Kontrafaktische Geschichte: Westfeldzug 1940
#1
Hallo zusammen,

als Überleitung aus unserer Diskussion im Kriegsphilosophie-Strang (https://www.forum-sicherheitspolitik.org...370&page=3) im Bundeswehrbereich (und um dort nicht völlig zwischen der Maas, Arras und Dünkirchen zu versinken Wink), wollte ich hier gerne einen separaten Strang eröffnen, wo wir uns über kontrafaktische Begebenheiten des Krieges in Westeuropa 1940, d. h. vorzugsweise dem deutschen Angriff im Westen bzw. auf die Beneluxstaaten und Frankeich, austauschen können.

Kern der Diskussion war auch die "Was wäre, wenn...?"-Frage, wie sich die Situation dargestellt hätte, wenn nicht Deutschland im Mai 1940 angegriffen, sondern wenn der sog. "Sitzkrieg" noch bis ca. Herbst 1940 angedauert hätte und dann Frankreich und Großbritannien das Deutsche Reich attackiert hätten. Jedweder Einwurf ist natürlich gewünscht - insofern: Auf eine rege Beteiligung. Smile

Ich hatte eine Ausführung von Kollege Quintus leider falsch verstanden gehabt (bzw. unter falscher Annahme interpretiert), deswegen wollte ich nun hier nochmals antworten.

@Quintus
Zitat:Jetzt schreibst du aber an mir vorbei:

WENN Deutschland gegenüber Frankreich Defensiv geblieben wäre, dann wäre Frankreich ja nicht erobert worden.
Ja, das habe ich auch bemerkt, als ich deinen Beitrag nochmals gelesen habe.

Indessen jedoch bin ich vom Gedankengang immer noch nicht überzeugt.

Gesetzt den Fall, der Sitzkrieg wäre bis Herbst 1940 gegangen, so hätte sich das Kräfteverhältnis nicht wesentlich geändert. Zwar müsste man von ausgehen, dass dann auf westalliierter Seite mehr Flugzeuge bereitgestanden hätten, aber es wäre dennoch immer noch eine relativ ausgeglichene Sache gewesen. Selbst wenn wir mal alle anderen Aspekte, außer dem Krieg gegen Polen 1939, wegnehmen, selbst auch die Kampagnen in Norwegen und im Mittelmeerraum, so sehe ich immer noch keine wirkliche Siegchance der Westmächte.

Sie müssten angreifen, sollten also zumindest relativ eine Übermacht besitzen. Rein bzgl. Kopfzahl und würde das knapp gelingen.

Aber...ich versuche, es nun mal aufzudröseln:

1.) In der Luft wäre eine deutliche Übermacht (zahlenmäßig) sicherlich zu erreichen gewesen, wobei aber die Zahl der modernen Flugzeuge, nicht überwogen hätte und zudem die Schlagkraft begrenzt gewesen wäre.

Die Zeit der schweren, viermotorigen Bomber wäre noch nicht gekommen gewesen, das meiste, was man hatte, waren bzgl. Großbritannien mittlere, zweimotorige Bomber vom Typ Whitley, Wellington, Hampden oder Blenheim (wobei die Blenheim auch teils als leichter Bomber firmiert). Bis auf die Wellington haben sie bekanntermaßen alle nicht sonderlich überzeugt, und selbst die Wellington wurde nach einigen Rückschlägen ab Ende 1939 fast nur noch nachts oder zur Seeüberwachung eingesetzt. Aber Nachtbomber helfen mir nun nicht wirklich, wenn ich tagsüber die Unterstützung für eine Großoffensive brauche. Und wirkliche CAS-Flugzeuge, wie etwa die späteren raketentragenden Typhoons, gab es auf britischer Seite noch nicht, allenfalls die alten Battle-Bomber, die aber faktisch Kanonenfutter waren. Insofern: Hinsichtlich Bombern unklar bis eher unsicher, da aber sehr wahrscheinlich auch mehr moderne Spitfires zulaufen würden, gibt es einen Pluspunkt für den Angreifer.

Bei den Franzosen gab es - neben manchen veralteten Typen - einige interessante Bombermodelle, etwa die mittlere Lioré & Olivier LeO 45 (von der aber nur rund 500 Stück gebaut wurden, ein Teil davon erst nach Sommer 1940 und unter deutscher Aufsicht). Und auch schwere Bomber gab es schon (etwa die Farman F-220, die übrigens - was viele nicht wissen - der erste schwere alliierte Bomber war, der als Nachtbomber 1940 Berlin erreichte und bombardierte), aber eben auch nur eine Handvoll. Und bei den restlichen Typen, etwa Potez-Modelle, war es ebenso, dass die existierenden Maschinen im Tageinsatz gegen Jäger einfach sehr schlechte Karten hatten (zu schwache Bewaffnung, zu geringe Geschwindigkeit). Darüber hinaus: Einen richtigen "Erdkämpfer" gab es auch bei den Franzosen nicht. Aber bedingt dadurch, dass man annehmen könnte, dass bis Herbst 1940 ggf. mehr Exemplare der Dewoitine 520 zulaufen (sie wurden ja später [1941] in Syrien eingesetzt von den Vichy-Kräften), wohl ca. 200 bis 300, gibt es nochmals einen Pluspunkt für den Angreifer.

Dem gegenüber hatten die Deutschen taktisch mit der Ju 87 einen klaren Vorteil. Ihre mittleren Bomber (und auch die Ju 87) waren gegenüber Jägern zwar durchaus ebenso anfällig, aber die Deutschen hätten zumindest im Herbst 1940 noch die moderneren Jäger bzw. eine größere Anzahl an modernen Jägern besessen (da die Verluste über Frankreich und später über England so nicht eingetreten wären). Zudem hatten sie insgesamt mehr Bomber, die oftmals auch größere Bombenlasten tragen konnten (die leichtere Do 17 nehme ich hier heraus). Und insofern ist von auszugehen, dass die alliierten Bomber über dem Reichsgebiet eine ähnliche Erfahrung hätten machen müssen wie deutsche Flugzeuge über dem Kanal bzw. dass die Deutschen ihre Bomber zugleich auch effektiver hätten schützen können und sehr kurze Anflugzeiten gehabt hätten. Ein Pluspunkt für den Verteidiger.

Hinzu kam, dass die deutsche Flak deutlich stärker ausgeprägt war als die der Alliierten. Die wenigen schweren Kanonen waren stationär in England oder um die größeren Städte in Frankreich (wobei in letzterem Fall "schwer" meistens das Kaliber 75 mm meint) verteilt. Und die leichte und mittlere Flak, so wie es etwa in der Wehrmacht die 2-cm- und 3,7-cm-Modelle gab, war 1940 bei den Alliierten quasi kaum vorhanden - einige wenige Modelle gab es zwar (bspw. Hotchkiss 25 mm, Oerlikon/Hispano 20 mm, Schneider 37 mm), aber sie wurden komischerweise nur in äußerst geringen Stückzahlen ausgegeben, quasi irrelevant. Das bittere Ergebnis war, dass die alliierten Soldaten dann deutsche Tiefflieger und Stukas wenig erfolgversprechend oft mit leichten MGs der Infanterie und Karabinern bekämpfen mussten. Insofern hätten die angreifenden alliierten Verbände hoffen müssen, dass ihre Luftwaffe(n) beständig einen Schutzschirm über sie stülpen, was wiederum zumindest zweifelhaft gewesen wäre. Abwehrpluspunkt für die Verteidigung.

2.) Hinsichtlich der Panzer waren die Alliierten den Deutschen in einigen Belangen eindeutig überlegen (von der reinen taktischen Führung einmal abgesehen). Bei den Franzosen waren die leichten Hotchkiss- und Renault-Modelle - mit 37-mm-Kanone versehen - den deutschen leichten Modellen I und II deutlich überlegen, der bewährte Somua S 35 nahm es mit dem Panzer III durchaus auf (und die Deutschen setzten später auch erbeutete Exemplare selbst ein) und schwere Panzer, etwa der Char B1, stach auch im direkten Duell den Panzer IV aus. Bei den Briten sah es dagegen mauer aus - das meiste war leichtes, dünngepanzertes Material, einzig der Matilda II war diesbezüglich durchaus brauchbar (aber auch langsam und zu schwach bewaffnet). Das war die Schuld eines internen Richtungsstreites in den 1930ern und des starren Fixierens auf a) den Infanterietank und b) den Cruiser Tank. Beides waren Fehlkonstruktionen. Insofern: Auf den ersten Moment und rein rechnerisch hatten die deutschen Panzer hier zumindest gegenüber den Franzosen einen Nachteil, aber eben nur auf den ersten Moment und im 1:1-Vergleich. Dennoch: Pluspunkt für den Angreifer.

Weiterhin: Bei der Bodenabwehr hatten die Deutschen den Vorteil, dass ihre Panzerabwehr wesentlich effektiver und mobiler war als die der Alliierten, namentlich auch die 8,8-cm-Flak im taktischen Erdeinsatz. In der Offensive war dieses Geschütz zwar nicht immer überall, aber in der Defensive, wenn es schwerpunktmäßig eingesetzt werden konnte und wenn man abriegeln musste, war es beinahe unüberwindlich für Tanks - noch 1942 in Afrika war es der "Fluch" der zahlenmäßig überlegenen britischen Panzerverbände, wo selbst bei Luftüberlegenheit einige wenige 8,8-cm-Geschütze einen Panzerangriff auffingen. Ein ähnliches Lied kann auch die Rote Armee singen. Eine vergleichbare Waffe gab es bei den Alliierten 1940 (noch) nicht. Ein Übersetzen über den Rhein und eine Offensive, die zwangsläufig anfangs kanalisiert gewesen wäre, wäre also ein verlustreiches Fiasko geworden. Pluspunkt für die Verteidigung.

3.) Artillerie: Auch hier sind die Deutschen tendenziell als Verteidiger im Vorteil. Zwar hatten die Alliierten zahlenmäßig wiederum mehr Geschütze, aber rund ein Drittel von diesen bestanden aus 75-mm-Kalibern (zumeist die berühmte Canon de 75 mm modèle 1897), deren Reichweite aber auf 7.000 bis 8.000 m begrenzt war. Und auch das BEF führte (auf Korps-Ebene!) oftmals nur 18-Pfünder mit sich (84 mm). Dabei gab es gute Entwürfe, etwa die britische 11,4-cm-Feldkanone oder die französische 12-cm-Kanone M 1931. Allerdings führte man diese Modelle aus mir nicht bekannten Gründen geradezu stiefmütterlich ein. Und ob schwerere Kanonen zulaufen hätten können bis Herbst 1940, ist unsicher, zumal der Schwerpunkt auf der Luftwaffenrüstung und dem Schiffbau (in GB) lag und die Artillerie, die bis dahin ausgeworfen wurde, oftmals aus Behelfskonstruktionen bestand. Jedenfalls war die deutsche Artillerie mit Kalibern 105 mm und 150 mm deutlich feuerstärker. Dazu kommt generell ein Übergewicht der Deutschen bei der schweren Artillerie (d. h. 210 mm und darüber). Wieder ein Pluspunkt für den Verteidiger, der aus größerer Distanz mehr Feuerkraft nach vorne bringen kann.

Wären also insg. 4:4 Punkte, also ausgeglichen - aber: Ich hatte bei der deutschen Luftrüstung nur die Bomber / Stukas berücksichtigt und gehe bei dieser Rechnung in der Annahme, dass die Zahl der deutschen Jäger (Bf 109 E) nicht signifikant ansteigt. Insofern: Es ist eine durchaus gewagte Rechnung, hier zwingend von einem westalliierten Erfolg auszugehen.

Schneemann
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#2
Zunächst mal vorab: ich habe nirgends den Herbst 1940 genannt, und von daher könnte es genau so gut das Frühjahr 1941 sein oder was auch immer. Ganz ursprünglich kam von deiner Seite mal die Aussage: was wenn die Sache dann noch 1 1/2 Jahre länger gedauert hätte. Dies hatte ich so interpretiert: 1 1/2 Jahre ab Mai 1940, damit wären wir dann an der Grenze von 1941 zu 1942.

Aber wie dem auch sei:

Die wesentliche Stärke der deutschen Armee waren zu diesem Zeitpunkt die Führung, die Fernmeldemittel, der Offensivgeist in den entscheidenden (wenigen!) Großkampfverbänden, die Konzentration der Panzer in eben diesen, die Ausrichtung der Luftwaffe auf taktsiche Aufgaben. All dies stärkte die deutschen Armeen erheblich in der Offensive.

Hier aber gehen wir nun kontrafaktorisch davon aus, dass das Reich in der Defensive bleibt und im weiteren auch defensiv kämpft. Und hierzu muss man beachten (was ich auch in dem Strang über Kriegsphilosophie geschriebegn habe), dass man dazu eine erhebliche Quantität an Truppen benötigt, welche das Reich eben nicht hatte. Die ganzen Zahlen an mobilisierten Soldaten täuschen darüber hinweg, dass die Wehrmacht insgesamt, insbesondere aber das Heer größtenteils eine querschnittlich gerademal semimoderne Streitmacht war.

Vor allem im Gegensatz zum französischen Heer war der Gros der deutschen Divisionen schlecht ausgerüstet, teilweise auch ungenügend ausgebildet und hätte einen breitflächigen linearen Angriff der französischen Streitkräfte nicht aufhalten können. Und genau das war die französische Doktrin für den Fall einer Offensive, linear systematisch überall zugleich vorwärts zu gehen, fortwährend abgedeckt durch Artilleriefeuer und die Panzer aufgeteilt auf die ganzen Infanterie-Einheiten, diesen den Durchbruch bereitend. Ein solcher Angriff des französischen Heeres allein hätte schon von der Wehrmacht nicht aufgehalten werden können. Er wäre ins Reich eingedrungen und hätte sich im Idealfall für die Deutschen dann erst mittem im Ruhrgebiet festgefressen (wohlgemerkt als Idealfall).

Nun kommen wir zu einem weiteren wesentlichen Punkt. Der Position der deutschen Rüstungsindustrie. Diese wäre zu entscheidenden Anteilen bei einem breitflächigen massiven französischen Angriff direkt in die Reichweite französischer Waffen gekommen, und entsprechend die Produktionskapazität der deutschen Industrie dadurch drastisch verringert worden. Entsprechend hätte das Reich den weiteren Abnutzungskrieg allein daraus verloren, selbst wenn es gelungen wäre die französische Offensive aufzuhalten, was zu bezweifeln ist.

Diese Problemstellung wurde seitens der deutschen Führung in dieser Zeit übrigens auch ganz genau so gesehen, und sowohl die Führung der Wehrmacht, wie sogar Hitler selbst hatten eine regelrechte "Torschlusspanik", dass der Feind wenn man ihn jetzt nicht bald irgendwie ausschaltet ein massives Übergewicht erlangen würde und dem folgend ein Krieg unmöglich mehr gewonnen werden könnte. Das würde fortwährend so von den deutschen Führungseliten sogar wortwörtlich geäußert. Genau deshalb überhaupt dieses Hasardspiel des Angriffes auf Frankreich durch die Ardennen. Man hatte schlicht und einfach gar keine andere Wahl.

Aber wie sah die Lage nun völlig unabhängig von der Einschätzung der deutschen Führung tatsächlich aus, den jetzt, hinterher, haben wir ja korrekte Zahlen die damals so nicht unbedingt zur Verfügung standen.

Das deutsche Heer verfügte Anfang Mai über ca 4,2 Millionen Soldaten in über 157 Divisionen. Für die Westoffensive waren dabei 135 Divisionen vorgesehen. Davon waren aber viele überhaupt nicht einsatzbereit oder wurden gerade eben erst aufgestellt. Die Soldaten in mancher dieser Potemkinschen Divisionen hatten nicht einmal Uniformen (ich schrieb bereits darüber). Entsprechend wurde der Angriff auf Frankreich mit 93 Divisionen begonnen, und dass war in Wahrheit das äußerste was die Wehrmacht im Westen an real einsetzbaren Verbänden aufbringen konnte. Das waren gerade mal ca 2,8 Millionen Soldaten.

Demgegenüber umfasste das französische Heer zu diesem Zeitpunkt über nicht weniger als 5,5 Millionen Soldaten. Die Ausrüstungslage war querschnittlich wesentlich besser als bei den deutschen drittklassigen Reserve, Landwehr und Landschützen Einheiten die einen erheblichen Anteil der genannten deutschen Truppen ausmachten. Dazu kam noch die britische Expeditionsarmee mit ca 500.000 Mann die ebenfalls querschnittlich deutlich besser ausgerüstet waren als die deutschen Verbände. Da im vorliegenden Szenario die Holländer und Belgier neutral geblieben wären, können wir diese hier mal rausnehmen, sonst sähe die Lage für das Reich noch hoffnungsloser aus.

Man sollte zudem noch bedenken, dass von den real 93 verfügbaren Divisionen nur 10 Panzerdivisionen waren und nur 6 Motorisierte. Nur diese gerade mal 16 deutschen Divisionen gaben bei der Offensive den Ausschlag, bei einer Defensive aber wären sie keineswegs derartig zur Wirkung gelangt.

An diesem Kräfteverhältnis hätte sich auch bis zum Herbst nichts geändert. Den jedwede deutsche Verstärkung wäre durch entsprechende britische und französische Verstärkungen kompensiert worden.

Bei einer französischen Offensive wäre der französischen Artillerie der Doktrin Frankreichs gemäß eine entscheidende Rolle zugekommen. Um es mal mit Zahlen auszudrücken: Frankreich allein verfügte bereits über mehr als 11.000 Geschütze und weitere tausende waren bestellt. Bis zum Herbst (als von dir genannten Zeitpunkt) hätte Frankreich allein mindestens mehr als 14.000 Geschütze ins Feld führen können, auf gerade mal maximal ca 8000 deutsche Geschütze die dann dem Reich zur Verfügung gestanden hätten. Das Ungleichgewicht der Artillerie war de facto erdrückend und auch deine Relativierungen in Bezug auf die Qualität helfen hier nicht weiter, war auch ein Gros der deutschen Geschütze keineswegs herausragend. Dieses Zahlenverhältnis hätte sich bis zum Herbst noch deutlich weiter zugunsten der Westallierten verändert, wären doch die Briten hier ebenfalls noch mit einer nicht unerheblichen Zahl von Geschützen hinzu gekommen.

Die deutsche Panzerwaffe wäre im Herbst vermutlich auf um die 3000 Panzer gekommen. Aber: davon waren ca 500 vom Typ I und ca 1000 vom Typ II. Das heißt die Hälfte dieser Panzer wäre weitgehend wertlos gewesen für eine Defensivschlacht (in einer Offensive sieht das anders aus).

Die französische Panzerwaffe allein wäre im Herbst bei Fortführung des Status Quo was die Produktionszahlen angeht auf um die 4000 Kampfpanzer gekommen. Querschnittlich wären sie in jedem Bereich an Qualität und Zahl überlegen gewesen.

Mal als Beispiel: auf die ca 1500 Panzer vom Typ I und II kamen bereits im Mai 1940 nicht weniger als ca 1700 Renault und Hotchkiss (welche du selbst als überlegen bezeichnet hast - macht eine Überlegenheit von 200 Einheiten bei qualitativer Überlegenheit jedes einzelnen Systems). Die Zahl der Somua war größer als die Zahl der Panzer III und es gab 274 Char B auf 278 Panzer IV, aber hier lief die Produktion gerade erst an und wären bis zum Herbst hier deutliche Verschiebungen gewesen. Die deutsche Produktion von Panzer III und IV war demgegenüber langsamer. Insgsamt kann man bis zum Herbst selbst bei einer konservativen Schätzung von einer deutlichen Überlegenheit der Panzer auf alliierter Seite ausgehen, und zwar vermutlich um 1000 Panzer mehr auf allierter Seite und diese in jedem Bereich von Typen qualitativ überlegen.

Zur Luftwaffe muss man anmerken, dass hier gerade die französichen Luftstreitkräfte primär auf eine strategische Luftkriegsführung hin ausgerichtet waren. Wäre diese dann im Herbst so angelaufen wie von der französischen Luftwaffenführung geplant, hätte man von Frankreich aus im Ruhrgebiet und anderen deutschen Industriegebieten erhebliche Schäden anrichten können, entsprechend wäre hier die deutsche Produktion dadurch noch mehr ins Hintertreffen geraten. Die Rolle welche ansonsten die taktische Luftwaffe einnehmen würde, wäre durch die immens überlegene Artilerie der Franzosen kompensiert worden, während die deutsche Luftwaffe wiederum die viel schwächere deutsche Artillerie hätte ergänzen müssen.

In der Luft hätte wiederum weitgehende Parität geherrscht, da gehe ich nicht davon aus, dass sich eine der beiden Seiten hätte durchsetzen und die tatsächliche Lufthoheit hätte erringen können.

Aufgrund der ganzen Doktrin auf westalliierter Seite und deren grundsätzlicher strategischer Annahme einen jahrelangen Abnutzungskrieg zu führen, wäre der Krieg in keinem Fall 1940 entschieden worden. Eine entsprechende westalliierte Offensive hätte ja nicht einmal ein solches Ziel gehabt. Das Ziel wäre die systematische Materialschlacht gewesen um den Feind abzunutzen. Diese Abnutzung hätte auf deutschem Boden, teilweise inmitten elementarer deutscher Industriegebiete stattgefunden. Derweilen wären sowohl auf französischer wie auch auf britischer Seite immer mehr und immer modernere Systeme zugelaufen.

Die Lage wäre aus der Betrachtung all dieser Faktoren zwingend im Laufe von Monaten (oder Jahren) zuungunsten der Deutschen gekippt und schließlich hätte das Reich vollständig verloren.

