungsarmen Golf-Monarchien Karten für die Zukunft gelöst haben - jedenfalls glauben sie das -, sind die meisten Menschen in der arabischen Welt nur Zuschauer aus der Ferne: Sie werden von der Globalisierung umgangen; ihre Beiträge dazu sind gering, ihr kreatives Potential liegt brach wird vom eigenen Regime erstickt.

...
Der Protest auf dem Kairoer Tahrir-Platz drückt den Willen aus, dass eine Region Anschluss sucht, was die Öffnung der Gesellschaft, die wirtschaftliche Dynamik und die Form der Regierung anbelangt. Den Sturm, der jetzt in der arabischen Region wütet, haben Fachleute der Vereinten Nationen schon vor fast zehn Jahren angekündigt: In diesem Teil der Welt kommen soziale Ungleichheit, Korruption, schlecht oder gar nicht funktionierende staatliche Institutionen, autoritäre Herrschaft und ein enormes Bevölkerungswachstum in hoher Konzentration vor.
...

Es ist also mehr als zweifelhaft, ob in den kommenden Jahren, in denen die wirtschaftliche und informationelle Verflechtung weiter zunehmen wird und es auf Offenheit und Innovation ankommt, Autokraten und Diktatoren zum großen Siegeszug antreten. Solche Regime wird es zwar weiter geben. Aber im Sturm über Arabien spielt der Freiheitsdrang der jungen Leute eine wichtige Rolle. Die zentrale Idee des Westens, von der George Bush so schwärmte und deswegen verspottet wurde, ist mitnichten überholt. Sie ist attraktiv, wo Deprivation, Schikane und Unterdrückung das Leben bestimmen; sie ist der Gegenentwurf zum politischen Islam und zum Extremismus.
...

Wenn die Kräfte, die Veränderung wollen, sich durchsetzen und es nicht zu einer autoritär-diktatorischen Restauration kommt, würde ein neues Kapitel Weltgeschichte geschrieben: ein Kapitel, das dem Vergleich mit dem Epochenwechsel in Europa, als die kommunistischen Regime kollabierten, allemal standhielte.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/arabischestaaten100.html">http://www.tagesschau.de/ausland/arabis ... en100.html</a><!-- m -->
Zitat:Nach dem Rücktritt Mubaraks
Springt der Funke der Revolution über?


Erst Tunesien, nun Ägypten - welcher arabische Staat wackelt als nächstes? Die Führer der benachbarten Staaten werden nervöser. Der Mut der Völker wächst. Doch auch wenn es eine arabische Identität und viele ähnlich gelagerte Probleme gibt, so haben andere Despoten ihre Völker stärker im Griff.
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Stand: 11.02.2011 22:03 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.n-tv.de/politik/dossier/Aegypten-macht-die-Autokraten-nervoes-article2595956.html">http://www.n-tv.de/politik/dossier/Aegy ... 95956.html</a><!-- m -->
Zitat: Samstag, 12. Februar 2011
Revolution im Herzen Arabiens
"Ägypten macht die Autokraten nervös"


"Das politische Erdbeben hat mit dem Stereotyp aufgeräumt, dass Araber und Demokratie nicht zusammenpassen", sagt der Nahost-Experte Ronald Meinardus. Jetzt komme es darauf an, die Menschenrechtsverletzungen des Mubarak-Regimes zu ahnden und für einen Ausgleich zwischen Arm und Reich zu sorgen. Den abgesetzten Präsidenten sieht Meinardus bereits auf dem Weg nach Saudi-Arabien.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:machtbessene-despoten-mubaraks-unheimliche-brueder/60010319.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 10319.html</a><!-- m -->
Zitat:Machtbessene Despoten
Mubaraks unheimliche Brüder

Bilderserie Beim Umbruch in Ägypten hat sich für den Präsidenten der Begriff "Diktator" etabliert. Weltweit verdienen eine ganze Reihe von Machthabern diese Bezeichnung. Hier 20 Steckbriefe. ...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/galerien/arabische-herrscher-ganz-sicher-ist-keiner-mehr-1602/1/aegypten.html">http://www.wiwo.de/politik-weltwirtscha ... ypten.html</a><!-- m -->
Zitat:Arabische Herrscher: Ganz sicher ist keiner mehr
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,745209,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 09,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 12.02.2011

