Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH/ICC)
#16
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/strafgerichtshof-ermittlungen-palaestinensergebiet-101.html">http://www.tagesschau.de/ausland/strafg ... t-101.html</a><!-- m -->
Zitat:Prüfung am IStGH in Den Haag
Vorermittlungen wegen Gazakrieg

Stand: 16.01.2015 21:01 Uhr Am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) werden Vorermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen in den Palästinensischen Autonomiegebieten aufgenommen. Chefanklägerin Fatou Bensouda sicherte zu, die vorläufige Prüfung unabhängig und unparteiisch zu führen.

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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/nahostkonflikt-israel-boykott-strafgerichtshof">http://www.zeit.de/politik/ausland/2015 ... erichtshof</a><!-- m -->
Zitat:Israel ruft zum Boykott des Internationales Strafgerichtshofs auf

Der israelische Außenminister Lieberman hat Deutschland und andere Länder aufgefordert, ihre Zahlungen an den ICC einzustellen. Künftig könnten Palästinenser dort klagen.

18. Januar 2015 16:48 Uhr ...
wie wäre es damit, die Zahlungen an die israelische Regierung einzustellen?
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#17
Zitat:Den Haag: Russland verlässt Internationalen Strafgerichtshof

Die russische Regierung widerruft ihre Zustimmung zum Strafgerichtshof. Grund für die Entscheidung könnte eine Einschätzung des Gerichts zum Ukraine-Konflikt sein. [...]

Das russische Außenministerium teilte mit, Präsident Wladimir Putin habe den Rückzug der Unterschrift unter dem Statut angewiesen. Demnach habe der Präsident den Vorschlag des russischen Justizministeriums angenommen. Die Anweisung tritt mit der Unterschrift Putins in Kraft.

Begründet wird der Schritt der russischen Regierung mit einer angeblichen Ineffizienz und Einseitigkeit des Gerichtshofs. In den 14 Jahren habe es nur vier Urteile gegeben, es seien aber Milliarden Dollar dafür ausgegeben worden, teilte das Außenministerium mit. [...]

Es wies zudem darauf hin, dass auch Staaten der Afrikanischen Union ihre Unterschrift unter dem Statut zurückgezogen hätten. Gambia beispielsweise werfe dem Strafgerichtshof "die Verfolgung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe vor". Auch Burundi und Südafrika haben ihr Unterschrift unter dem Statut zurückgezogen.

Grund für die russische Entscheidung könnte aber auch die jüngste Einschätzung des Strafgerichtshofs zum Ukraine-Konflikt sein. Am Montag hatte die ICC-Chefanklägerin erklärt, die russische Besetzung der Halbinsel Krim und die Kämpfe in der Ostukraine seit 2014 deuteten auf einen bewaffneten internationalen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hin. Trotz vieler Hinweise auf die Präsenz russischer Soldaten dementiert Moskau aber ein militärisches Eingreifen in der Ostukraine.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-...chtshof-ab

Rein aus polittaktischem Kalkül heraus betrachtet, kann man die Entscheidung (aus russischer Sicht) nachvollziehen, rein im Sinne der Menschenrechte ist es jedoch kein gutes Zeichen, wenn sich ein derart gewichtiges Land wie Russland aus dem Gremium zurückzieht.

Ob das allerdings an den Einschätzungen zur Krim/Ukraine oder zu Ossetien alleine liegt (oder gar an einer Ineffizienz) - vor allem, da hier noch keine direkten, belastbaren Urteile gefällt sind -, wage ich indessen anzuzweifeln. Ich vermute mal eher, in Moskau will man sich keinerlei Risiko aussetzen, auch und gerade was den Syrienkonflikt betrifft. Man weiß im Kreml doch zu gut, dass man dort einen rigorosen, willkürlichen Bombenkrieg führt und dass man wahllos auch Zivilisten oder Krankenhäuser trifft und zudem ein diktatorisches Regime (zumindest indirekt) bei seinen Verbrechen unterstützt. Um zu vermeiden, dass irgendwelche Aktivisten oder Anwälte irgendwann Russland deswegen medienwirksam auf die Anklagebank setzen, tritt man kurzerhand aus.

Ein Zyniker könnte sagen: Aber vermutlich ist es mit dieser Einstellung dann auch ganz gut, wenn man sich auf einer Ebene mit Burundi wissen kann. Sad

Schneemann.
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#18
(18.11.2016, 14:31)Schneemann schrieb: ...
Ein Zyniker könnte sagen: Aber vermutlich ist es mit dieser Einstellung dann auch ganz gut, wenn man sich auf einer Ebene mit Burundi wissen kann. Sad

Schneemann.