Und zu exakt dieser gleichen Schlußfolgerung kam die deutsche Führung damals auch, gerade deshalb versuchte sie das Hasarspiel im Westen, den ansonsten wäre die Niederlage unausweichlich gewesen.

Das französische Heer allein hätte schon genügt und die Wehrmacht wäre in der Defensive schlicht und einfach erdrückt worden.

Noch ein paar kurze Einzelkritiken:

Technologiekiller

Stichwort 8,8: natürlich hätte dies hohe Verluste bedeutet, aber insgesamt wäre es nicht so relevant geworden. Den der Krieg wäre nicht durch Panzeroffensiven, sondern vor allem durch den Kampf von Infanterie und Artillerie entschieden worden. Das Infanterie - Artillerie Team wäre die dominante Komponente in diesem Kampf gewesen und allein schon die Doktrin und die Dislozierung der Panzer bei den Franzosen hätten dazu geführt, dass die 8,8 in keinster Weise solche Erfolge gehabt hätten wie dann später in Nordafrika et al. Das wäre ein anderes Kriegsbild gewesen. Gerade eben wegen der deutschen Erfolge in Frankreich versuchte dann jeder diese zu imitieren und auch so zu kämpfen. Bei einer westalliierten Offensive und dem folgend einem defensiven Kampf der Deutschen wäre das ganze Kriegsbild ein anderes geworden, und zwar eines dass vor allem von Artillerie bestimmt worden wäre. Die Westalliierten hätten hier eine Übermacht von mindestens 6000 Geschützen zum Einsatz bringen können, nochmal abgesehen von der erdrückenden Übermacht ihrer Infanterie-Divisionen. Während die deutschen Panzer-Divisionen welche überlegen waren in der Defensive eben nicht so eine Wirkung entfaltet hätten. Den dazu waren sie ja auch nie konzipiert worden.

Stichwort Ju-87: Die Wirkung der Ju-87 war vor allem psychologischer Natur. Die tatsächliche reale Wirkung auf die Bodeneinheiten war demgegenüber viel geringer. Bei einer Defensive auf deutscher Seite und einem von westalliierter Seitee ohnehin als jahrelangen Abnutzungskrieg geplanten Offensivkrieg ins Reich hinein wäre die taktische Luftwaffe der deutschen nicht ansatzweise so zur Wirkung gekommen. Ihre spezifische Rolle war es ja gerade eben die Artillerie zu ersetzen ! Dieses Ersatzes hätte es in der Defensive natürlich auch bedurft, aber er wäre in der erdrückenden Überlegenheit der französischen Artillerie insgesamt irrelevant geworden. Die taktischen Bomber wären im weiteren vorübergehend lediglich ein Ersatz für fehlende deutsche Artillerie gewesen, bis sie vollständig abgenutzt gewesen wären.

In keinster Weise kann ich hier also deine Aussage teilen, die Sache wäre ausgeglichen gewesen. Die Überlegenheit der Westalliierten war schon im Mai 1940 erdrückend, sie wäre mit jeder weiteren Verzögerung nur immer drastischer geworden, sie wäre umso extremer geworden wenn der Krieg in das Gebiet des Deutschen Reiches hinein getragen worden wäre und Deutschland weiter defensiv gekämpft hätte.

Tatsächlich voll einsatzfähig hatte das Heer gerade mal 61 Infanterie-Divisionen. Bis zum Herbst hätte man noch 70 voll einsatzfähig bekommen. Frankreich hatte an der Nordostfront bereits im Mai 1940 nicht weniger als 107 voll einsatzfähige Divisionen, dazu noch die 10 britischen. Bis zum Herbst hätte Frankreich um die 130 Divisionen für eine Offensive aufbringen können und die Briten weitere 5 dazu, man wäre hier von den real vollständig einsetzbaren Divisionen von westalliierter Seite um das doppelte überlegen gewesen, bei einer um das doppelte überlegenen Artillerie, bei einer zumindest gleichwertigen Luftwaffe, wobei letztgenannte fortwährend stärker geworden wäre, sowohl an Zahl wie auch an Qualität, während die deutsche Industrie unter den strategischen Luftangriffen der darauf spezialisierten westallierten Verbände wesentlich mehr gelitten hätte als umgekehrt deren Industrien, Kurz und einfach:

Ein solcher Krieg wäre für das Reich nicht auf Dauer führbar gewesen, er wäre zwingend verloren worden.
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#3
@Quintus
Zitat:Zunächst mal vorab: ich habe nirgends den Herbst 1940 genannt, und von daher könnte es genau so gut das Frühjahr 1941 sein oder was auch immer. Ganz ursprünglich kam von deiner Seite mal die Aussage: was wenn die Sache dann noch 1 1/2 Jahre länger gedauert hätte. Dies hatte ich so interpretiert: 1 1/2 Jahre ab Mai 1940, damit wären wir dann an der Grenze von 1941 zu 1942.
Da liegt dann ein Missverständnis vor. Ich sagte übrigens nicht, dass es 1,5 Jahre länger dauern würde ab Mai 1940. Ich sagte/fragte, was denn gewesen wäre, wenn denn der Sitzkrieg (grob begonnen ab Mitte September 1939) statt ca. acht Monaten eben 1,5 Jahre gedauert hätte? Das wäre dann Herbst 1940 (naja, fairerweise muss man sagen, es wäre der Winter 1940/41). Deswegen bin ich von Herbst 1940 ausgegangen.

Aber gut. Jetzt um das Datum herumzudoktern bringt ja uns nicht wirklich etwas. Deshalb: Gehen wir weiterhin von unserem kontrafaktischen Gebilde aus: Polenkrieg, Aufteilung Polens, Deutsches Reich verharrt dann in der Defensive. D. h.: Keine Aktionen in Dänemark und Norwegen, keine seitens von Italien ab Juni 1940 im Mittelmeer, kein Britisch-Somaliland etc., kein deutscher Angriff gegen die Benelux-Staaten. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Ich nehme auch die Atlantikschlacht raus (die England im Spätsommer 1940 - "erste glückliche Zeit" der U-Boote - durchaus große Sorgen bereitete). Das hört sich zunächst nach einem Vorteil für die Alliierten an - ist es aber in unserem Szenario nicht unbedingt. Zwar sind dadurch die Tonnage- und Rohstoffverluste der Alliierten geringer und Truppen können ungehindert aus den Dominions zufließen und müssen auch nicht nach Nahost oder Afrika verteilt werden, aber zugleich haben die Deutschen diese Kapazitäten/Ressourcen, die in die U-Boote fließen würden, frei für die Heeresrüstung. (Ich gehe nachfolgend nur von groben Richtwerten aus, für 1940 wohl um die 20% der gesamten Aufwendungen.)
Zitat:Nun kommen wir zu einem weiteren wesentlichen Punkt. Der Position der deutschen Rüstungsindustrie. Diese wäre zu entscheidenden Anteilen bei einem breitflächigen massiven französischen Angriff direkt in die Reichweite französischer Waffen gekommen...
Einspruch. Weil:
Zitat:Da im vorliegenden Szenario die Holländer und Belgier neutral geblieben wären, können wir diese hier mal rausnehmen, sonst sähe die Lage für das Reich noch hoffnungsloser aus.
Damit haben wir nur einen sehr engen Angriffskorridor im südlichen Deutschland - weit ab vom Ruhrgebiet -, grob etwa zwischen Saarlouis und Freiburg im Breisgau. Und wenn sich auf dieser Lücke irgendwo zwischen vier und sechs Mio. Soldaten insgesamt tummeln, so kommt niemand voran, egal ob eine Seite tausend Geschütze mehr hat oder nicht.
Zitat:Das deutsche Heer verfügte Anfang Mai über ca 4,2 Millionen Soldaten in über 157 Divisionen. Für die Westoffensive waren dabei 135 Divisionen vorgesehen. Davon waren aber viele überhaupt nicht einsatzbereit oder wurden gerade eben erst aufgestellt. Die Soldaten in mancher dieser Potemkinschen Divisionen hatten nicht einmal Uniformen (ich schrieb bereits darüber). Entsprechend wurde der Angriff auf Frankreich mit 93 Divisionen begonnen, und dass war in Wahrheit das äußerste was die Wehrmacht im Westen an real einsetzbaren Verbänden aufbringen konnte. Das waren gerade mal ca 2,8 Millionen Soldaten.

Demgegenüber umfasste das französische Heer zu diesem Zeitpunkt über nicht weniger als 5,5 Millionen Soldaten. Die Ausrüstungslage war querschnittlich wesentlich besser als bei den deutschen drittklassigen Reserve, Landwehr und Landschützen Einheiten die einen erheblichen Anteil der genannten deutschen Truppen ausmachten.
Unbestritten - und ja, stimme ich zu, in etwa die richtigen Zahlen bzw. die korrekte Einschätzung (Abweichungen gibt es leichtere zwar je nach Quelle immer, sie sind aber hier nicht entscheidend). Leider wird ja immer wieder die Wehrmacht als mechanisiertes Ungetüm beschrieben. In Wahrheit war nur ein recht geringer Prozentsatz der Truppen voll motorisiert.
Zitat:Man sollte zudem noch bedenken, dass von den real 93 verfügbaren Divisionen nur 10 Panzerdivisionen waren und nur 6 Motorisierte. Nur diese gerade mal 16 deutschen Divisionen gaben bei der Offensive den Ausschlag, bei einer Defensive aber wären sie keineswegs derartig zur Wirkung gelangt.
Das kommt darauf an. Franzosen und Briten haben bekanntermaßen anfangs ihre Tanks verteilt und nicht zusammengefasst. Und bezüglich einer solchen Taktik würden (könnten?) auch nur acht oder zehn Divisionen ein Problem werden. Gleichwohl ist es aber relativ egal, ob ich zusammenfasse oder verteile, wenn ich eh nur auf 200 km Breite antreten kann. In jedem Fall wäre das Risiko, dass Angriffsverbände abgezwickt werden, durchaus real.
Zitat:Bei einer französischen Offensive wäre der französischen Artillerie der Doktrin Frankreichs gemäß eine entscheidende Rolle zugekommen. Um es mal mit Zahlen auszudrücken: Frankreich allein verfügte bereits über mehr als 11.000 Geschütze und weitere tausende waren bestellt. Bis zum Herbst (als von dir genannten Zeitpunkt) hätte Frankreich allein mindestens mehr als 14.000 Geschütze ins Feld führen können, auf gerade mal maximal ca 8000 deutsche Geschütze die dann dem Reich zur Verfügung gestanden hätten. Das Ungleichgewicht der Artillerie war de facto erdrückend und auch deine Relativierungen in Bezug auf die Qualität helfen hier nicht weiter, war auch ein Gros der deutschen Geschütze keineswegs herausragend. Dieses Zahlenverhältnis hätte sich bis zum Herbst noch deutlich weiter zugunsten der Westallierten verändert, wären doch die Briten hier ebenfalls noch mit einer nicht unerheblichen Zahl von Geschützen hinzu gekommen.
Diese Zahl meinte ich ja und diese kenne ich - und für mich war sie ehrlich gesagt eher für den Angreifer ein Problem. Ich schrieb, dass ein Drittel der Kanonen im Kaliber 75 mm gewesen seien. Von den 11.000 Geschützen 1940 waren alleine ca. 4.500 75er (also sogar mehr als ein Drittel). Und damit "relativ" unbrauchbar für den Artilleriekampf, eher gut in der Abwehr, wenn ich Sturmangriffe abwehren will (dafür wurde die Canon de 75 mm 1897 ja auch mehr oder minder entworfen) - aber wir wollen ja angreifen. Bei 14.000 Geschützen wären also grob 9.500 Systeme effizient einsetzbar, davon waren aber grob nur ca. 40% (also rund 4.000) über 100 mm im Kaliber gewesen. Dagegen standen den Deutschen in etwa alleine im Sommer 1940 rund 4.700 10,5-cm-Feldhaubitzen und ca. 1.300 15-cm-Feldhaubitzen zur Verfügung (also 6.000 Systeme über 100 mm). Dazu kamen noch rund 350 schwere Geschütze über 21 cm und (hier gehen die Zahlen aber meilenweit auseinander) wohl irgendwo zwischen 2.000 und 3.500 leichtere Geschütze (meistens 75-mm- bzw 77-mm-Infanteriegeschütze). Geschütze des Kalibers 88 mm sind hier übrigens noch nicht mit enthalten. Alleine hier dürften es wohl nochmals ca. 1.000 Stück - Schätzungen gehen von 2.800 8,8-cm-Flak im gesamten Reichsgebiet im Mai 1940 aus, die aber kaum alle an der Front standen - gewesen sein (minimalistische Schätzung). Kurzum: Wenn ich angreifen müsste, würde ich langsam nervös werden. Ich sehe hier eine große Zuversicht deinerseits, die ich so nicht teile.
Zitat:Mal als Beispiel: auf die ca 1500 Panzer vom Typ I und II kamen bereits im Mai 1940 nicht weniger als ca 1700 Renault und Hotchkiss (welche du selbst als überlegen bezeichnet hast - macht eine Überlegenheit von 200 Einheiten bei qualitativer Überlegenheit jedes einzelnen Systems). Die Zahl der Somua war größer als die Zahl der Panzer III und es gab 274 Char B auf 278 Panzer IV, aber hier lief die Produktion gerade erst an und wären bis zum Herbst hier deutliche Verschiebungen gewesen. Die deutsche Produktion von Panzer III und IV war demgegenüber langsamer. Insgsamt kann man bis zum Herbst selbst bei einer konservativen Schätzung von einer deutlichen Überlegenheit der Panzer auf alliierter Seite ausgehen, und zwar vermutlich um 1000 Panzer mehr auf allierter Seite und diese in jedem Bereich von Typen qualitativ überlegen.
Da gebe ich dem Angreifer ja auch einen Pluspunkt.
Zitat:Zur Luftwaffe muss man anmerken, dass hier gerade die französichen Luftstreitkräfte primär auf eine strategische Luftkriegsführung hin ausgerichtet waren. Wäre diese dann im Herbst so angelaufen wie von der französischen Luftwaffenführung geplant, hätte man von Frankreich aus im Ruhrgebiet und anderen deutschen Industriegebieten erhebliche Schäden anrichten können, entsprechend wäre hier die deutsche Produktion dadurch noch mehr ins Hintertreffen geraten.
Das ist nun eine graue Theorie. Ja, man hatte großartige Ideen, und ja, es gab auch den einen oder anderen Vordenker des strategischen Luftkrieges (da gab es viele in vielen Ländern). Im Endergebnis hatte man im Mai 1940 aber gerade mal eine Handvoll schwerer Bomber. Und die waren auch zu langsam und zu schwach bewaffnet. Dass nun innerhalb von einem Jahr ein strategischer Bomber in Erscheinung tritt - zumal in nennenswerter Anzahl -, der wie eine B-17 oder Lancaster das Ruhrgebiet verwüstet (wobei selbst die Schäden, die diese verursachten, teils erstaunlich schnell behoben wurden), ist 1940 und auch Anfang 1941 definitiv nicht wahrscheinlich. Und wie gesagt: Die deutsche Luftwaffe hatte im Mai 1940 mehr Bomber als Franzosen und Briten zusammen. Selbst wenn dieses Verhältnis kippt hin zu einem groben Gleichstand, so kann der Angriff auf die Rüstung des Gegners von beiden Seiten ausgeführt werden. Und: Die deutschen Bomber waren im Querschnitt schneller und konnten eine größere Bombenlast aufnehmen als die Modelle des Gegners 1940 - dies kippte erst mit dem Auftreten der alliierten viermotorigen Bomber -, wenngleich sie auch genauso unzureichend bewaffnet waren.
Zitat:Stichwort 8,8: natürlich hätte dies hohe Verluste bedeutet, aber insgesamt wäre es nicht so relevant geworden. Den der Krieg wäre nicht durch Panzeroffensiven, sondern vor allem durch den Kampf von Infanterie und Artillerie entschieden worden. Das Infanterie - Artillerie Team wäre die dominante Komponente in diesem Kampf gewesen und allein schon die Doktrin und die Dislozierung der Panzer bei den Franzosen hätten dazu geführt, dass die 8,8 in keinster Weise solche Erfolge gehabt hätten wie dann später in Nordafrika et al.
Nein, also entweder führen wir nun die große Offensive oder "wühlen" uns voran. Und hier geht es darum, dass die Westalliierten angreifen wie es die Deutschen taten. Mit einer raschen Offensive eben.
Zitat:Stichwort Ju-87: Die Wirkung der Ju-87 war vor allem psychologischer Natur.
Nein. Sie war AUCH psychologischer Natur, aber die Wirkung nur jetzt darauf oder vor allem darauf reduzieren zu wollen, wäre verhängnisvoll für dein Gesamtkonzept.
Zitat:Tatsächlich voll einsatzfähig hatte das Heer gerade mal 61 Infanterie-Divisionen. Bis zum Herbst hätte man noch 70 voll einsatzfähig bekommen. Frankreich hatte an der Nordostfront bereits im Mai 1940 nicht weniger als 107 voll einsatzfähige Divisionen, dazu noch die 10 britischen. Bis zum Herbst hätte Frankreich um die 130 Divisionen für eine Offensive aufbringen können und die Briten weitere 5 dazu, man wäre hier von den real vollständig einsetzbaren Divisionen von westalliierter Seite um das doppelte überlegen gewesen...
Ja. Und ja. Aber was willst du nun? Den raschen Offensivvorstoß - dann ist das eher zweitrangig. Oder die Abnützungsschlacht in den Vogesen und im Elsass - wo es dann durchaus gewichtig sein kann. (Wobei dann wiederum auch andere Faktoren mit berücksichtigt werden müssten.)

Schneemann
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#4
Schneemann:

Zitat: Aber was willst du nun? Den raschen Offensivvorstoß..... Oder die Abnützungsschlacht ?

Das muss natürlich tatsächlich vorab erstmal geklärt und eindeutig definiert werden. Ein rascher Offensivstoß war weder seitens der Franzosen noch der Briten jemals vorgesehen.

Ich hatte es ja schon geschrieben: das wäre in vollständig anderes Kriegsbild gewesen, dass ganze Kriegsbild des 2WK hätte anders ausgesehen. Das wäre ein langsames, systematisches lineares Vorgehen gewesen. Stellungssystem um Stellungssystem, über Monate oder sogar Jahre hinweg.

Ich habe auch nirgends von einem raschen Offensivstoß geschrieben, sondern von einem linearen systematischen langsamen Vorgehen.

Wie aber könnte nun ein solches erfolgen?

Zunächst einmal müsste man zur Beantwortung dieser Frage die Fragestellung der belgischen und holländischen Neutralität in Frage stellen. Ich schrieb explizit dass ich diese bei der Nennung meiner Zahlen als Neutrale herausgerechnet habe, da ansonsten die Lage noch ungünstiger für das Reich ausgesehen hätte, aber das heißt keineswegs, dass diese Länder im weiteren auch fortwährend neutral geblieben wären. Es gab ja trotz der offiziell erklärten Neutralität im Geheimen in Wahrheit eine 1940 sich rasant ausweitende militärische Zusammenarbeit, insbesondere mit Belgien. Aber nehmen wir einmal an, beide Staaten blieben neutral und tatsächlich außen vor. Also kein Kriegseintritt oder die Benutzung des eigenen Gebietes (unter Protest) durch die Westalliierten.

Wenn man sich dann die Karte betrachtet, bietet das linksrheinische Gebiet hier für Frankreich ein erstes Angriffsziel welches der ganzen Struktur und Kampfweise des französischen Heeres sehr entgegen gekommen wäre, und zwar einmal am Ostufer der Mosel entlang in Richtung Trier und von dort weiter Richtung Koblenz. Hier hätte die französische Armee bei dem langsamen frontalen Verschieben der Front ihre Stärken immens ausspielen können. Da der Vorstoß zwischen Eifel (nördlich) und Hunsrück (südlich) vorwärts gelaufen wäre, hätte die deutsche Panzerwaffe hier kaum flankierend wirken können. Das waldige Gelände der beiden Mittelgebirge wäre zudem ideal für die weit überlegene französische Infanterie gewesen (und auch für die leichtere Artillerie).

Die zweite Angriffsachse wäre dann von Saarbrücken über Kaiserslautern in Richtung Ludwigshafen (südlicher Teil) und Mainz (nördlicher Teil) gelaufen. Ebenfalls gedeckt im Norden durch den Hunsrück und schließlich hätte man dann den Rhein als weitere Linie zur Deckung gehabt.

Ein wesentlicher Vorteil der Franzosen wäre hier gewesen, dass sie mit der Maginot-Linie alles südlich vom Pfälzerwald bis hin zur Schweiz hätten entblößen können und damit eine immense zahlenmässige Überlegenheit in diesem Gebiet hätten verwirklichen können, hätte doch die Maginot Linie südlich von diesem Einfallsgebiet verhindert, dass die Deutschen dort offensiv werden.

Damit wäre das ganze linksrheinische Gebiet zwischen Karlsruhe und Koblenz in die Hände Frankreichs gefallen. Gegenoffensiven hätte man leicht abweisen können. Parallel dazu wäre der strategische Bombenkrieg gegen das Ruhrgebiet durchgehend erfolgt.

