Sechster Nahostkrieg
Zitat:Bezüglich des obigen Satzes stellt sich für mich aber die Frage, ob man daraus ableiten können soll, dass die israelische Armee diese nicht hätte?

Persönlich kann ich nicht über die Ethik von Tsahal urteilen, und die Tsahal Aktionen werden direkt von den Anweisungen der israelischen Regierung gesteuert. Urteile auf Basis von Videoclips, gefilmt von Tsahal oder Hamas, zu fällen, ist mir zu abenteuerlich.
Zitat:Und dadurch, dass die IDF aktuell die Hamas systematisch zerschlägt und die Terrorbasen vernichtet, sichert sie dem Vaterland durchaus den Frieden.
Kurzfristig ja, mittel-und langfristig nein.

Zitat:Andererseits kann man aber fragen, welche Alternativen nach dem 7. Oktober es hinsichtlich des Umganges mit der Hamas noch gegeben hätte?

Vor dem 7.10 nicht die 23 Bataillone von Gaza in die Cisjordanie zu versetzen.
Nach dem 7.10.. Es wurde viel über den Vorschlag von Macron "eine internationale Koalition zu bilden" gelästert. Es mindestens zu versuchen, wäre eine mögliche Alternative gewesen.
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Die Idee von Macron ist edel. Aber in der praktischen Realität haben internationale Koalitionen sowohl im Irak wie auch in Afghanistan wie auch andernorten im Kampf gegen durchaus vergleichbare Feinde nur versagt. Viele Köche verderben den Brei und gerade die westlichen TM Armeen halte ich sogar für ungeeignet in einem Gelände wie dem Gazastreifen gegen einen Feind wie die Hamas zu kämpfen.

Von daher eine Idee über die ich nicht lästere, weil sie von Idealismus und Humanismus zeugt, aber beide genannten Werte können sich meiner Meinung nach gegenüber einem Feind wie der Hamas nicht militärisch real durchsetzen.

Im übrigen geht die israelische Armee meiner Ansicht nach ziemlich zurückhaltend vor. Da wäre ganz anderes möglich, und sogar rein militärisch sinnvoll. Die kämpfen selbst jetzt noch mit ziemlichen Einschränkungen und größtenteils sogar immer noch im Rahmen der aktuellen westlichen TM ritualisierten Kriegsführung. Das Problem ist glaube ich, dass man im Westen nicht mehr versteht, was Krieg ist, was seine Natur ist und dass man deswegen versucht ihn Regeln, Ordnung und Vorschriften zu unterwerfen um das Verbrechen dass er immer darstellt zu mindern. Dieser Versuch einer Minderung des Verbrechens läuft aber völlig konträr zur Natur des Krieges und seinem im eigenen Streben als Entinität. Aus diesem Paradoxon heraus - welches man sich nur leisten kann aufgrund der immensen technologischen, wirtschafltichen und finanziellen Überlegenheit heraus - entsteht die westliche ritualisierte Kriegsführung, welche aber die eigene Kampfkraft drastisch schwächt.

Wie bekämpft man also mit ritualisierter Kriegsführung einen Feind, der gleich von Beginn an nur die totale Kriegsführung anwendet ? Wie will man mit Ehre gegen einen Feind antreten der keinerlei Ehre hat. Die sich daraus ergebende Differenz ist halt nicht nach belieben durch Geld und Technologie kompensierbar. Krieg ist organisierter Massenmord an größtenteils Unschuldigen um anderen Menschen durch Mord und die Androhung weiteren Mordes seinen Willen aufzuzwingen. Diesem Fakt verweigern wir uns gedanklich und kulturell.
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(14.11.2023, 17:24)Quintus Fabius schrieb: Die Idee von Macron ist edel. Aber in der praktischen Realität haben internationale Koalitionen sowohl im Irak wie auch in Afghanistan wie auch andernorten im Kampf gegen durchaus vergleichbare Feinde nur versagt. Viele Köche verderben den Brei und gerade die westlichen TM Armeen halte ich sogar für ungeeignet in einem Gelände wie dem Gazastreifen gegen einen Feind wie die Hamas zu kämpfen.

Überall wo diese Koalitionen aktiv waren sind Islamismus und andere autoritäre Ideen stark angewachsen. Diese Einsätze sind also eigentlich immer völlig kontraproduktiv.
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Zitat:Die Idee von Macron ist edel. Aber in der praktischen Realität haben internationale Koalitionen sowohl im Irak wie auch in Afghanistan wie auch andernorten im Kampf gegen durchaus vergleichbare Feinde nur versagt. Viele Köche verderben den Brei und gerade die westlichen TM Armeen halte ich sogar für ungeeignet in einem Gelände wie dem Gazastreifen gegen einen Feind wie die Hamas zu kämpfen.
Die AntiDaesh Koalition funktioniert(e) doch gar nicht so schlecht, eine Koalition mit arabischen Armeen


Zitat:Wie bekämpft man also mit ritualisierter Kriegsführung einen Feind, der gleich von Beginn an nur die totale Kriegsführung anwendet ?

