(06.08.2025, 13:01)lime schrieb: [ -> ]Da ist mal wieder der Wunsch Vater des Gedanken. Nehmen wir mal Erdgas als Beispiel. Der prognostizierte Verbrauch wird bis 2030 um ca. 50% steigen, davon fördert China in etwa die Hälfte selbst. Also werden in den nächsten 5 Jahren auch die bisherigen Importe um etwa 50% wachsen müssen. China ist also auf Rußland als Lieferant angewiesen, da sonst außer man will in Zukunft auch größere Mengen in westlichen Staaten oder gleich den USA kaufen. Was wohl ausgeschlossen ist. In ähnlicher Form wird auch der Ressourcenverbrauch bei den meisten anderen Rohstoffen steigen, von denen auch große Mengen aus Rußland importiert werden müssen.
mal wieder oberflächlich erste Eindrücke wieder gegeben, los posaunt, und damit zu kurz gesprungen.
Aber von Anfang an:
Deine Prognose zum chinesischen Gasverbrauch ist leider wieder einmal eine Behauptung ohne Quellenangabe. Sie ist so
im Mai von der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht worden.
Zitat:Der Anteil von Erdgas am Energiemix soll steigen, der von Kohle dagegen sinken: Chinas Erdgasverbrauch wird laut Prognosen von derzeit rund 400 Milliarden Kubikmeter jährlich auf 600 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2040 zulegen.
Daraus wird schon einmal deutlich:
1. Es gibt eine Änderung im chinesischen "Energie-Mix" - Gas ist nicht die einzige Energiequelle sondern trägt nur etwa 15 % zum Energiemix bei
Wie sich das dauerhaft ändern wird, ist als Prognose hier abgebeildet
https://www.solarserver.de/2024/04/23/en...e-fossile/
![[Bild: Energiewende-China-Primaerenergie-DNV.jpg]](https://www.solarserver.de/wp-content/uploads/Energiewende-China-Primaerenergie-DNV.jpg)
Aussage April 2024
Neben einem rasanten Ausbau an erneuerbaren (und damit heimischen, importunabhängigen) Energien ist weiterhin ein hoher Verbrauch an Kohle, Öl und Gast feststellbar.
Ab 2030 wird der Energieverbrauch aber sogar insgesamt vermutlich abnehmen. Am schnellsten sollen Kohle und Öl abgebaut werden.
Zitat:Der Stromsektor ersetze zügig Kohle durch einheimische erneuerbare Energien. Um die verbleibende Nachfrage nach Kohle zu decken, werde bis 2050 die einheimische Produktion ausreichen.
Beim Öl und Gas werde China jedoch weiterhin auf Importe angewiesen sein. Der Ölverbrauch werde 2027 einen Höchststand erreichen und sich dann bis 2050 halbieren. Der verbleibende Bedarf sei wichtig für Petrochemie und den Schwerlastverkehr (Luft- und Schifffahrt) und werde zu 84 % aus Importen stammen. Der Erdgasverbrauch werde in China 2050 geringfügig unter dem Niveau von 2023 liegen und zu 58 % durch Importe gedeckt werden, schätzt DNV.
Die starke politische Unterstützung führe zu einer schnellen Einführung grüner Technologien. China sei bei den Investitionen in erneuerbare Energien bereits führend. Bis 2050 würde sich die Installation erneuerbarer Energien mehr als verfünffachen. Die Windenergie habe 2010 nur 1 % der chinesischen Stromerzeugung ausgemacht, im Jahr 2023 über 9 %. Damit sei sie nach Kohle und Wasserkraft die drittwichtigste Stromquelle des Landes. Der Anteil des Solarstroms habe noch 2015 bei weniger als 1 % gelegen, heute seien es 5 %. Für 2050 geht DNV davon aus, dass Solar- und Windenergie jeweils 38 % der Stromerzeugung in China ausmachen. Dann werde das Land der größte Windenergie-Markt der Welt sein.
2. Es handelt sich um den "Gesamt-Gasverbrauch".
Um die Auswirkungen auf das "Russland-Geschäft" zu beurteilen, müssen wir dann allerdings näher in's Detail. Russland war ist und wird nicht der einzige Gaslieferant Chinas.
2.1. russische Lieferungen:
Zitat:2023 exportierte Gazprom ... 22,7 Milliarden Kubikmeter Gas nach China. Die volle Kapazität von 38 Milliarden Kubikmeter ist für das nächste Jahr (= 2025) vorgesehen.
...
Im Jahr 2027 werde die Route Fernost, die 10 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von Gasquellen vor der Küste der Pazifikinsel Sachalin transportieren soll, in Betrieb gehen.
