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Broensen:

Das unter den Evakurierten auch Asylbewerber und sogar wegen schwerwiegender Verbrechen abgeschobene Asylbewerber waren wurde bereits durch deutsche Minister offen eingeräumt wobei man da natürlich klarstellen muss dass die Zahl der letztgenannten (abgeschobene Verbrecher) sehr gering ist (Einstellig).

Allgemein:

Die Taliban haben im Gegensatz zu uns verstanden, dass sie ihre Macht nicht werden erhalten können, wenn ihnen Wirtschaft und Finanzsystem kollabieren. Weshalb sie priorisiert versuchen beides zu retten. Woraus umgekehrt von unserer Seite der Schluss gezogen werden sollte Wirtschaft wie Finanzsystem in Afghanistan vollständig zu zerstören. Aber stattdessen wird man so dumm sein und auch noch deutsche Steuergelder dorthin transferieren. Wir zahlen also Steuern um diese unseren Feinden zu überweisen, auf die Idee muss man erst mal kommen, derart verblendet muss man erstmal sein.

https://apnews.com/article/business-kabu...2e7cfa9195

https://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial...15f1ddd390

https://www.foxbusiness.com/economy/afgh...n-takeover

Es wäre so einfach den Taliban hier jetzt einen schweren Schaden zuzufügen.

Und weiter zur "Nordallianz 2.0" die weder eine Nordallianz ist noch das Panjshir Tal wird halten können, wo gerade die Kämpfe eskalieren:

https://twitter.com/i/status/1433074572304125954

https://twitter.com/i/status/1433384134232133635

Und natürlich stricken die Afghanen schon wieder in landesüblicher Beschuldigungskultur ein entsprechendes Narrativ: man hat ja nur deshalb gegen die Taliban verloren weil Europa und die USA Afghanistan verraten und im Stich gelassen haben.

Und noch was amüsantes zum Schluß, die Taliban erklären dass sie unsere Asylbewerber zurück nehmen würden:

https://www.krone.at/2495862

Das wäre doch mal eine Ansage mit Wirkung: Benehmt euch oder die Taliban nehmen euch zurück.
In den nächsten Tagen dürfte sich in Sachen Widerstand einiges tun. Direkte Quellen aus dem Widerstand geben an dass die Taliban in den letzten Tagen bei den Versuchen ins Panschirtal einzudringen massive Verluste erlitten haben (1000+ Tote), außerdem wurden wohl insgesamt mehrere hundert Fahrzeuge zurückgelassen und vom Widerstand erbeutet. Inzwischen ist der Widerstand wohl in die Offensive gegangen und konnte mehrere Bezirke in den Provinzen Kapisa, Parwan, Tachar und Baghlan erobern. Ob diese gehalten werden können ist noch unklar. In der Provinz Badachschan sollen mehrere hundert tadschikische Taliban übergelaufen und somit mehrere Bezirke in den Händen des Widerstandes sein. Dazu hält eine aufständische Hazara Miliz wohl inzwischen drei Bezirke in Wardag/Bamyan. Ich bin gespannt ob diese Meldungen in den nächsten Tagen mediale Bestätigung finden werden.
Afghanistan: Was wiegt die IS-Gruppe wirklich gegen die Taliban?
France 24 (französisch)
Veröffentlicht am: 31.08.2021 - 19:20
[Bild: members%20of%20the%20Islamic%20State%20.webp]
Auf diesem Foto vom 17. November 2019 versammeln sich Mitglieder der Gruppe Islamischer Staat (IS), nachdem sie sich der afghanischen Regierung in Jalalabad, der Hauptstadt der Provinz Nangarhar, ergeben haben. © Noorullah Shirzada, AFP
Text von: Marc DAOU Folgen 8 Minuten
Während die Taliban ihr Regime in Kabul installieren und der letzte amerikanische Soldat Afghanistan verlassen hat, setzt der IS seine blutige Kampagne im ganzen Land fort.
Wassim Nasr, Spezialist für dschihadistische Bewegungen bei France 24, spricht über das wahre Gewicht der dschihadistischen Gruppe und das Risiko, das sie für die Taliban darstellt.
Die Zahl der Todesopfer beim Angriff vom 26. August auf den Eingang des Flughafens von Kabul zeigte, dass sie jederzeit und überall zuschlagen können. Da die Taliban mit dem Abzug der US-Truppen an die Macht kommen, hat der Islamische Staat (IS) keine Pläne, seinen blutigen Feldzug in Afghanistan zu beenden. Die Dschihadistengruppe befindet sich seit 2015, dem Jahr ihrer Gründung im Land, im Krieg gegen die Taliban und verkörpert die Hauptbedrohung für die neuen Herren von Kabul. Der IS kann sogar hoffen, seine Reihen zu vergrößern, indem er mögliche Fehltritte der Taliban ausnutzt, oder sogar seine territoriale Basis nahe der pakistanischen Grenze wiedererlangen, wenn die amerikanischen Drohnen aufhören, sie zu verfolgen, so Wassim Nasr, Spezialist für dschihadistische Bewegungen bei France 24.
. Frankreich 24: Müssen die Taliban jetzt, da sie Meister in Afghanistan sind, die Dschihadisten der Islamischen Staatsgruppe fürchten?
Wassim Nasr: Ja, denn der IS befindet sich seit 2015 im Krieg mit den Taliban, dem Jahr, in dem sich die Dschihadistengruppe im Land vor allem in den Provinzen Nangarhar und Kunar nahe der pakistanischen Grenze etabliert hat. Obwohl es noch keine direkte Bedrohung für die Macht der Taliban darstellt, nehmen die Taliban die Bedrohung ernst. Als sie die Gefängnisse des Landes, darunter das von Bagram, öffneten, liquidierten die Taliban den ehemaligen Emir der IS-Gruppe in seiner Zelle, während die anderen wichtigen Häftlinge der Dschihadisten-Gruppe gefangen blieben. Gleichzeitig wurden Hunderte von Dschihadisten ohne Bezug zur IS-Gruppe freigelassen. Die Gruppe sieht ihrerseits die Taliban als Verhandlungen über einen einvernehmlichen Ausstieg mit den Amerikanern und den Regimewechsel in Kabul als Machtübergabe, nicht als Sieg der Taliban. Wenn niemand die Zahl der Kombattanten der IS-Gruppe in Afghanistan abschätzen kann, können wir ihre Fähigkeiten vor Ort und ihre Schlagkraft an ihren Aktionen messen, wie in Kabul. Zwischen Attentaten, Bombenanschlägen, Autobomben, Selbstmordattentaten und Raketenangriffen können wir sagen, dass sie ein erhebliches Belästigungspotential haben, da wir wissen, dass ein Angriff nicht teuer zu finanzieren ist.
Wie viel wiegt die IS-Gruppe in Afghanistan wirklich?
2015 hatte die Gruppe unter dem Kommando von Hafez Saïd Kha, die 2016 von einer amerikanischen Drohne getötet wurde, zunächst eine territoriale Basis in den Provinzen Namgarhar und Kunar nahe der pakistanischen Grenze. Er sah schnell, wie sich seine Reihen mit Personen füllten, die von den Taliban desillusioniert waren, während er es schaffte, aus der Bevölkerung zu rekrutieren und Ausländer aus Ländern der Region, nämlich Pakistaner, Inder und einheimische Kämpfer der ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens, anzuziehen. Die Dschihadisten konnten ihre Landbasis nicht lange halten, da sie schnell von den Taliban ins Visier genommen wurden, die befürchteten, vom IS verschluckt zu werden. Sie wurden dann von der afghanischen Armee und US-Streitkräften gejagt.
2017 freute sich Donald Trump, den Abwurf der „Mutter der Bomben“ (Anm es ist die ehemalige Hochburg von Osama bin Laden in Afghanistan. Die Zusammenfassung der Woche France 24 lädt Sie ein, auf die Nachrichten zurückzukommen, die die Woche geprägt haben Ich abonniere Waren sie durch die Kombination paralleler und nicht gemeinsamer Aktionen der Taliban, der Afghanen und der Amerikaner territorial besiegt, hatten die Dschihadisten inzwischen ihr Netz im urbanen Umfeld gesponnen. Vor allem in Städten wie Kabul und Kandahar, wo sie bewiesen haben, dass sie zuschlagen können, ohne Territorium kontrollieren zu müssen. Die Gruppe profitierte von der Verstärkung der Sympathisanten, aber auch, und das ist entscheidend, von der Enttäuschung des Terrornetzwerks Haqqani, einer mit den Taliban verbündeten Familie, die über die Logistik und die Netzwerke verfügte, um die blutigsten Anschläge zu verüben EI-Gruppe in Kabul, weit vor der des Flughafens vor einigen Tagen. Insbesondere im Mai gegen eine Moschee, die von einem Imam geleitet wurde, den sie als abweichend erachteten, oder gegen die Bombardierung des Präsidentenpalastes im Juli.
Was sind die größten Herausforderungen für die Taliban durch die Präsenz der IS-Gruppe?
Jetzt an der Macht befinden sich die Taliban zwanzig Jahre nach dem 11. September in einer ziemlich komischen Situation, da sie gezwungen sind, Terrorismus zu bekämpfen, um die großen afghanischen Städte und die von den Dschihadisten bedrohte Hauptstadt zu schützen.
Sind sie dazu fähig?
Das ist die große Frage. Werden die Amerikaner weiterhin mit ihren Drohnen auf den IS einschlagen und damit den Taliban direkt helfen, die terroristische Bedrohung einzudämmen? Wenn die Antwort nein ist, wer wird dann in der Lage sein, die Dschihadisten daran zu hindern, sich in den Territorien wieder aufzubauen und zu etablieren? Die Taliban verfügen weder über eine Luftwaffe noch über eine Drohne. Wenn die Antwort ja lautet und es eine Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und dem Taliban-Regime gibt, könnte dies, wenn es anhält, zu Uneinigkeit in den Reihen der neuen Herrscher von Kabul führen. Eine solche Kooperation könnte insbesondere der IS-Gruppe bei Propaganda und Rekrutierung zugutekommen, denn die Taliban können nicht in Kabul paradieren und sagen, sie hätten den amerikanischen Feind vertrieben, und dann mit Washington darüber hinaus zusammenarbeiten, was wir in den letzten Tagen bei den Exfiltrationen gesehen haben vom Flughafen.
Das Pentagon selbst sagte, es habe den Taliban Informationen gegeben, um der IS-Gruppe entgegenzuwirken. Die neuen Herren von Kabul ihrerseits haben das US-Militär nicht für die jüngsten Drohnenangriffe verantwortlich gemacht, die gegen die Dschihadisten gerichtet waren. Diese Herausforderung ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Regierungsform der Taliban, die auch von dschihadistischen Bewegungen, einschließlich al-Qaida-Netzwerken, genau beobachtet wird.
Wenn die Taliban bei der strikten Anwendung der Scharia als zu nachgiebig oder gegenüber Schiiten und Minderheiten als zu aufgeschlossen angesehen werden, könnte dies ihre Reihen leeren. Und dies wiederum zum Wohle der EI-Gruppe, deren Ideologie immer noch anzieht und die aus den aktuellen Umbrüchen Kapital schlagen kann, um in diesem Land an Stärke zu gewinnen.
Detected language : French
(02.09.2021, 23:10)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Das unter den Evakurierten auch Asylbewerber und sogar wegen schwerwiegender Verbrechen abgeschobene Asylbewerber waren wurde bereits durch deutsche Minister offen eingeräumt wobei man da natürlich klarstellen muss dass die Zahl der letztgenannten (abgeschobene Verbrecher) sehr gering ist (Einstellig).

Näheres hierzu:

"Eine Aufstellung, wie viele ehemalige Ortskräfte, Journalisten, Menschenrechtler und andere Schutzbedürftige die Bundeswehr aus Afghanistan ausgeflogen hat, will die Regierung demnächst vorlegen. Unter den Ausgeflogenen sind auch einige Problemfälle...
Über die Luftbrücke aus Kabul sind auch 20 Menschen nach Deutschland gekommen, die den Sicherheitsbehörden bekannt sind. Bis zur Stunde seien 20 Fälle bekannt, "die sicherheitsrelevant sind, die dadurch, dass sie nicht schon in Kabul geprüft wurden, jetzt in Deutschland sind", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Freitag im Münchner Presseclub. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur kam auch ein Minister bei einem Evakuierungsflug nach Deutschland.