Es geht ja gar nicht um ritualisierte Kriegsführung. Ich bin ein überzeugter Anhänger, des Leitsatzes "wo gehobelt wird, fallen Späne". Bloss am Ende mus ein Ergebnis stehen, und bei der jetzigen Vorgehensweise, hat Israel am Ende (vielleicht) Militärisch gewonnen, steht aber diplomatisch alleine da, hat westliche Unterstützerstaaten verloren, und alle arabischen Nachbarn gegen sich.
Tsahal wird dann Gaza allein besetzen und verwalten müssen, zB eine Choleraepidemie ist doch sehr wahrscheinlich, etc etc
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(14.11.2023, 17:58)voyageur schrieb: Die AntiDaesh Koalition funktioniert(e) doch gar nicht so schlecht, eine Koalition mit arabischen Armeen
Case in Point
https://images.app.goo.gl/eGQYxNMxJs7y4Pbs8

Zitat:Es geht ja gar nicht um ritualisierte Kriegsführung. Ich bin ein überzeugter Anhänger, des Leitsatzes "wo gehobelt wird, fallen Späne". Bloss am Ende mus ein Ergebnis stehen, und bei der jetzigen Vorgehensweise, hat Israel am Ende (vielleicht) Militärisch gewonnen, steht aber diplomatisch alleine da, hat westliche Unterstützerstaaten verloren, und alle arabischen Nachbarn gegen sich.
Tsahal wird dann Gaza allein besetzen und verwalten müssen, zB eine Choleraepidemie ist doch sehr wahrscheinlich, etc etc
Mal davon abgesehen, dass man nicht alleine dastehen wird - was hat denn all der diplomatische Beistand gebracht? Die Hamas konnte sich - mit gehörig Druck der so toll diplomatisch Beistehenden - hochrüsten, das militärische Potential erreichte nicht zuletzt unter den wohlwollenden Augen von UNIFIL ganz neue Dimensionen und der Iran steht unmittelbar vor der Atombombe. Israel wäre vielleicht gut beraten, in Sicherheitspolitischen Entscheidungen deutlich weniger auf die Befindlichkeiten irgendwelcher Unterstützerstaaten zu achten.
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voyageur:

Zitat:Die AntiDaesh Koalition funktioniert(e) doch gar nicht so schlecht, eine Koalition mit arabischen Armeen

Vor allem aber deshalb, weil sie sich was die westlichen Partner anging vor allem auf Luftangriffe zur Unterstützung der jeweiligen nationalen Armeen im Staatsgebiet ihrer jeweiligen Nationen konzentrierte. Dazu noch ein wenig Spezialeinheiten und weitreichende Raketenartillerie.

Von daher stellt sich mir die Frage, wie man die Erfahrungen dieser Koalition auf den Gaza-Streifen übertragen will?! Sollen wir die Israelis also mit Luftangriffen unterstützen ?!

Den Haupterfolg in Syrien erzielten die syrischen Regierungstruppen am Boden, mit Hilfe der Russen. Im Irak waren es die irakischen Streitkräfte mit Hilfe der USA.

Meiner Ansicht nach lässt sich daher der Erfolg der Anti-Daesh Koalition nicht auf den Gaza Streifen übertragen, sie eignet sich meiner Meinung nach daher nicht als Vorbild / Präzedenzfall. Das wäre allenfalls dann gegeben, wenn eine arabische Nation im Gazastreifen einmarschiert (Ägypten) und dann vom Westen mit Luftangriffen unterstützt wird. Aber das ist natürlich ein rein theoretisches Konstrukt. Ägypten wird weder je in den Gazastreifen einmarschieren noch zusammen mit dem Westen gegen die Hamas operieren.

Zitat:am Ende mus ein Ergebnis stehen, und bei der jetzigen Vorgehensweise, hat Israel am Ende (vielleicht) Militärisch gewonnen, steht aber diplomatisch alleine da, hat westliche Unterstützerstaaten verloren, und alle arabischen Nachbarn gegen sich. Tsahal wird dann Gaza allein besetzen und verwalten müssen, zB eine Choleraepidemie ist doch sehr wahrscheinlich, etc etc

Da hast du schon recht, aber so ist das nunmal. Der politisch-strategische Effekt des Angriffs der Hamas ist halt einfach immens. Da wird in keinem Fall irgend etwas Gutes bei raus kommen - in jedem Fall wird danach alles schlechter sein als davor.