Nun ja, die USA begründeten ihre Ablehnung des Strafgerichtshofs ja mit der Sorge vor politischem Missbrauch.
Natürlich würden, sofern es gegen Russland ginge, nur Aluhutträger eine solche Möglichkeit in Betracht ziehen.
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#19
Der ICC wurde von vielen schon kritisiert, man denke auch nur an den Nahost-Konflikt. Und ja, zugegeben, er wirkt in gewisser Weise manchmal auch einseitig (dieser Vorwurf ist nicht ganz von der Hand zu weisen). Zumindest ist es ja auch relativ unwahrscheinlich, dass sich je ein westlicher Regierungschef oder auch ein russischer oder chinesischer Staatschef vor diesem Gremium wegen Menschenrechtsverletzungen wird verantworten müssen.

Aber man schaue sich dennoch an, wer das Abkommen zum ICC von Anfang an nicht unterzeichnet hat oder es jetzt ablehnt (und zumeist kommt die Kritik auch von dort): Neben Weißrussland findet man bspw. Saudi-Arabien, China, Libyen, Pakistan, Nordkorea, das zerfallene Somalia oder meistens halbdiktatorische Staaten in Afrika in dieser illustren Runde. Staaten also, in denen Menschenrechte keinen guten Stand haben. Oder andersherum: Wenn ich "diese" Länder "wäre", würde ich so einem Gremium auch nicht beitreten. Man dreht sich ja quasi sonst selbst den Strick. Das heißt aber noch lange nicht, dass deswegen das Gremium keine Berechtigung hätte. Nein, vielmehr lehnen die es ab, die es am meisten fürchten müssten.
Zitat:Nun ja, die USA begründeten ihre Ablehnung des Strafgerichtshofs ja mit der Sorge vor politischem Missbrauch.
Da wären wir beim nächsten Punkt. Die USA hätten abgrenzen müssen, was sie unter dem Missbrauch verstehen - nämlich die unbegründeten Vorwürfe von Diktaturen, die sich an den USA, die sie aus guten Gründen nicht mögen, juristisch abarbeiten wollen - und nicht nur alleine einfach eine ablehnende Haltung signalisieren sollen. Genau genommen: Das Risiko des Missbrauchs besteht (wie auch gegenüber Israel [das übrigens seine Unterschrift ebenso zurückgezogen hat]) durchaus. Die Tendenz, die USA für alles und jeden Zwischenfall weltweit irgendwie verantwortlich zu machen, ist ja durchaus da - und verbreitet sich obweilen auch rasend -, egal ob an der Sache überhaupt was dran ist oder nicht. Und hier wollte man einen Riegel vorschieben, was aber natürlich einen schalen Beigeschmack hinterlassen hat, weil man sich auch nicht dem allerkleinsten Risiko aussetzen wollte. (Anbei: Mit einigen guten Juristen hätte man eh von den 10% aller Anklagen, die überhaupt durchgekommen bzw. zugelassen worden wären, nochmals 95% als unbegründet kippen können.)

Dieses Restrisiko hätte man aber, als selbstbewusste Demokratie, eingehen müssen. Ansonsten kann es i. d. T. passieren, dass selbst die drittklassigsten Autokraten und Verbrecher sich (oftmals) herauswinden können mit dem Hinweis, dass ja die Führungsnation der freien Welt ebenso nicht mit im Boot ist. Und genau das Problem haben wir aktuell. Und Russland - als halbautokratischer Staat - nutzt diese Gunst der Stunde nun, um sich vorsorglich aus jeder Verantwortung herauszuziehen. Auch weil man wohl im Kreml weiß, dass aktuelle Aktionen (s. Ukraine, Syrien) beim ICC zum Problem werden könnten...

Schneemann.
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#20
Dieser internationale Strafgerichtshof kann doch nie wirklich funktionieren. Ein paar Milizenführer und Staatschefs von Zwergländern kann man vielleicht Anzeigen und dingfest machen. Aber man stelle sich vor die Oberhäupter großer westlicher Staaten würden angeklagt. Wer soll die verhaften?
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#21
Er wird so genau genommen nicht wirklich richtig funktionieren. Bzw. er wird schon funktionieren, aber eben immer wieder kritisiert werden dafür - man frage allerdings, durch wen dies geschieht -, dass die Staatschefs großer Staaten sehr wahrscheinlich dort nie angeklagt werden. Indessen jedoch ist das besser als gar keine Strafe, selbst wenn es nur die Verantwortlichen kleinerer Staaten trifft.