Evakuierungsflüge aus Afghanistan: Seehofer spricht von 20 "sicherheitsrelevanten Fällen"
Unter den Straftätern sind laut Seehofer unter anderem verurteilte Vergewaltiger. Nach Deutschland sei zudem ein Mann gelangt, "der nach übereinstimmender Ansicht von Deutschland, Amerika und Großbritannien noch höher einzustufen ist", berichtete der Minister. In anderen Fällen ging es um gefälschte Dokumente. Insgesamt vier der Ausgeflogenen waren - teilweise schon vor Jahren - von Deutschland nach Afghanistan abgeschoben worden. Eingereist sind nach dpa-Informationen neben Straftätern auch mehrere Menschen, deren Namen schon im gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern aufgetaucht waren.

Zwei Straftäter wurden aufgrund offener Haftbefehle in die Justizvollzugsanstalt eingeliefert", sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter, auf Nachfrage. Zwei weitere Afghanen seien "nach wie vor in der Obhut der Behörden...."

https://www.focus.de/politik/ausland/die...17581.html


(02.09.2021, 23:10)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Und natürlich stricken die Afghanen schon wieder in landesüblicher Beschuldigungskultur ein entsprechendes Narrativ: man hat ja nur deshalb gegen die Taliban verloren weil Europa und die USA Afghanistan verraten und im Stich gelassen haben.

Und noch was amüsantes zum Schluß, die Taliban erklären dass sie unsere Asylbewerber zurück nehmen würden:

https://www.krone.at/2495862

Das wäre doch mal eine Ansage mit Wirkung: Benehmt euch oder die Taliban nehmen euch zurück.

Warum soll der Westen dort für ein Land kämpfen, für das sie selbst nicht bereit sind zu kämpfen? Zudem glaube ich auch nicht, dass die fremden Truppen bei der Bevölkerung gern gesehen waren. Letztendlich ist es immer einfacher, den anderen die Schuld zu geben.
(04.09.2021, 12:14)26er schrieb: [ -> ]Warum soll der Westen dort für ein Land kämpfen, für das sie selbst nicht bereit sind zu kämpfen?
Das ist ein Mythos der getilgt gehört: 1. Gab es unter den Angehörigen der sehr viele Gefallene ANA, um ein Vielfaches höher als der Blutzoll von ISAF/RS, und 2. haben die USA das Land an die Taliban übergeben ohne eine realistische Chance für andere Gruppierungen. Den nicht gezahlten Sold hatten wir ja schon diskutiert.
(04.09.2021, 12:22)Ottone schrieb: [ -> ]Das ist ein Mythos der getilgt gehört: 1. Gab es unter den Angehörigen der sehr viele Gefallene ANA, um ein Vielfaches höher als der Blutzoll von ISAF/RS, und 2. haben die USA das Land an die Taliban übergeben ohne eine realistische Chance für andere Gruppierungen. Den nicht gezahlten Sold hatten wir ja schon diskutiert.

Aber die Zahl der Gefallenden bezieht sich doch auf den gesamten Verlauf der Krieges. Es ist doch nicht so, dass die ANA jetzt ausgeblutet und dann zusammengebrochen ist, sondern sie hatten größtenteils nach Abzug der westlichen Truppen aufgehört zu kämpfen, d.h. meine Aussage bezieht sich auf die letzten Wochen bzw. wenige Monate. So lange der große Bruder im Land war, ging das.

Die Gründe für die schnelle Aufgabe mögen vielfältig gewesen sein, wie fehlender Sold, Gekaufte Offiziere oder Provinz Clan-Chefs uvm. Aber das ändert daran nicht viel, dass anscheinend die Loyalität zum Staat Afghanistan nicht so groß war, um weiter zu kämpfen.

Mir ist das ein bisschen zu einfach, dass der Westen hier an allem die Schuld trägt. Natürlich wurden viele Fehler gemacht. Aber wie viele Jahre oder Jahrzehnte hätte man das noch am Laufen halten sollen? Zudem würden die westlichen Truppen doch immer mehr als Besatzer angesehen werden.
Wenn 90% der - vom Westen - ausgebildeten ANA-Angehörigen nach 3 Monaten desertieren oder aber zu den Taliban übergelaufen sind, spiegelt das meiner Meinung nach nur das (mehrheits)gesellschaftliche Grundgerüst wieder. Es ist morsch, faul und verdient es gar nicht anders als in sich zusammenzubrechen.
Die einzigen - insgesamt kriegstechnisch gesehen - brauchbaren afghanischen Einheiten waren die Spezialeinheiten.
Trugen die Hauptlast der Kämpfe, ist halt doof wenn diese weniger wie 10% der ANA ausmachen.
Tragisch um die tatsächliche Minderheit die den ganzen Murks ablehnt aber dann isses so nunmal.
Ich meine, ist auch nichts aber auch überhaupt nichts neues in der Geschichte der Menschheit.
Es sind so viele Völker auf der Müllkippe der Geschichte gelandet weil sie sich selbst/von außen forciert (manchmal beides auf einmal) durch diverse Faktoren derart entstellten das sie nichts mehr mit ihren Vorfahren ("Volkscharakter" der eigentypisch war) gemeinsam hatten.

Krieg ist Chaos und jeder Krieg ist für die Beteiligten auf irgendeine Art und Weise schlimm.
Wenn die eine Seite aber keine/kaum Hemmschwellen hat und äußerst (egal aus welchem "Unterlegenen-Grund") hinterlistig (aus der eigenen Sicht) Krieg führt, dann sehe ich nicht ein, warum die in absoluten Werten gemessen - stärkere Seite sich zügeln sollte. Jetzt natürlich nicht UNNÖTIG die Gewaltspirale hochschaukeln aber angemessen auf allerei Abartigkeiten des Feindes ebenfalls dementsprechend reagieren.
Jemand der den eigenen Armeeangehörigen Gliedmaßen/Geschlechtsteile abtrennt, diese häutet, die Augen aussticht und die Zunge rausschneidet verdient zum Beispiel eine Gefangennahme MAXIMAL zu einer finalen "Befragung" die je nach Kooperationswillen schnell oder langsam endet.
Allgemein halte ich von Widerständlern die keine Uniform tragen oder mit zumindest klar erkennbaren Abzeichen kämpfen genau so viel wie von einer, um es vorsichtig auszudrücken, Stechmücke.