Am wesentlichsten ist für Israel jetzt eigentlich, die Abschreckung wieder herzustellen bzw. die Abschreckung so massiv zu gestalten, dass dies weitere, erheblichere Angriffe verhindert. Allein deshalb schon hat Israel überhaupt keine andere Wahl.
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Zitat:Meiner Ansicht nach lässt sich daher der Erfolg der Anti-Daesh Koalition nicht auf den Gaza Streifen übertragen, sie eignet sich meiner Meinung nach daher nicht als Vorbild / Präzedenzfall. Das wäre allenfalls dann gegeben, wenn eine arabische Nation im Gazastreifen einmarschiert (Ägypten) und dann vom Westen mit Luftangriffen unterstützt wird. Aber das ist natürlich ein rein theoretisches Konstrukt. Ägypten wird weder je in den Gazastreifen einmarschieren noch zusammen mit dem Westen gegen die Hamas operieren.
Erinnere dich mal an deinen Vorschlag vor X Seiten Israel räumt die Cisjordanie, stimmt einer 2 Staatenlösung zu,
und dann zusätzlich
- vorausgesetzt das arabische Staaten die Hamas entwaffnen, mit Unterstützung westlicher Staaten .!!!!


Zitat:Am wesentlichsten ist für Israel jetzt eigentlich, die Abschreckung wieder herzustellen bzw. die Abschreckung so massiv zu gestalten, dass dies weitere, erheblichere Angriffe verhindert. Allein deshalb schon hat Israel überhaupt keine andere Wahl.

Das wird mittel-und langfristig nicht klappen. Und selbst kurzfristig nicht, falls die israelischen Kolonisten, weiter die Palästinenser in Cisjordanie angreifen. Und das wird so kommen, Netanyahou braucht die Ultrareligiösen um an der Macht zu bleiben. Und die Region wird brennen.
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Die arabischen Anrainer werden sich nach dem Krieg genau so viel für die Palästinenser interessieren wie vor dem 7. Oktober. Niemand hat dort Lust irgendetwas anzuzünden.
Iran und Hisbollah sind ein Problem das unabhängig von dem was in Gaza oder dem Westjordanland geschieht oder nicht geschieht existiert und über kurz oder lang zu einem noch größeren und brutaleren Waffengang führen wird.
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voyageur:

[quote]Erinnere dich mal an deinen Vorschlag vor X Seiten Israel räumt die Cisjordanie, stimmt einer 2 Staatenlösung zu, und dann zusätzlich - vorausgesetzt das arabische Staaten die Hamas entwaffnen, mit Unterstützung westlicher Staaten

Mein konkreter Vorschlag war aber der, dass Israel den Gazastreifen dazu allein freikämpft und räumt. Die Hamas wird von Israel vernichtet, dem folgend wird danach eine Zwei-Staaten-Lösung unter weitgehender (räumlicher) Aufgabe der Siedlungen im Westjordanland angestrebt. Die größeren Siedlungen in der Nähe von Ostjerusalem und dieses selbst verbleiben bei Israel, aber der Rest muss weg. Und dann trennt man sich.

Eine internationale Koalition müsste daher vor allem auf das Danach einwirken, die Vernichtung der Hamas Davor muss aber allein Israel überlassen werden.

1. Israel vernichtet die Hamas in Gaza so weitgehend wie möglich.

2. Gaza wird von Israel besetzt.

3. Eine Internationale Koalition sorgt dafür dass das Westjordanland größtenteils von Siedlungen und Außenposten geräumt wird. Wenn die großen Siedlungsblöcke unmittelbar an der Grenze an Israel fallen, sind das zudem gar nicht so viele Siedler wie man immer annnimmt. Der Gros davon lebt in einigen wenigen Siedlungen.

4. Ein Staat Palästina wird international anerkannt.

Nun werden pro-israelische Nutzer natürlich anmerken, dass dies alles gar nicht geht, gegen Israel sei usw usf, aber in Wahrheit wäre mein Plan pro-israelisch und er würde langfristig gesehen Israel nützen.

Insbesondere in Bezug auf die israelischen Sicherheitsbedenken bezüglich eines Abzugs der Siedler:

https://www.jpost.com/opinion/article-755614

Allgemein:

Gibt übrigens eine israelisch-palästinensische Friedensinitiative welche einen meiner Meinung nach recht guten Plan für das Westjordanland hat:

https://geneva-accord.org/two-state-solution/

Und die Siedler stellen für Israel selbst mMn eine zunehmende Gefährdung dar. Wenn man diese Bewegung weiter so wuchern lässt wird inner-jüdischer Terorismus nur eine Frage der Zeit sein. Dann wird es Anschläge von Siedlern gegen Israel geben, und der Grund hierfür ist, dass hier und jetzt der Staat selbst wie auch insbesondere die Sicherheitskräfte die Siedler fortwährend decken und unterstützen.