Nach Mubarak-Rücktritt
Tausende demonstrieren in Algerien und Jemen

Der Rücktritt Präsident Mubaraks in Ägypten hat den Oppositionsbewegungen in der Region neuen Mut gegeben. In Algerien und im Jemen gingen Tausende trotz Demonstrationsverboten auf die Straßen. Die Diktatoren Bouteflika und Salih ließen ihre Polizisten auf die Menschen einprügeln.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.wiwo.de/politik-weltwirtschaft/naher-osten-zittert-vor-signalwirkung-457103/">http://www.wiwo.de/politik-weltwirtscha ... ng-457103/</a><!-- m -->
Zitat: Mubarak-Rücktritt
Naher Osten zittert vor Signalwirkung
Quelle: Handelsblatt Online 12.02.2011

Nach dem Rücktritt Husni Mubaraks breitet sich in der arabischen Welt die Angst vor einem politischen Flächenbrand aus. Selbst in den stabilsten Regionen regt sich vielerorts die Opposition.
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Viele Beobachter fragen sich angesichts der Dynamik der Umbrüche am Nil, wie bedrohlich die Veränderungen für Saudi-Arabien sind, dem neben Ägypten wichtigsten Verbündeten der USA in der Region. Die Regierung in Riad sieht sich als Teil eines "sunnitischen" Bollwerks gegen den Einfluss des "schiitischen" Iran, zu dem neben Ägypten und Saudi-Arabien auch Jordanien sowie etliche kleinere Golfstaaten zählen.
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Eine Oppositionsgruppe das absolute Machtmonopol des Königshauses bereits infrage gestellt, indem sie König Abdullah - höflich - um das Recht bat, eine politische Partei gründen zu dürfen. Der König wisse ja, dass im Moment große politische Entwicklungen im Gang seien und die Aufmerksamkeit für die Einhaltung von Freiheits- und Menschenrechten in der islamischen Welt hoch sei, schrieb die Oppositionsgruppe in ihrem am Donnerstag übergebenen Brief an den König.

Frage nach dem Gleichgewicht im Nahen Osten

Für Stephan Rosiny vom GIGA Institut für Nahost-Studien ist diese Strategie durchaus nachvollziehbar: "Saudi-Arabien kann jederzeit auf einen härteren Kurs gegenüber Israel umschwenken, und es würde damit in der eigenen Bevölkerung Sympathie gewinnen."
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Auch in Kuwait gibt es eine starke politische Opposition. Die Regierung des Golfstaats verbot für die Zeit nach dem Freitagsgebet alle Versammlungen, Demonstrationen und Märsche, wie die Nachrichtenagentur KUNA meldet. "Jeder sollte die Interessen des Heimatlandes über alle anderen Erwägungen stellen", hieß es in einer Mitteilung der Regierung.

Selbst in Syrien hat die Regierung einigen Forderungen nachgegeben. Dabei hatten die Sicherheitskräfte größere Kundgebungen verhindert. Zum ersten Mal seit Jahren waren in dieser Woche wieder die Internetplattformen YouTube und Facebook erreichbar.
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Im Königreich Jordanien versprach der neu eingesetzte Ministerpräsident am Mittwoch, den Forderungen der Demonstranten nach Reformen nachzukommen. Als Reaktion auf die Proteste der Bevölkerung hatte König Abdullah II. erst kürzlich die Regierung ausgetauscht. Auch der Präsident des Jemen, Ali Abdullah Saleh, erklärte in der vergangenen Woche nach großen Demonstrationen seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit - allerdings erst 2013.