Im weiteren hätte man dann aus dem linksrheinischen Gebiet weiter nach Norden vorstoßen können, ins Ruhrgebiet, indem man einfach den Rhein entlang nördlich angreift. Der wesentliche Vorteil bei dieser Offensive wäre es gewesen, dass man den Rhein selbst zur Sicherung seiner Flanken hätte verwenden können, so dass hier keine deutsche große Gegenoffensive in die Flanke des in Nördlicher Richtung in die Kölnisch Bucht hinein laufenden Angriffsgeschehens zu befürchten gewesen wäre. Mit den Zerstörungen im Ruhrgebiet wäre dann die Gesamtlage in diesem Abnutzungskrieg nachhaltig und unabänderlich zugunsten der Westalliierten gekippt.

So weit zum Gesamtplan, nun zu gewissen Einzelaspekten:

Zitat:Damit haben wir nur einen sehr engen Angriffskorridor im südlichen Deutschland - weit ab vom Ruhrgebiet -, grob etwa zwischen Saarlouis und Freiburg im Breisgau. Und wenn sich auf dieser Lücke irgendwo zwischen vier und sechs Mio. Soldaten insgesamt tummeln, so kommt niemand voran, egal ob eine Seite tausend Geschütze mehr hat oder nicht.

Zunächst mal hätte das Reich bei einem längeren Abnutzungskrieg zumindest einen Teil seiner Truppen im Osten gegen die Sowjets stehen lassen müssen, da sonst ein sowjetischer Angriff in den Rücken der Deutschen einfach ein zu hohes Risiko dargestellt hätte. Der Hauptangriffsraum wäre im weiteren zwischen Lauterbourg (Osten, am Rhein) und Appach (Dreiländereck mit Luxenburg) gewesen. Alles südlich von Lauterbourg hätte die Maginotlinie gehalten.

Aber hätte man angesichts der deutschen Truppenmassen in diesem Raum durchbrechen können? Die ganze Fragestellung ist schon falsch, weil sie gar nicht das Kriegsbild gewesen wäre. Es wäre gar nicht um Durchbrüche gegangen. Im weiteren hätten die ca 6000 Geschütze mehr (und nicht 1000 wie du schreibst) hier sehr wohl einen erheblichen Unterschied ausgemacht. Das französische Trommelfeuer wäre in dem bereits oben skizzierten Raum so dicht und massiv geworden, dass es dem Äquivalent taktischer Nuklearwaffen entspreochen hätte, und die französischen Panzermassen wären hier linear dann systematisch nach vorne gerollt, immer nur gerade so weit wie die Artillerie hinreicht und dann wieder Stopp, Ari nach vorne ziehen und das ganze wiederholt sich.

Die deutschen Divisionen waren - um das noch mal zu betonen - in weiten Teilen nicht vollständig ausgerüstet und nicht vollständig ausgebildet. Nur 61 Infanterie-Divisionen waren vollumfänglich verwendbar. Das sind keine 4 bis 6 Millionen Mann. Natürlich hätte man bis zum Herbst noch einiges voll ausgerüstet bekommen, aber man wäre immer noch zahlenmässig immens unterlegen gewesen, und man wäre im Bereich der Infanterie (Hunsrück, Eifel etc) im Infanteriekampf und bei der Artillerie auch qualitativ unterlegen gewesen, während man seine überlegene Beweglichkeit bei den Panzerverbänden aufgrund der Ausformung des Kriegsraumes gar nicht hätte ausspielen können. Hätte aber die deutsche Artillerie den genannten Kriegsraum nutzend die Franzosen stoppen können?

Zitat:Ich schrieb, dass ein Drittel der Kanonen im Kaliber 75 mm gewesen seien. Von den 11.000 Geschützen 1940 waren alleine ca. 4.500 75er (also sogar mehr als ein Drittel). Und damit "relativ" unbrauchbar für den Artilleriekampf, eher gut in der Abwehr, wenn ich Sturmangriffe abwehren will

Tatsächlich wäre diese leichtere Artillerie in den bewaldeten Mittelgebirgen im Angriff höchst brauchbar gewesen, weil es dort viele Bereiche gegeben hätte, die für schwerere Artillerie gar nicht geeignet waren. Darüber hinaus kann man auch solche Kaliber im Angriff sehr gut einsetzen, gerade eben weil sie schneller und beweglicher sind und man sie daher schneller nachziehen kann. Gerade die schwere Artillerie hatte eher Mühe entsprechend nachzukommen, dazu ist noch der geringere logistische Fußabdruck zu bedenken.

Zitat:Bei 14.000 Geschützen wären also grob 9.500 Systeme effizient einsetzbar

Diese Aussage stimmt so nicht, da auch die Artillerie am unteren Ende der Kaliber durchaus im Angriff einsatzfähig war (siehe oben). Aber wie sah es mit der Überlegenheit der schweren deutschen Artillerie aus? Du schreibst selbst, dass hier 9500 französische Systeme gegen 6000 deutsche Systeme standen, prognostizierst aber dann eine Überlegenheit der deutschen schweren Artillerie aufgrund der Anzahl der Systeme über 100mm. Nun ist es durchaus so, dass dies eine wesentliche Frage ist, wobei der genannte Kriegsraum gerade eben auch für leichte Artillerie mehr Möglichkeiten bietet als dies sonst der Fall ist.

Aber dessen ungeachtet sind wir bis jetzt nur bei der französischen Artillerie. Du lässt hier dann mal die britische welche noch dazu gekommen wäre außer Acht. Und die Deutschen hätten darüber hinaus eben nicht alle Artillerie in diesen engen Raum stopfen können, zum einen weil ein Teil zwingend im Osten hätte verbleibne müssen, zum anderen weil auch alles südlich von Lauterbourg besetzt werden muss, da ein französischer Angriff auch aus diesem Raum hätte kommen können.

Schlicht und einfach: Aufgrund der Maginot Linie hätte Frankreich einen operativen Schwerpunkt bilden können (beispielsweise in dem von mir beschriebenen Raum) während Deutschland einen solchen Schwerpunkt nicht hätte bilden können, ohne an anderer Stelle eine Lücke zu reißen die dann dort sofort von Frankreich exploriert worden wäre. Der militärische Wert der Maginot Linie gerade für eine Offensive ist eine der Ironien wenn man sich die Intention dieses Bauwerkes ansieht, er kann aber in unserem Kontext gar nicht hoch genug betont werden.

Die Briten hätten bis Herbst 1940 mindestens 2000 weitere Geschütze beisteuern können. Frankreich hätte seine Artillerie auf seinen Schwerpunkt konzentrieren können, schlußendlich wäre die Artillerieüberlegenheit deutlich erreicht worden.

Und nun zu noch einem Aspekt: den Munitionsreserven. Die beschriebene Art der Kriegsführung ist immens Munitionsintensiv. Tatsächlich aber hakte es genau hier bei den Deutschen. Bereits nach dem Polenfeldzug waren die Munitionsvorräte derart erschöpft, dass regelrecht Panik ausbrach was den jetzt geschehen solle, wenn die Franzosen angreifen würden. Entsprechend wurde auf Führerbefehl und mit allerhöchstem Druck hektisch daran gearbeitet die Munitionsvorräte wieder aufzufüllen. Dies gelang genau genommen nicht ausreichend für das hier skizzierte Szenario.

Um als Einschub das noch wichtigste nochmal zu betonen: wir sprechen hier von einem monatelangen Abnutzungskrieg bevor auch nur das ganze linksrheinische Gebiet in die Hände Frankreichs gefallen ist. Dafür hätten die französichen Munitionsvorräte gereicht, die deutschen aber nicht. Schlußendlich ist es egal, dass die westalliierte und die deutsche Artillerie bei den schweren Artilleriesystemen im Herbst 1940 de facto gleich gewesen wären, und auch dass die westalliierte leichte Artillerie zahlenmässig um mehr als doppelte so stark gewesen wäre wie die Deutsche, und das sind konservative Schätzungen zugunsten der Wehrmacht, den Deutschen wäre schlicht und einfach recht bald die Munition ausgegangen und sie wäre auch nicht schnell genug ersetzbar gewesen.

Hätte man zudem der eigenen Doktrin folgend einen strategischen Luftkrieg über Monate hinweg konzentriert auf das Ruhrgebiet geführt, wäre dieses Munitionsungleichgewicht noch dramatischer geworden.

Zitat:Franzosen und Briten haben bekanntermaßen anfangs ihre Tanks verteilt und nicht zusammengefasst...... Gleichwohl ist es aber relativ egal, ob ich zusammenfasse oder verteile, wenn ich eh nur auf 200 km Breite antreten kann. In jedem Fall wäre das Risiko, dass Angriffsverbände abgezwickt werden, durchaus real.

In dem beschriebenen Kriegsraum und aufgrund der Doktrin und des linearen systematischen Vorgehens des französischen Heeres wäre dieses Risiko gleich 0 gewesen. Die Verteilung der Panzer wäre im weiteren für das Vorrücken der überlegenen Infanterie-Divisionen vorteilhafter gewesen als die deutsche Zusammenfassung in eigenen Verbänden, die nur in der Offensive sinnvoll ist, nicht aber in der Defensive.

Der Kampf Panzer gegen Panzer wäre frontal verlaufen, ohne großes Flankieren und darin wären die französischen Panzer überlegen gewesen, den exakt dafür hat man sie konzipiert. Die Deutschen hätten dann gar nicht so manövrieren können, dass die französischen Nachteile in der Führungsfähigkeit irgendeinen Einfluss gehabt hätten. Das ganze Kriegsbild wäre ein anderes gewesen. Hätte aber die Luftwaffe hier das Ruder herum reißen können?

Zitat:Und wie gesagt: Die deutsche Luftwaffe hatte im Mai 1940 mehr Bomber als Franzosen und Briten zusammen.

Nur wenn man die tatsächlich an der Westfront einsatzbereiten Kampfflugzeuge im Mai 1940 betrachtet, von denen auf westalliierter Seite nur ein Bruchteil eingesetzt wurde und dieser geringe Anteil dann auch nicht ansatzweise mit der gleichen Einsatzintensivität.

Insgesamt sah die Lage ganz anders aus. Die Westalliierten kamen bereits im Mai 1940 auf nicht weniger als 4469 Jäger und Bomber, die Deutschen auf 3578 Jäger und Bomber. Dies hätte sich bis zum Herbst 1940 nochmal drastisch zugunsten der Westallierten verschoben. Beispielsweise hatten die Briten bis August 1940 bereits den Bau von 14.000 Kampfflugzeugen in Auftrag gegeben.

Die westallierte Flugzeugproduktion insgesamt lag 1940 beim doppelten der Deutschen. Das heißt, jeder denkbaren Verstärkung der Luftwaffe wäre die doppelte Verstärkung auf Alliierter Seite entgegen gestanden.

Nehmen wir mal ein rein theoretisches Beispiel: die Deutschen hätten bis zum Herbst 1000 Flugzeuge mehr gehabt. Dann hätten die Westalliierten 2000 Flugzeuge mehr gehabt. Der Vorsprung von um die 1000 Flugzeugen im Mai 1940 wäre auf 2000 Flugzeuge mehr auf Seiten der Westalliierten angewachsen. Und so wäre das immer weiter gegangen.

Noch ein wenig beachteter Aspekt: die Ausbildung der französischen Piloten war querschnittlich besser als die der Luftwaffenpiloten. Das zeigte sich sogar im Mai 1940 bei den Abschusszahlen. Die Franzosen schossen im Luftkampf 733 deutsche Flugzeuge ab, verloren aber selbst im Luftkampf nur 306 Flugzeuge.

Aber nicht mal deine Angabe dass die deutschen mehr Bomber gehabt hätten stimmt so ganz:

Die Deutschen hatten im Mai 1940 an der Westfront 1406 einsatzbereite Bomber (inklusive StuKa). Die französische Luftwaffe verfügte über 1160 Bomber, die Briten hatten auf dem Kontinet selbst 224 Bomber stationiert und weitere 310 wurden von England aus eingesetzt. Zusammen 1694 Bomber. Und es wird wenig beachtet wie stark die Royal Airforce tatsächlich war, den ein Gros aller britischen Einheiten wurde ja zurück gehalten.

Natürlich hatten die Deutschen insgesamt mehr Bomber wenn man das ganze Reichsgebiet und jede nur denkbare Maschine berücksichtigt, aber das galt für Frankreich und England ebenfalls. Den auch hier standen noch erhebliche Anzahlen von Flugzeugen in den Kolonien (im Falle Frankreichs hätte man allein aus Afrika hunderte weitere Maschinen real heimführen können) und da wir nicht vom Mai 1940 schreiben, sondern von einem potentiellen Krieg im Herbst 1940 ff, hätten die Westalliierten Bomber zu diesem Zeitpunkt von der Quanität her die deutschen Verbände überholt gehabt.

Keineswegs also hätte bei einem Krieg im Herbst 1940 ff die Luftwaffe mehr Bomber gehabt als die Westalliierten, sondern in jedem Fall wäre dies anders herum gewesen.

Zitat:Nein, also entweder führen wir nun die große Offensive oder "wühlen" uns voran. Und hier geht es darum, dass die Westalliierten angreifen wie es die Deutschen taten. Mit einer raschen Offensive eben.

Ich habe niemals etwas von einer großen Offensive geschrieben. Das hätte auch absolut und grundsätzlich der französischen Doktrin wiedersprochen !

Das wäre also zu kontrafaktorisch! Zumindest in Bezug auf Doktrin und Kampfweise sollten wir schon bei dem bleiben was real ist. Und hier wären in einer langsamen schiebenden Abnutzungsschlacht die deutschen Panzer-Divisionen in dem von Mittelgebirgen und Flüssen begrenzten Gelände nicht ansatzweise so zur Wirkung gelangt, wäre die im Verlaufe des Krieges dann immer weiter wachsende Überlegenheit der Westalliierten in allen materiellen Fragen den Ausschlag gegeben hätte.

Bezüglich dieses dann entscheidenden Faktors kann ich an dieser Stelle nur Halders Kriegstagebuch empfehlen, welcher ja darüber hinaus ein General der Artillerie war! Für den hier von mir beschriebenen Abnutzungskrieg fehlten Deutschland 1940 bereits um die 600.000 Tonnen Stahl und eine Steigerung der Pulverproduktion wäre erst ab Mittel 1941 zu erwarten gewesen, während genau diese in Frankreich 1940 regelrecht explodierte.

Die Lage war so katastrophal, die Stimmung deswegen derart gedrückt, dass beispielsweise der Chef des Heereswaffenamtes, der General der Artillerie Becker sogar Selbstmord beging.

Kurz und einfach: entgegen deinen Ausführungen teilte die damalige deutsche Militärelite meine Auffassung davon, wie der Krieg verlaufen wäre, hätte man nicht auf die allertollkühnste Art die Flucht nach vorne angetreten. Sehr viele deutsche Generäle glaubten nicht einmal das dies gelingen könnte und hielten aufgrund der von mir ausgeführten Faktoren den Krieg bereits für verloren.
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#5
Der Vergleich reiner Stückzahlen ergibt ohne einen größeren Kontext meines Erachtens wenig Sinn, und so trügt das Bild gerade beim Westfeldzug in beide Richtungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Armée de l'Air. Deren Transformation hin zu einer neuen Typengeneration lief beim Ausbruch des Krieges gerade erst an und lag damit über zwei Jahre hinter der Luftwaffe und anderthalb Jahre hinter der RAF zurück. Das Gros der Jagdflugzeuge und Bomber war entsprechend veraltet, technisch moderne Muster gab es nur in geringer Stückzahl, von der D.520 standen am 10. Mai nur 29 Maschinen zur Verfügung, die Hauptmacht bildeten die insgesamt fast 300 Curtiss Hawk.

Dabei war der Generationenunterschied und die damit einhergehenden reinen Leistungsnachteile tatsächlich sogar zweitranging, stärkeren Einfluss hatten die technischen Unzulänglichkeiten, insbesondere was die Führungs- und Organisationsfähigkeiten anging (bspw. die Funkausstattung). Der operative Einsatzwert lag bei der Armée de l'Air quantitätsbereinigt bei einem Drittel der deutschen Luftwaffe, und während die RAF zumindest hinsichtlich der technischen Ausstattung auf dem gleichen Niveau lag und die operative Einsatzführung stark an die deutsche angepasst wurde, konnte Frankreich diese Mängel bis zur Kapitulation nicht korrigieren.

Erschwerend kam hinzu, dass dies nicht nur ein militärisches, sondern auch ein politisches und industrielles Problem war. Trotz der sich erkennbar verschärfenden Weltlage fehlte eine klare Organisation der Rüstungsbemühungen, die getrieben von Industrieinteressen, politischen Einflussnahmen bis hin zu Sabotageaktionen und Vetternwirtschaft zu einer Vielzahl an ähnlichen, in der Regel aber unausgereiften Flugzeugprojekten mit einer viel zu starken Fokussierung auf eine möglichst rasche Indienststellung führte, ohne die (größtenteils behebbaren) technischen Mängel auszumerzen und ohne eine entsprechende logistische Basis aufzubauen. Man schaue sich beispielsweise an, wie viele MS.406 nominell in Dienst standen und wie viele tatsächlich einsatzbereit waren.

Gerade der große Unterschied zwischen den tatsächlich eingesetzten Maschinen relativ zur viel größeren Zahl an produzierten Maschinen wird gern als Resultat der Ausrichtung auf einen langen Krieg und damit große Reserven begründet, was unmittelbar durchaus richtig ist, mittelbar aber den Eindruck erzeugt, dass man diese Flugzeuge einfach an die Front hätte werfen können. Faktisch war das aber unmöglich, weder erlaubte der technische Zustand so etwas, noch die personelle Basis. Denn während die französischen Piloten durchaus sehr gut ausgebildet waren, erfolgte diese Ausbildung und die Personalheranführung viel zu langsam. Die tatsächlich einsatzfähigen, im Hinterland liegenden Einheiten (die es durchaus gab, wenn auch in deutlich geringerer Quantität als üblicherweise kolportiert) dienten primär der Luftverteidigung der Industrieanlagen, die im Laufe des Westfeldzugs ja auch zum Ziel deutscher Angriffe wurden.

Ähnlich wie bei den russischen Luftstreitkräften 2022 vermittelt eine Betrachtung der Quantität ein völlig falsches Bild von den französischen Luftstreitkräften 1940. Allerdings stellt sich die Frage, in wie weit das für eine solche kontrafaktische Betrachtung relevant ist? Sowohl der Kriegszustand als auch der enge Austausch mit der RAF führten sowohl auf militärischer wie auch auf politischer Seite zu einem deutlichen Umdenken und einer Fokussierung auf die Beseitigung der zuvor genannten Umstände, die zwar im Zeitraum bis zur Kapitulation nicht beseitigt werden konnten, die aber in einem viel weiter gefassten Verlauf durchaus zu lösen gewesen wären. Aus dieser Perspektive wäre die Armée de l'Air eine völlig andere gewesen, gilt das aber auch, wenn es den deutschen Angriff nicht gegeben hätte?

Das ist nämlich der andere Punkt. Die RAF war bis Mitte der 30er Jahre auf eine Konfrontation mit Frankreich ausgerichtet worden, entsprechend erfolgte auch die Ausrüstung mit leichten und mittleren Kampfflugzeugen sowohl in der Jagd- als auch in der strategischen Bomberrolle. Mit der Refokussierung auf Deutschland begann erst die Entwicklung von Langstreckenflugzeugen, die von britischen Flugplätzen aus Ziele auch in Ost- und vor allem Süddeutschland treffen konnten. Dieser Umstand führte zur Vereinbarung der Verlegung britischer Kräfte nach Nordfrankreich im Falle eines Krieges, was dann ja ab Ende 1939 auch passierte. Gleichzeitig war man aber zu keinem Zeitpunkt bereit, die Abwehrfähigkeiten der britischen Insel zu kannibalisieren. Es wurden keine Spitfires aufs Festland verlegt, und es wurden bestimmte Verfügbarkeitsmindestgrenzen für die Sicherung der Inseln gesetzt (die zwar nach dem deutschen Angriff reduziert wurden, aber trotzdem grundsätzlich bestehen blieben).

Tatsächlich war der Großteil der bis zum deutschen Angriff nach Nordfrankreich verlegten Maschinen Unterstützungsflugzeuge (primär Aufklärung) für die britische Armee, sowie deren Jagdschutz. Die tatsächlichen Offensivkräfte (in Form der "Advanced Air Striking Force") lagen bei lediglich zehn Staffeln veralteter leichter bzw. mittlerer Bomber, und deren Jagdschutz durch zwei Jagdstaffeln mit Hurricanes. Verstärkt wurden diese Einheiten erst nach dem deutschen Angriff, und wie dargestellt auch das in Anbetracht der tatsächlich verfügbaren Maschinen eher halbherzig.

Genauso wie im Falle Frankreichs spielte aber die Zeit auch für Großbritannien, die entsprechenden Aufrüstungsprogramme waren bereits aufgelegt, die Entwicklung Schritt sehr zielstrebig voran. Es ist also völlig legitim zu behaupten, dass ein Ausbleiben des deutschen Angriffs die Alliierte Position zunehmend verstärkt hätte.