*Hand aufs Herz, das einzige reale Ziel für die BW wäre gewesen, eine Provinz bzw. Gebiet "frei von Taliban" zu halten, mit allen notwendigen Mitteln. Das Testen von Waffen, (Kampf)Moral der Soldaten, REALE "Kriegs"-eher Konflikt/Tötungserfahrung, das Aufbauen modularer Basen(typen) in einem Konfliktgebiet usw. usf.
Irgendwelche illusorischen Traumtänzerein hätte man von Anfang keinen Platz einräumen dürfen.
Dorf 1 in Gebiet A ist vollkommen sauber, keine Taliban oder aktive Sympathisanten (mehr) vorhanden.*

Und da man heute auf so vielen Ebenen nicht bereit ist, zu "barbarischen" Methoden zurückzugreifen, sollte man seine Finger aus Ländern, wo auch nur Minderheiten bereit sind, den eigenen oder zumindest einen - nach eigener Meinung verbesserten - Wertekanon aufzunehmen, zu verinnerlichen und danach zu leben, schlicht und ergreifend in ihrem eigenen, von ihnen selbst (mehrheitlich) ausgewählten Lebensstil hängen lassen, egal wie unvernünftig man es auch selbst (subjektiv) finden mag. IHRE Sache.

Führe keinen unnützen Krieg.
Insbesondere gegen - nach eigener Wertvorstellung - Wilde, denn dazu ist das Begehen dunkler Pfade notwendig, auf die sich niemand (mehr) traut. Daher ist alles was über kleine überschaubare Ziele geht, siehe *markiert* kompletter Schwachsinn.

Zu den (Neo)Taliban selbst.
Wären wir unter den gleichen soziokulturellen/ökonomischen/rassischen Gegebenheiten aufgewachsen, wären wir wie sie. "Gut" und "böse" liegen im Auge des Betrachters.
Ist aber wie mit der Genetiklotterie, manche haben einfach Glück, andere weniger.
Zur unübersichtlichen Lage im Panjshir-Tal:

https://www.france24.com/en/live-news/20...hir-valley

Hab auch noch einige andere russisch-sprachige Quellen dazu gelesen nach denen die Taliban wie die Verteidiger anscheinend horrende Verluste haben und die Taliban mit den erbeuteten Waffensystemen dort extrem aggressiv und ohne jede Rücksicht auf die eigenen Kämpfer wie die Zivilbevölkerung vorgehen. Eventuell hat es sich bald mit dem Widerstand dort, ohne Nachschub werden die Widerstandskämpfer allein aufgrund des von den Taliban erbeuteten Kriegsmaterials dort bald verlieren.

Ottone:

Genau genommen habt ihr (lime, 26er et al) da alle recht. Den die Afghanen kämpften nicht für ihr Land, die "Soldaten" der ANA waren de facto reine Söldner und/oder kämpften für bestimmte Bindungen an Clans oder ihren jeweiligen militärischen Anführer. Die Frage der Motivation und der Loyalität war und ist daher in Afghanistan immer eine persönliche. Das gilt übrigens auch für den Gros der Kämpfer der Taliban, auch diese kämpfen weder für die Taliban als Gesamtheit noch für den Islam noch für das Islamische Emirat. Es sind Söldner und/oder sie folgen bestimmten Anführern.

Wenn man Söldner nicht bezahlt muss man sich daher nicht wundern was passiert und die Kämpfer der ANA hatten querschittlich vor dem militärischen Zusammenbruch seit 9 Monaten keinen Sold mehr erhalten. Was hat man den erwartet? Welcher Bundeswehrsoldat würde 9 Monate ohne Sold für eine verlorene Sache für überlaufende Offiziere und eine extrem korrupte und kriminelle Regierung weiter kämpfen ?! Genau genommen ist es erstaunlich, dass die ANA nicht schon viel früher einfach auseinander fiel und das resultierte nur aus der Präsenz westlicher Truppen und das Teile dieser Armee bestimmten Anführern / Clan- / Stammesstrukturen hörig waren und sind und als diese auf die Seiten der Taliban übergingen war es das halt.

26er:

Zitat:Zudem würden die westlichen Truppen doch immer mehr als Besatzer angesehen werden.

Die westlichen Truppen wurden von der absoluten Mehrheit der afghanischen Bevölkerung von Anfang an und durchgehend nur als Besatzer angesehen und als nicht anderes. Afghanen haben damit aber gar kein so großes Problem, werden doch alle als Besatzer angesehen die nicht aus der jeweiligen Ecke sind und hat man eben ganz andere Loyalitäten und ein ganz anderes Verständnis von Staat und Gesellschaft. Der Nationalstaat in unserem Sinne ist dort nicht existent.

Zitat:Warum soll der Westen dort für ein Land kämpfen, für das sie selbst nicht bereit sind zu kämpfen?

Dieses Land ist vom Westen künstlich geschaffen worden. Der Westen hat ein bestehendes Land, das Islamische Emirat Afghanistan invasiert und als Besatzer künstlich ein Afghanistan geschaffen das es so vorher nicht gab. Dem folgend haben viele Afghanen für diesen neuen Staat gekämpft weil dies vorteilhaft war. Extremer Opportunismus ist die hervorragendste Eigenheit dort. Dieser vom Westen geschaffene Staat hätte sich darüber hinaus einfach allein dadurch halten können, dass wir den Soldaten der ANA den Sold direkt bezahlen und entsprechende Schlüsselfiguren der Machteliten dort durch Bestechung und persönliche Vorteile bei der Stange halten. Dann wäre dieses Afghanistan noch viele Jahre weiter bestanden. Und warum wir dies tun sollten? Warum nicht? Die Kosten für den Sold der ANA und entsprechende Bestechungen wäre wesentlich geringer als die Fernwirkungen und deren Kosten die jetzt dadurch auf uns zukommen. Das ganze jetzt nach Kindergartenart einfach hinzuschmeißen weil man sozusagen beleidigt ist dass man nicht gemocht wird führt nur dazu, dass langfristig die Kosten für uns noch viel höher sein werden.