"Ägypten wird einen großen, großen Einfluss auf die Region haben", sagt Salman Scheik, Direktor des Brooking Doha Center in Katar. Ägypten sei wie schon immer ein Indikator für Entwicklungen in der Region gewesen. Allerdings sei es falsch, jetzt einen Countdown bis zum nächsten Regimesturz zu beginnen, sagt er. "Die wirklichen Auswirkungen sind bereits bei den Reformen der Länder sichtbar, die den Druck spüren."
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:interaktive-karte-aufruhr-in-der-muslimischen-welt/60004621.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 04621.html</a><!-- m -->
Zitat:16.02.2011, 19:22
Interaktive Karte
Aufruhr in der muslimischen Welt

Das ägyptische Volk hat binnen knapp drei Wochen seinen Diktator gestürzt. Mittlerweile schwappt die Revolutionswelle auch auf Libyen, den Iran und den Jemen über. Ein interaktiver Überblick über die Konflikte in der Region.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/libyen176.html">http://www.tagesschau.de/ausland/libyen176.html</a><!-- m -->
Zitat:Unruhen in vielen arabischen Ländern
Libyen, Jemen, Bahrain, Iran - die Protestwelle rollt


Tunesien und Ägypten waren nur ein Anfang: Die Protestbewegung gegen autoritäre Regime in der arabischen Welt breitet sich aus. Unruhen wurden aus Libyen, dem Jemen, Iran und Bahrain gemeldet.
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Stand: 16.02.2011 18:20 Uhr
sollte die Tagesschau tatsächlich nicht gemerkt haben, dass der Iran nicht zu den arabischen Ländern gehört?
Nun es mag nicht zu den arabischen Ländern gehören, hat aber nen autoritäre Regime was sich auf den Glaube stützt, dort werden Oppo auchzusammen geknüppelt und besitzt mit dem Revo's nen Staat im Staate.

Denke das düfte reichen um es mit den anderen zu erwähnen oder?
Irren ist menschlich :mrgreen: Und die Verhältnisse im Iran zu erfassen, überfordert meiner Erfahrung nach den deutschen Otto-Normal Bürger. Also ob Araber, Regime hier, Monarch dort, Revos da, ...rafft doch eh keiner. :lol:
Zitat:Bahrain setzt Soldaten gegen Demokraten ein

Manama (Reuters) - Die arabische Welt gerät nach den historischen Umwälzungen in Tunesien und Ägypten immer mehr in Aufruhr.

Im Königreich Bahrain am Golf setzte die Herrscherfamilie am Donnerstag Soldaten ein, um Proteste zu unterdrücken. Bei der Räumung des Perlen-Platzes in der Hauptstadt Manama, den Demonstranten nach dem Vorbild des Tahrir-Platzes in Kairo besetzt hatten, kamen drei Menschen ums Leben. Die USA bemühten sich, ihren langjährigen Verbündeten zur Mäßigung zu bewegen. "Keine Gewalt gegen Demonstranten", rief Bundesaußenminister Guido Westerwelle zur Zurückhaltung auf. Zusammenstöße wurden auch aus dem Jemen und Libyen gemeldet.

Das US-Präsidialamt verurteilte die Gewalt gegen Demonstranten und rief die Regierung zur Mäßigung auf. Die Führung in Manama sei in der Pflicht, die Verantwortlichen für die massive Gewakt gegen friedliche Demonstranten zur Rechenschaft zu ziehen.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE71G0GB20110217">http://de.reuters.com/article/worldNews ... GB20110217</a><!-- m -->

Schneemann.
o die armen Herren der "arabischen Liga" , das Ganze muss für sie wie eine Pestepedemie vorkommen, und niemand weiß wen es als nächsten erwischt, jeden Monat einen alten Freund weniger. Schlimme Zeiten.
@Kosmos