Das ignoriert aber völlig eine entsprechende Ausrichtung und Anpassung von deutscher Seite. Zunächst war man ja gar nicht von einem Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs ausgegangen, insbesondere die Luftrüstung sah also weit weniger einen strategischen Angriffs- oder Abwehrkrieg gegen diese beiden Länder vor, als vielmehr einen vor allem taktisch geführten Krieg gegen die Sowjetunion. Das deutsche Vorgehen an der Westfront war, neben der Notwendigkeit komplett neue Angriffspläne zu erstellen, auch von der tatsächlichen Ausrüstung geprägt. Zurecht wurde angemerkt, dass es auch bei einer kontrafaktischen Betrachtung wenig Sinn ergibt sich von grundsätzlichen Doktrinen zu lösen, das aber wiederum bedeutet, dass Deutschland bei einem Ausblieben der Angriffspläne eine neue Abwehrstrategie im Rahmen der grundsätzlichen Einsatzdoktrin hätte finden müssen. Genauso wie schließlich die Produktion beispielsweise an Jagdflugzeugen im späteren Kriegsverlauf gesteigert wurde (unter schwierigeren Umständen), wäre es nur folgerichtig anzunehmen, dass man sie auch früher bereits zur Abwehr strategischer Angriffe gesteigert hätte, während gleichzeitig eigene Angriff gegen grenznahe Einsatzplätze geflogen worden wären, so wie dies ja auch tatsächlich passierte. Ich sehe keine Anzeichen dafür, dass das grundsätzliche Kräfteverhältnis in der Luft von sich aus, also als Folge der Planungen der jeweiligen Luftstreitkräfte, gekippt wäre.

Das wiederum führt zu meiner Schlussfolgerung, dass die Situation am Boden hätte entschieden werden müssen, bevor irgendeine Entscheidung in der Luft erfolgt wäre, die defensiven deutschen Fähigkeiten aber zumindest kurzfristig (im hier genannten Zeitraum) stärker fortentwickelt werden könnten als die offensiven Fähigkeiten insbesondere zur Unterstützung eigener Truppen der Gegenseite. In wie weit dies dann eine Alliierte Offensive am Boden ver- oder behindert hätte kann ich nicht beurteilen. Die entscheidenden Punkte wären meines Erachtens weiterhin die Entwicklung im Osten (Deutscher Angriff ja/nein?) sowie das Verhalten Japans und der USA, insbesondere das Interesse letzterer an Europa ohne konkrete Angriffsdrohung auf Frankreich und Großbritannien, ohne weitere deutsche Expansion nach Westen, dafür aber mit einem pazifischen Krieg vor der Brust.

Gerade mit den eigenen innerpolitischen Sorgen um sozialistische Strömungen in Frankreich (insbesondere dort) und in Großbritannien sehe ich durchaus Potenzial, dass es ohne den deutschen Angriff im Westen zunächst eine abwartende Haltung gegeben hätte, die sich durch einen deutsch-russischen Krieg (egal wer ihn begonnen hätte) noch verstärkt hätte, auch um zu sehen, in wie weit sich diese beiden Systeme gegenseitig schwächen (und wie man das möglichst verlängern kann). Aber das führt dann im Zuge dieser klaren Fragestellung vermutlich auch zu weit.
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#6
Gestatte mir bitte eine kurze Frage diesbezüglich: wie erklärst du in diesem Kontext das krasse Missverhältnis bei den Luftsiegen zwischen französischen und deutschen Flugzeugen zugunsten Frankreichs?

Sowie die prozentual geringeren Bomberverluste bei den tatsächlich eingesetzten französischen Bombern?

Insgesamt aber teile ich deine Einschätzung, dass die Entscheidung am Boden erwirkt worden wäre, und nicht in der Luft.

Und hier muss man einfach festhalten, dass Frankreich (und Großbritannien) einfach deutlich mehr vollständig ausgebildete und vollständig ausgerüstete Infanterie-Divisionen hatten. Damit wäre, unterstützt durch die insgesamt überlegene Artillerie - insbesondere durch die wesentlich größeren Munitionsvorräte für die Artillerie ! - in dem von mir beschriebenen Gelände auf den genannten Angriffsachsen meiner Überzeugung nach ein systematischer Angriff in Richtung des Ruhrgebietes möglich gewesen und dieser hätte es auch erreicht und damit wäre die Lage dann endgültig gekippt.

Da die Franzosen und Briten hier dann im weiteren mit dem Rhein als Deckung für ihre Flanke auf der Rechten, die Versorgung entlang Eisenbahnen und auch auf dem Wasserwege hätten aufrecht erhalten können, hätte die entstehende Ausbuchtung für sie den Vorteil einer inneren Linie gehabt, während der Rhein bzw. die Rheinlinie wiederum von ihnen blockiert worden wären, so dass alle deutschen Nord-Süd Bewegungen entsprechend erheblich behindert und auf längere Wege geschickt worden wären.

Deshalb bin ich recht überzeugt davon, dass bei einem späteren Angriff der Westalliierten auf das deutsche Reich eine Offensive entlang der beschriebenen Achsen und dann fortgeführt ins Ruhrgebiet erfolgreich gewesen wäre. Gerade in dem genannten Gelände hätten die Deutschen ihre Überlegenheit in den Panzereinheiten eben nicht ausspielen können und hätten die zusätzlichen französischen Infanterie-Divisionen den Ausschlag gegeben.

Mit der Wegnahme des Ruhrgebietes wäre dann der Sieg der Westalliierten nur noch eine Frage der Zeit gewesen.

Noch schneller und eindeutiger wäre dies gelaufen, hätte man dann Belgien mit ins Boot geholt (wobei Holland weiter neutral bleibt wie auch im Ersten Weltkrieg) und dann hätte man über Belgien noch eine weitere Achse direkt ins Ruhrgebiet hinein errichten können. Auch hier wäre die Versorgung zum Teil auch über Waserwege bewerkstelligbar gewesen und die Maginot Linie hätte für Frankreich die Kräfte frei gemacht ein solche Schiefe Schlachtordnung gegen die deutschen Linien zu führen, ohne die andere (südliche) Flanke dabei zu gefährden.

Schlußendlich wäre der Sieg Frankreichs in Richtung Ruhrgebiet eine Art gigantische Schlacht von Leuthen geworden. Und der Rest darauf folgend dann einfach nur noch deutsche Agonie.
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#7
@Quintus
Zitat:Ich habe auch nirgends von einem raschen Offensivstoß geschrieben, sondern von einem linearen systematischen langsamen Vorgehen.
Naja, das habe ich aber so verstanden gehabt, da die ursprüngliche Formel schon war: "Was, wenn die Deutschen nicht attackiert, sondern die Westalliierten angegriffen hätten?" Ein langsames Herantasten, ein Vorwühlen, eine Materialschlacht quasi, war so eigentlich nicht unbedingt anzunehmen. Aber nehmen wir die Annahme einfach als gegeben an. Das verändert dann zwar die taktischen Parameter, aber strategisch bleibt die Lage eigentlich recht unverändert. Wobei ein langsames Vorgehen eines Gegners einem Verteidiger auch wieder Vorteile bietet, da er sich auf Veränderungen eher einstellen kann und auch besser Verstärkungen heranführen und ansetzen kann, als wenn er von einem raschen Angriff übertölpelt wird.
Zitat:Da der Vorstoß zwischen Eifel (nördlich) und Hunsrück (südlich) vorwärts gelaufen wäre, hätte die deutsche Panzerwaffe hier kaum flankierend wirken können. Das waldige Gelände der beiden Mittelgebirge wäre zudem ideal für die weit überlegene französische Infanterie gewesen (und auch für die leichtere Artillerie).
Uns ist klar, von welchem Terrain wir hier reden? Dies ist Mittelgebirgsniveau, d. h. Wälder, stark eingeschnittene Täler, Höhenzüge, Flussläufe. Und wenn wir wirklich noch im Winter 1940/41 da herumtaktieren, dann wird es auch noch ziemlich kalt und schneereich. Da ist dann faktisch nichts mehr groß möglich hinsichtlich Panzern. Allenfalls kann ich einige wenige Straßen noch nutzen, die aber schnell gesperrt sind (siehe Ardennenoffensive). D. h. die tapferen Landser und ebenso die tapferen Poilus werden im Schnee und Nebel bei Minusgraden herumstapfen, sich Erfrierungen holen und versuchen, irgendwelche Höhenzüge einzunehmen, während sie zugleich versuchen, ihre MGs und Granatwerfer oder das eine oder andere leichte Feldgeschütz irgendwo hin zu transportieren. Daneben lauern vermutlich - da die Deutschen sich ja seit grob einem Jahr (von September 1939 bis Ende 1940) eingegraben haben - neben den üblichen Drahtverhauen auch noch Minenfelder. Während zugleich Artillerie aus dem Hinterland noch vorne reinschießt - wobei hier die Deutschen den Vorteil der größeren Reichweite hätten -, was bei der Unübersichtlichkeit des Geländes sicherlich noch den einen oder anderen Friendly-Fire-Beschuss mit sich bringt. Da dürfte es dann vermutlich in den Argonnen 1918 noch angenehmer gewesen sein, da es da noch keine S-Minen etc. gab. Kurzum: Das ist ein Alptraum, wo es vielleicht mal ein paar Kilometer hin oder her geht, aber sicher keinerlei Entscheidung fällt.
Zitat:Ein wesentlicher Vorteil der Franzosen wäre hier gewesen, dass sie mit der Maginot-Linie alles südlich vom Pfälzerwald bis hin zur Schweiz hätten entblößen können und damit eine immense zahlenmässige Überlegenheit in diesem Gebiet hätten verwirklichen können, hätte doch die Maginot Linie südlich von diesem Einfallsgebiet verhindert, dass die Deutschen dort offensiv werden.
Also - die Deutschen verhalten sich in unserem Planspiel ja eh defensiv, sie würden also nicht angreifen wollen. Aber selbst wenn: Die Maginotlinie ist bekanntermaßen nicht die "Versicherung" für die sie gehalten wurde (genauso wie andere Festungen allerdings auch). Die reine zahlenmäßige Überlegenheit wäre wohl technisch möglich, aber du musst eine solche ja auch ansetzen können. Wenn sich, was dort durchaus wegen des Geländes denkbar wäre, aber alles hintereinander staut, dann gibt es ein totales Wirrwarr - und die Spitzen könnten mit recht wenig Feuerkraft sogar aufgefangen werden.
Zitat:Damit wäre das ganze linksrheinische Gebiet zwischen Karlsruhe und Koblenz in die Hände Frankreichs gefallen.
Im "worst case" für die Deutschen wäre das tatsächlich so möglich. Die Frage wäre aber, wie lange es dauert und was es kostet. Selbst 1939, als die französische Armee im September einige linksrheinische Gebiete eroberte - was in Warschau als Großangriff gedeutet wurde -, hat man sich wieder zurückgezogen, weil sie bereits nach nur 2 Wochen zu stark vermint waren und über 2.000 Mann Verluste eintraten nur durch Minen. Man stelle sich vor, das Gebiet kann ein Jahr lang vorbereitet werden inkl. Planquadraten für Artillerie etc.?
Zitat:Parallel dazu wäre der strategische Bombenkrieg gegen das Ruhrgebiet durchgehend erfolgt.
Nein. Ich lese hier etwas irritiert immer von strategischem Bombenkrieg. Mit was denn? Farmans? Whitleys? Es standen nur mittlere Bomber zur Verfügung, die insgesamt zu langsam und zu schwach bewaffnet waren und deren Bombenlast (unter Ausnahme der Wellington und der Whitley) hinter jener der deutschen Maschinen schlicht zurückstand. Zumal auch die Frage wäre: Steigen die Flugzeugbestände auf beiden Seiten kontinuierlich an, so wie wenn es also keinen Krieg gäbe, oder gehen wir von aus, dass wir doch von September 1939 bis Ende 1940 über die Frontlinie hinweg Luftkrieg führen, was "Abnutzungserscheinungen" bedingen dürfte?
Zitat:Zunächst mal hätte das Reich bei einem längeren Abnutzungskrieg zumindest einen Teil seiner Truppen im Osten gegen die Sowjets stehen lassen müssen, da sonst ein sowjetischer Angriff in den Rücken der Deutschen einfach ein zu hohes Risiko dargestellt hätte.
Ich denke eher nicht, dass man hiermit spekulieren würde. Stalin war nach dem Finnland-Abenteuer voll mit der Restrukturierung beschäftigt und wollte mit den Deutschen eigentlich nur zusammenarbeiten. Und Barbarossa stünde ja auch nicht zur Diskussion. Ich will ja hier nun kein weiteres Fass aufmachen, aber wenn wir die Sowjetunion ins Spiel bringen, dann könnte man daran erinnern, dass Franzosen und Briten 1940 nur um ein Haar nicht die Sowjetunion wegen Finnland angriffen (Bombardierung Bakus etc.), was dann auch eine Dislozierung von alliierten Kräften bedeuten würde... Wink
Zitat:Aber hätte man angesichts der deutschen Truppenmassen in diesem Raum durchbrechen können? Die ganze Fragestellung ist schon falsch, weil sie gar nicht das Kriegsbild gewesen wäre. Es wäre gar nicht um Durchbrüche gegangen. Im weiteren hätten die ca 6000 Geschütze mehr (und nicht 1000 wie du schreibst) hier sehr wohl einen erheblichen Unterschied ausgemacht. Das französische Trommelfeuer wäre in dem bereits oben skizzierten Raum so dicht und massiv geworden, dass es dem Äquivalent taktischer Nuklearwaffen entspreochen hätte,
Also zunächst mal ist der Hinweis auf das Äquivalent hier übertrieben bzw. ist im Vergleich nicht hilfreich. Taktische Nuklearwaffen hätten einfach eine wesentlich größere Sprengkraft und auch Wirkung am Punkt. Die Trommelfeuer des Ersten Weltkrieges (auch z. B. am Hartmannswillerkopf im Ersten Weltkrieg, nur um grob in "unserer" Spielwiesen-Region zu bleiben) wurden oftmals von halbwegs guten Befestigungen überstanden - während sie einer Atomexplosion nicht widerstanden hätten. Abgesehen davon, dass ich die Zahl der Geschütze anzweifele, muss ich dann noch in unserem Szenario das dann auch noch alles logistisch erfassen. Auch ist nicht mit zu rechnen, dass ich die Geschütze wie die Russen an der Oder 1945 fast Holm an Holm abstellen und durchgehend feuern lassen kann (zumal der Gegner ja auch noch da ist, der hier bei weitem eben nicht geschwächt wäre). Das ist alles also sehr gewagt...
Zitat: Nur 61 Infanterie-Divisionen waren vollumfänglich verwendbar. Das sind keine 4 bis 6 Millionen Mann.
Da liegt ein Missverständnis vor. Mit vier bis sechs Mio. Soldaten meinte ich die Zahl der Deutschen und der Alliierten, die sich auf 200 Kilometern Frontbreite in den Vogesen quasi auf den Füßen stehen. Aber da war die Annahme meinerseits zuvor, dass die Benelux-Staaten ja nicht mitmachen, was du oben eher gekippt hast.
Zitat:Aber dessen ungeachtet sind wir bis jetzt nur bei der französischen Artillerie. Du lässt hier dann mal die britische welche noch dazu gekommen wäre außer Acht.
Nein, ich hatte die britische Artillerie erwähnt, aber sie eben als recht schwach eingestuft.
Zitat:Und nun zu noch einem Aspekt: den Munitionsreserven. Die beschriebene Art der Kriegsführung ist immens Munitionsintensiv. Tatsächlich aber hakte es genau hier bei den Deutschen. Bereits nach dem Polenfeldzug waren die Munitionsvorräte derart erschöpft, dass regelrecht Panik ausbrach was den jetzt geschehen solle, wenn die Franzosen angreifen würden. Entsprechend wurde auf Führerbefehl und mit allerhöchstem Druck hektisch daran gearbeitet die Munitionsvorräte wieder aufzufüllen. Dies gelang genau genommen nicht ausreichend für das hier skizzierte Szenario.
Das ist richtig, zumindest was Polen angeht. Aber: Erstens haben wir ein Jahr Zeit zum Aufstocken und zweitens hatten die Alliierten ebenso anfangs Engpässe - das war auch einer der Gründe, warum die Franzosen im September 1939 so zögerlich waren -, weil man eben nicht wirklich auf den Krieg vorbereitet war. Insofern ist die Munitionsfrage für unser Szenario eher zweitrangig.
Zitat:Die westallierte Flugzeugproduktion insgesamt lag 1940 beim doppelten der Deutschen. Das heißt, jeder denkbaren Verstärkung der Luftwaffe wäre die doppelte Verstärkung auf Alliierter Seite entgegen gestanden.

Nehmen wir mal ein rein theoretisches Beispiel: die Deutschen hätten bis zum Herbst 1000 Flugzeuge mehr gehabt. Dann hätten die Westalliierten 2000 Flugzeuge mehr gehabt. Der Vorsprung von um die 1000 Flugzeugen im Mai 1940 wäre auf 2000 Flugzeuge mehr auf Seiten der Westalliierten angewachsen. Und so wäre das immer weiter gegangen.

Noch ein wenig beachteter Aspekt: die Ausbildung der französischen Piloten war querschnittlich besser als die der Luftwaffenpiloten. Das zeigte sich sogar im Mai 1940 bei den Abschusszahlen. Die Franzosen schossen im Luftkampf 733 deutsche Flugzeuge ab, verloren aber selbst im Luftkampf nur 306 Flugzeuge.

Aber nicht mal deine Angabe dass die deutschen mehr Bomber gehabt hätten stimmt so ganz:

Die Deutschen hatten im Mai 1940 an der Westfront 1406 einsatzbereite Bomber (inklusive StuKa). Die französische Luftwaffe verfügte über 1160 Bomber, die Briten hatten auf dem Kontinet selbst 224 Bomber stationiert und weitere 310 wurden von England aus eingesetzt. Zusammen 1694 Bomber. Und es wird wenig beachtet wie stark die Royal Airforce tatsächlich war, den ein Gros aller britischen Einheiten wurde ja zurück gehalten. [...]

Keineswegs also hätte bei einem Krieg im Herbst 1940 ff die Luftwaffe mehr Bomber gehabt als die Westalliierten, sondern in jedem Fall wäre dies anders herum gewesen.
Im Mai 1940 war die Überlegenheit an mittleren Maschinen durchaus gegeben. Aber ja, Ende 1940 wäre die reine Anzahl - wenn wir das mal so gegenrechnen wollen - tatsächlich dann zugunsten der alliierten Seite gekippt. Indessen jedoch wäre es, auch bei zahlenmäßiger Überlegenheit, nicht zwingend auch eine qualitative gewesen. Ich habe es mal versucht aufzudröseln...

Wenn wir mal rein theoretisch von gar keinen Verlusten zwischen Ende 1939 und Ende 1940 ausgehen, dann laufen der RAF rund 1.200 Wellingtons zu (gute Bombenlast, gute Mehrzweckfähigkeit), dazu 900 Hampdens (kein schlechtes Flugzeug, aber auch nicht wirklich ein strategischer Bomber, zudem recht schwach bewaffnet), dazu 500 bis 600 Armstrong Whitworth Whitleys (gute Bombenlast, aber zu langsam und schwerfällig, allenfalls noch Nachtbomber). Den größten "Posten" stellt die Bristol Blenheim dar (ca. 3.000 Exemplare), aber das ist mit max. 500 kg Bombenlast eher ein leichter und etwas veralteter Bomber. Wir hätten also ca. 2.600 mittlere und 3.000 leichtere Bomber, deren Kampfqualitäten und Leistungsparameter aber sehr unterschiedlich gewesen wären.

Dem gegenüber hätten die Deutschen ca. 4.200 Bomber produziert, davon 1.800 Ju 88 und 1.200 He 111 sowie rund 700 Sturzkampfbomber und 500 leichtere Do 17. D. h. also 3.000 mittlere Modelle - d. h. mehr mittlerer Bomber als die Briten, die den britischen mittleren Modellen tendenziell zudem überlegen waren (die Abwehrbewaffnung war ebenso zu schwach) - und 1.200 leichtere Bomber bzw. Erdkampfflugzeuge (wobei die Do 17 immer noch eine fast doppelt so große Bombenlast wie die Blenheim tragen konnte). Ich sehe hier also nicht wirklich einen Vorteil bei den Briten.

Anm.: Was hier in meiner Rechnung fehlt, sind die Franzosen. Aber alle Zahlen, die ich finde, sind meistens nur grobe Schätzwerte, was ggf. möglicherweise irgendwann gebaut oder importiert werden könnte. Da will ich mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, da dies sehr vage ist.

Schneemann
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#8
(23.04.2022, 13:48)Quintus Fabius schrieb: Gestatte mir bitte eine kurze Frage diesbezüglich: wie erklärst du in diesem Kontext das krasse Missverhältnis bei den Luftsiegen zwischen französischen und deutschen Flugzeugen zugunsten Frankreichs?

Ein solch krasses Missverhältnis gab es in allen drei Phasen nicht. Während der Zeit des Sitzkrieges gab es Anfangs noch häufigere Gefechte, die für die französische Seite durchaus erfolgreich verliefen, allerdings auch zu falschen Schlüssen führten (bspw. das Gefecht "9-gegen-27"), etwa der Überlegenheit der französischen Ausrüstung (trotz dem Wissen um die annähernden Leistungsdaten). Trotzdem gab es immer wieder auch größere Verluste, die man schließlich nicht länger tragen wollte, so dass die Anweisung erging, Luftkämpfe nach Möglichkeit zu vermeiden. Auf deutscher Seite war das zuvor auch schon passiert. Tatsächliche Aufeinandertreffen waren geprägt von Fehleinschätzungen und Überheblichkeiten gerade auch von deutscher Seite.
In der zweiten Phase, dem tatsächlichen Angriff gab es sehr intensive, und insbesondere für die deutschen Angriffs- und Transportflugzeuge verlustreiche Gefechte. Die Zahl der Luftkämpfe stieg dabei nicht so stark an, wie man es vermuten könnte. Die Ausweichbewegungen der Armée de l'Air haben zwar die Zerstörung am Boden eingeschränkt, dafür sorgte die weite Dislozierung für eine schwierige Koordination, die ja eh keine Stärke der französischen Streitkräfte war. Statt großer Schlachten kam es häufiger zu kleineren Gefechten, und viel Zerstörung durch gegnerisches Flugabwehrfeuer. Dieser zweite Abschnitt war relativ schnell vorbei, und größere Verbände der Luftwaffe sicherten die tatsächlich errungene Luftüberlegenheit. In dieser dritten Phase reduzierten sich die Gefechte sehr deutlich, was auch daran lag, dass ein großer Teil der französischen Jagdflugzeuge bereits zerstört war.