https://www.deutschlandfunk.de/israelisc...t-100.html

https://www.n-tv.de/politik/Israelische-...05485.html

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/...t-100.html

Staaten dürfen sich nicht derart von solchen radikalen Minderheiten vorführen und vor sich hertreiben lassen. Die Zustände im Westjordanland sind nicht hinnehmbar, und sie sind auch nach internationalem Recht illegal. Israel soll sich gemäß dem angeführten Plan zu einer Aufteilung des Westjordanlandes einfach unilateral hinter sinnvolle Grenzen zurück ziehen und den Palästinensern welche halt nun inzwischen als Volk entstanden sind das Land dort überlassen. Das würde zumindest alles ändern und damit erzeugt man zumindest Chancen, während der Status Quo auch im Westjordanland zwingend nur in Völkermord endet und enden muss.
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Zitat:1. Israel vernichtet die Hamas in Gaza so weitgehend wie möglich.
2. Gaza wird von Israel besetzt.
und Tsahal schleppt Brutkästen in die Krankenhäuser, schickt Militärärzte und übernimmt eine weitere Verantwortung.
Zitat:3. Eine Internationale Koalition sorgt dafür dass das Westjordanland größtenteils von Siedlungen und Außenposten geräumt wird.

Lassen wir mal "größtenteils" beiseite, 2006 lies Ariel Sharon die israelischen Siedler per Hand aus dem Gazastreifen tragen. 2023 verteilt die israelische Regierung 10.000 Sturmgewehre an die Siedler!!!
Keine internationale Koalition wird die Drecksarbeit machen, das ist eine interne israelische Angelegenheit.
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Zitat:
Nun werden pro-israelische Nutzer natürlich anmerken, dass dies alles gar nicht geht, gegen Israel sei usw usf, aber in Wahrheit wäre mein Plan pro-israelisch und er würde langfristig gesehen Israel nützen.
Erkläre doch einfach wie du verhindern willst, dass in diesem Staat Palästina neue Terrorstrukturen entstehen. So bescheidend die Situation im Westjordanland aktuell sein mag, sie wäre ein Witz gegenüber dem was der Iran dort schon allein mit dem Geld anstellen könnte, das bislang an die Hamas ging.
Ein zweiter Libanon im Westjordanland nutzt genu niemanden und tatsächlich ist es die Israelische Präsenz dort, die einigermaßen den Denkel drauf und die Fatah an der Macht halten kann.
Sobald man dort weg ist kippt ein souveränes Palästina im Handumdrehen Richtung Hamastan 2.0.

Und ja: Natürlich geht das alles nicht, die Idee "eine internationale Koalition" könnte hunderttausende Juden aus dem Westjordanland entfernen ist halt nun mal vollkommen hanebüchen.

Zudem: Einmal mehr wäre es angebracht hier zwischen stinknormalen Bürgern, die auf der angeblichen falschen Seite einer Linie von Anno 1948 leben und einigen tausend Spinnern auf irgendwelchen Hügel weit jenseits der Siedlungsblöcke und Grenzanlagen zu differenzieren. Das die Kappeleien dort nicht schön sind und mehr getan werden müsste um diese zu unterbinden ist klar, man kommt der Lösung des Problems aber nicht näher, indem man völlig unterschiedliche Lebensrealitäten unter dem Etikett "Siedler" zu verwursten versucht.
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Der allergrößte Teil dieser hunderttausenden sitzt in ganz wenigen Siedlungen. Und wie ich es schon schrieb, würden diese im weiteren Israel zugeschlagen und als israelisches Staatsgebiet anerkannt. Die Zahl der zu entferndenden Siedler wäre daher sehr viel niederiger als du es hier implizierst. Zunächst mal ginge es um die wie du selbst schreibst ein paar tausend Spinner. Diese müssen weg, sie sind untragbar und stellen für Israel ein Problem dar.

Im übrigen würden die Siedler welche sich dort völkerrechtswidrig und selbst nach israelischem Recht illegal (durch höchste israelische Gerichte bereits festgestellt) aufhalten nicht durch die Koalition selbst entfernt werden, sondern diese dient lediglich dem Zweck Israel politisch dazu zu bringen dies selbst zu tun. Israel könnte nicht nach belieben eine große internationale Koalition diesbezüglich ignorieren, zumal zugleich Ostjerusalem und die größten Siedlungsblöcke dauerhaft als israelisches Staatsgebiet anerkannt werden.

Das eine solche internationale Koalition nicht zusammen kommen wird, weil in Wahrheit die Palästinenser allen vollkommen egal sind spielt dafür keine Rolle. Gäbe es seine solche Koalition und würde tatsächlich ein solcher Zusammenschluss von wesentlichen Staaten dies verlangen, so wäre es durchsetzbar.

