Erich schrieb:Was ist daran so schwierig zu verstehen?
So ziemlich alles, weil die Aussage ziemlicher Quatsch ist.
Erich schrieb:Wieviele Städte lassen sich mit diesem Potential vernichten?
Und wieviele Städte haben die potentiellen Gegner des Landes?
Das ist doch total oberflächlich.
Es beginnt damit, dass sich das israelische Nuklearpotential nicht stur auf strategisches Countervalue reduziert. Nach all dem was man in der dazu veröffentlichten Fachliteratur (Hersh, Cohen, Karpin, Landes, ua) lesen kann, ist das von niedrigerer Relevanz, war und ist nicht teil des Strategischen Denkens und würde im Falle des Falles so oder so wahrscheinlich garnicht umgesetzt werden.
Primäre Aufgabe des Israelischen Nuklearpotentials ist es vielmehr Kriege zu verhindern. Dementsprechend muss das - nicht erklärte - Bedrohungspotential glaubhaft sein. Sekundäre Aufgabe ist es ausgebrochene Kampfhandlungen möglichst ohne Einsatz zu beenden und tertiär der taktische Einsatz auf dem Gefechtsfeld. Die Idee das der sterbende Staat kurz vor seinem Untergang noch alles und jeden mitreißt ist zwar nett, politisch und militärisch aber schon sehr weit von der Realität entfernt.
Insofern ist die Frage wie viele Städte man denn mit achtzig zusammengeschrauben Sprengköpfen vernichten könnte, bzw. wie viele Städte man vernichten können müsste so akademisch wie lächerlich.
In reality dürfte das Israelische Nuklearpotential sehr vielschichtig sein. Nach meinen Vermutungen basierend auf der existierenden Fachliteratur wie man zumindest das technische Potantial für eine ganze Reihe verschiedenartiger Nuklearwaffen haben. Ich denke aber auch, dass man nur sehr, sehr wenige Gefechtsköpfe überhaupt zusammengeschraubt und einsatzklar gemacht hat. Wahrscheinlich weniger als wir heute vermuten. Die Idee das da irgendwo in Dimona, Palmachin oder Sdot Micha dutzende Neutronenbomben und Thermonukleare Gefechtsköpfe rumstehen und man in all den Jahrzehnten nicht ein Bild davonaus einer Wehrpflichtigenarmee zusehen bekommen hat ist einfach lächerlich. Ich denke nicht mal das in Friedenszeiten die existierenden Jerichos (wo mittlerweile eh die Frage ist ob die Jericho II so noch aktiv sind) durchwegs nuklear bestückt sind. Man wird eine Handvoll Gefechtsköpfe für den absoluten Notfall vorhalten und den großen Rest in Einzelteilen eingelagert haben.
Aber wie dem auch sei, springender Punkt ist, dass von deinen Achtzig Atomsprengköpfen – sofern sie denn existieren – ein großer Teil nichtstrategischer Natur sein wird. Das werden in der Masse relativ unspektakuläre Fissionswaffen im niedrigen (wmgl einstelligen) Kilotonnenbereich sein die für den Einsatz auf dem Golan oder im Sinai gedacht sind. Mehrphasen Fusionswaffen oder geboostete Fissionswaffen – also strategische Waffen zur Vernichtung urbaner Strukturen – werden kaum existieren. Da sind eher noch Neutronenbomben oder reine Fussionsbomben denkbar.
Insofern, um deine Fragestellung aufzugreifen, wie viele 10kT Bomben braucht es um Teheran einzuäschern? Wahrscheinlich drei oder vier wenn man nach den Studien geht die es dazu tatsächlich gibt. Hochgerechnet auch nur auf den Iran nähern wir uns da sehr schnell den Grenzen des Israelischen Arsenals.
Was aber schon wieder sehr affig ist da wir auf die Trägersysteme schauen müssen, nicht auf die Gefechtsköpfe. Hier liegen die eigentlichen Grenzen des israelischen Nuklearpotentials. Ein letzter Schlag gegen gegnerische Bevölkerungszentren würde ganz am Ende eines verlorenen Krieges stehen. Wenn, wie gesagt, es überhaupt noch so einen Angriff geben wird, was aus diversen politischen, gesellschaftlichen und religiösen Gründen unwahrscheinlich ist.
In jedem Falle würde ein verlorener Krieg die verfügbaren Trägersysteme deutlich einschränken. Die Israelische Luftwaffe hätte dann wahrscheinlich kaum noch das Potential die Atombomben mit Flugzeugen zu verbringen. Man müsste auf die vorhandenen Ballistischen Raketen (Jericho IIb, Jericho III) zurückgreifen. Davon gabs nach allen was wir wissen und auf Satellitenbildern nachprüfen können kaum mehr als fünfzig, wenn überhaupt. In einem verlorenen Krieg wäre diese Zahl dann wohl eh schon deutlich zurückgegangen. Fünfzig Raketen hört sich nach ner Menge an, aber wir müssten Wartungsintervalle, Verluste und Ausfälle (Starts von Shavit Raketen gingen mehrfach schief) mit einberechnen. Wahrscheinlich würde man jedes Ziel mit zwei Raketen angreifen und damit wären wir in reality wohl schon unter zwanzig Städten die bestenfalls zwei Gefechtsköpfe abbekommen würden. Das reicht für einen Staat aber nicht für die arabische Welt.
In diesem Zusammenhang erkennt man dann vielleicht auch mal, welche strategische Relevanz die vier deutschen U-Boote der israelischen Marine haben. Im Kriegsfall wird man wenigstens zwei auf See bringen die nocheinmal das Potential haben zehn oder zwanzig Ziele anzugreifen.
Wir sehen bei diesen Ganzen Überlegungen das uns die Zahl der verfügbaren Sprengköpfe allein rein garnichts nützt.
Erich schrieb:Sprich: mit diesem Potential besteht kein "Gleichgewicht des Schreckens" mehr, sondern Israel könnte die ganze Region mit entsprechenden Drohungen dominieren.
Jub, genau das ist die Idee hinter der israelischen Bombe. Der nächste Holocaust soll keine einseitige Angelegenheit werden. Sorry.
Die (militärische) Realität sieht dann wie erläutert freilich noch etwas anders aus.