Die Verlustrate der Jagdflieger der Luftwaffe war über den ganzen Verlauf deutlich niedriger als während der Luftschlacht um England, und sowohl absolut wie insbesondere auch relativ bezogen auf die Zahl der geflogenen Einsätze deutlich niedriger als die der französischen Jagdflieger. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen wieder, während ein großer Teil der abgeschossenen französischen Maschinen Jagdflugzeuge (meist älteren Typs) waren, so lag dieser Anteil auf deutscher Seite bei lediglich 20 Prozent der Gesamtverluste, inklusive eingerechneter Me 110, die sich in der Jagdrolle gar nicht bewähren könnten.

Zitat:Sowie die prozentual geringeren Bomberverluste bei den tatsächlich eingesetzten französischen Bombern?

"Gering" ist da auch wieder sehr relativ zu betrachten, sie waren deutlich geringer als auf deutscher Seite, weil die Luftwaffe ihre Bomber und Angriffsflugzeuge als Luftnahunterstützung sehr eng und nah am Feind einsetzte und sie so zu leichten Zielen nicht nur für Jagdflugzeuge, sondern auch für die Flugabwehr machte. Und das insbesondere in der Phase ohne eigene Luftüberlegenheit. Der größte Teil der Gesamtverluste erfolgte, ähnlich wie auch bei den Transportkräften, in den ersten Tagen des Angriffskrieges, während die Verlustquote danach dramatisch abfiel.
Auf französischer Seite wurden die Flugzeuge fast gar nicht zur direkten Unterstützung der eigenen Bodeneinheiten verwendet, dafür fehlten auch die Mittel zur Koordination solcher Einsätze. Vielmehr wurde sie im strategischen Sinne eingesetzt, und erhielten da Anfangs so hohe Verluste, dass man sehr schnell auf Nachtangriffe auswich - die dann nur mäßigen Einsatzerfolg brachten, aber zumindest die Verlustzahlen reduzierten.

Alles in allem sind beide Betrachtungen beispielshaft für die Frage der Einschätzung von Quantitäten. Mit der gleichen Zahl an Maschinen konnte die Luftwaffe deutlich mehr Einsätze pro Tag als die Armée de l'Air durchführen, während im Durchschnitt ein Jagdflieger auf französischer Seite etwa anderthalb Missionen pro Tag flog, kam der deutsche Pilot auf durchschnittlich sieben Einsätze. Auch bei den Bombern sah das Verhältnis ähnlich aus.

Zitat:Damit wäre, unterstützt durch die insgesamt überlegene Artillerie - insbesondere durch die wesentlich größeren Munitionsvorräte für die Artillerie ! - in dem von mir beschriebenen Gelände auf den genannten Angriffsachsen meiner Überzeugung nach ein systematischer Angriff in Richtung des Ruhrgebietes möglich gewesen und dieser hätte es auch erreicht und damit wäre die Lage dann endgültig gekippt.

Ich habe da ehrlich gesagt meine Zweifel, dass solch ein Angriff ohne hinreichende Luftunterstützung wirklich hätte erfolgreich verlaufen können. Und für eine solche Luftunterstützung fehlten den Alliierten meines Erachtens trotz des weiteren Aufbaus die Mittel. Aber in die Frage will ich (auch mangels wissen um die Verhältnisse am Boden) gar nicht tiefer einsteigen.

Grundsätzliche Frage (rein aus Interesse): wie bewertet ihr (also du und Schneemann) den Faktor Italien? Der Kriegseintritt erfolgte natürlich auch aufgrund von Opportunismus, aber wenn er auch ohne die deutschen Erfolge passiert wäre, hätte das zu einer schwierigen Situation am Mittelmeer führen können. Auf eure Einschätzungen bin ich gespannt. Smile
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#9
Helios:

Italien lassen wir bewusst außen vor, ebenso Belgien oder die Sowjets, um die Sache zu vereinfachen und Faktoren heraus zu nehmen.

Zitat:Die Verlustrate der Jagdflieger der Luftwaffe war .......absolut wie insbesondere auch relativ bezogen auf die Zahl der geflogenen Einsätze deutlich niedriger als die der französischen Jagdflieger.

Da habe ich aber andere Zahlen, beispielsweise von Kirkland und anderen. Die Franzosen schossen im Luftkampf mehr deutsche Flugzeuge ab als umgekehrt und zwar erheblich mehr. Ich habe sogar ja schon oben ganz konkrete Zahlen genannt. Das die Verlustrate niederiger war als bei der Luftschlacht um England, kein Vertun. Aber die Zahl der Luftsiege französischer Piloten war ca doppelt so hoch wie umgekehrt die Zahl der Luftsiege deutscher Piloten über französische Flugzeuge. Bei den Briten sah das anders aus, ich weiß, aber da muss man halt auch bedenken welch immenser Anteil der britischen Flugzeuge auf dem Kontinent lediglich Aufklärer etc waren. Mir ging es also nur um Franzosen vs Deutsche im Luftkampf. Und da sah das Verhältnis 306 zu 733 aus, zugunsten Frankreichs.

Zitat:Mit der gleichen Zahl an Maschinen konnte die Luftwaffe deutlich mehr Einsätze pro Tag als die Armée de l'Air durchführen, während im Durchschnitt ein Jagdflieger auf französischer Seite etwa anderthalb Missionen pro Tag flog, kam der deutsche Pilot auf durchschnittlich sieben Einsätze. Auch bei den Bombern sah das Verhältnis ähnlich aus.

Auch da hatte ich bereits konkrete Zahlen genannt, die von deinen hier zwar ebenfalls abweichen, aber von der Kernaussage her das gleiche aussagen. Tatsächlich flogen die Bomber der Franzosen noch sehr viel weniger Einsätze pro Tag, dass schwankt je nach Quelle so um die 0,3 Einsätze pro Tag.

Nun merkst du korrekterweise an, dass hier die Koordination fehlte, aber man hätte auch ohne eine solche bei einem entsprechenden aggressiven Offensivgeist (der natürlich hier fehlte und fehlen musste - aufgrund der Doktrin), viel mehr Bomber gegen die deutschen Kolonnen in den Ardennen einsetzen können. Dazu hätte es keiner Koordination mit irgendwas bedurft, man hätte einfache freie Jagd auf Sicht erklärt, die Maschinen vorgejagt und alles angegriffen was da auf den wenigen bekannten Straßen im schleichenden Verkehr vor sich hin kroch. Allein das hätte schon die komplette Wende gleich zu Beginn bringen können. Aber da es hier ja um eine völig andere Situation geht, noch etwas mehr Konkretisierung zu dieser, denn es bedarf meiner Meinung nach noch weiterer Konkretisierung hier, bevor wir überhaupt tiefer einsteigen können:

Zitat:Ich habe da ehrlich gesagt meine Zweifel, dass solch ein Angriff ohne hinreichende Luftunterstützung wirklich hätte erfolgreich verlaufen können. Und für eine solche Luftunterstützung fehlten den Alliierten meines Erachtens trotz des weiteren Aufbaus die Mittel.

Wir haben ja den Spätherbst 1940 als Angriffszeitpunkt für die Westalliierten festgelegt. Ein Grund (den ich jetzt mal so festlege) warum ein Angriff überhaupt zu diesem Zeitpunkt (ursprünglich von Schneemann einfach willkürlich festgelegt) stattfinden könnte wäre das Wetter und sein Einfluss auf die Luftoperationen.

Nehmen wir also mal im weiteren an, der Angriff sei deshalb so spät und in den Frühwinter hinein erfolgt, weil dies die deutsche Luftwaffe erheblich behindert (Wolken, Nebel, Regen, Schneeregen etc) und dass sei der Grund warum die Offensive dann startet. Das würde ganz gut passen zu deiner Aussage.

Schneemann:

Ich kann Helios zustimmen, dass wir beide hier aktuell zu sehr auf den bloßen Produktionszahlen und Zahlen von Systemen herum reiten. Das ist nicht alles, aber natürlich ist eine ganzheitliche Betrachtung im Rahmen von bloßen Forenbeiträgen sehr schwierig.

Noch mal zu den Parametern: Lassen wir die Sowjetunion mal so weit raus, dass Deutschland seine Truppen bis auf irgendwelche irrelevanten Landwehrverbände komplett im Westen einsetzen kann (als rein theoretisches Szenario) und lassen wir im weiteren auch Belgien raus (und alle anderen), es bleibt bei Frankreich + Großbritannien gegen Deusches Reich als einzigen Kriegsteilnehmern. Damit dürfte jetzt jede Ungenauigkeit in dieser Frage endlich geklärt sein.

Zitat:Anm.: Was hier in meiner Rechnung fehlt, sind die Franzosen. Aber alle Zahlen, die ich finde, sind meistens nur grobe Schätzwerte, was ggf. möglicherweise irgendwann gebaut oder importiert werden könnte. Da will ich mich nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, da dies sehr vage ist.

Und bleiben wir eingangs noch mal bei den Produktionszahlen:

Laut Kirkland (French Air Strength) oder auch Harvey lag die britische und französische Flugzeugproduktion beim doppelten der deutschen Flugzeugproduktion und hätte sich dieses Verhältnis im weiteren Verlauf sogar noch weiter zuungunsten der Deutschen verschlechtert.

Du schreibst nun hier, dass die Deutschen hätten ca 4200 Bomber produzieren können. Damit hätten die Allierten im gleichen Zeitraum 8400 Bomber produzieren können. Zieht man die von dir genannten ca 5600 britischen Maschinen ab, hätte Frankreich die Zahl seiner Bomber also um ca 2800 Maschinen vermehren können. Frankreich startete mit 1160 Bombern (davon natürlich ein Gros veraltet, aber das waren etliche deutsche Flugzeuge auch), entsprechend wäre die Anzahl der französischen Bomber auf ca 4000 gestiegen.

Bei den Jagdflugzeugen hätte die Sache noch krasser ausgesehen, wenn man hier die französischen und britischen Produktionskapazitäten zusammen nimmt, und entsprechend davon ausgeht, dass die Briten ihre neueren Typen (Spitfire) dann in größeren Stückzahlen eingesetzt hätten. Im übrigen schlugen sich die vorherrschenden Me109e auch gegenüber Typen wie der Bloch 152, Dewoitine 520, Curtis Hawk oder Hurricane keineswegs so überragend wie man das oft annimmt. Das lag auch an der querschnittlich besseren Ausbildung der alliierten Piloten und ihrem Können mit diesen Maschinen, aber auch technisch konnten die durchaus oft mithalten.

Aber an dieser Stelle will ich einen Einschub machen und den Gedanken von Helios aufgreifen dass die Luft hier keineswegs irgendwie entscheidend geworden wäre, und wir könnten den von dir ursprünglich gewählten Zeitpunkt der westalliierten Offensive im Spätherbst 1940 ja auch damit begründen, dass dadurch die deutsche Luftwaffe wetterbedingt eingeschränkt wird und dies ein primärer Grund für diesen Angriffszeitraum ist.

Deshalb will ich im weiteren etwas mehr am Boden bleiben, was wiederum eher mein Gebiet ist.

Zitat:Naja, das habe ich aber so verstanden gehabt, da die ursprüngliche Formel schon war: "Was, wenn die Deutschen nicht attackiert, sondern die Westalliierten angegriffen hätten?" Ein langsames Herantasten, ein Vorwühlen, eine Materialschlacht quasi, war so eigentlich nicht unbedingt anzunehmen.

Man versteht sich in der Kürze und Beschränktheit solcher Foreneinträge fortwährend sehr leicht falsch. Die ursprüngliche Formel war meinerseits durchaus: was wenn die Westalliierten angegriffen hätten!? Das hast du schon richtig geschrieben, Aber: man darf dabei nicht die grundsätzliche Doktrin der französischen Armee dann einfach außer Acht lassen. Ein solcher Angriff wäre seitens der Westalliierten niemals, unter gar keinen wie auch denkbaren Umständen so erfolgt wie umgekehrt der deutsche Angriff auf Frankreich. Das hätte dann nichts mehr mit kontrafaktorischer Geschichte zu tun, dass wäre dann einfach nur noch wertlose völlige Phantasterei.

Jeder denkbare Angriff der Westalliierten wäre eine systematische Materialschlacht gewesen, ein stückweises Vorwühlen, den exakt darauf waren ihre Armeen ausgerichtet und im Falle der französischen Armee de facto überspezialisiert. Jede Offensive der Franzosen wäre exakt so durchgeführt worden, und auf keinen Fall anders, gerade deshalb ignorierte man ja beispielsweise de Gaulle derart extrem. Man wollte im Endeffekt eine perfektionierte Form des Ersten Weltkrieges führen, entsprechend war dies das angestrebte Kriegsbild. Alle Ausrüstung, alle Ausbildung, alle Doktrin, alle Strukturen und jedwedes militärische Vorgehen waren darauf hin ausgerichtet.

Bei einer Offensive der Westalliierten hätten diese nun den Deutschen exakt diese Kampfweise aufzwingen können, weil die Deutschen in der Defensive ihre wesentlichsten Stärken gar nicht hätten zum Einsatz bringen können, und erst recht nicht in dem von mir genannten Gelände.

Zitat:Uns ist klar, von welchem Terrain wir hier reden? Dies ist Mittelgebirgsniveau, d. h. Wälder, stark eingeschnittene Täler, Höhenzüge, Flussläufe. Und wenn wir wirklich noch im Winter 1940/41 da herumtaktieren, dann wird es auch noch ziemlich kalt und schneereich. Da ist dann faktisch nichts mehr groß möglich hinsichtlich Panzern. Allenfalls kann ich einige wenige Straßen noch nutzen, die aber schnell gesperrt sind (siehe Ardennenoffensive).

Wenn du mal Google Maps ansiehst, und die von mir genannten Angriffsachsen entlang gehst, dann stellst du schnell fest, dass deine Beschreibung der Landschaft unzureichend ist. Das von dir genannte Gelände existiert zwar, aber ich nannte es explizit als eine Bedeckung der jeweiligen Flanken der französischen Angriffsachsen. Die von dir genannten Faktoren hätten also verhindert, dass deutsche Panzerverbände seitlich vorbei durchbrechen und dann die französischen Verbände einkesseln, ebenso wäre jedes Schlagen aus der Nachhand dadurch verhindert. Das von dir beschriebene Gelände wäre also perfekt dafür die französischen Armeen daran anzulehnen, während man dieses selbst mit Infanterie nimmt.

Weite und breite Teile der von mir explizit genannten Bewegungsachsen sind keineswegs so wie du es hier beschreibst. Die Flüsse liegen nun im weiteren hier oft auch nicht quer, sondern gerade die größeren Flüsse liegen längs der Bewegungsrichtung, dass ganze wird dann sogar zum Vorteil dahingehend, dass man hier sogar den Wasserweg für logistische Versorgung andenken könnte.

Zitat:D. h. die tapferen Landser und ebenso die tapferen Poilus werden im Schnee und Nebel bei Minusgraden herumstapfen, sich Erfrierungen holen und versuchen, irgendwelche Höhenzüge einzunehmen, während sie zugleich versuchen, ihre MGs und Granatwerfer oder das eine oder andere leichte Feldgeschütz irgendwo hin zu transportieren. Daneben lauern vermutlich - da die Deutschen sich ja seit grob einem Jahr (von September 1939 bis Ende 1940) eingegraben haben - neben den üblichen Drahtverhauen auch noch Minenfelder.

An den Flanken der Hauptvorstöße wäre das tatsächlich das Kriegsbild gewesen. Hier hätten die Franzosen aber um die 40 Infanterie-Divisionen mehr einsetzen können, entsprechend wären die Deutschen Truppen erschöpft und ausgeblutet ohne weiteren Zulauf dagestanden, während die Franzosen immer neue frische ausgeruhte Divisionen ins Gefecht hätten führen können. Da sich Frankreich das ganze ja ohnehin als einen perfektionierten 1WK vorstellte, wäre entsprechend auch ein solches Kriegsbild dabei heraus gekommen. Das betrifft aber nur das Gelände an welches sich die Flanken anlehnen.

Im übrigen belegt gerade auch die Ardennenoffensive (auch beide wenn man so will), dass dein Gedanke von der Undurchdringbarkeit dieses Geländes für Panzer einfach falsch ist.

Und auch die Franzosen hatten sowohl in den Ardennen als auch bei Sedan Bunker und Befestigungsanlagen. Diese zu knacken dauert für die Deutschen gerade mal den 13 Mai. Es ist eben nicht so, dass eine Armee nur weil sie sich einige Monate lang eingegraben hat dadurch nicht mehr aus ihren Stellungen geworfen werden kann. Entsprechend hätten auch deutsche Feldbefestigungen, Bunker, Minenfelder etc von den Franzosen durchaus auch genommen werden können. Das hängt dann von vielen Umständen ab.

Zitat:Während zugleich Artillerie aus dem Hinterland noch vorne reinschießt - wobei hier die Deutschen den Vorteil der größeren Reichweite hätten

Um es korrekter auszudrücken: die Reichweite ist zwar gleich, aber die Deutschen hätten im Bereich der größeren Reichweiten eine größere Quantität gehabt. Nur: da ist wieder die Munitionsfrage. Nach dem Polenfeldzug war bei manchen Kalibern der schweren Artillerie ein Fehlbestand von über 80%. Diesen konnte man bis zum Frankreichfeldzug gerade wieder auffüllen.

Und die französischen und britischen Munitionsproduktions-Kapazitäten waren immens viel höher als die Deutschen (siehe Halders Kriegstagebuch, siehe das Heereswaffenamt in dieser Zeit, siehe die Munitionspanik zwischen Polen und dem Frankreichfeldzug). Es fehlte Deutschland Stahl und die Pulverproduktion war unzureichend.

Das Artillerieduell wäre von deutscher Seite aus Munitionsmangel verloren worden.

Zitat:was bei der Unübersichtlichkeit des Geländes sicherlich noch den einen oder anderen Friendly-Fire-Beschuss mit sich bringt.

Das noch dazu, und hier wäre die wesentlich zahlreichere leichte französische Artillerie wieder ein Vorteil gewesen.

Zitat:Da dürfte es dann vermutlich in den Argonnen 1918 noch angenehmer gewesen sein, da es da noch keine S-Minen etc. gab. Kurzum: Das ist ein Alptraum, wo es vielleicht mal ein paar Kilometer hin oder her geht, aber sicher keinerlei Entscheidung fällt.

Anfangs wäre es nicht richtig voran gekommen, dass ist völlig korrekt, und ja, es wäre ein Alptraum gewesen, eine Steigerung des Ersten Weltkrieges den exakt das war das Kriegsbild der Westalliierten. Exakt deshalb zögerten sich auch selbst so lange mit der Offensive bis es zu spät war, genau wegen dieser Ansicht. Aber: du lässt hier die ganz grundsätzliche strategische Konzeption des ganzen außer Acht, nämlich in einem Abnutzungskrieg den Feind solange abzunutzen bis er in sich kollabiert. Das ist das Konzept. Das ist nicht elegant, dass ist nicht Bewegung und Manöver, aber es ist ein funktionierendes Konzept.

Die Wehrmacht hätte diese Materialschlacht gar nicht so lange führen können. Sie wäre sowohl von ihren Infanterie-Divisionen her (die zu diesem Zeitpunkt noch unzureichend waren im Vergleich) bis hin zu ihrer Artillerie diese Abnutzung nicht durchgehalten und dann wäre die ganze Front ins Rutschen gekommen.

Exakt so einen Alptraum zu produzieren war das Konzept der französischen Armee. Deshalb die ganze lineare Systematik, die Verteilung der Kampfpanzer auf die Infanterie, das Übermaß an Artillerie usw

Zitat:Die Maginotlinie ist bekanntermaßen nicht die "Versicherung" für die sie gehalten wurde (genauso wie andere Festungen allerdings auch).

Die Maginot-Linie wird heute sehr unterschätzt. Sie wurde auch nirgends durchbrochen und dies wäre auch dann nicht geschehen, wenn man es ernsthafter versucht hätte. Wie ich es schon schrieb wäre die ganze Sache eine neue gigantische Schlacht von Leuthen geworden, eine Schiefe Schlachtordnung. Ermöglicht gerade eben durch die Maginot Linie die ironischerweise für eine Westalliierte Offensive wesentlich mehr geleistet hätte als sie in der Defensive je hätte leisten können.

Zitat:Die reine zahlenmäßige Überlegenheit wäre wohl technisch möglich, aber du musst eine solche ja auch ansetzen können. Wenn sich, was dort durchaus wegen des Geländes denkbar wäre, aber alles hintereinander staut, dann gibt es ein totales Wirrwarr - und die Spitzen könnten mit recht wenig Feuerkraft sogar aufgefangen werden.

So ist das Gelände dort aber nicht insgesamt beschaffen, sondern nur in bestimmten begrenzten Anteilen.