Im weiteren ist hochgradig zu bezweifeln, dass die Hamas nach einem Abzug der Israelis aus dem Westjordanland dort alsbald die Macht ergreifen würde. Es sind exakt diese vorgeschobenen Sicherheitsbedenken, welche von Israel benutzt werden um eine politische Realität Judäa und Samaria zu schaffen, so langsam wie es halt nötig ist damit das Endergebnis nicht gefährdet wird.

Meiner Ansicht nach sieht es in Wahrheit genau umgekehrt aus: das Westjordanland entwickelt sich zur Zeit rasant in Hamastan 2.0. Die israelische Besatzung verhindert dies nicht, ganz im Gegenteil wird das Westjordanland in einigen Jahren so oder so kippen. Das Problem welches die Israelis dann haben wird dann aber noch sehr viel größer sein als es jetzt in Gaza ist, vor allem deshalb, weil die ganzen Siedlungen und Außenposten überall verstreut dazwischen liegen und nicht so zu sichern sind. Das Ergebnis werden nicht 1400 ermorderte Zivilisten sein, sondern zehntausende ermorderte jüdische Zivilisten und dem folgend dann der Genozid an den Palästinensern dort. Aber vielleicht ist das ja in Wahrheit die politische Strategie welche Israel verfolgt - und man will eine solche Entwicklung. Denn alles was da im Westjordanland veranstaltet wird deutet exakt darauf hin.

Das ist keine moralisch-ethische Wertung und soll auch nicht als solche verstanden werden. Es gibt ja in diesem Umfeld überhaupt keine Lösungen welche gut wären.

Aber im Prinzip gibt es in Bezug auf das Westjordanland 2 Möglichkeiten:

1. die Israelis bleiben dort, und alles geht dort so weiter wie bis jetzt auch - dann wird das Westjordanland in jedem Fall ein Hamastan 2.0 - die Fatah wird in wenigen Jahren schon die Macht verlieren und Terrorgruppen werden dort die Herrschaft an sich reißen.

2. Israel räumt das Gebiet auf eine sinnvolle Weise und sorgt unilateral dafür, dass dort ein Staat Palästina entsteht. Dem folgend wird das Westjordanland wahrscheinlich ein Hamastan 2.0, aber nicht wie in Fall 1 zu einunderprozent, nicht zwingend, Iran hin oder her, iranisches Geld hin oder her. Denn es gibt ja nicht nur die Iraner als Mitspieler hier und etliche arabische Staaten (Saudi-Arabien, VAE, Jordanien usw.) hätten ein hohes Interesse daran, dass ein neuer Staat Palästina nicht unter iranische Herrschaft fällt.

Bleiben die Israelis weiter wie bisher im Westjordanland, stürzt die Fatah in Kürze oder spätestens in wengen Jahren allein schon dadurch, dass sie allein von den Israelis an der Macht gehalten wurde, was das Volk dort nicht weiter tolerieren wird. Deine Idee über eine ausgerechnet von Israel gestützte Fatah die Palis im Westjordanland weiter niederzuhalten führt direkt zu einem vom Iran kontrollierten Hamastan und dies in jedem Fall, also absolut sicher und zwingend.

https://www.jpost.com/opinion/article-755614

Zitat:A 100-meter-long tunnel; six rocket launch attempts in three months; Palestinian Islamic Jihad (PIJ) leaders publicly thanking Iran for financial and armament support. This isn’t Gaza. It’s Jenin.

The upshot of the 2005 Disengagement from Gaza has become one of the most common arguments against a future Israeli withdrawal from the West Bank; we left Gaza and got rockets.

As a result many Israelis see evacuation of West Bank settlements – not to mention military withdrawal – as a drastic blow to Israeli security.

In response to this logic, the Israeli government is implementing the opposite of disengagement in the West Bank today. Current policies include expanding construction plans at a record pace, ignoring new illegal outposts, legalizing old illegal outposts, granting a civilian minister unprecedented power over the Civil Administration, regularly entering Palestinian population centers, and generally demonstrating full IDF and settler control of the area in every way that matters.

.........

However, as the Israeli government escalates settlement expansion and IDF activity in Palestinian cities, the territories east of the Green Line are instead becoming strongholds for Palestinian terror that threatens to surpass anything Gaza can produce.

The Palestinian Authority is losing legitimacy and control over security coordination in some of the major population centers. Hamas trounces Fatah in West Bank university student elections. A new armed group whose only unifying political platform is rejection of the Palestinian establishment and overwhelming desperation springs up in Nablus, lionized by the locals.

........

The Gazafication of the West Bank is not a theoretical threat to be used against any hint of settlement evacuation. It is the reality unfolding on the ground today. And yet, just like the rise of Hamas in the Gaza Strip, it is both predictable and preventable.