Die Abgänge solcher Dikatoren sind Einzelschicksale. Die Folgen für die USA und Europa, die diese Diktatoren eingesetzt, aufgebaut und über Jahrzehnte in Amt und Würden gehalten haben, sind weit größer!! Wenn Mitleid, dann bitte mit dem armen Westen, dessen Maske mal wieder verrutscht ist. Man muss das alles mal im Gesamtkontext sehen. Was sich Briten, Russen, Franzosen und Amerikaner von Westafrika bis Indien in letzten Jahrzehnten geleistet haben... Wooooow! Und es bröckelt nun gewaltig!
Diese Freude über den Sturz vom Westen oder Osten hofierter Despoten sollte nicht zu einseitig bewertet werden. Die derzeitige Bewegung trägt beileibe nicht nur den Wesenszug einer Revolte gegen vom Ausland protegierte oder eingesetzte Potentaten. Weder Gaddafi, noch Assad oder Ahmadinedschad wurden vom Westen gestützt. Die Ummünzung dieser Revolte auf eine ausschließlich gegen solche (westliche) Despoten gerichtete ist also evtl. unvollständig. Und ich schrieb schon mal, dass die Vorfreude bei denen, die sich über den Sturz der vom Ausland hofierten Gewaltherrscher freuen, schnell umschlagen könnte, wenn ihr Volk daheim auf die Barrikaden geht. Gerade du, Shahab, solltest dich insofern nicht so schnell auf ein "Verrutschen der westlichen Maske" stürzen. Immerhin hat der Westen, nach einem - zugegebenermaßen - holprigen Eiertanz, sich wenigstens weitestgehend für die Demokratiebewegungen ausgesprochen (egal nun in welcher Färbung). Von den nicht-westlich hofierten Despoten des Nahen Ostens kamen hingegen wenige Sympathieerklärungen, ja eher Warnungen. Im Gegenteil: Gaddafi droht und setzt Gewalt ein und in Teheran redet man offen über die Ausschaltung von Mussawi und Co. und haut Demonstranten ebenso zusammen, bzw. redet sie auch klein (wie du es getan hast).

Insofern: Die Annahme, es handelt sich hier um eine rein gegen westlich oder östlich gestützte Tyrannen gerichtete Revolte, ist eine ziemliche Selbsttäuschung. Das Aufbegehren in Richtung freiheitlicherer Systeme (nennen wir es mal vorsichtshalber noch nicht eine Demokratie) scheint sich wie ein grundsätzlicher Wunsch nach Wandel zu verhalten, egal ob es nun einen kleptokratischen Alt-Pharao, einen skrupellosen Militärherrscher, einen "Familiengroßunternehmer", einen tyrannisch-eitlen Dauerrevolutionsführer oder einen hetzenden Revolutionsgardisten an der Staatsspitze gibt.

Und wer hier versucht eine Hineindeutung vorzunehmen, in welche Richtung die Revolte verläuft, könnte sich sehr schnell überrascht sehen. Zugegeben, die westliche Politik hat allen Anlaß gegeben, dass man heute annehmen könnte, es handele sich ausschließlich nun um eine gegen vom Westen hofierte Regime gerichtete Revolte, aber die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen geben Hinweise darauf, dass sich die Menschen in der muslimischen Welt des Nahen Ostens offenbar nicht mehr instrumentalisieren lassen wollen (egal ob vom Westen oder vom Osten oder von sonstwem), sondern allgemein nach mehr Freiheit und Mitbestimmung streben. Und die Reaktionen der letzten Tage zeigen, dass man dies zähneknirschend und fluchend auch in Tripolis, Damaskus und Teheran bemerkt hat...

Fazit: Der von dir angeführte Gesamtkontext schließt nicht nur Ost und West ein, sondern genauso alle anderen (nichtausländisch-gestützten) Regime, deren Maske nun auch verrutschen könnte. Aber: Diejenigen, die sich ansonsten recht einseitig über die Gewalttaten der westlich oder östlich hofierten Tyrannen erregt haben und die diesbezüglich Menschenrechte eingefordert haben, können ja nun mal zeigen, wie sie es selbst und wirklich mit der Freiheit und der Demokratie halten, wenn es plötzlich an ihrer Türe klopft. Und dann wird auch noch so manche Maske verrutschen - was mich, zugegeben, freut... :mrgreen:

Schneemann.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:proteste-in-arabien-libysche-polizisten-schiessen-auf-trauergemeinde/60014442.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 14442.html</a><!-- m -->
Zitat:19.02.2011, 18:36
Proteste in Arabien
Libysche Polizisten schießen auf Trauergemeinde
Sicherheitskräfte haben nach Krankenhausangaben 15 Teilnehmer einer Trauerfeier getötet.
Auch in Algerien, Kuwait, dem Jemen und Bahrain kommt es zu blutigen Zusammenstößen.
....
ich denke, dass die Autokraten in den arabischen Ländern - unabhängig, ob vom Westen unterstützt (Ägypten, Bahrein, Jemen, Jordanien - ja, auch Libyen und Tunesien) oder eher "Anti-Westlich" eingeschätzt (Algerien, Syrien) - mit einer breiten Freiheitsbewegung gerade der arabischen Jugend zu tun haben.