Deshalb ja beispielsweise meine rein theoretische Ausführung dazu, dass man den Taliban keinen funktionsfähigen Staat gestatten darf und diesen daher durch einen strategischen Luftkrieg zerstören muss damit dort nur ein lebensuntaugliches geographisches Gebiet übrig bleibt dass keine Grundlage mehr für irgend etwas außer harmlosen Terrorismus ist. Stattdessen wird sich der Taliban-Staat meiner Einschätzung nach stabilisieren und halten können und dann über die entsprechenden Ressourcen und Machtmittel verfügen.

reflecthofgeismar:

Zitat:Wenn die eine Seite aber keine/kaum Hemmschwellen hat und äußerst (egal aus welchem "Unterlegenen-Grund") hinterlistig (aus der eigenen Sicht) Krieg führt, dann sehe ich nicht ein, warum die in absoluten Werten gemessen - stärkere Seite sich zügeln sollte. Jetzt natürlich nicht UNNÖTIG die Gewaltspirale hochschaukeln aber angemessen auf allerei Abartigkeiten des Feindes ebenfalls dementsprechend reagieren.

Ich teile zwar deine Auffassung, dass die Ritualisierung des Krieges im Westen ein erhebliches Problem darstellt und mitverantwortlich ist für unsere geringe Kampfkraft, nichts desto trotz gibt es im Krieg eine Axiome und es kann auch gute Gründe für eine Ritualisierte Kriegsführung geben. Extremste Gewalt kann das Problem in einem Fall lösen, im anderen Fall nicht. Im vorliegenden Fall wäre die konkrete Frage die der Zielsetzung. Was du hier anreißt ist im Endeffekt nur eine Diskussion um die Methodik, ohne dass ein Ziel dazu definiert wäre, welches mit dieser Methode überhaupt erreicht werden soll. Eine ins nirgendwo ausufernde Gewaltspirale kann die Lösung der Fragestellung sein, oder auch nicht, abhängig von der Frage der Zielsetzung.

Das Hauptproblem in Afghanistan war nie die Methode, nie die dort angewandete Taktik, nicht das Vorgehen, auch nicht die Einschränkungen welchen sich der Westen hier ohne Not unterwarf, das Hauptproblem war immer dass es eigentlich gar kein reales praktisches Ziel gab dass man hätte ansteuern können. Man hat nie ein echtes Ziel eindeutig definiert. Daran sind wir gescheitert und an nichts anderem.

Zitat:Allgemein halte ich von Widerständlern die keine Uniform tragen oder mit zumindest klar erkennbaren Abzeichen kämpfen genau so viel wie von einer, um es vorsichtig auszudrücken, Stechmücke.

Wo ist der moralische Unterschied zu einer Drohne welche eine Bombe aus der Luft abwirft? Der Widerständler ohne Uniform benötigt nur unendlich mehr Mut, dass ist der ganze Unterschied.

Wir sollten aufhören Terroristen als Kriminielle zu betrachten. Sie sind Soldaten die lediglich eine andere als die bisherigen Truppengattungen darstellen. Wo ist der Unterschied von einem Terroristen zu einem Artilleristen? Es sind lediglich verschiedene Truppengattungen die ihre Waffenwirkung auf unterschiedliche Art ins Ziel bringen.

Deshalb sollte man meiner Überzeugung nach Terroristen als ganz reguläre Kriegsgefangene betrachten und ich sehe in der immer weitergehenden Ausweitung des Begriffs: illegale Kombattanten ein großes Problem und keine Lösung.

Zitat:verdient zum Beispiel eine Gefangennahme MAXIMAL zu einer finalen "Befragung" die je nach Kooperationswillen schnell oder langsam endet.

Sprich es doch mal ganz offen aus: Folter. Das kann sinnvoll sein, oder auch nicht, je nach den Umständen. Den Widerständler aber in jedem Fall zu töten ist eine immense Verschwendung und insgesamt nur nachteilhaft. Beispielsweise könnte man versuchen ihn auf die eigene Seite zu bringen und ihn im weiteren für uns kämpfen zu lassen. Und es gibt noch sehr viel mehr was man mit einem lebenden Widerständler anfangen kann. Es wäre einfach falsch solche Kämpfer unterschiedlos zu töten, nicht aus moralischen Gründen - das sei mir fern - sondern aus rein kriegspraktischen Gründen.

Zitat:Und da man heute auf so vielen Ebenen nicht bereit ist, zu "barbarischen" Methoden zurückzugreifen

Ist das unterschiedslose Töten mit Drohnen aus absoluter Sicherheit nicht auch barbarisch? Sind Barbaren per se militärisch überlegen? Und was soll überhaupt das Ziel sein?! Jede Methode für sich allein ist sinnlos, gleich welche. Eine Methode ohne Ziel führt nirgendwo hin:

Zitat:Hand aufs Herz, das einzige reale Ziel für die BW wäre gewesen, eine Provinz bzw. Gebiet "frei von Taliban" zu halten, mit allen notwendigen Mitteln.

Auch das ist kein strategisch sinnvolles Ziel - ja genau genommen ist das gar kein strategisches Ziel sondern deutlich darunter. Es wäre völlig sinnlos so zu handeln wenn schon in der Nachbarprovinz der Feind dann ungestört ist und von dort aus nach belieben das Weiße Loch welches die Bundeswehr hier errichtet infiltiert und diese Infiltration ist unmöglich zu verhindern, mit keinem Mittel außer Völkermord. Und auch dieser wäre ja völlig sinnfrei den was sollte das Ziel eines Völkermordes dort den sein?!

Solange der Feind eine (unbewaffnete und ad extremum rein zivile) Schattenorganisation in die Zivilgesellschaft einziehen kann und wir keine solche Organisation in dieser Gesellschaft aufbauen können welche dort als Konkurrenz die feindliche Organisation verdrängt, kann man dort einen Konflikt mit diesem Feind nicht für sich entscheiden. Insofern das überhaupt das Ziel wäre.
(05.09.2021, 19:42)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Der Widerständler ohne Uniform...
Wir sollten aufhören Terroristen als Kriminielle zu betrachten. Sie sind Soldaten die lediglich eine andere als die bisherigen Truppengattungen darstellen.... Deshalb sollte man meiner Überzeugung nach Terroristen als ganz reguläre Kriegsgefangene betrachten und ich sehe in der immer weitergehenden Ausweitung des Begriffs: illegale Kombattanten ein großes Problem und keine Lösung.