The latter, however, would require partnership with pragmatic Palestinian leadership and the political courage to not just freeze, but to reverse the territorial expansion of the settlement movement.


These trends are used by the Right as proof of the security need for continued, and even strengthened, Israeli presence. If we withdraw, the argument goes, Hamas will win over the entirety of the West Bank and anti-Israel chaos will ensue.
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Eine lediglich teilweise Aufgabe der Siedlungen im Westjordanland wäre natürlich einfach zu bewerkstelligen. Wobei das sehr relativ ist weil es illusorisch bleibt. Aktuell leben über 500.000 Israelis im Westjordanland, in Ostjerusalem noch einmal 200.000. Demgegenüber stehen über 3 Millionen Palästinenser, wobei die genau Zahl eine Thema für sich wäre. Selbst wenn 80% der israelischen Bevölkerung nach einer Teilung auf dann israelischem Staatsgebiet verbleiben könnten müssten noch immer weit über 100.000 Israelis vertrieben werden. Und das rechnet diejenigen garnicht mit ein, die in Gebieten leben, die im Zuge eines Landswaps den Palästinensern zugeschlagen werden. Zum Vergleich: Die Räumung des Gaza-Streifens 2005 betraf 8500 Personen.
Das ist einfach völliger Humbug. Keine Israelische Regierung, egal von rechts oder links kann über 100.000 Israelis zwangsumsiedeln. Von so klitzekleinen Hemmnissen wie das es dafür zwingend eine Volksbefragung geben müsste ganz abgesehen.

Was man machen könnte und IMO machen sollte seitens der Israelis wäre auch und gerade im Hinblick auf die eigenen Spinner feste Grenzen zu ziehen. Das heißt, dass das alberne Hügelbesetzen ein Ende hat und die Armee die Fanatiker aus ihren Wohncontainern in den palästinensischen Zonen zurück in die Siedlungsblöcke holt. Erreicht man hier eine Entflechtung der Konfliktparteien nimmt man gleich immens viel Druck aus dem Kessel.

Man muss aber – und darum geht es mir vor allen Dingen – von der fixen Idee wegkommen, dass irgendwelche finalen Grenzziehungen den Konflikt lösen würden. Es wird beidseitig (aber halt unendlich viel relevanter auf der palästinensischen Seite) immer mehr als genug Radikale geben die sich nicht mit der Existenz des anderen nicht abfinden können. Selbst dann nicht, wenn Israel den Palästinensern hundert Prozent des Westjordanlandes plus Ostjerusalem plus einen Korridor nach Gaza gibt. Das Kernproblem dieses Konflikts sind schließlich nicht irgendwelche wertlosen Hügel im judäischen Hochland sondern die Existenz eines jüdischen Staates an sich. Und daran wird auch ein souveräner Staat Palästina im judäischen Kernland nichts ändern.

Wo ich dir deutlich widerspreche ist die These, dass die Sicherheitsbedenken der Israelis bezüglich der Westbank nur vorgeschoben sein. Sehr wahrscheinlich wird es nicht die Hamas im engeren Sinne sein die sich ohne israelische Präsenz in einer Welt nach dem Gazakrieg dort ausbreiten wird. Wahrscheinlich wäre es der Islamische Jihad, im jeden Fall aber eine Truppe die noch viel besser mit Iran und Hezbollah kann. Aber der Punkt ist, du kannst dich hier nicht hinstellen und immensen Bemühungen der israelischen Sicherheitskräfte negieren, die die Westbank immer noch so stabil halten wie sie momentan ist. Ja, sie ist instabiler als vielleicht vor Jahren. Aber der Umstand, dass die Hamas dort eben nicht wirklich Fuß gefasst und noch immer moderate Fatahkräfte dort das innerpalästinensische Sagen haben, ist allein den israelischen Sicherheitskräften dort zu verdanken. Nimmt man die aus der Gleichung wird das Westjordanland über nach implodieren, ganz genau so wie Gaza nach dem Abzug an die Hamas gefallen ist.

Kann es nun sein, dass eine derartige Entwicklung sowieso unaufhaltbar ist und sich das Westjordanland trotz der israelischen Sicherheitskräfte dort in Richtung Hamastan entwickelt? Vielleicht, vielleicht nicht, ich habe keine Glaßkugel. Verdammt viel wird davon abhängigen wer dort nach dem Tod von Abbas das Sagen haben wird. Aber wie gesagt: Klar ist das es ohne die israelische Präsenz noch viel schlimmer wäre.
Wäre eine heißere Westbank für die Israelis ein unlösbares Problem? Ich bin mir da nicht so sicher. Gerade weil die Situation dort feinmaschiger durch das israelische Militär gemanagt wird ist eine solche Entwicklung wie in Gaza unwahrscheinlich. Und brutal gesagt: Sicherheitspolitisch wäre es wahrscheinlich sogar ein Gewinn, wenn sich die Herrschaften in den Containern jenseits der großen Blöcke nicht mehr so sicher fühlen können. Das dürfte viele wieder zurückmarschieren lassen und für eine Entflechtung sorgen. Israel würde sich dann mehr und mehr einigeln und diese Intifada würde sich auf Dauer genauso totlaufen wie die letzte auch.