In der Vergangenheit hat die wirtschaftliche Not zur Radikalisierung der Bevölkerung geführt. Französische Revolution, Oktoberrevolution in Russland oder auch der kommunistische Siegeszug in China ... da haben sich verzweifelte Menschen zusammen gefunden und einen gewaltsamen Umsturz der herrschenden Mächte herbeigeführt.

Die Bewegung in den arabischen Ländern ist anders. Das ist keine "klassische Revolution". Diese arabische Bewegung ist äusserst diszipliniert (und zwar freiwillig aus sich heraus und nicht in Form einer Kaderorganisation strukturiert) und im Wesentlichen gewaltfrei.
Die Gewalt geht von den Sicherheitskräften der herrschenden Autokratien aus.
Es ist doch bemerkenswert, dass sich die Sicherheitskräfte in Bahrain, Libyien und Algerien mit relativ identischen Methoden durchsetzen wollen - und dass auch die Demonstranten ein recht einheitliches Vorgehen haben (von den Zielen ganz zu schweigen - da gehts nicht primär um politische Linien wie in den klassichen Revolutionen, sondern um die Ablösung der Autokraten, die Beendigung der Korruption und alles unter dem Oberbegriff Freiheit in politischer, religiöser und wirtschaftlicher Hinsicht).
Das ist der Stand einer gesellschaftlichen Entwicklung, die sozusagen keine "Existenzrevolution" mehr ist, sondern eine "Wissensrevolution". Die gut ausgebildete Jugend möchte von ihrem Wissen, ihren Kenntnissen profitieren, ohne von autokratischen und korrupten Strukturen gefesselt zu werden. Und wer gelernt hat, für sich in wirtschaftlichen Entscheidungen frei zu handeln, der möchte auch politische Mitwirkung - und der lässt sich von religiösen Eiferern schwer einfangen.

Die gesamte Gesellschaft der arabischen Länder hat sich weiterentwickelt. Wir haben vielfach eine relativ gut ausgebildete Jugend, die mit ihren Ausbildung nichts anfangen kann - weil korrupte autokratische Systeme die Entwicklung verhindern.

Soweit könnte das auch für andere islamische Staaten von der Sahel-Zone bis hin nach Zentralasien gelten, aber - und das unterscheidet eben die arabischen Länder (noch ?) von den Ländern etwa Zentralasiens:
in den arabischen Ländern hat sich dank moderner Medien wie Al Djazira ein gemeinsames "Wir-Gefühl" herausgebildet.
Die Wasserpfeife - ein typisches und unpolitisches Beispiel - hat sich in Folge einer Fernsehserie über die arabische Welt ausgebreitet. Inhaltlich aber viel bedeutsamer: Da werden ganz unbewusste Botschaften in Richtung Freiheit und Emanzipation transportiert.
(vgl. z.B.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.dw-world.de/dw/article/0,,3580305,00.html">http://www.dw-world.de/dw/article/0,,3580305,00.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.welt.de/politik/article2280238/Siegeszug-einer-religioes-verbotenen-Seifenoper.html">http://www.welt.de/politik/article22802 ... noper.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,575954,00.html">http://www.spiegel.de/reise/europa/0,15 ... 54,00.html</a><!-- m -->)
Diese Seifenopern zeigen im gesamten arabischen Sprachraum, dass es in den Familien zwischen Marokko und dem Oman eigentlich "gleich" zugeht, dass die Wünsche und Ideale gleich sind. Man identifiziert sich vor der Glotze mit den anderen. Die Ägypter haben sich mit den Tunesiern und deren Aufstand identifiziert, sie haben "den Ball aufgenommen", und weiter gereicht.
(Nur nebenbei: Die arabische Bevölkerung fühl sich solidarisch mit den Palästinensern, was in Palästina geschieht wird als ungerecht gegenüber den "eigenen Brüdern" empfunden. Insofern ist die Lösung des Israel-Palästina Konflikts tatsächlich der emotionale Schlüssel für die Befriedung und die Akzeptanz eines jüdischen Staates in der Region).