(
Quelle)
Der
o.g. Artikel der Süddeutschen Zeitung beginnt mit einem Bericht zur Gaspipelien Siberia 2:
Zitat:Trotz der proklamierten „grenzenlosen Partnerschaft“ zwischen den beiden Ländern war von einem schleichenden Tod für die Pipeline die Rede.
und fährt nach Ausführungen zur Revitalisierung fort mit
Zitat:Die mehr als 3500 Kilometer lange Pipeline soll China eines Tages mit jährlich bis zu 50 Milliarden Kubikmetern Erdgas versorgen. Sie startet auf der Halbinsel Jamal und verläuft über die Mongolei bis nach Nordchina.
Von einem prognostizierten Mehrverbrauch von 200 Milliarden Kubikmeter Gas kommen also maximal 50 Milliarden über Siberia 2 aus Russland und weiter 10 Mrd. über die "Route Fernost".
Von prognostizieren Gesamtverbrauch von etwa 600 Mrd. cbm werden demnach maximal 100 Mrd. (38 Bestand + 10 + 50 Erweiterungen = 1/6) aus Russland kommen.
Aha.
2.2. Und woher kommt der Rest?
a) Eigenproduktion:
Chinas Eigenproduktion lag 2024 bei ungefähr 250 Mrd. Kubikmeter.(
Quelle)
Dazu kommen
umfangreiche neue Funde - in umstrittenen Gebieten, was nach chinesischer Praxis über kurz oder lang gemeinsame Nutzungsvereinbarungen mit den einzelnen Anliegern nach sich ziehen könnte.
b) andere Lieferanten (Importe):
Diese Importeure unterschlägst Du völlig - also ob sie nicht existent wären.
Die USA sind derzeit tatsächlich Chinas größter Erdgaslieferant. Einer der größten Erdgasdeals besteht zwischen dem chinesischen Unternehmen Sinopec und dem US-Unternehmen Natural Global LNG. Das Unternehmen wird China 20 Jahre lang jährlich 194 Milliarden Kubikfuß Erdgas liefern (lt.
Wikli).
Das US-LNG kann kurzfristig durch andere Lieferanten etwa vom Golf (Iran, Katar) ersetzt werden. Entsprechende LNG-Frachter werden vom Fließband aus den chinesischen Werften ausgespuckt.
Zitat:Im vergangenen Jahr (Anm.: 2023) lieferten im Vergleich dazu nach Zahlen im Statistical World Energy Review des Energy Institute Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan über drei Abschnitte der Pipeline China Zentralasien an die chinesische Westgrenze insgesamt 36,3 Milliarden Kubikmeter Gas, wovon 30,5 Milliarden auf Turkmenistan entfielen.
Seit Inbetriebnahme dieser Neuen Seidenstraße für Energie im Dezember 2009 entwickelte sich China zum größten Gaskunden von Turkmenistan und löste Russland ab.
Für die Diversifizierung der Gasbezüge Chinas spielt das zentralasiatische Land eine zentrale Rolle. Ein vierter Leitungsabschnitt befindet sich im Bau. Damit soll sich die Transportkapazität von 55 auf 85 Milliarden Kubikmeter Gas erhöhen.
(
Quelle)
Eine Pipeline nach Turkestan - ohne russisches Territorium zu queren - mit einer Kapazität von 30 Mrd. cbm ist also im Entstehen (
weitere Quelle S. 6). Und die lässt sich in den Iran verlängern.
3. Das alles führt zur Konsequenz:
Zitat:Gas und Öl kann China anderswo in ausreichenden Mengen auch günstig erhalten, regenerative Energien machen China zunehmend von fossilen Lieferanten unabhängig
- wie ich schrieb;
oder anders formuliert: 1/6 russischer Gasanteil an einem Gesamtenergiemix, in dem Gas etwa 15 % ausmacht, ist 1/6 von 15 % oder ausgerechnet 2,5 % ... daraus eine Abhängigkeit abzuleiten ist stark.
Und wenn Du mir nicht glaubst dann vielleicht einer
ergänzenden Publikation:
Zitat:Wie China Russland beim Gas auf Abstand hält
03. Juli 2024
China diversifiziert seine Gasimporte. Russland soll wichtiger Lieferant werden, aber nicht dominieren. Doch was ist Beijings eigentliche Strategie?
Am Beispiel Gas zeigt sich, dass China seine Importe vom nördlichen Nachbarn und Rohstoffreservoir austariert, um einen Schiffbruch wie Europa mit russischen Pipeline-Lieferungen zu vermeiden....