Nur weil ich Putin die Ukraine-Invasion oder Bush jr. den Irakkrieg "nur" alleine kritisch vorhalte - beide Sachverhalte werden sehr wahrscheinlich nie Gegenstand eines Verfahrens werden -, sollte das ja nicht automatisch heißen, dass ich deswegen auch alle anderen Staatschefs - besser: Verantwortungstragende - mit irgendwelchen Verstößen gegen internationales Recht oder die Menschenrechte laufen lassen soll, auch wenn ich ihrer habhaft werden könnte.

Insofern: Perfekt ausbalanciert ist der Gerichtshof sicherlich nicht, ja er ist in gewisser Weise unzulänglich hinsichtlich seiner "Reichweite", aber er ist ein Ansatz, um wenigstens einiger Täter habhaft werden zu können.

Schneemann.
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#22
(18.12.2016, 13:07)Schneemann schrieb: Er wird so genau genommen nicht wirklich richtig funktionieren. Bzw. er wird schon funktionieren, aber eben immer wieder kritisiert werden dafür - man frage allerdings, durch wen dies geschieht -, dass die Staatschefs großer Staaten sehr wahrscheinlich dort nie angeklagt werden. Indessen jedoch ist das besser als gar keine Strafe, selbst wenn es nur die Verantwortlichen kleinerer Staaten trifft.

Nur weil ich Putin die Ukraine-Invasion oder Bush jr. den Irakkrieg "nur" alleine kritisch vorhalte - beide Sachverhalte werden sehr wahrscheinlich nie Gegenstand eines Verfahrens werden -, sollte das ja nicht automatisch heißen, dass ich deswegen auch alle anderen Staatschefs - besser: Verantwortungstragende - mit irgendwelchen Verstößen gegen internationales Recht oder die Menschenrechte laufen lassen soll, auch wenn ich ihrer habhaft werden könnte.

Insofern: Perfekt ausbalanciert ist der Gerichtshof sicherlich nicht, ja er ist in gewisser Weise unzulänglich hinsichtlich seiner "Reichweite", aber er ist ein Ansatz, um wenigstens einiger Täter habhaft werden zu können.

Schneemann.

Alleine diese Verfahren https://de.wikipedia.org/wiki/Vojislav_Š...Freispruch zeigt schon dievöllige Inkompetenz der Institution.
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#23
(17.03.2023, 17:37)Schneemann schrieb: Es ist zwar nach gegenwärtigem Stand - relativ - unwahrscheinlich, dass Putin sich jemals vor Gericht verantworten wird müssen, aber dennoch nicht ganz auszuschließen. Vermutlich wird er vorher an seiner kolportierten Erkrankung oder am fortgeschrittenen Alter sterben. Aber sollte es zu einem Umsturz in Moskau kommen (je nachdem, wie der Krieg weiter verläuft und wie die "Heimatfront" sich verhält), und sollten dann Kräfte ans Ruder kommen, die ihm feindselig gesonnen sind, dann könnte vielleicht (und wenn sie ihn nicht erschießen oder er sonstwie "verunfallt") sogar irgendwann doch eine Auslieferung erfolgen nach dem Schema Milošević...
https://edition.cnn.com/europe/live-news...7144d61dd2

Schneemann

Falls ein US-Staatsbürger von diesem Gericht verhaftet werden sollte dann besteht in den USA die gesetzliche Grundlage dafür dass dieser Staatsbürger durch einen Militäreinsatz wieder befreit werden könnte. Zu vermuten ist dass dieses Gesetz wohl nun von Rußland kopiert wird.
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#24
Was hier allerdings nicht relevant sein dürfte, denn der Umstand, dass ein irrlichternder Diktator sich mithilfe eines hochgradig korrupten Systems über mehr als 20 Jahre an der Macht hält und dann im Kontext eines innenpolitischen Umsturzes durch seine Feinde gestürzt oder ausgeliefert wird, ist für die USA ungefähr so wahrscheinlich, wie dass die Aufzucht einer Ananasplantage in Nordgrönland ein Erfolgserlebnis sein wird.

Schneemann
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#25
(17.03.2023, 21:35)Schneemann schrieb: Was hier allerdings nicht relevant sein dürfte, denn der Umstand, dass ein irrlichternder Diktator sich mithilfe eines hochgradig korrupten Systems über mehr als 20 Jahre an der Macht hält und dann im Kontext eines innenpolitischen Umsturzes durch seine Feinde gestürzt oder ausgeliefert wird, ist für die USA ungefähr so wahrscheinlich, wie dass die Aufzucht einer Ananasplantage in Nordgrönland ein Erfolgserlebnis sein wird.