Schön ist das alles nicht, aber es gibt einfach keine gangbaren kurz- oder mittelfristigen Lösungen.
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Werter Nightwatch:

Zitat:Sehr wahrscheinlich wird es nicht die Hamas im engeren Sinne sein die sich ohne israelische Präsenz in einer Welt nach dem Gazakrieg dort ausbreiten wird. Wahrscheinlich wäre es der Islamische Jihad, im jeden Fall aber eine Truppe die noch viel besser mit Iran und Hezbollah kann. Aber der Punkt ist, du kannst dich hier nicht hinstellen und immensen Bemühungen der israelischen Sicherheitskräfte negieren, die die Westbank immer noch so stabil halten wie sie momentan ist. Ja, sie ist instabiler als vielleicht vor Jahren. Aber der Umstand, dass die Hamas dort eben nicht wirklich Fuß gefasst und noch immer moderate Fatahkräfte dort das innerpalästinensische Sagen haben, ist allein den israelischen Sicherheitskräften dort zu verdanken. Nimmt man die aus der Gleichung wird das Westjordanland über nach implodieren, ganz genau so wie Gaza nach dem Abzug an die Hamas gefallen ist.

Da liegt der primäre Dissens zwischen uns. Ich bin der Ansicht, dass bei einer Fortführung des Status Quo der Islamische Jihad im Westjordanland die Macht an sich reißen wird, und zwar in jedem Fall und etwaig sogar noch vor dem Tod / Ende von Abbas.

Ich bin aber auch der Ansicht, dass bei einem weitgehenden Abzug der Siedler (meiner Einschätzung nach würden übrigens um die 50.000 bis 80.000 reichen) ein Sieg des Islamischen Jihad zwar möglich ist, aber nicht so absolut sicher wie er es jetzt ist.

Radikale Maßnahmen (Rücknahme vieler Siedlungen und Außenposten PLUS Ausrufung eines Staates Palästina) führen immer zu Fernwirkungen die man schlussendlich nicht absehen kann, und die zumindest eine Chance für eine andere Entwicklung als den Sieg des Islamischen Jihad bieten. Denn ich propagiere ja nicht nur eine Räumung von Teilen der Siedlungen sowie aller sogenannten Außenposten, sondern auch die Schaffung eines Staates Palästina durch Israel selbst. Das wäre halt ein genau so unvorhergesehener und radikaler Wurf wie der Angriff der Hamas, es würde erstmal auf Jahre hinaus alles durcheinander bringen. Und dieses Chaos bietet zumindest Chancen, da wie ich es geschrieben haben die Arabischen Staaten kein Interesse an einer weiteren Bastion des Iran in ihrem Rücken haben.

Im Gegensatz dazu führt der Status Quo ohne jede Unwägbarkeiten zum Sieg des islamischen Jihad und schließlich zu einem wesentlich größeren Problem für Israel als dies der Gazastreifen war. Und ich lehne mich mal hiermit aus dem Fenster und lege mich fest: innerhalb der nächsten Jahre wird das System Abbas fallen und radikalste Terroristen werden die Macht im Westjordanland an sich reißen. Mal sehen ob es so kommen wird.

Nun kann man natürlich nonchalant erklären, dann gäbe es halt mal wieder eine Intifada und die laufe sich dann tot etc. aber das verkennt meiner Meinung nach die strategische Lage. Eine vom Iran mit Waffen und Geld hochgerüstete Terrorherrschaft im Westjordanland wird nicht einfach eine Intifada vom Zaun brechen, wie man das bisher kannte, dass wird dann vom Niveau her weit größer sein. Und die ganze mittelalterlich zersplitterte Struktur der Kontrolle dort wird es den israelischen Sicherheitskräften sehr schwer machen, dass was dann da ausbricht überhaupt in den Griff zu kriegen, weil alles viel zu sehr miteinander verwoben und durcheinander vernetzt ist. Demgegenüber wäre eine klare definierte Grenze viel leichter zu halten und zu sichern, mit viel weniger Personalaufwand.

Stattdessen wird die israelische Armee im Westjordanland nach dem Ende des System Abbas in einen nicht beherrschbaren Guerillakrieg hinein geraten. Um dann das Westjordanland weiter zu sichern - notwendig wegen der unsinnigen Siedlungen und Außenposten -wird ein Gros der israelischen Truppen dort festliegen und ununterbrochen im Kampf sein. Mit allen negativen strategischen Folgen die das hat.