Und der Frontabschnitt in welchen die westalliierte Offensive hinein geführt worden wäre, hätte eine Breite von ca 180 Kilometern gehabt (gerade abgemessen). Das zuerst vor dem Angriff ins Ruhrgebiet einzunehmende Gebiet hätte eine Ausdehnung von 180 km (Front bei Beginn) auf 210 km. Dies wäre zuerst zu nehmen. Da kann man natürlich nicht nach belieben Truppen reinstopfen, aber darum geht es in der ersten Phase ja noch nicht einmal. Da werden Divisionen eingeschoben, werden erschöpft, heraus gelöst und neue eingeschoben usw. Entsprechend relevant sind hier fortwährende Reserven. Und diese hätte man in diesem Gelände auch bewegen können, sie wären keineswegs in einem totalen Wirrwarr hintereinander aufgereiht gewesen.

In der entstehenden Ausbuchtung von ca 40.000 quadratkilometern hätte man eine frontale Abnutzungsschlacht geführt und diese hätten die deutschen Infanterie-Divisionen nicht durchgehalten. Den beide Seiten hätten hier ungefähr die gleichen Versorgungsprobleme gehabt, nur dass die Franzosen immer neue Großkampfverbände ausgeruht in den Angriff hätten schicken können, während den Deutschen hierfür die Reserven gefehlt hätten und eine Entlastung in die Flanken auch nicht möglich gewesen wäre, da der Angriff hier sehr gut an das bergigere Gelände bzw an den Rhein angelehnt hätte werden können.

Zitat:Die Frage wäre aber, wie lange es dauert und was es kostet. Selbst 1939, als die französische Armee im September einige linksrheinische Gebiete eroberte - was in Warschau als Großangriff gedeutet wurde -, hat man sich wieder zurückgezogen, weil sie bereits nach nur 2 Wochen zu stark vermint waren und über 2.000 Mann Verluste eintraten nur durch Minen. Man stelle sich vor, das Gebiet kann ein Jahr lang vorbereitet werden inkl. Planquadraten für Artillerie etc.?

Wenn auch nicht alle Bunker stundenlangem Artillerietrommelfeuer zum Opfer fallen, Minenfelder sind dann meist kaum noch welche da. Und der beschränkte Angriff auf linksrheinische Gebiete war eher ein symbolischer Vorstoß, ein rein politisches Zeichen und wurde auch nicht wegen der Minen oder der Verluste abgebrochen, sondern weil er ja von Beginn nur mit völlig unzureichenden Kräften geführt wurde.

In unserem Szenario aber ist es ja eine absolute Großoffensive mit allem was man hat und mit einem strategischen Ziel, der Zerstörung des Ruhrgebietes. Weil damit im Abnutzungskrieg dann alles dauerhaft gesichert kippt, zugunsten der Westalliierten.

Zitat:Also zunächst mal ist der Hinweis auf das Äquivalent hier übertrieben bzw. ist im Vergleich nicht hilfreich. Taktische Nuklearwaffen hätten einfach eine wesentlich größere Sprengkraft und auch Wirkung am Punkt. Die Trommelfeuer des Ersten Weltkrieges (auch z. B. am Hartmannswillerkopf im Ersten Weltkrieg, nur um grob in "unserer" Spielwiesen-Region zu bleiben) wurden oftmals von halbwegs guten Befestigungen überstanden - während sie einer Atomexplosion nicht widerstanden hätten.

Auch eine taktische Atomwaffe zerstört halbwegs gut Befestigungen nur in einem recht kleinen Bereich. Natürlich kann Trommelfeuer dann auch in diesem noch Befestigungen übrig lassen, aber darum geht es bei einem immer weiter andauernden Trommelfeuer auch gar nicht. Dieses wird vor allem auch dazu geführt die aktive Verteidigung der Befestigungen zu unterdrücken und daher so nahe an die eigenen Kräfte heran geführt durchgehalten bis diese de facto schon inmitten der feindlichen Stellungen stehen. Das war das Konzept, exakt darauf haben sich die Franzosen dann im weiteren ausgerichtet. Gerade dafür war auch das Übermaß leichter Artillerie dar (mal abgesehen von deren Defensivwert), weil man ja die Geschütze nicht alle direkt "Schulter an Schulter" nebeneinander stellen konnte, so stellte man sie nach Reichweiten sortiert hintereinander und es kam dann dabei auch auf die bloße Anzahl der Schüsse und Einschläge an.

Die psychologische Wirkung dieses Trommelfeuers war immens und wird selbst heute noch drastisch unterschätzt. So wie die Franzosen bei Sedan durch das Massenbombardement der Luftwaffe am 13 Mai in ihren Bunkern de facto kampfunfähig wurden, nicht weil die Bunker oder ihre Besatzungen ausgeschaltet gewesen wären, sondern aus psychologischen Gründen und weil jede Führung und Koordination zusammen brach, so hätte der gleiche Effekt umgekehrt auch gegen deutsche Stellungssysteme mit der Artillerie erzielt werden können.

Durch den ganzen Feuerhagel der Luftwaffe bei Sedan gegen die französischen Bunker waren nur 56 französische Soldaten getötet worden. Und trotzdem waren die Bunker weitgehend praktisch ausgeschaltet in ihrem Wert und ebenso die sonstigen Feldbefestigungen und Stellungen der 55. französischen Division.

Die psychologische Wirkung von endlosem Artilleriefeuer wurde gerade von den Franzosen und Briten aufgrund des 1WK systematisch untersucht und sogar explizite Theorien daraufhin aufgestellt, wie man das Feuer durchführen muss, um diese Wirkung maximal zu steigern.

Die Wirkung wäre aus all diesen Faktoren heraus auch deutlich größer gewesen als im 1WK, und entsprechend wären deutsche Stellungssysteme zumindest so weit niedergehalten worden, dass entlang der von mir explizit beschriebenen Achsen die mit schweren Panzern verstärkten französischen und britischen Divisionen frontal immer wieder und wieder in die deutschen Stellungen hätten einbrechen können.

Im weiteren mal ein reales Beispiel wie das dann ausgesehen haben könnte (aus dem 2WK)

https://wavellroom.com/2020/08/18/the-ps...e-support/

Zitat:The Op Veritable fireplan was arguably the most intense of the war. It opened with 1,852 guns, from 40mm Bofors to 240mm super-heavies, all firing indirect fire support onto a 10-kilometre front. In the first 14 hours close to 700,000 shells were fired 5. By comparison, Alamein’s famously heavy fireplan was rather tame, with 1,000 guns firing a million shells, but taking more than a week to do it and on a 32-kilometre front6. Veritable’s fireplan included five and a half hours of preparation and counter-battery fire, at least one false start to prompt defensive fire, a vast smoke screen and a pepperpot programme where mortars, tanks, anti-tank and anti-aircraft guns rotated their indirect engagement of forward strongpoints.

This was followed by the barrage, a wall of fire 4,500 metres wide and 450 metres deep, where 6,500 shells fell in every grid square every hour. As the barrage stepped forward at 25 metres a minute, it was followed by 12 British and Canadian battalions supported by 400 heavy AFVs, including Churchill infantry tanks, Sherman Flails, AVREs and flame-throwing Crocodiles. By the end of the day, the British and Canadian troops in 30 Corps had fought through seven kilometres of the forward defensive line, almost collapsed the German 84 Infantry Division, destroyed four of its battalions and taken 1,100 prisoners. As the attacking units paused at the edge of the Siegfried Line there was no formed defence between them and the Rhine bridges at Wesel, 40km further east. All observers agreed that the key to Veritable’s opening success was the psychological effect of the fireplan, with close to 20 prisoners for every German casualty, and the casualties on both sides below five percent.

Auch wenn es in Swanns Studie und dem vernetzten Artikel explizit darum geht ein Beispiel für absoluten Overkill zu präsentieren, so wäre doch genau dieser Overkill das primäre Ziel der französischen Armee dieser Zeit gewesen.

Speziell dazu war sie aufgestellt, ausgerüstet, ausgebildet, von ihrer ganzen Doktrin her ausgerichtet. Exakt diese Effekte über möglichst lange Zeiträume herzustellen, systematisch, linear, maschinenhaft, stumpf. Das hätten weder die deutschen Infanterie-Divisionen mit ihrer querschnittlich wesentlich schlechteren Qualität noch die durch Munitionsprobleme beschränkte deutsche Artillerie durchgehalten.

Wie Halder (Artillerietruppe!) in seinem Kriegstagebuch vermerkte fehlten Deutschland hunderttausende Tonnen von Stahl pro Monat für das von ihm ebenfalls erwartete 1WK Geschehen in Steigerung an der Westfront.

Zusammenfassung:

Jede denkbare Westalliierte Offensive gegen ein Defensiv agierendes Deutschland wäre eine systematische Materialschlacht geworden, mit dem einzigen Ziel in einem Abnutzungskrieg die deutschen Truppen eben abzunutzen. Diese Rechnung wäre für die Westalliierten in jedem Fall aufgegangen. Das Reich verfügte nicht über die für einen solchen Abnutzungskrieg notwendigen Voraussetzungen.

Das wurde damals so auch von absolut jedem in der deutschen Führung selbst ganz genau so gesehen. Man ging damals beispielsweise im Frühjahr 1940 im deutschen Oberkommando davon aus, dass die Briten und Franzosen bei weiterer Rüstung in 6 bis 8 Monaten bereits ein Übergewicht erlangen könnten, dass dann nicht mehr überwindbar gewesen wäre.

Die deutsche Führung teilte also exakt meine Auffassungen welche ich hier wie ich hoffe halbwegs lesbar dargelegt habe.

Jeder Abnutzungskrieg der sich in endlosen Materialschlachten ausgelassen hätte, wäre von Deutschland verloren worden. Eine westalliierte Offensive hätte exakt zu einem solchen Abnutzungskrieg geführt.
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#10
@Helios
Zitat:Grundsätzliche Frage (rein aus Interesse): wie bewertet ihr (also du und Schneemann) den Faktor Italien? Der Kriegseintritt erfolgte natürlich auch aufgrund von Opportunismus, aber wenn er auch ohne die deutschen Erfolge passiert wäre, hätte das zu einer schwierigen Situation am Mittelmeer führen können. Auf eure Einschätzungen bin ich gespannt.
@Quintus
Zitat:Helios:

Italien lassen wir bewusst außen vor, ebenso Belgien oder die Sowjets, um die Sache zu vereinfachen und Faktoren heraus zu nehmen.
Es wäre die Frage, wie die Frage von Helios gemeint ist. Geht es darum, wie die Italiener a) sich verhalten, wenn, wie in unserem Szenario diskutiert, die Deutschen sich defensiv aufgestellt hätten? Oder ist die Frage eher, wie denn b) in Italien das Empfinden oder Agieren generell war oder gewesen wäre - also unabhängig von deutscher Defensive oder einem deutschen Angriff?
Zitat:Das ist nicht alles, aber natürlich ist eine ganzheitliche Betrachtung im Rahmen von bloßen Forenbeiträgen sehr schwierig.

Noch mal zu den Parametern: Lassen wir die Sowjetunion mal so weit raus, dass Deutschland seine Truppen bis auf irgendwelche irrelevanten Landwehrverbände komplett im Westen einsetzen kann (als rein theoretisches Szenario) und lassen wir im weiteren auch Belgien raus (und alle anderen), es bleibt bei Frankreich + Großbritannien gegen Deusches Reich als einzigen Kriegsteilnehmern. Damit dürfte jetzt jede Ungenauigkeit in dieser Frage endlich geklärt sein. [...]

Man versteht sich in der Kürze und Beschränktheit solcher Foreneinträge fortwährend sehr leicht falsch.
Ja, gerne. Ich denke auch, dass leider immer das Risiko besteht, dass man aneinander vorbeischreibt. Deshalb ist die Festzurrung der Parameter recht wichtig. Und deswegen auch gerne nochmals meine Annahmen:

a) Polenkrieg findet statt, auch die Aufteilung Polens zwischen Russen und Deutschen.
b) Danach frieren die Fronten quasi ein, d. h. ...
c) keine "Weserübung", bestehende Neutralität der Benelux-Länder, keine Atlantikschlacht, keine italienischen Ambitionen...
d) ...und wir haben das "Sitzkrieg-Szenario" von Ende 1939 bis Ende 1940.
Zitat: Ein solcher Angriff wäre seitens der Westalliierten niemals, unter gar keinen wie auch denkbaren Umständen so erfolgt wie umgekehrt der deutsche Angriff auf Frankreich.
Ja, das hatte ich auch so verstanden.
Zitat:Wenn du mal Google Maps ansiehst, und die von mir genannten Angriffsachsen entlang gehst, dann stellst du schnell fest, dass deine Beschreibung der Landschaft unzureichend ist. Das von dir genannte Gelände existiert zwar, aber ich nannte es explizit als eine Bedeckung der jeweiligen Flanken der französischen Angriffsachsen.
Dass nicht das gesamte Gelände im Westen so aussieht, ist mir klar, mir ging es speziell um die Vogesen und die Eifel. Aber selbst die genannten Hauptachsen würden wiederum genau die Kanalisierung notwendig machen, wo ich ja schrieb, dass genau diese wiederum mit den bestehenden Kräften eher aufgefangen werden können.
Zitat:Hier hätten die Franzosen aber um die 40 Infanterie-Divisionen mehr einsetzen können, entsprechend wären die Deutschen Truppen erschöpft und ausgeblutet ohne weiteren Zulauf dagestanden, während die Franzosen immer neue frische ausgeruhte Divisionen ins Gefecht hätten führen können. Da sich Frankreich das ganze ja ohnehin als einen perfektionierten 1WK vorstellte, wäre entsprechend auch ein solches Kriegsbild dabei heraus gekommen. Das betrifft aber nur das Gelände an welches sich die Flanken anlehnen. [...]

Anfangs wäre es nicht richtig voran gekommen, dass ist völlig korrekt, und ja, es wäre ein Alptraum gewesen, eine Steigerung des Ersten Weltkrieges den exakt das war das Kriegsbild der Westalliierten. Exakt deshalb zögerten sich auch selbst so lange mit der Offensive bis es zu spät war, genau wegen dieser Ansicht. Aber: du lässt hier die ganz grundsätzliche strategische Konzeption des ganzen außer Acht, nämlich in einem Abnutzungskrieg den Feind solange abzunutzen bis er in sich kollabiert. Das ist das Konzept.
40 Divisionen mehr als Grundstock bei den Alliierten ist schon eine relativ gewagte Annahme bzgl. der Größenordnung. Zumal selbst im Mai 1940 - auch wenn der Ausrüstungsstand bei den Alliierten hinsichtlich Infanterieausstattung teils besser gewesen sein mag - die Kräfte relativ ähnlich waren (grob drei bis dreieinhalb Mio. Soldaten je Kriegsseite). Würde heißen, dass bestenfalls die alliierte Seite ein Übergewicht von ca. 15% bei den Mannschaften hätte. Das ist zwar ein leichtes Übergewicht, aber man muss bedenken, dass der Angreifer im Normalfall deutlich stärker sein sollte, zumal wenn a) ich auf die Materialschlacht setze und b) ich im schwierigen Gelände mit einem infanterielastigen Schwerpunkt, so habe ich dich verstanden, angreifen will. Ansonsten blute ich selbst aus und nicht der Angegriffene. Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg zeigen auch, dass die Entente-Mächte im Angriff gegen oftmals deutlich schwächere deutsche Verbände teils schwere Verluste erlitten, die die der Deutschen deutlich übertrafen. Wenn ich also nun der Doktrin folge, die ich 1914 bis 1918 angewendet habe (laut deinen Ausführungen wäre dies die französische Taktik gewesen), dann müsste ich, will ich den Gegner erdrücken und ausbluten lassen, mindestens 50% mehr Kampfkraft besitzen. Das ist aber in unserem Szenario nicht in Sicht.
Zitat:Im übrigen belegt gerade auch die Ardennenoffensive (auch beide wenn man so will), dass dein Gedanke von der Undurchdringbarkeit dieses Geländes für Panzer einfach falsch ist.
Undurchdringlich ist das Gelände nicht. Da hatte ich mich etwas unzulänglich ausgedrückt. Es ist eher einfach nur schwer für Panzer zu nutzen. Im Winter ist das Chaos beinahe vorprogrammiert (Ardennenoffensive 1944), im Frühsommer geht es halbwegs, aber auch da bin ich auf wenige Straßen angewiesen (Sichelschnitt 1940). Auf jeden Fall sind größere Vorstöße aber ein Wagnis - zumal wenn der Gegner entsprechende Luftkräfte besitzt.
Zitat:Die Maginot-Linie wird heute sehr unterschätzt. Sie wurde auch nirgends durchbrochen und dies wäre auch dann nicht geschehen, wenn man es ernsthafter versucht hätte...
Wenn dem so wäre, hätte sich das Konzept eines solchen Walls ja erhalten. Das war aber nicht der Fall. Außerdem: Man schaue sich z. B. wesentliche stärkere oder konzentriertere Festungsanlagen an - sie fielen ebenso, entweder durch heftigen Beschuss (z. B. Sewastopol) oder durch trickreiches Agieren (z. B. Eben Emael). Und auch die Forts der Maginotlinie wären bei einem Angriff mit schwerer Artillerie (oder wenn der Gegner darauf landet) gefallen. Sicherlich war sie logistisch (d. h. damit meine ich die Vernetzung und Untertunnelung der einzelnen Abschnitte) bemerkenswert umfangreich, aber die einzelnen Werke hätten direktem Beschuss nicht widerstanden. Das war auch ein Grund, weswegen die abgeschnittenen Forts 1940 dann nach Androhung von Beschuss rasch kapitulierten.
Zitat:So wie die Franzosen bei Sedan durch das Massenbombardement der Luftwaffe am 13 Mai in ihren Bunkern de facto kampfunfähig wurden, nicht weil die Bunker oder ihre Besatzungen ausgeschaltet gewesen wären, sondern aus psychologischen Gründen und weil jede Führung und Koordination zusammen brach, so hätte der gleiche Effekt umgekehrt auch gegen deutsche Stellungssysteme mit der Artillerie erzielt werden können.

Durch den ganzen Feuerhagel der Luftwaffe bei Sedan gegen die französischen Bunker waren nur 56 französische Soldaten getötet worden. Und trotzdem waren die Bunker weitgehend praktisch ausgeschaltet in ihrem Wert und ebenso die sonstigen Feldbefestigungen und Stellungen der 55. französischen Division.
Nur damit wir uns richtig verstehen (also deine Ausführungen hier sind völlig korrekt, aber darum geht es mir jetzt nicht primär): Gegen diese Luftwaffe willst du also gegen das Ruhrgebiet vorrücken, obgleich anzunehmen ist, dass ihre Schlagkraft eher zunehmen als abnehmen wird (zumindest in unseren Szenario)?
Zitat:Und die französischen und britischen Munitionsproduktions-Kapazitäten waren immens viel höher als die Deutschen (siehe Halders Kriegstagebuch, siehe das Heereswaffenamt in dieser Zeit, siehe die Munitionspanik zwischen Polen und dem Frankreichfeldzug). Es fehlte Deutschland Stahl und die Pulverproduktion war unzureichend.

Das Artillerieduell wäre von deutscher Seite aus Munitionsmangel verloren worden. [...]

Wie Halder (Artillerietruppe!) in seinem Kriegstagebuch vermerkte fehlten Deutschland hunderttausende Tonnen von Stahl pro Monat für das von ihm ebenfalls erwartete 1WK Geschehen in Steigerung an der Westfront.
Hier gibt es einen Denkfehler - nicht nur bei dir, auch bei mir.

Wir gehen beide von einem statischen deutschen Verhalten aus. D. h. die Deutschen machen einfach von Herbst 1939 bis Herbst 1940 einmal gar nichts, außer sich eingraben und ein paar Minen legen. Das wäre aber irrig anzunehmen. Als die deutsche Blitzkriegsstrategie Ende 1941 vor Moskau stecken blieb und klar wurde, dass der Krieg nicht rasch gewonnen werden kann, wurden enorme Rüstungsanstrengungen zur Massenproduktion umgesetzt. Man bezeichnete sie später auch als das Wunder Speers. Das ist nicht ganz richtig, die Weichen wurden von seinem Vorgänger, Fritz Todt, gestellt (der aber Anfang 1942 bei einem Flugzeugabsturz starb).

Man stelle sich vor (nun ein Planspiel):

Ende 1939 - eine fiktive Besprechung auf dem Berghof. Schlechte Stimmung. Anwesend: Hitler, Heß, Brauchitsch, Halder, Keitel, Raeder, Reichswirtschaftsminister Funk, Walther Darré, dazu Generalleutnant Manstein (Stabschef Heeresgruppe A), Erhard Milch vom RLM, General der Panzertruppe Guderian, General Kesselring u. a.

Reichsmarschall Göring ist auf Jagdausflug und lässt sich entschuldigen.

Der "Führer" ist der Meinung, man könne im Westen unmöglich angreifen. Gegner zu stark. Keitel stimmt dem natürlich sofort zu, Frankreich sei ja die stärkste Macht des Kontinents. Halder und Manstein sind sich ausnahmsweise mal einig: Man könne mit Panzern nicht durch die Ardennen angreifen, Gebiet zu undurchdringlich. Und selbst wenn man es riskiert, würde der Gegner einen Sichelschnitt aus dem Süden heraus gen Norden führen und die deutschen Panzer abschneiden. Ein totales Fiasko in Belgien drohe. Auch Guderian neigt zur Vorsicht, Frankreich habe ja auch mehr Panzer. Angriff auf die Maginotlinie wird zudem als zu gefährlich angesehen. Defensive sei vorzuziehen.