Das nächste ist nämlich, dass sich - unabhängig von den Medien, die passiv "konsumiert" werden - über Internet, E-Mail, Handy uns SMS (die Facebook- und Twitter-Generation) eine aktive Kommunikationsstruktur ausgebilet hat, die den Schritt vom passiven "ich kann eh nichts machen" zum aktiven "wir tun was" erlaubt. Und diese aktive Kommunikationsstruktur kann auch nicht mehr kontrolliert und nur bedingt dicht gemacht werden. Die Solidarität mit den Demonstranten in Ägypten und Tunesien geht über die Landesgrenzenzen hinaus. Der Erfolg in Tunesien hat die ägyptischen Demonstranten beflügelt, die sich nebenbei mit Tips und Tricks aus Tunesien gegen die Sicherheitskräfte des Regimes gewappnet haben. Der Erfolg in Ägypten findet weitere Nachahmer.
Wenn überhaupt - dann kann man hier von einer "Dominotheorie" sprechen. Nicht überall werden die Demonstranten von Anfang an Erfolg haben. Aber jeder erfolgreiche Regimesturz - gerade in Ägypten von besonderer Ausstrahlung - wird die Rückständigkeit der autokratischen Regime noch mehr offen legen und die Unruhe und Unzufriedenheit dort noch mehr schüren.

Es wäre sehr wünschenswert, dass sich diese Freiheitsbewegungen noch mehr durchsetzen, denn mit dem Erfolg der Bewegungen (zu den Zielen siehe oben) wächst auch der Wohlstand der Bevölkerung. Die wirtschaftliche Handlungsfreiheit ohne korrupte autokratische Ausbeutersystems führt zu wirtschaftlichem Wohlstand und der wirtschaftliche Wohlstand führt zu mehr Stabilität. Wer etwas zu verlieren hat, ist gegenüber den Einflüsterungen von Terroristen weniger empfänglich.
Natürlich ist das keine Entwicklung "von heute auf morgen". Und es kann durchaus sein, dass Unsicherheit und Orientierungslosigkeit irgendwelchen Rattenfängern im Einzelfall die Türen für Agitationen öffnet.
Aber das ist in autokratischen Systemen noch viel mehr der Fall.

Wenn wir im Westen eine Einflussmöglichkeit haben, dann sollten wir die dazu nutzen, die so genannten Sicherheitskräfte im Zaum zu halten. "Keine Gewalt" muss gerade für diejenigen gelten, die sich der Nähe zu westlichen Regierungen rühmen.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/arabien104.html">http://www.tagesschau.de/ausland/arabien104.html</a><!-- m -->
Zitat:Aufruhr in der arabischen Welt
Fünf Tote in Marokko, Demos im Jemen

Bei Krawallen nach Protesten für politische Reformen sind in Marokko in Sonntag mindestens fünf Menschen getötet worden.
...

Jemen: Präsident will im Amt bleiben

Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh wies derweil Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt zurück. Die anhaltenden Demonstrationen gegen seine Regierung seien inakzeptable Akte der Provokation, so Saleh bei einer Pressekonferenz.
...

Tunesien: Wieder ein neuer Außenminister

Die tunesische Übergangsregierung ernannte unterdessen den dritten Außenminister nach dem Machtwechsel ernannt. Nachfolger des vor zwei Wochen zurückgetretenen Ahmed Ounaïes ist Mouldi Kefi, wie französische Medien unter Berufung auf die amtliche Nachrichtenagentur TAP berichteten.
Bahrain: Formel-1-Rennen fällt aus
...

