revan schrieb:@Erich, was würde dies aber in der Praxis bedeuten außer ein einfaches Mittel sich zu drücken für einige Länder.
...
die Antwort hatte ich fast erwartet - Du meinst also mit anderen Worten, dass demokratische Volksentscheidungen nur dazu dienen, die einen Krieg zu vermeiden; da muss ich sagen:
na und?
Welchen Wert hätte Demokratie, wenn Entscheidungen über Krieg und Frieden nicht demokratisch getroffen werden könnten?
Wer gerade solche existentiellen Entscheidungen nicht dem Volk überlassen will - weil da ein anderes Ergebnis heraus kommen könnte als man selbst in seiner "hau drauf Ideologie" für richtig hält, der hat für mich ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie - der sollte auch besser in einer Scheindemokratie wie Putins Russland leben, und der Nomenklatur die existentiellen Entscheidungen überlassen.
Ingenieur schrieb:Eine Truppenerhöhung per Volksentscheid fände ich nicht sinnvoll. Die Kontrolle des Militärs sollte eigentlich immer beim Parlament obliegen. Die Sache ob man in den Krieg zieht, wäre sinnvoll, aber nicht bei jeder Truppenerhöhung. Das wären dann eventuell mehrere pro Jahr, außerdem möchte ich nicht jedem Entscheidung über Gedeih und Verderb fremder Völker und Soldaten aufschieben. Volksentscheide sollten über Themen gehalten werden, wo jeder die Konsequenzen übersehen kann.
....
Wohlgemerkt, es geht um zwei Dinge:
1.
die Grundsatzentscheidung ob ein Einsatz (weit)
"ausserhalb des NATO-Bereichs", also ausserhalb des Verteidigungsbündnisses erfolgen soll, und
2.
zwangsläufig daraus folgtend,
ob und unter welchen Bedingungen dieser Krieg weitergeführt oder beendet werden soll,
und
3.
eigentlich ebenso daraus folgend,
welche Länder in die Verteidigungsgemeinschaft aufgenommen werden sollten (Stichwort z.B.: Georgien), denn ein Angriff auf diese Länder würde zwangsläufig den gemeinsamen Verteidigungsfall auslösen und damit zu einem "Hinterlaufen" der Grundsatzentscheidung von 1. führen
Ich verkenne nicht, dass die Diskussion in Deutschland selbst schwierig ist
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E3E336D8BAAFD4D58860174A429307BBF~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Die Deutschen und der Krieg
Wir Friedensverwöhnte
Von Cora Stephan
06. Dezember 2009 Das sind die Schlagzeilen, vor denen sich die Regierungsparteien vor der Bundestagswahl gefürchtet haben. Aber auch nach der Wahl tun sie noch weh. „Wann dürfen Deutsche töten?“ titelt der „Spiegel“ in der vergangenen Woche - als Sturmgeschütz des Pazifismus.
...
aber hier zeigt sich auch - wieder einmal - ein Unterschied zwischen Europa und den USA, ich zitiere die FAZ weiter:
Zitat:...
Um Leben oder Tod
Man spürt noch heute, dass die Vereinigten Staaten ihr Kriegsbild aus dem amerikanischen Bürgerkrieg beziehen - daher werden militärische Aktionen mit höchsten Zielen wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechten aufgeladen. Die Vereinigten Staaten könnten eine Dosis alteuropäischer Nüchternheit womöglich gut gebrauchen - und wir Friedensverwöhnten und „Vulgärpazifisten“ (Thea Dorn) hierzulande ein bisschen mehr Freiheitswillen und Empathie.
Aber eben nicht zu viel davon. Dem Völkerrecht und dem konservativen Verständnis von Krieg zufolge ist Krieg nicht dazu da, anderen Völkern eine bessere Staatsform oder eine vernünftigere Kultur nahezubringen. Auch Afghanistan sollte nicht von deutschen Soldaten missioniert werden. Nicht, weil das ein neuer Kulturimperialismus wäre. Sondern weil eine solche Mission Missbrauch der Soldaten wäre. Sie müssen wissen, welchen Zwecken ihres Landes sie dienen.
...
und gerade weil es
"Um Leben und Tod" geht, muss die Grundsatzentscheidung in einem demokratischen Staat auf möglichst breiter Basis erfolgen - also möglichst direkt durch das Volk.
Und damit stellt sich auch die Frage nach dem Zweck einer solchen Mission. Macht ein - wie auch immer gearteter - Kriegszweck wirklich den Tod eigener Soldaten erforderlich?
Diese Frage muss in einer Demokratie gestellt und auf möglichst breiter Basis, also ggf. durch das Volk, entschieden werden können.
Das schließt - wie ich schon sagte - die Beteiligung der Profis in den Stäben nicht aus. Ganz im Gegenteil, die sind gefordert, realistische Kriegsziele und Strategien dazu vorzugeben.
Auch hier zitiere ich wieder die FAZ:
Zitat: ....
Natürlich gibt es Argumente gegen einen Einsatz wie in Afghanistan, dazu muss man nicht Pazifist sein, konservative militärische Bedenken tun es auch. Dort lauten klassischerweise die Leitfragen, bevor man sich auf ein Handgemenge einlässt: Kann man die Aktion gewinnen? Und kann das Kriegsziel erreicht werden, haltbare Klarheit zu schaffen? Kann, auf Afghanistan bezogen, die Armee in die Lage versetzt werden, das Gewaltmonopol des Staates zu sichern?