Reichswirtschaftsminister Funk wendet ein, dass die Rüstung des Gegners aber jene des Reiches aktuell übertreffe, die Zeit arbeite also gegen Deutschland. Halder stimmt zu, die aktuellen Rüstungsbemühungen reichen nicht aus, um mit den Westmächten auf Dauer mitzuhalten. Zudem seien noch nicht alle Heeresverbände wirklich einsatzbereit. Hitler fragt nach aktuellen Produktionsperspektiven. Staatssekretär Milch vom RLM erklärt, man könne mit bestenfalls 10.000 bis 11.000 Maschinen im Laufe des Jahres 1940 rechnen. Steigerungen nach aktuellem Stand nicht möglich, es sei denn, man stelle die Rüstung auf neue Beine.

Guderian, Funk und Brauchitsch erklären, dass die bisherige deutsche Wehrwirtschaft, die auf einen schnellen Blitzsieg gesetzt hatte und entsprechend auf niedrigem Niveau produziere, nun eine Massenproduktion brauche, da mit einem schnellen Sieg nicht mehr zu rechnen sei. Eher weisen die Zeichen in Richtung einer Wiederholung der Materialschlachten des Ersten Weltkrieges. Funk und Darré erklären, dass die Rohstofflage gut sei.

Im Gegensatz zur Blockade im Ersten Weltkrieg habe man Erz aus Skandinavien und ausreichend Erdöl, Zinn, Phosphat, Holz, Mangan, Vieh und Getreide aus Russland. Allenfalls Sorgen sind da wegen Gummi - aber man wolle die Synthesekautschuk-Produktion in Buna hochfahren, was aber dennoch nicht ausreichen würde. Da man den U-Boot-Krieg sowieso einstellen wolle (zur stillen Freude Raeders) und außerdem den Z-Plan nicht weiter verfolge (dieses Mal zur Empörung Raeders), könnten zudem noch rund 150.000 bis 250.000 Tonnen Material und 30.000 bis 40.000 Arbeitskräfte auf die Schnelle freigemacht werden, so Funk.

Trotz betrüblicher Zahlen, reift ein Plan...

Januar 1940: Berlin - Führererlass Nr. 6 - Weisung für die Kriegführung / Kriegswirtschaft. Hitler befiehlt die Schaffung eines "Hindenburgprogramms wie 1917" für das Jahr 1940, wobei hier erstmals massive Einschnitte in den Alltag der Deutschen geplant sind. Schwerpunkte: Luftrüstung, Panzer, Artillerie. Im Februar 1940 wird Fritz Todt, Generalinspektor für das Straßenwesen, zum neuen Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt...


Und spätestens jetzt wären unsere ganzen Zahlengegenüberstellungen hinfällig, zumindest was die deutschen Zahlen betrifft...

Schneemann
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#11
(23.04.2022, 22:40)Quintus Fabius schrieb: Da habe ich aber andere Zahlen, beispielsweise von Kirkland und anderen. Die Franzosen schossen im Luftkampf mehr deutsche Flugzeuge ab als umgekehrt und zwar erheblich mehr. (...) Mir ging es also nur um Franzosen vs Deutsche im Luftkampf. Und da sah das Verhältnis 306 zu 733 aus, zugunsten Frankreichs.

Abschusszahlen und "Luftsiege" oder "Luftkämpfe", zumindest das was ich darunter verstehe, sind aber zwei verschiedene paar Schuhe, die völlig unterschiedlichen Einflussfaktoren unterliegen und somit auch unterschiedliche Rückschlüsse zulassen.
Die von dir genannten Zahlen mögen hinsichtlich der Abschüsse stimmen (auch wenn ich sie gerade nicht bestätigen kann), was mich nicht wundert, weil wesentlich mehr französische Flugzeuge am Boden oder durch die Flugabwehr zerstört wurden, während die deutschen Flugzeuge zu einem viel größeren Anteil durch feindliche Luftstreitkräfte zerstört wurden. Gerade in der Anfangsphase mit ihren sehr offensiven taktischen Bombardierungen sowie den Luftlandungen (40% der deutschen Transportflugzeuge und 30% der leichten und mittleren Bomber wurden dabei zerstört) gab es enorme Verluste der Luftwaffe, die primär aus operativen Gründen eintraten.
Umgekehrt boten die alliierten Luftstreitkräfte der deutschen Luftwaffe operativ wenig Möglichkeiten zum generieren hoher Abschusszahlen, weil man sich im wesentlichen dem Gefecht gegen feindliche Jagdflieger entzog, beispielsweise durch Tiefflugoperationen (zu Beginn) oder Nachtangriffe (im weiteren Verlauf). Über die tatsächlichen bzw. theoretischen Fähigkeiten sagen Abschusszahlen insgesamt wenig aus, wie ja auch die deutschen Abschusslisten über den Gesamtverlauf des Krieges beweisen (auch wenn die immer wieder als Überlegenheit deutscher Technik oder deutscher Piloten gedeutet werden, was absoluter Quatsch ist).

Wie bereits dargestellt, die Zahl der tatsächlichen Luftkämpfe war relativ gering, geringer als in den meisten anderen Phasen des gesamten Krieges, und während hier tatsächlich die französische Seite einige Erfolge feiern konnte (wie dargelegt), gab es keine auffälligen Missverhältnisse, die irgendwelche Rückschlüsse zuließen (und wenn dann vor allem den, dass die deutschen Piloten teils sehr überheblich reagierten und dafür unmittelbar Blutzoll entrichten mussten.

Zitat:Auch da hatte ich bereits konkrete Zahlen genannt, die von deinen hier zwar ebenfalls abweichen, aber von der Kernaussage her das gleiche aussagen.

Ja, meine Zahlen betrafen lediglich die erste Woche des Krieges, danach nach die generelle Zahl an Missionen (auf beiden Seiten allerdings) wieder ab, während das grundsätzliche Verhältnis ähnlich blieb. Einsätze von Bombern erfolgen typischerweise in deutlich geringerer Zahl (was verschiedene Ursachen hat), aber auch hier, wie du es darstellt, gab es ähnliche Verhältnisse.

Zitat:Nun merkst du korrekterweise an, dass hier die Koordination fehlte, aber man hätte auch ohne eine solche bei einem entsprechenden aggressiven Offensivgeist (der natürlich hier fehlte und fehlen musste - aufgrund der Doktrin), viel mehr Bomber gegen die deutschen Kolonnen in den Ardennen einsetzen können. Dazu hätte es keiner Koordination mit irgendwas bedurft, man hätte einfache freie Jagd auf Sicht erklärt, die Maschinen vorgejagt und alles angegriffen was da auf den wenigen bekannten Straßen im schleichenden Verkehr vor sich hin kroch. Allein das hätte schon die komplette Wende gleich zu Beginn bringen können.

Unwahrscheinlich, meiner Ansicht nach. Neben der Schwierigkeit, bei teils widrigen Wetterbedingungen (wenn ich das richtig im Kopf habe, korrigiere mich, wenn ich da falsch liege) tatsächlich Ziele auszumachen und zu bekämpfen, war ja nicht nur die Zielzuweisung ein Problem der Kommunikation und Organisation, sondern auch die Koordination mit anderen Einheiten der Armée de l'Air. Dies und die tatsächlichen Flugleistungen der Maschinen hätte also dafür gesorgt, dass man weitgehend ohne Jagdschutz einer koordinierten Verteidigung aus Flugabwehr und der Luftwaffe wehrlos ausgesetzt gewesen wäre. Die Verluste wären vermutlich enorm gewesen.

Zitat:Nehmen wir also mal im weiteren an, der Angriff sei deshalb so spät und in den Frühwinter hinein erfolgt, weil dies die deutsche Luftwaffe erheblich behindert (Wolken, Nebel, Regen, Schneeregen etc) und dass sei der Grund warum die Offensive dann startet. Das würde ganz gut passen zu deiner Aussage.

Ein typisches Herbst-/Winterwetter in der Region hätte jedenfalls die strategischen Luftoperationen auf beiden Seiten weitgehend aus der Gleichung heraus gezogen, taktisch müsste man das natürlich sehr lokal betrachten, aber auch da gäbe es entscheidende Einschränkungen. Die Frage ist allerdings, ob ohne Erkenntnisse über die Art der deutschen Vorgehensweise eine solche Feststellung vorteilhafter Bedingungen überhaupt erfolgt wäre, da man selbst ja relativ wenig Wert auf eine direkte Unterstützung des französischen Heeres legte. In Anbetracht so mancher Fehlentscheidung auf beiden Seite hätte es mich nicht gewundert, wenn die Armée de l'Air sehr deutlich gegen einen Einsatz bei so schlechten Witterungsbedingungen protestiert hätte (mit mir natürlich nicht bekannten Folgen).

(24.04.2022, 08:40)Schneemann schrieb: Es wäre die Frage, wie die Frage von Helios gemeint ist.

Quintus hat die Bedingungen ja inzwischen näher definiert, meine Frage war eher auf den größeren Rahmen bezogen, beginnend bei der politischen Betrachtung. Unter Daladier war ja das französische Kriegsziel eher ein repräsentativer Beistand und die angestrebte Rückkehr zum Status Quo, wie sahen die tatsächlichen Kriegsziele unter Reynaud aus? Als Vertreter einer offensiven, aggressiven Haltung gegen Deutschland ist er ja durchaus geeignet, eure Angriffspläne den nötigen Realismus zu geben, aber wäre die vollständige Vernichtung des Reiches das Ziel gewesen? Oder nur eine Aggressive Drucksituation, um den genannten Status Quo wiederherstellen zu können? Gäbe es womöglich einen größeren Dissens zwischen Großbritannien und Frankreich bei der Frage?
Und welche Ziele hätte Deutschland mit der Passivität verfolgt, wäre sie ein Versuch der Deeskalation im Westen gewesen, um so zu einer Vereinbarung zu kommen, die eine Fokussierung auf den Osten ermöglicht hätte? Warum sonst hätte man passiv bleiben sollen? Für mich hängt auch die militärische Aufstellung und fortlaufend die Betrachtung der vorhandenen und zu entwickelnden Fähigkeiten von diesen Punkten ab, die ihr, wenn mich nicht alles täuscht (vielleicht habe ich es in der Masse aber auch nur überlesen), kaum angesprochen habt.

Darauf aufbauend geht es dann natürlich auch um die anderen Nationen. Insofern war mit meinem Hinweis auf Italien beides gemeint (a und b), und ähnlich verhält es sich mit den anderen Nationen.

Quintus wird vielleicht anmerken, dass ich das alles zu stark verkompliziere Wink , aber ich meine es gar nicht als komplexe Studie, sondern eher als oberflächliche Festlegung der politischen Rahmenbedingungen, in denen euer militärisches Planspiel stattfinden soll.
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#12
Schneemann:

Zitat:Dass nicht das gesamte Gelände im Westen so aussieht, ist mir klar, mir ging es speziell um die Vogesen und die Eifel. Aber selbst die genannten Hauptachsen würden wiederum genau die Kanalisierung notwendig machen, wo ich ja schrieb, dass genau diese wiederum mit den bestehenden Kräften eher aufgefangen werden können.

Die Wasgauen hatte ich gar nicht genannt. Relevant wären in der ersten Phase der Offensive der Hunsrück und die Eifel gewesen. Nun verlaufen diese beiden ja von Südwest nach Nordost, also exakt entlang der Angriffsachsen, dem folgend parallel zu diesen. Eine weitere Möglichkeit hier Truppen nach Norden zu schieben wäre zusätzlich ab Höhe Karlsruhe im Rheinischen Tiefland ausschließlich auf linksrheinischer Seite in nördlicher Richtung gewesen. Dabei hätte dann der Rhein zur Rechten die Flankendeckung unterstützt.

Wie du hier überhaupt auf die Wasgauen kommst verstehe ich an dieser Stelle auch nicht, da diese ja bei Kriegsbeginn Französisch waren, bzw. genau durch diese hindurch die Maginot Linie verlief.

Nach Einnahme der Eifel (hier wäre die Entscheidung im Prinzip gefallen, die Eifelschlacht wäre also die Entscheidungsschlacht des Krieges gewesen) wäre dann im weiteren der Vorstoß in die Kölner Buch erfolgt, und demfolgend das Abschwenken nach Osten ins Münsterland.

Hier mal als geographische Karte:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...s_plus.png

I Hauptachse durch Gebiet Nr. 19, südlich des Hunsrück in Richtung Frankfurt am Main.

II Hauptachse über Nr. 25 in Richtung Nr. 29

Angriff entlang der Flanke durch Gebiet Nr. 22 linksrheinisch nordwärts in Richtung Frankfurt am Main.

Angriff entlang der Flanke aus dem Gutland in Richtung Nr. 27 und 28

Dem folgend dann die Schlacht um die Eifel, Durchbruch ins Kölner Land (von 27 und 28 in Richtung 55 und von 29 in Richtung 57.

Nach Einnahme von 57 Ausschaltung des Ruhrgebietes.

Nur damit mal absolut klar definiert ist wo ich lang will.

Noch ein paar Landschaftsbilder aus der Eifel als Ort der de facto Entscheidungsschlacht:

http://eifelreise.de/images/startshow/a-landschaft.jpg

https://www.trendsderzukunft.de/wp-conte...schaft.jpg

https://img.fotocommunity.com/eifellands...eight=1080

https://www.tui.com/blog/wp-content/uplo...asilva.jpg

Wie man sieht ein Infanterie - Artillerie günstiges Land.

Zitat:40 Divisionen mehr als Grundstock bei den Alliierten ist schon eine relativ gewagte Annahme bzgl. der Größenordnung. Zumal selbst im Mai 1940 - auch wenn der Ausrüstungsstand bei den Alliierten hinsichtlich Infanterieausstattung teils besser gewesen sein mag - die Kräfte relativ ähnlich waren (grob drei bis dreieinhalb Mio. Soldaten je Kriegsseite).

Um das nochmal zu wiederholen: du siehst da meiner Meinung nach zu sehr auf die bloßen Mannzahlen !

Im Mai 1940 hatte das deutsche Heer übrigens eine Gesamtstärke von 4,2 Millionen Soldaten (auf dem Papier). Das französische Heer umfasste zu diesem Zeitpunkg 5,5 Millionen Soldaten (ebenfalls nur auf dem Papier). Die Briten hatten ca 1,6 Millionen Mann unter Waffen (weitgehend real).

Die real einsetzbaren Verbände gerade der Deutschen und auch der Franzosen sind demgegenüber eine ganz andere Sache! Laut dem OKH selbst waren zu diesem Zeitpunkt abgesehen von den 10 Panzer-Div- und 6 Mot-Div nur 61 Divisionen voll einsatzfähig. 29 weitere Divisionen waren allenfalls bedingt einsatzfähig. 28 Divisionen galten als bedingt zur Verteidigung geeignet. 18 nur für Sicherungsaufgaben und 5 waren noch gar nicht ausgebildet.

Viele der "hinteren" Divisionen bestanden fast nur aus Soldaten der Reserve II, hatten gerade mal eine zwei- bis 3 monatige Kurzausbildung und bestanden gleich ganz nur als Landwehr (über 40 jährige) und 9 Divisionen waren reine Landesschützen-Divisionen (über 45 jährige). Kurz und einfach: noch im Mai 1940 umfassten die tatsächlich voll ausgebildeten und vollumfänglich ausgerüsteten Einheiten des Heeres gerade mal 730.000 Mann.

In den gerade mal 5 Monaten bis zum Angriff der Westalliierten wäre diese Lücke bei den normalen Infanterie-Divisionen nicht Ansatzweise schließbar gewesen, völlig gleich ob die Rüstungsindustrie umgestellt worden wäre oder nicht, den auch diese Umstellung hätte schon mehrere Monate benötigt bis sie zum Tragen gekommen wäre. Anbei: deine Idee das Deutschland massiv auf eine Kriegswirtschaft umstellt könnte auch ein Grund sein, warum die Westalliierten dann in die Offensive gehen. Hätten wir also einen weiteren möglichen Grund für diesen "seltsamen" Angriffszeitpunkt im späten Oktober 1940.

Die erhebliche Lücke bei den Infanterie-Divisionen hätte also in keinem Fall bis zu diesem Zeitpunkt geschlossen werden können, und dies wird noch verstärkt durch die Maginotlinie. Deren vollumfänglicher Betrieb benötigte nur 12 Divisionen und machte entsprechend Kräfte frei. Die ganze Idee dazu - auf diese Weise eine Schiefe Schlachtordnung zu erzeugen stammt übrigens von den Deutschen von 1918 was kaum einer weiß, auch in Frankreich nicht. Der hohe militärische Wert der Siegfriedstellung 1918 war es, dass durch die Errichtung der Siegfriedlinie erheblich Menschen und Material "eingespart" werden konnten, und so konnten die Deutschen gerade deshalb die materielle Überlegenheit der Westmächte 1918 noch einige Zeit ausgleichen. Exakt auf diesem Konzept aufbauend baute man die Maginotlinie.

Wie hoch aber war ihr Kampfwert in Wirklichkeit ?!

Zitat:Wenn dem so wäre, hätte sich das Konzept eines solchen Walls ja erhalten. Das war aber nicht der Fall.

Was bauten die Deutschen entlang des Ärmelkanal in Frankreich? Oder ich könnte an dieser Stelle auch auf den heute leider weitgehend unbekannten tschechoslowakischen Wall hinweisen, der 1945 die Rote Armee stoppte obwohl er in diese Richtung gar nicht konzipiert gewesen war und der in Teilen bis zum Kriegsende noch nicht eingenommen war (obwohl er zu diesem Zeitpunkt ja nur noch ein Schatten von dem war was er 1938 gewesen war).

Zitat:Man schaue sich z. B. wesentliche stärkere oder konzentriertere Festungsanlagen an - sie fielen ebenso, entweder durch heftigen Beschuss (z. B. Sewastopol) oder durch trickreiches Agieren (z. B. Eben Emael).

Hauptmann Witzig (Eben Emael) erklärte übrigens dazu, dass seiner Ansicht nach die Hauptwerke der Maginotlinie im Vergleich zu Eben Emael kaum einnehmbar gewesen wären. Aber zum Glück gab es abseits dieser Meinung nach noch die konkrete Fallprobe, nämlich den Angriff auf das Panzerwerk 505 bei La Ferte.

Auf das Panzerwerk wurden nicht weniger als 300 Geschütze gerichtet, darunter auch überschwere Mörser im Kaliber 230mm. Der Beschuss hatte keinerlei Wirkung. Am 18 Mai gelang es allerdings dann einem Stoßtrupp von Sturmpionieren unter Führung von Oberleutnant Germer bis zum Block II vorzudringen. Dies hätte gar nicht erst geschehen dürfen, den eigentlich war der Zugangsweg den die Sturmpioniere nahmen gedeckt, warum sie beim Vordringen nicht vernichtet wurden ist nicht mehr aufklärbar. Dort gelang es dem Oberleutnant dann an einem versenkbaren Panzerturm eine 40 kg (!) Sprengladung anzubringen. Und selbst das hinterließ keinen größeren Schaden, so irrsinnig sich das anhört, aber der Panzerturm wurde dadurch verkantet und es enstand dadurch am Drehring eine kleinere Öffnung. In diese warfen die Sturmpioniere dann kleinere Sprengladungen und dies löste im Panzerturm einen Brand aus. Dieser löste dann einige Zeit später die dort gelagerten Granaten aus, welche explodierten und Zwischentüren in den wegführenden Tunneln aufsprengten wodurch das Feuer weiter ins Innere kam. Die französichen Soldaten zogen sich in tiefere Tunnel zurück und kamen dort dann durch Kohlenmonoxid ums Leben. Damit hatte man dann einen Block genommen und schlußendlich ein Panzerwerk. Eines von sehr sehr vielen.

Naütrlich fällt jede Festung wenn sie nicht verteidigt wird und gibt es für absolut alles eine Methode damit fertig zu werden. Nur wäre der Aufwand bei der Maginot Linie aufgrund ihrer Größe und Ausdehnung einfach gigantisch gewesen. Das hätte endlos gedauert und ist auch nicht mit Sewastopol vergleichbar, und auch das war eine sehr lange Schlacht. Die Maginotlinie tatsächlich in ausreichender Breite zu durchbrechen hätte im günstigsten Fall Monate gekostet und Unmengen von Artillerie, Pionieren und Infanterie gebunden. Entsprechend wurde es 1940 auch nie ernsthaft versucht. Zum Zeitpunkt der Kapitulation, teilweise sogar noch Wochen danach flatterten über der Maginotlinie immer noch (völlig sinnlos) die französischen Flaggen.

Wie ich es schon schrieb: der militärische Wert der Maginotlinie wird heute extrem unterschätzt und er wird vor allem auch falsch eingeschätzt. Das primäre Ziel dieser Befestigung war es entlang der Front Truppen einzusparen. Dieses Ziel erfüllte die Maginot Linie. Damit standen diese Truppen für die Offensive bereit.

Was für einen militärischen Wert sie hätte haben können kann man den heftigen Kämpfen der Roten Armee gegen die Reste des Tschechoslowakischen Walles 1945 sehen. Natürlich fällt jede Festung irgendwann. Aber genau um den Gewinn dieser Zeitspanne und mit wieviel Mann sie gewonnen wird, darum geht es eigentlich.

Zitat:Nur damit wir uns richtig verstehen (also deine Ausführungen hier sind völlig korrekt, aber darum geht es mir jetzt nicht primär): Gegen diese Luftwaffe willst du also gegen das Ruhrgebiet vorrücken, obgleich anzunehmen ist, dass ihre Schlagkraft eher zunehmen als abnehmen wird (zumindest in unseren Szenario)?

Die Fähigkeiten der Luftwaffe im taktischen Bereich, insbesondere die Luftnahunterstützung waren natürlich immens überlegen, dass war ja im Prinzip die größte Stärke der Deutschen, hier eine fliegende Artillerie zu haben.