Stand: 21.02.2011 15:12 Uh
Demonstrationen sind "inakzeptable Akte der Provokation" ... aha, :roll:
Zitat:Houthis join protests in north Yemen
Tue Feb 22, 2011 2:38AM

Yemeni protesters in Sana'a, Yemen, demand the resignation of President Ali Abdullah Saleh, February 21.
Large crowds of Houthis have joined pro-democracy protests in northern Yemen as a wave of demonstrations against President Ali Abdullah Saleh enters its 10th day.

The Shia Houthis have long been at odds with Sana'a, blaming the Sunni-dominated government for discrimination against the country's Shia minority.

The ongoing protests come less than two years after the Yemeni army launched a joint massive military operation in August 2009 with the Saudi military against Houthi fighters in the northern province of Sa'ada.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/166419.html">http://presstv.com/detail/166419.html</a><!-- m -->
Zitat:Von Norman Paech 19.02.2011 / Ausland

Die Revolution und ihre falschen Partner

Zögernd und verklemmt begrüßten USA und EU die Veränderungen in Nordafrika

Der Westen ist von der Revolution in Tunesien und Ägypten auf dem falschen Fuß erwischt worden. Die Regierungen der USA und der EU mussten sie begrüßen, das verlangte ihr eigener demokratischer Anspruch. Sie taten es auch, offensichtlich ohne schlechtes Gewissen, aber eher zögernd und verklemmt. Denn größer als ihre Freude war sogleich die Angst um die Stabilität dieser geostrategisch so wichtigen und labilen Region. 30 Jahre lang hatten sie die Diktaturen im Norden Afrikas mit Waffen und Geld gefüttert, damit sie die Öl- und Gasversorgung sicherten und Israels Kolonisierung der Palästinenser nicht störten. Sie hatten sich auf eine Herrschaftsschicht gestützt, die ein eisernes Dreieck von Politik, Wirtschaft und Militär bildete und eine rigorose Ausbeutung der eigenen Bevölkerung betrieb. Und diese neue Klasse von Großkapitalisten stützte sich wiederum auf ihre »Partner« im Ausland, die sie mit allem versorgten, was sie zur Sicherung und zum ungestörten Genuss ihres Reichtums brauchte. Wer hier je von Korruption der Regime sprach, weiß spätestens jetzt, wem er sie vorwerfen musste.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.neues-deutschland.de/artikel/191289.die-revolution-und-ihre-falschen-partner.html?sstr=Norman|Paech">http://www.neues-deutschland.de/artikel ... rman|Paech</a><!-- m -->
Ach ja, ausgerechnet der Herr Paech, der Gaddafi-Freund und Berufslinksradikale, der sich nicht davor scheute, an diesem Trip nach Gaza teilzunehmen, mit radikalen Islamisten in ein Boot zu steigen sozusagen, und der zugleich den Frieden heuchlerisch bis zur Selbtsverleugnung predigt, während er zu Darfur, den Massakern in Libyen derzeit und zu den Zuständen in Iran und Syrien kein Wort verliert. Der Herr Paech jaja, der ist natürlich prädestiniert dafür, von der "Kolonialisierung der Palästinenser" und der Doppelmoral des Westens zu reden... :lol:

Und die Quelle... :lol: :lol:

Schneemann.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:interaktive-karte-aufruhr-in-der-muslimischen-welt/60004621.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 04621.html</a><!-- m -->
Zitat:23.02.2011, 13:56
Interaktive Karte
Aufruhr in der muslimischen Welt

Die massiven Proteste der Bevölkerung in der arabischen Welt halten an. Während sich in Tunesien und Ägypten die Lage inzwischen stabilisiert hat, hat die Revolutionsbewegung Libyen erfasst. Auch in Bahrain und dem Iran kommt es weiter zu Protesten.
...
es ist erstaunlich, wie unterschiedlich Libyen und Bahrain in den Medien behandelt werden. Obwohl aus Libyen kaum verifizierbare Nachrichten nach aussen dringen, beherrscht dieses Land unsere Schagzeilen.
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