Du setzt hier Widerständler ohne Uniform mit Terroristen gleich. Da besteht aber ein Unterschied, auch wenn die Begriffe nicht klar definiert und die Grenzen fließend sind. Gemeinsam haben beide nur, dass sie keine regulären Soldaten sind.
Der Kombattant ohne Uniform, der als Guerilla oder Partisane kämpft, richtet seine Handlungen gegen einen militärischen Gegner, auch wenn er dies irregulär tut.
Ein Terrorist verbreitet Terror. Dieser kann zwar militärisches Mittel sein, aber er richtet sich immer gezielt gegen nicht-militärische Ziele und stellt somit ein Verbrechen dar, egal welche Seite es verübt.

Die Drohnenangriffe mit zivilen Opfern z.B. können auch als terroristische Handlung gewertet werden. Erst recht der Teil des Bombenkriegs im WK2, der sich gezielt gegen Wohnviertel gerichtet hat, um den Rückhalt in der Bevölkerung zu schwächen.
Ein Selbstmordattentäter hingegen, der sich an einem Kasernentor sprengt oder der Gotteskrieger, der eine Militärpatrouille per IED angreift, ist nicht zwangsläufig Terrorist, sondern lediglich irregulärer Kombattant.
Es kann doch nicht sein, dass Kämpfer, die sich an keine Regeln halten, wenn sie kämpfen, dann wenn es schief geht, nach internationalen Regularien für Kriegsgefangene behandelt werden sollen. Die Rote Armee Fraktion hat für sich ja auch den Status als Kriegsgefangene beansprucht.
Wer außerhalb der Regeln kämpft, kann auch keine Regeln für sich reklamieren.

Die Haager Landkriegsordnung sieht folgende Kriterien vor,
um den Status eines Kriegsgefangenen zu erhalten:
- Uniformierung,
- offenes Tragen der Waffen,
- Kriegführung nach Brauch,
- feste Strukturen.

Die Beurteilung ist durchaus nicht immer einfach. Die Widerstandsgruppen im besetzten Europa 1940-45 hatten eine wichtige, nicht zuletzt moralische Bedeutung für die Gesellschaften. Auf der anderen Seite sollten solche Dinge wirklich zu Ende gedacht werden. In dem Moment, in dem eine Regierung kapituliert, sollten die Kampfhandlungen eingestellt werden. Eine Armee, die akzeptiert, dass Teile der Bevölkerung ihren eigenen Krieg gegen die Besatzungsmacht weiterführen, kann gleich wieder abziehen oder muss dauerhaft im Kampfmodus bleiben, mit allen schlimmen Folgen für die Zivilbevölkerung. Wer nach der Kapitulation auf deutsche Soldaten geschossen hat, wurde nicht als Soldat, sondern als Mörder angesehen. Haben Briten und Amerikaner übrigens nicht anders gemacht.

Ein Taliban oder IS-Kämpfer, der eben noch als Bauer einer vorbeiziehenden Patrouille freundlich zuwinkt, um im nächsten Moment eine AK47 aus einem Strohhaufen zu ziehen, um die Soldaten von hinten zu erschießen, gehört nicht dazu.
Wer Zivilisten als Deckung nutzt, um aus Wohnhäusern das Feuer zu eröffnen, gehört nicht dazu.
Wer mit einem selbsternannten Warlord loszieht, um nach eigenen Regeln zu kämpfen, zählt nicht dazu.

Etwas völlig anderes wären zum Beispiel die kurdischen Milizen, die ohne Auftrag der syrischen Regierung gegen den IS in festen Kampfverbänden gekämpft haben. Sie waren als Kampfverbände klar erkennbar.

Natürlich kann man einzelne Gruppen gegeneinander ausspielen und die "Drecksarbeit" von einer irregulären Gruppe erledigen lassen. Man hätte beispielsweise Taliban gegen IS kämpfen lassen können, gemäß dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Religiöse oder politische Fanatiker lassen sich jedoch nur bedingt steuern. Sie siegen, oder sterben. Allenfalls Verräter aus den eigenen Reihen könnten für sie gefährlich werden.
Das eigentliche Problem besteht darin, dass man solche Gruppen selten durch direkten Kampf erledigen kann. Für jeden toten Taliban oder Boko Haram-Terrorist, greifen 5 neue zu den Waffen. Bei hohen Geburtenraten wie in diesen Ländern üblich, kann man solche Bewegungen auch nicht ausbluten lassen. Stärkere Staaten, wie der Irak unter Saddam, halten solche Gruppen durch einen brutalen Unterdrückungsapparat von Geheimdienst und Polizei in Schach. Potenzielle Unruhestifter verschwinden dort einfach in Gefängnissen oder Massengräbern. Dort wo die staatliche Ordnung zusammenbricht, oder völlig korrupt ist, wird es fast unmöglich.
Broensen:

Ich weiß ja schon dass dir genaue und exakte Definitionen sehr wichtig sind, aber im Krieg ist diese Genauigkeit und Exaktheit, der Versuch die ausufernde Entropie in feste Regeln fassen zu wollen ein Fehler. Die mangelnde Genauigkeit in den Begrifflichkeiten ist daher von mir durchaus intentional. Es spielt gar keine Rolle ob man diese Kämpfer Terroristen nennt, Widerstandskämpfer, Guerillas oder Barbaren, schlußendlich geht es hier um eine Form der Kriegsführung, also um eine Truppengattung welche primär diese Form der Kriegsführung ausübt.