Bei einer langsamen Offensive in einer ganz anderen Form von Krieg aber wäre das nur ein Teil des allgemeinen NLOS Hagels gewesen und hätte allenfalls eine Kompensation dargestellt für den Mangel bei den Artilleriegeschützen.

Zudem: wären dann ja immer mehr alliierte Jäger zum Einsatz gekommen und entsprechend hätte es zweifelsohne eine Luftschlacht vor allem über der Eifel gegeben. Wie diese Luftschlacht dann ausgegangen wäre ist eine ganz andere Frage, und lässt sich nicht allein aus den bloßen Produktionszahlen oder den Werten der Flugzeuge heraus ablesen. Beispielsweise hätten die Me109e ja keine so weiten Strecken zu fliegen gehabt und damit wesentlich größere Standzeiten. Sie wären daher in der Defensive leistungsfähiger gewesen. Andererseits schossen bereits während der Invasion Frankreichs die Franzosen im Luftkampf doppelt so viele deutsche Flugzeuge ab wie umgekehrt die deutschen wiederum französische Flugzeuge abschossen. Die Gründe für diese nachgewiesenen Zahlen lassen sich ebenfalls nicht allein aus den technischen Werten der eingesetzten Maschinen oder den Produktionszahlen heraus ableiten.

Zweifelsohne hätte es eine Luftschlacht über der Eifel gegeben. Und hätte der Ausgang dieser Luftschlacht dann durchaus wesentliche Auswirkungen auf den Boden gehabt.

Aber gerade deshalb ja auch im Spätoktober 1940 der Angriff der Westalliierten, um dadurch Wetterbedingt die etwaige Luftüberlegenheit der Deutschen dadurch zu mindern!

Zitat:Hier gibt es einen Denkfehler - nicht nur bei dir, auch bei mir.

Wir gehen beide von einem statischen deutschen Verhalten aus. D. h. die Deutschen machen einfach von Herbst 1939 bis Herbst 1940 einmal gar nichts, außer sich eingraben und ein paar Minen legen. Das wäre aber irrig anzunehmen. Als die deutsche Blitzkriegsstrategie Ende 1941 vor Moskau stecken blieb und klar wurde, dass der Krieg nicht rasch gewonnen werden kann, wurden enorme Rüstungsanstrengungen zur Massenproduktion umgesetzt. Man bezeichnete sie später auch als das Wunder Speers. Das ist nicht ganz richtig, die Weichen wurden von seinem Vorgänger, Fritz Todt, gestellt (der aber Anfang 1942 bei einem Flugzeugabsturz starb).

Natürlich wären erhebliche Produktionssteigerungen auf deutscher Seite bei Umstellung auf eine totale Kriegswirtschaft möglich gewesen und umgekehrt hätten auch die Westalliierten hier noch immens Luft nach oben gehabt. Das "Wunder" Speers resultierte aber auch auf einem wesentlich größeren eroberten Gebiet, Zwangsarbeit, der systematischen Ausplünderung der besetzten Länder (insbesondere auch Frankreichs) und vielen weiteren Faktoren, die dann in unserem Szenario nicht so vorliegen würden.

Zitat:Im Gegensatz zur Blockade im Ersten Weltkrieg habe man Erz aus Skandinavien und ausreichend Erdöl, Zinn, Phosphat, Holz, Mangan, Vieh und Getreide aus Russland.

Ich dachte beispielsweise du hättest geschrieben: keine Weserübung ?! Zitat:

Zitat: Deutsches Reich verharrt dann in der Defensive. D. h.: Keine Aktionen in Dänemark und Norwegen

Aber mal unabhängig davon beurteilst du die Lage der deutschen Kriegsindustrie ohne die Einnahme Frankreichs meiner Ansicht nach etwas zu positiv. Natürlich war da noch viel Luft nach oben, aber nicht ansatzweise so viel wie es dann später unter Speer real der Fall war.

Das deutsche Reich besaß im Mai 1940 von insgesamt dreißig kriegswichtigen Rohstoffen nur sieben in ausreichender Menge. Eine gute Ausarbeitung zu den immensen Rohstoffproblemen der deutschen Wirtschaft 1940 findet sich übrigens in dem Buch Die Konzeption des Blitzkrieges von Uwe Bitzel. Deshalb wies das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt 1940 in mehreren Denkschriften immer wieder eindringlich darauf hin, dass ein Wettrüsten mit den Westmächsten selbst bei einer Umstellung auf eine totale Kriegswirtschaft nicht zu gewinnen sei.

Meiner Meinung nach (eine bloße These !) sind diese Denkschriften übrigens wesentlich dafür verantwortlich gewesen, dass Hitler derart auf einen Angriff gegen Frankreich regelrecht drängte, den Hitlers strategisches Denken war (wie sich immer wieder zeigte) sehr stark von kriegswirtschaftlichen Überlegungen geprägt. Solche kriegswirtschaftlichen Problemstellungen hatten für ihn also ein sehr hohes Gewicht bei seinen Entscheidungen.

Es spielt aber auch gar keine Rolle was hier möglich gewesen wäre: Jeder denkbaren Steigerung deutscher Produktion stünde eine entsprechende Steigerung britischer und französischer Produktion gegenüber und da diese ungehindert aus aller Welt Rohstoffe, Fertigteile oder auch komplette Waffen (USA als Verkäufer) hätten beziehen können, hätte so ein Rüstungswettlauf niemals von den Deutschen gewonnen werden können.

Zitat:Und spätestens jetzt wären unsere ganzen Zahlengegenüberstellungen hinfällig, zumindest was die deutschen Zahlen betrifft...

Durchaus, aber es ändert sich ja nichts an der industriellen Kapazität. Und jeder Umbau auf Kriegswirtschaft hätte auf Deutscher Seite einige Monate gekostet (wie auf alliierter auch). Für eine westalliierte Offensive im Spätherbst 1940 wäre eine solche Umstellung per Führerbefehl wie von dir skizziert daher zu spät gekommen. Von da aus gesehen gibt es zwei Varianten:

1 die Westallierten gewinnen die von mir beschriebene Offensive. Das Ruhrgebiet gerät in die Reichweite französischer Artillerie. Der Rhein und die Nord-Süd Eisenbahnen fallen aus. Damit spielt es dann gar keine Rolle mehr was das Reich noch unternimmt, der Krieg ist dann in jedem Fall verloren, aus kriegswirtschaftlichen Gründen. Der völlige Zusammenbruch des deutschen Reiches wäre dann innerhalb weniger Monate, eventuell spätestens 1942 erfolgt.

2 die Deutschen können die Eifel halten. Der Rhein fällt nur südlich von Koblenz aus (nicht so relevant), dass Ruhrgebiet funktioniert weiter. Dann läuft es auf ein jahrelanges Abschlachten hinaus, mit horrenden Verlusten für beide Seiten. Schlußendlich würde ein solcher 1WK 2.0 in gesteigerter Form dazu führen, dass die Briten und Franzosendie Idee des strategischen Bombenkrieges noch wesentlich mehr forciert hätten als dies bereits in der Realität der Fall war. Dann wären die Fronten erstarrt, und die Westalliierten hätten versucht Deutschland in einem strategischen Bombenkrieg einzuäschern. Eventuell wäre die Sache dann so lange weitergelaufen bis Atomwaffen zur Verfügung stehen.

Und dann stellt sich die interessante Frage, ob man an dieser Stelle nicht auch einmal die gesellschaftlichen, sozialen, sozialkulturellen und kulturellen Faktoren berücksichtigen sollte und wie sich ein solches WK1 Abschlachten gesellschaftlich auswirken würde ?!
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#13
Sehr interessante Analyse, im wesentlichen den französischen Realitäten entsprechend;
Aber ein Punkt gilt es zu verfeinern
Zitat:Wie ich es schon schrieb: der militärische Wert der Maginotlinie wird heute extrem unterschätzt und er wird vor allem auch falsch eingeschätzt. Das primäre Ziel dieser Befestigung war es entlang der Front Truppen einzusparen. Dieses Ziel erfüllte die Maginot Linie. Damit standen diese Truppen für die Offensive bereit.

Vom Krieg traumatisierte Nation

Wikipedia (französisch)
Frankreich wurde durch den Konflikt ausgeblutet. Kriegerdenkmäler, Verstümmelte sowie Kriegswitwen und -waisen sind nun Teil der alltäglichen Umgebung. Die überwiegende Mehrheit der Franzosen wollte dies nicht noch einmal erleben ("la Der des Ders").

Die Militärstrategie zielt daher darauf ab, Menschen zu schonen, und der Generalstab verfolgt einen defensiven Ansatz: Er will das Territorium schützen, indem er Angriffe abschreckt. Die Maginot-Linie, eine Reihe moderner Festungsanlagen, die zwischen 1930 und 1935 gebaut wurden, ist das Symbol dafür.
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#14
(24.04.2022, 13:31)Quintus Fabius schrieb: Relevant wären in der ersten Phase der Offensive der Hunsrück und die Eifel gewesen. Nun verlaufen diese beiden ja von Südwest nach Nordost, also exakt entlang der Angriffsachsen, dem folgend parallel zu diesen. Eine weitere Möglichkeit hier Truppen nach Norden zu schieben wäre zusätzlich ab Höhe Karlsruhe im Rheinischen Tiefland ausschließlich auf linksrheinischer Seite in nördlicher Richtung gewesen. Dabei hätte dann der Rhein zur Rechten die Flankendeckung unterstützt.

Welche Relevanz hätten bei solchen Bewegungen die Westbefestigungen, damit meine ich nicht nur den Westwall selbst, sondern auch die verlagerten Sperrriegel sowie die ausgebauten Flugabwehrstellungen deiner Meinung nach gehabt? Zumindest gegen einen Teil davon (bspw. Orscholzriegel) sind die Amerikaner vier Jahre später (zur gleichen Zeit) sehr bedächtig vorgegangen, trotzdem kam es zu übermäßig hohen Verlusten. Mich würde deine/eure Einschätzung dazu interessieren, auch aus persönlichem Interesse (beim Wandern sehe ich immer wieder Reste der Anlagen).
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#15
Das ist eine wesentliche Fragestellung und sehr schwer zu beantworten, weil: wie Schneemann ja schon korrekt angemerkt hat, dürfen wir nicht von den Verhältnissen ausgehen wie sie dann real 1940 waren.

Seine Annahme ist ja, dass bei einer Festlegung auf eine rein Defensive Strategie und zugleich auf einen frühen und massiven Umstieg auf eine strategische Tiefenrüstung die Verhältnisse im Westen ganz andere gewesen wären.

In der Realität war der Westwall meiner Ansicht nach (!) mehr eine Waffe der psychologischen Kriegsführung als ein realer militärischer Mehrwert. Da klafften Lücken ohnegleichen und vieles was da gebaut wurde hätte eine ernsthafte und systematische Großoffensive der französischen Armee nicht aufgehalten. Das wurde so auch von vielen hochrangigen deutschen Offizieren immer wieder so geäußert, u.a. von Halder.

Auch spätere Kämpfe wie die Hölle von Orscholz belegen nicht den militärischen Wert des Westwalls, sondern resultieren aus einem ganzen Faktorenbündel.

ABER: wenn nach dem Polenfeldzug eine Defensive Strategie festgelegt worden wäre (worauf etliche hochrangige deutsche Generale sogar hinaus wollten), dann wäre der Westwall gesichert anders gebaut worden, wesentlich stärker. Die Frage ist, hätte man dies bis zum Herbst 1940 noch bewerkstelligen können und wie sah es überhaupt kriegswirtschaftlich aus?

Den die These von Schneemann ist ja, dass eine ernsthafte strategische Tiefenrüstung deutlich größere deutsche Produktionskapaziäten erzeugt hätte, entsprechend die Produktion erheblich gesteigert worden wäre. Aber wäre das überhaupt möglich gewesen? Den der Bau des Westwalls verschlung bereits so (in einer unzureichenden Form) derart viele Mittel dass es erstaunlich ist. Da wurde beispielsweise mehr Stahl verplempert als für die Panzerproduktion! (in Tonnen nachweisbar, die konkreten Zahlen müsste ich raussuchen) und man beachte in diesem Kontext die Munitionshysterie dieser Zeit welche vor allem auch aus einem festgestellten Mangel an Stahl und Pulver herrührte. Die Anforderungen bissen sich also. Hätte eine deutlich gesteigerte Produktion das aber auflösen können, ausreichend Munition bereit stellen und den Westwall auf volle Stärke bringen können?

Zunächst mal zu den realen Produktionssteigerungen (Quelle Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs von Müller)

Im Jahr 1940 steigerte das Reich seine Rüstungsproduktion um 76%, die USA um 150%, die Franzosen um 200% und die Briten um 250%

1941 steigerte das Reich seine Rüstungsproduktion de facto nicht, verschob aber die Schwerpunkte drastisch (beispielsweise hat man 1940 mehr Stahl für den Westwall aufgewendet als für Panzer), also 0%, die Briten steigerten ihre Rüstungsproduktion um 86% und die USA um 200%.

Diese Produktionssteigerungen fielen für das deutsche Reich meiner Meinung nach aus folgenden Gründen so niedrig aus:

1. Man wollte die Wirtschaft nicht vollumfänglich auf eine Kriegswirtschaft umstellen. Dies wird von Historikern oft so erklärt, dass man damit das Volk bei der Stange halten wollte. Tatsächlich aber wollte die NS Führung ursprünglich mit dieser bedächtigeren und langsameren Rüstung auf einen jahrelangen Krieg mit den Westmächten hinaus, damit in einem noch Jahre andauerenden Ringen mit hohen Verlusten der Krieg insgesamt durchgehalten werden kann. Das findet sich in etlichen Denkschriften dieser Zeit, beispielsweise von Generalmajor Thomas / bzw. des Heereswaffenamtes. Ob dieser Grundgedanke dann bei einer Defensiven Strategie im Westen völlig aufgegeben worden wäre ist zweifelhaft ! Die deutsche Wirtschaft war auch 1940 keine Friedenswirtschaft mehr, sondern im Prinzip eine Übergangsform zur Kriegswirtschaft.

2. Der NS Staat war in vielen Aspekten heillos ineffizient. Das war absichtlich so, und diente der internen Machterhaltung. Es herrschte teilweise ein unglaubliches Durcheinander und eine den Begriff Führerstaat geradezu ins Gegenteil verkehrende Führungslosigkeit in vielen Bereichen. Dies behinderte die effektive Rüstung Deutschland so sehr, dass der Reichswirtschaftsminister dazu schrieb Zitat: "Um dies Durcheinander weiter auszuhalten muss man verrückt sein oder besoffen."

Auch wenn wir entgegen der Realität 1940 davon ausgehen, dass man auf eine totale Kriegswirtschaft umgestellt hätte, so wäre trotzdem die Steigerung der Produktion hinter den Alliierten deutlich zurück geblieben. Dazu muss man noch berücksichtigen, dass bei der von mir eingangs genannten realen Steigerung 1940 (auf das ganze Jahr bezogen) ja die Einnahme Frankreichs und die entsprechende Beute die man daraus beziehen konnte eine wesentliche Rolle spielt. Ohne die Besetzung Frankreichs aber hätte hier vieles gefehlt, von bestimmten Rohstoffen bis hin zu französischen Zwangsarbeitern und den Facharbeitern des Vichy Regimes welche nach Deutschland entsandt wurden.

Da wir gerade bei im Vergleich zu Artilerie, Panzern, Flugzeugen weniger beachteten aber wesentlicheren Nebenbereichen sind: Beispielsweise hatte die deutsche Wehrmacht gerade mal 120.000 Lastkraftwagen, die französiche Armee demgegenüber 300.000. Die Produktionsrate war in Deutschland bis zum Sieg über Frankreich so gering, dass sie gerademal die monatlichen Ausfälle deckte. Das ging so weit, dass Halder eine Entmotorisierung vieler Divisionen forderte, und eine bewusste Beschränkung der Motorfahrzeuge in den Großkampfverbänden, weil man die notwendigen Zahlen nicht würde produzieren können. Erst der Sieg über Frankreich änderte das (was aber ja in unserem Fall nicht der Fall gewesen wäre) und trotzdem war die Wehrmacht dann im Weiteren mehr mit Pferden als mit Lastwagen unterwegs.

Kommen wir also zu den theroetischen Steigerungen der Rüstungsproduktion unter den Annahmen von Schneemann und nehmen wir also an, dass deutsche Reich hätte seine Rüstungsproduktion um 200% gesteigert, statt nur um 76% ! Dann wäre der Westwall sicher bis zum Herbst 1940 in ausreichender Stärke fertig gewesen, zudem hätte man auch sonst (Luftwaffe, Artillerie, Munition) überall deutlich aufgeholt - insbesondere wenn man die Marinerüstung weglässt wie Schneemann es annimmt.

Dem stehen dann aber immer noch die 150% für die USA, die 200% für Frankreich und die 250% für Britannien gegenüber, und dass sind die Zahlen wie sie real waren. Nun hätten auch diese Mächte ihre Produktion ja ebenfalls noch weiter anwerfen können, wie beispielsweise auch die USA ihre Produktion dann 1941 nochmals deutlich steigerten. Und man kann nun sicher annehmen, dass England wie Frankreich diese US Rüstungsgüter in großen Mengen abgenommen hätten.

Wenn der Krieg noch länger gedauert hätte, dann wären analog zu den Lieferungen an die Sowjets (die ins unserem Fallbeispiel ja ausfallen) auch entsprechende Lieferungen der USA denkbar gewesen.

Kurz und einfach: Es spielt gar keine Rolle wie sehr das Reich seine Rüstungsproduktion gesteigert hätte, die Trias aus Frankreich, den USA und Großbritannien hätte das Reich totgerüstet. Selbst bei Annahme völlig unrealistischer Steigerungen wie ich sie eben genannt habe, unrealistisch deshalb, weil die ganze Führungsstruktur und Organisation des NS Staates solche Steigerungen zu diesem Zeitpunkt kaum möglich machten und weil man bereits in einer Übergangsform zur Kriegswirtschaft war und weil man die ganze Beute aus Frankreich und die 1 Millionen französische Arbeiter nicht zur Verfügung hatte und und und.

Wie man es also dreht und wendet, das Reich wäre recht schnell kriegswirtschaftlich weit ins Hintertreffen geraten. Diese meine Ansicht wurde so auch von allen Generalen der Wehrmacht, von Hitler selbst, vom Reichswirtschaftsminister und allen anderen Stellen im Reich damals exakt so geteilt und auch so geäußert. Gerade deshalb der Angriff auf Frankreich!

Bei einer unrealistischen Steigerung wäre aber immerhin der Westwall in dem von mir beschriebenen Operationsgebiet fertig gewesen und hätte dort natürlich, gesteigert noch durch das Gelände, die schwere deutsche Artillerie und die auf taktische Luftnahunterstützung hin ausgerichtete Luftwaffe einen Offensiven Sieg der Westalliierten erheblich erschwert, eventuell auch verunmöglicht.

Von daher halte ich die Erfolgsaussichten einer Offensive nach dem damaligen Muste der französischen Doktrin, also systemtatisch, linear, mit extremer Artillerievorbereitung für fragwürdig ! Eine solche de facto Entscheidungsschlacht - als Abnutzungsschlacht um die Eifel hätte sowohl mit einer Niederlage als auch mit einem Sieg enden können.

Damit wären wir dann bei einer höheren Wahrscheinlichkeit für das von mir im Eintrag zuvor unter 2. genannte Geschehen eines längeren Abnutzungskrieges, schlußendlich eines strategischen Bombenkrieges und schließlich eines Ermattungsfriedens und/oder dem Einsatz von Nuklearwaffen, ohne dass eine der beiden Seiten die andere hätte komplett werfen können. Die Front wäre daher dann 1945 immer noch ungefähr entlang der Landesgrenzen verlaufen.

Das ist aber kein sicheres Axiom. Ebensogut hätte der Westwall auch 1940 fallen können, auch in seiner ausgebauten vollständigen Form, und dann wäre das Ruhrgebiet erheblich bedroht gewesen, folglich hätte man zwingend dann die Entscheidungsschlacht von deutscher Seite führen müssen, sonst wäre es das gewesen.

Halder schreibt in seinem Kriegstagebuch übrigens, dass ein entschlossener französischer Großangriff 1939 während die Wehrmacht in Polen war das Ruhrgebiet in jedem Fall erreicht und eingenommen hätte. Hier hat man also Seitens der Westalliierten im Endeffekt DIE Chance überhaupt einfach vertan. Den dann wäre der Krieg bereits 1939 unrettbar verloren gewesen für Deutschland.

Aber das ist ja nicht unser Szenario hier.

Zusammenfassung:

Unter den getroffenen Annahmen ist der Ausgang der Entscheidungsschlacht der Offensive in der Eifel meiner Überzeugung nach fragwürdig. Sie hätte je nach den Umständen sowohl mit einem deutschen als auch einem westalliierten Sieg enden könnnen. Das hängt von vielen weiteren Faktoren ab, wie dem beispielsweise dem Wetter, der Frage ob der flankierende Angriff am Rhein entlang linkshreinisch nach Norden durchbricht, wie die Luftschlacht ausgeht usw. Welche Seite daher hier den Sieg dann davon getragen hätte ist meiner Meinung nach nicht kalkulierbar.

Wenn die Westalliierten diese Schlacht gewonnen hätten - und die Chance dazu hätte immerhin bestanden, wäre es das gewesen.

Falls nicht, wäre der Krieg endlose Jahre im Prinzip ohne jedweden Frontverlauf weiter gegangen und wäre im weiteren sehr stark zu einem strategischen Bombenkrieg geworden, und schließlich zu einem Ermattungsfrieden.
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