Schneemann

In den USA ging es auch eher darum Angehörige des Militärs vor möglichen Untersuchungen des Gerichts zu schützen.
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#26
Zitat:In den USA ging es auch eher darum Angehörige des Militärs vor möglichen Untersuchungen des Gerichts zu schützen.
Was im Kontext der Anklageerhebung gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt ebenso irrelevant ist.

Schneemann
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#27
(17.03.2023, 22:50)Schneemann schrieb: Was im Kontext der Anklageerhebung gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt ebenso irrelevant ist.

Schneemann

Theoretisch ja aber in der Praxis hat das Gericht sich nur weiter delegitimiert. Von vielen wichtigen Staaten ist es bisher sowieso nicht anerkannt wurden und durch den Haftbefehl wird nun folgendes passieren. Viele Staaten die ratifiziert haben weil dies bisher keinerlei Auswirkungen auf sie hatte werden nun genau überlegen ob eine Mitgliedschaft noch lohnenswert ist oder ihnen eher schadet, denn sie müsste Putin verhaften falls er in so einem Staat einen Staatsbesuch machen würde. Sehr wahrscheinlich ist also dass weitere Staaten aus diesem Projekt ausscheren, da der Nutzen den zukünftigen wirtschaftlichen Schaden kaum überwiesen dürfte.
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#28
Ich habe die Beiträge mal verschoben, da wir sonst zu sehr vom Thema abkommen.

@lime
Zitat:Theoretisch ja aber in der Praxis hat das Gericht sich nur weiter delegitimiert.
Nein, nicht das Gericht delegitimiert sich selbst, sondern es sind fast immer Politiker in Staaten, die aus oftmals nationalistischen oder populistischen Momenten heraus diese Delegitimierung herbeiführen oder zumindest gerne herbeiführen wollen.
Zitat:Von vielen wichtigen Staaten ist es bisher sowieso nicht anerkannt wurden
Grob zwei Drittel aller Staaten dieses Planeten haben sich eingebracht, darunter ganz Europa. Der Rest hat meistens zwar unterzeichnet, ihn aber bisher nicht ratifiziert.
Zitat:Viele Staaten die ratifiziert haben weil dies bisher keinerlei Auswirkungen auf sie hatte werden nun genau überlegen ob eine Mitgliedschaft noch lohnenswert ist oder ihnen eher schadet, denn sie müsste Putin verhaften falls er in so einem Staat einen Staatsbesuch machen würde. Sehr wahrscheinlich ist also dass weitere Staaten aus diesem Projekt ausscheren, da der Nutzen den zukünftigen wirtschaftlichen Schaden kaum überwiesen dürfte.
Das kann man so sehen. Bleibt aber die Frage, wo diese Staaten eher wirtschaftliche Vorteile oder entsprechende negative Folgen sehen? Und ob man es sich mit den wirtschaftlich stärksten Staaten der Erde verscherzt, nur weil man auf das wirtschaftlich ungemein schwächere Russland Rücksicht zu nehmen gedenkt, bleibt dahingestellt.

Schneemann
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#29
Zitat:Das kann man so sehen. Bleibt aber die Frage, wo diese Staaten eher wirtschaftliche Vorteile oder entsprechende negative Folgen sehen? Und ob man es sich mit den wirtschaftlich stärksten Staaten der Erde verscherzt, nur weil man auf das wirtschaftlich ungemein schwächere Russland Rücksicht zu nehmen gedenkt, bleibt dahingestellt
Du siehst das zu eng, Indien zum Beispiel wird niemals diesen Weg eingehen. Im Falle eines Konfliktes mit Pakistan zB gehen sie das Risiko ein einmal selber Probleme zu bekommen. Denkst Du das Putin verhaftet werden würde, wenn er zum G20 Gipfel in Indien anreist ??
Für den IGH ein Schuss in den Ofen.
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#30
(18.03.2023, 14:37)voyageur schrieb: Du siehst das zu eng, Indien zum Beispiel wird niemals diesen Weg eingehen. Im Falle eines Konfliktes mit Pakistan zB gehen sie das Risiko ein einmal selber Probleme zu bekommen. Denkst Du das Putin verhaftet werden würde, wenn er zum G20 Gipfel in Indien anreist ??
Für den IGH ein Schuss in den Ofen.

Indien ist doch gar kein Vertragsstaat des Gerichtes. Aber Putin könnte ja auch mal in einen Staat einreisen in dem er dann eigentlich verhaftet werden müsste.
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