Gerade deshalb werden heute ganz normale Widerstandskämpfer vom Westen grundsätzlich als Terroristen bezeichnet, völlig ungeachtet der Frage was sie sind und was sie getan haben. Schlußendlich ersetzt das Wort Terrorist zunehmend das Wort Guerilla - und dass ist ebenso intentional seitens der westlichen Regierungen. Von daher verwende ich den Begriff Terrorist schlicht und einfach für alles in dieser Richtung, aber dies nicht nur weil es dem vorherrschenden Sprachgebrauch (zunehmend) entspricht, sondern auch weil es die beabsichtige Wirkung dieser Kampfweise besser beschreibt. Den auch ein Widerstandskämpfer wirkt primär durch den Terror welchen er verursacht, agiert also mehr als alles andere auf der Seite der psychologischen Kriegsführung und ist jede Handlung von ihm primär in Bezug auf ihre Wirkung im Bereich der psychologischen Kriegsführung hin ausgerichtet. Die Guerilla von heute hat militärisch gesehen keine Chance mehr und in der sich bereits abzeichnenden industriellen Maschinenkriegsführung dann erst recht nicht mehr. Eine normale Widerstandsbewegung oder militärischen Widerstand wie du ihn hier skizzierst kann und wird es aufgrund der technologischen Entwicklung nicht mehr geben. Das betrifft aber nur die taktische und operative Ebene. Auf der strategischen Ebene aber dreht sich der Krieg ja darum ein Ziel gegenüber Menschen zu erreichen, also anderen seinen Willen aufzuzwingen. Also geht der Krieg neue andere Wege und wandelt sich jede Guerilla zwingend zum reinen Terrorismus.

aramiso:

Zitat:Wer außerhalb der Regeln kämpft, kann auch keine Regeln für sich reklamieren.

Wer überhaupt versucht innerhalb von Regeln zu kämpfen, der wird verlieren. Es sei denn, die Regeln würden der Erreichung des Zieles dienen und man könnte sie zum eigenen Vorteil ausnutzen. Ob man daher zulässt dass man jemanden überhaupt irgendwelche Rechte zusteht sollte nicht daran festgemacht werden ob sich dieser Gegenüber an die Regeln gehalten hat, sondern allein an der Frage der Nützlichkeit.

Die Haager Landkriegsordnung ist zudem derart überkommen, dass sie unser Tod sein wird, sollten wir sie weiter in dieser Form aufrecht erhalten wollen. Zeit sie über Bord zu werfen und alles was sie bedeutet und beinhaltet hat.

Zitat:Man hätte beispielsweise Taliban gegen IS kämpfen lassen können

Das hat man getan. Und wird es jetzt vielleicht wieder vermehrt tun oder auch nicht.

Zitat:Für jeden toten Taliban oder Boko Haram-Terrorist, greifen 5 neue zu den Waffen. Bei hohen Geburtenraten wie in diesen Ländern üblich, kann man solche Bewegungen auch nicht ausbluten lassen.

Doch könnte man. Problemlos. Weder greifen für jeden getöteten 5 neue zu den Waffen, ganz im Gegenteil: je mehr man gezielt töten kann, desto weniger rücken nach, noch sind solche Bewegungen nicht durch die Vernichtung ihrer lebendigen Wehrkraft ausblutbar, den nur ein Teil der nachrückenden wehrfähigen Jahrgänge entscheidet sich jeweils dazu sich solchen Bewegungen anzuschließen. Wir haben aber in Afghanistan beispielsweise so wenig getötet, dass dies im Bereich der kompensatorischen Sterblichkeit geblieben ist. Um das Prinzip mal in Zahlen einfach und sofort verständlich darzulegen: Wenn in einer Gegend 100 Mann eines Jahrgangs wehrfähig werden und 10 sich davon den Taliban angeschlossen haben, dann haben wir nur 2 von ihnen getötet. Die lebendige Wehrkraft stieg also um 8 Mann. Hätten wir 20 getötet, hätte der Feind hingegen um 10 abgenommen.

Nun kommt immer das Argument dass uns dann alle hassen und Rache nehmen wollen weil Familienangehörige umkommen etc etc aber das verkennt, dass wir es hier nicht mit einer homogenen Masse zu tun haben und überträgt zu sehr unsere modernen Vorstellungen auf eine vor-moderne Kultur. Der Feind rekrutiert sich nicht gleichmässig von überall her. Bestimmte Familien stellen überproportional viele Kämpfer, andere Familien genau deshalb gar keinen etc. Diese Bruchlinien auszumachen und gezielt auszunützen wäre ebenso wesentlich wie die reale Motivation der feindlichen Kämpfer in Erfahrung zu bringen. Beispielsweise schlossen sich in einem Fall einzelne Söhne von Familien den Taliban an weil dann die Familien von Steuern der Taliban ausgenommen wurden und diese kein Vieh dieser Familien mehr für die Versorgung ihrer Kämpfer stahlen. Nur mal so als Beispiel und Anekdote. Eine Gesellschaft mit vier Dekaden Krieg auf dem Buckel denkt und agiert nicht wie wir.

Es wäre problemlos möglich gewesen die ganze Lage zunehmend entlang dieser Bruchlinien in unsere Richtung kippen zu lassen, aber da sind wir dann schon wieder bei der zentralen nicht beantworteten Frage: was genau sollte den diese Richtung jemals gewesen sein und wohin konkret, praktisch und real hätte sie führen sollen?

Es gab nie ein realistisches Kriegsziel, nur diffuse beliebige Absichtserklärungen fernab jeder Realiät.
Zur Lage im Panjshir Tal:

https://www.aljazeera.com/news/2021/9/5/...us-general

https://edition.cnn.com/2021/09/05/asia/...index.html

Ohne westliche Sondereinheiten (eventuell sind aber welche dort vor Ort aktiv) und ohne Nachschub und Waffen wir das Panjshir Tal innerhalb der nächsten Zeit fallen.
(05.09.2021, 23:39)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Es spielt gar keine Rolle ob man diese Kämpfer Terroristen nennt, Widerstandskämpfer, Guerillas oder Barbaren, schlußendlich geht es hier um eine Form der Kriegsführung, also um eine Truppengattung welche primär diese Form der Kriegsführung ausübt.

Natürlich macht es einen Unterschied. Nur halt keinen militärischen, sondern einen moralischen.
Und das ist der Punkt, weswegen ich derartige Aussagen kritisiere: Du beschränkst deine Analysen oft ausschließlich auf militärische Aspekte. Und wie du vielleicht schon gemerkt hast, schätze ich deine militärische Expertise ungemein und teile diesbezüglich meistens deine Standpunkte. Aber den vollständigen Ausschluss moralischer Aspekte kann ich einfach nicht teilen. Die "Moral der guten Sache" ist nicht nur aus humanistischen Gründen entscheidend, sondern sie trägt auch zur Kampfkraft bei: Für jeden Kämpfer ist es wichtig, dass er für die "gute Sache" kämpft. Und so wie es in den islamischen Gesellschaften irgendeine wirre Auslegung des Korans ist, ist es in den aufgeklärten westlichen Gesellschaften nun mal ein moralisch geprägtes Konstrukt von Werten und Idealen, die sehr wohl einen Unterschied machen zwischen Kampf gegen militärische oder zivile Ziele.