An einem solchen realistischen Kriegsziel - mit Verlaub - fehlts mir bisher. Ich kann nicht erkennen, dass unsere Soldaten in Afghanistan etwas anderes verteidigen als korrpute Politiker und Drogenbarone (deren Gewinne möglicherweise noch zur Finanzierung der Taliban dienen).
In die Kerbe "Kriegsziel resp. Strategie" haut übrigends auch der konservativere Teil der Union:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/,ra1m1/politik/430/496742/text/">http://www.sueddeutsche.de/,ra1m1/polit ... 6742/text/</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan-Einsatz
Seehofer lehnt mehr Truppen ab
06.12.2009, 18:38
...
Seehofer sagte der Bild-Zeitung, er habe "wenig Sympathie" für eine Aufstockung der Truppen. Die Obergrenze von 4500 deutschen Soldaten sei ausreichend. Für eine Erhöhung "müsste man mir eine andere, überzeugende Konzeption liefern", wurde Seehofer zitiert. "Wir haben immer gesagt, dass eine Strategie entwickelt werden muss, die auch eine realistische Perspektive für den Abzug beinhaltet." Seehofers Äußerung kam kurz nach der Veröffentlichung neuer Umfragen, in denen die Zustimmungswerte für das deutsche Engagement in Afghanistan massiv gesunken sind.
...
(SZ vom 07.12.2009)
Ingenieur schrieb:...
Auch wenn ich auch überzeugter Europäer bin: Das europäische Parlament hielte ich für die falsche Instanz, denn das Militär ist immer noch eine nationale Angelegenheit. Es wäre auch verfassungsrechtlich schwierig, denn laut Grundgesetz muss immer noch der Bundestag darüber abstimmen.
....
das ist - aus meiner Sicht
leider - so, denn ich betrachte die Aussen- und Sicherheitspolitik als ein Feld, das nur auf gemeinsamer europäischer Basis vernünftig beackert werden kann.
Es bringt nichts, wenn wir uns innerhalb Europas aus verdergründig nationalen Interessen gegenseitig lahmlegen und unsere jeweiligen Bemührungen durch Aktionen anderer EU-Mitglieder konterkarrieren.
revan schrieb:....
Die EU selbst hat keine echte Armee und keine mit der NATO vergleichbare Organe und Struktur und dies ist an sich auch gut so da sie sonst mit der NATO ja Konkurrieren würde. ....
Warum soll das gut sein? Dass die USA eine starke Säule im Bündnis sind ist doch auch nicht schlecht, oder?
Und warum darf Europa nicht eine genauso starke Säule im Bündnis werden? Das einzige "
Negative" daran wäre, dass die Übermacht der USA zu gunsten einer fairen Partnerschaft beendet würde, und das finde ich nicht unbedingt schlecht - im Gegenteil.
Ich wünsche mir die NATO langfristig als Bündnis, das (zumindest) aus zwei gleichberechtigten Säulen besteht - Nordamerika und die EU.
Das schließt nicht aus, dass einer der Partner (also etwa die USA) nationale "Alleingänge" machen, aber diese nationalen Alleingänge begründen nicht dem gemeinsamen Verteidigungsfall.
revan schrieb:....
Die USA und die EU währen sich trotz Differenzen und viele diese Differenzen sind meist nur das Ergebnis Europäischer Eitelkeit oder schwäche natürliche Verbündete und dies trotz Phantastereien seitens der USA in Form eines G2 oder Phantastereien Linker und Philorusischer Kreise von neuen Packt EU-Russland. Letzteres ist schon daher ausgeschlossen wie keine Werte Kompatibilität besteht und vor allem weil letzteres Land (Russland) gar nicht mehr die Kraft haben würde bedeutend in der Zukunft zu sein.
Die Differenzen sind - mit Verlaub - das Ergebnis US-amerikanischen Vorpreschens und nciht abgesprochenem Aktionismus, aber gleichzeitiger Forderung nach "Nibelungentreue" (oder auch Vasallentum).
Und ich halte es für sinnvoll und wünschenswert, dass mit den Nachbarregionen - etwa einem Südamerikanischen Bündnis einerseits und auch mit Russland andererseits - "Nichtangriffs-" und "Rüstungskontrollvereinbarungen" abgeschlossen werden.
Mit anderen Worten: ein Netz von Verteidigungs-, Nichtangriffs- und Rüstungskontrollvereinbarungen kann dazu dienen, den Frieden langfristig sicherer zu machen.
Dennoch muss eine glaubhafte Abschreckungskomponente vorhanden sein. Und diese glaubhafte Abschreckungskomponente kann - gerade für Europa und die global verteilten Territorien der EU-Staaten - nicht mehr auf nationaler Ebene geschaffen werden.
Wir brauchen also langfristig auch global einsatzfähige europäische Streitkräfte, und wer soll über deren Einsatz befinden wenn nicht das europäische Parlament oder die Bevölkerung Europas
(na gut, solange die Rechtslage so ist wie sie ist kann ja der Bundestag noch zusätzlich sein Veto abgeben).