Die Logik - wir ziehen ab wie in Gaza und dann wird es dort wie in Gaza krankt daran, dass das Westjordanland eben nicht Gaza ist. Stattdessen wird es so sein, dass bei Fortführung des Status Quo die Lage im Westjordanland wesentlich schlimmer werden wird.

Natürlich kann man nun nonchalant erklären, dann werde Israel dort einfach die Lage per Völkermord beseitigen, und wie ich es schon schrieb: vieles was die Israelis machen deutet darauf hin, dass dies die langfristige Zielsetzung ist, aber ich halte das für politisch-strategisch nachteilig für Israel. Und ich halte es eben keineswegs für ein Axiom, dass eine Umsiedlung eines Teils der Siedler (und dass wäre praktisch machbar !) nicht deutlich positive Effekte erzielen könnte - zumindest bestünde eine Chance dazu.

Und das wäre gegenüber Israel auch real praktisch durchsetzbar durch die sogenannte internationale Gemeinschaft. Der einzige Grund warum dies nicht erfolgt, obwohl die israelische Präsenz im Westjordanland illegal und völkerrechtswidrig ist, liegt einfach darin, dass die Palästinenser wie beschrieben absolut jedem in Wahrheit vollkommen egal sind. Im günstigsten Fall betrachten einige sie noch als ein Instrument für ihre Zwecke, aber dem Westen, den USA, Europa im besonderen, aber auch Israel selbst wie den arabischen Anrainern sind die Paliästinenser einfach vollkommen egal.

Und nur deshalb läuft dort alles derart aus dem Ruder, und nur deshalb gibt es dort keine Lösungen. Weil dieses Volk - und sie sind nunmal in den letzten Jahrzehnten zu einem Volk geworden - allen egal ist und niemand in irgendeiner Weise diesem neu entstandenen Volk irgend etwas positives entgegen bringen will, am wenigsten natürlich die Israelis.

Der Status Quo wird daher meiner Ansicht nach zwingend über kurz oder lang in einem Völkermord im Westjordanland münden. Und da entgegen aller Worte absolut niemand in Wahrheit den Status Quo tatsächlich ändern will, wird es wohl so kommen.
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Allgemein:

Ein wenig bekannter Umstand sind rasant wachsende Übergriffe jüdischer Siedler auf Christen, und zwar sowohl auf israelische Staatsbürger die Christen sind wie auch auf solche die im Westjordanland leben. Die ARD hat neutlich bei Recherchen dort (das waren die bei welchen die Reporter von Soldaten der israelischen Armee mit vorgehaltener Waffe bedroht wurden) mehrere christliche Familien gesprochen die massiv von jüdischen Siedlern angegriffen wurden. Das fing aber nicht erst am 07.10. an:

https://www.deutschlandfunk.de/angriffe-...n-100.html

https://www.dw.com/de/kirchen-in-jerusal...a-64588314

https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-04...ffe-israel

https://www.domradio.de/artikel/christen...ch-angriff

Ebenso geht man in Israel wie auch im Westjordanland seitens jüdischer Extremisten massiv auf die Beduinen los, obwohl diese querschnittlich eher pro-israelisch sind.

Zitat:Ein Schutz durch die israelische Polizei oder Armee sei nicht zu erwarten, da diese sich üblicherweise auf der Seite der Siedler positioniere. "Wenn sie ihre Uniform anziehen, sind sie Polizisten und Soldaten, wenn sie sie ablegen, sind sie Siedler mit der gleichen Ideologie", so der Priester.

Die israelischen Soldaten welche deutsche Journalisten bedrohten waren auch Reservisten aus der Gegend, also radikale Siedler.

Auch deshalt ist es meine These, dass die Aufrechterhaltung der korrupten Fatah durch die israelischen Sicherheitskräfte mehr ein Problem darstellt als eine Lösung. Israel verschlimmert damit die Gesamtlage ununterbrochen nur immer weiter.


Umgekehrt geht man im Gazastreifen meiner Meinung nach nicht schnell genug und nicht hart genug vor. Das alles dort hätte viel schneller und viel massiver durchgeführt werden müssen. Jetzt hat man das folgende davon:

https://www.fr.de/politik/israel-krieg-g...74952.html

Zitat:Update vom 15. November, 21.55 Uhr: Der UN-Sicherheitsrat hat eine völkerrechtlich bindende Resolution mit der Forderung nach tagelangen Feuerpausen im Gazastreifen angenommen. Nach langem Ringen einigte sich das mächtigste UN-Gremium am Mittwoch in New York auf den gemeinsamen Beschluss - die USA verzichteten auf ein Veto und enthielten sich.
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