(05.09.2021, 23:39)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Gerade deshalb werden heute ganz normale Widerstandskämpfer vom Westen grundsätzlich als Terroristen bezeichnet, völlig ungeachtet der Frage was sie sind und was sie getan haben. Schlußendlich ersetzt das Wort Terrorist zunehmend das Wort Guerilla - und dass ist ebenso intentional seitens der westlichen Regierungen. Von daher verwende ich den Begriff Terrorist schlicht und einfach für alles in dieser Richtung, aber dies nicht nur weil es dem vorherrschenden Sprachgebrauch (zunehmend) entspricht

Dieser vorherrschende Sprachgebrauch ist aber schlicht und einfach falsch und sollte nicht auch noch in qualifizierten Debatten (ja, so werte ich unseren Austausch hier) aufgegriffen werden. Die Unterscheidungen zwischen regulären und irregulären Kombattanten sind zu trennen von dem Instrument des Terrors, das von beiden eingesetzt werden kann und wird. Dass dies von offizieller Seite her vermieden wird, ist nichts weiter als ein rechtfertigendes Propaganda-Mittel. Getötete "Terroristen" kommen halt medial besser rüber als "Widerstandskämpfer".

(05.09.2021, 23:39)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Die Guerilla von heute hat militärisch gesehen keine Chance mehr und in der sich bereits abzeichnenden industriellen Maschinenkriegsführung dann erst recht nicht mehr. Eine normale Widerstandsbewegung oder militärischen Widerstand wie du ihn hier skizzierst kann und wird es aufgrund der technologischen Entwicklung nicht mehr geben.

Das bezweifle ich. Gerade die Angreifbarkeit der modernen, westlichen auf Vernetzung und Information basierenden Kriegsführung ist besonders angreifbar für asymmetrische Angriffe. Auch solche, die nur die militärischen Strukturen angreifen, ohne Terror gegen die Zivilbevölkerung. Nur weil Taliban und IS das nicht leisten können, heißt das ja nicht, dass es andere, etwas fortschrittlichere "Widerstandskämpfer" nicht doch könnten.
Broensen:

Kann es überhaupt einen moralischen Krieg geben? Wo ist der moralische Unterschied? Mord ist Mord. Ein Krieg ist ein Krieg ist ein Krieg. Es gibt für mich überhaupt gar keinen Unterschied darin, die Form mag ständig eine andere Sein, der Krieg bleibt dennoch immer das gleiche Chamäleon.

Deine Ausführunge zu Fragen der psychologischen Ausführung belegen in Wahrheit meine Argumentation statt sie zu wiederlegen. Der Kämpfer muss nur daran glauben für eine gute Sache zu kämpfen, die Sache selbst muss demgegenüber eben nicht zwingend auch gut sein. Die Moral der guten Sache ist also nur ein Mittel der Kriegsführung. Wenn der Westen nun aufgrund seiner Kultur in diesem Aspekt eingeschränkt ist, dann bedeutet dies zwingend, dass die "Kultur des Westens" die Kampfkraft im Krieg schwächt (von Seite der psychologischen Kriegsführung aus betrachtet). Diese Schwächung muss man eben mit einberechnen und entsprechend kompensieren. Vergiss aber alle Moral im Krieg, sie kann dort nur eine Lüge sein die einem anderen Zweck dient.

Es gibt in Wahrheit keinen Unterschied zwischen zivilen und militärischen Zielen - selbst jedes rein militärische Ziel zielt in Wahrheit ebenso (oder gar noch viel mehr) auf das zivile Element. Im modernen Krieg muss die Trennung von Zivil und Militär vollständig aufgehoben werden, und unsere Feinde haben sie längst aufgegeben. Sie diente früher als Lüge und Illusion in West-Europa einem bestimmten Zweck, nun aber ist sie überkommen. Halten wir uns selbst weiter an unsere eigene überkommene Propaganda, wird uns dies irgendwann eine vernichtende militärische Niederlage bereiten.

Zitat:Gerade die Angreifbarkeit der modernen, westlichen auf Vernetzung und Information basierenden Kriegsführung ist besonders angreifbar für asymmetrische Angriffe. Auch solche, die nur die militärischen Strukturen angreifen, ohne Terror gegen die Zivilbevölkerung. Nur weil Taliban und IS das nicht leisten können, heißt das ja nicht, dass es andere, etwas fortschrittlichere "Widerstandskämpfer" nicht doch könnten.

Da dies zu weit von hier weg führt werde ich darauf noch gesondert in einem anderen Strang antworten. Das Thema des modernen Krieges fasziniert mich seit jeher.

Allgemein dem geneigten Leser:

https://www.sigar.mil/pdf/lessonslearned...-46-LL.pdf
(06.09.2021, 00:56)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Die Moral der guten Sache ist also nur ein Mittel der Kriegsführung. Wenn der Westen nun aufgrund seiner Kultur in diesem Aspekt eingeschränkt ist, dann bedeutet dies zwingend, dass die "Kultur des Westens" die Kampfkraft im Krieg schwächt (von Seite der psychologischen Kriegsführung aus betrachtet). Diese Schwächung muss man eben mit einberechnen und entsprechend kompensieren.

Und genau da überschreitest du mit deinen stringenten Schlussfolgerungen mMn die Grenze der gesellschaftlichen Realität. Die Verbundenheit der westlichen Kämpfer mit den idealisierten Werten kann Antrieb und Vorteil sein, während die Verbohrtheit mancher Krieger anderer Ideologien ihnen zum Nachteil werden kann. Die Tatsache, dass der Mangel an strategischen Zielen und der teilweise maßlos umgreifende Pazifismus in den westlichen Gesellschaften diese militärisch schwächen, bedeutet nicht, dass die hier vertretenen Werte der rücksichtslosen Kriegsführung anderer zwangsweise unterlegen sein müssen.

Es gibt vieles an den westlichen Positionen und Strategien zu kritisieren, aber die moralische Grundlage gehört meines Erachtens nach nicht dazu.