Luftmobilität
Werter Nightwatch:

vorab möchte ich hiermit um Nachsicht bitten bezüglich der Verzögerung meiner Antwort(en); zurzeit komme ich dir leider sowohl quantitativ wie qualitativ nicht nach. Ich will daher auch gar nicht erst den Versuch machen, auf lauter Einzelaspekte jeweils gesondert zu antworten, dass würde meiner Ansicht nach inzwischen den Blick auf den eigentlichen Kern der Diskussion verstellen, dass Ganze zu unübersichtlich machen und schließlich nicht konzentriert genug auf die eigentlich relevanten Fragestellungen eingehen.

Fallschirmjäger vs Panzer II

Meiner Ansicht nach konzentriert sich deine Kritik wiederholt auf einige bestimmte Aspekte welche ich hiermit noch einmal getrennt voneinander anführen will, zusammen mit dem Versuch einer möglichst kurzen Zusammenfassung meiner Position dazu:

Eigene mechanisierte Verbände sind das beste Mittel (am Boden) gegen feindliche mechanisierte Verbände = Panzer sind die beste Panzerabwehr

Lassen wir mal in diesem Punkt die Frage der Luftwaffe außen vor, denn diese kann Fallschirmjäger in einer Netzverteidigung ganz genau so aus der Luft unterstützen wie sie dies bei eigenen mechanisierten Verbänden tun könnte. Und in Bezug auf die Bedeutung und den Wert der Luftwaffe sind wir uns ja in Wahrheit weitgehend einig. Verbleibt also die Frage, welche Einheiten am Boden am sinnvollsten gegen feindliche Panzerverbände eingesetzt werden können und noch darüber hinaus, warum man sie jeweils einsetzen sollte und was die eigentliche Intention dahinter ist.

Die Idee, dass man feindliche Kampfpanzer von den Bodeneinheiten her gesehen am besten mit eigenen Kampfpanzern bekämpft stammt aus Erfahrungen ganz bestimmter Offiziere der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg gegen die Sowjetunion, wurde von dort aus in mehreren Schriften (insbesondere Middeldorf) in der Anfangszeit der Bundeswehr weit verbreitet und wurde von dort ausgehend Doktrin der Bundeswehr. Und ja, angesichts der erzielten Abschussverhältnisse von querschnittlich 1 : 10 ist ein solcher Ansatz selbst dann noch valide, wenn man keine solchen extremen Relationen hätte. Und selbst wenn man nun anmerken könnte, dass Panzerjäger mit PaK noch höhere Abschusszahlen erzielten oder dass Sturmgeschütze noch erfolgreicher waren, so ist das natürlich für unsere Betrachtung hier irrelevant, da auch diese praktisch gesehen in das heutige Konzept des Main Battle Tank de facto inkludiert sind.

Deshalb kann man beispielsweisee auch die Ausführungen von Mansteins, dass er eher Panzerjäger als Panzer gegen einen feindlichen Panzerverband setzen würde dahingehend relativieren. Schlussendlich ist Panzer vs Panzer schlicht und einfach eine Form des Abnutzungskrieges (Attrition Warfare) und wenn es gelingt hier entsprechende Zahlenverhältnisse aufrecht zu erhalten - (und vieles spricht angesichts des Zustandes der russischen Streitkräfte und der grundsätzlichen Überlegenheit unserer Kampfpanzer gegenüber russischen Kampfpanzern dafür) - dann ist ein solches Vorgehen absolut valide. Und auch rein persönlich habe ich überhaupt nichts gegen das Konzept des Abnutzungskrieges bzw. der Materialschlacht, meiner Meinung nach wird diese sogar in ihrem Wert weit unterschätzt. Wenn man also davon ausgeht, dass die Verlustraten sehr einseitig zu unseren Gunsten wären, so ist das eine Möglichkeit. Aber es ist eben auch nur eine Möglichkeit von mehreren und eben nicht die zwingend einzig mögliche Variante wie man vorgehen kann.

Denn die Erfahrung, dass man feindliche Kampfpanzer in direkter Abnutzung mit eigenen Kampfpanzern derart schlagen kann, ist eine spezifische der Ostfront des Zweiten Weltkrieges und auch wenn viel dafürspricht, dass es bei einem neuen Krieg im Osten ähnlich laufen könnte, so ist dies nicht zwingend so. Die russischen Panzer sind nicht per se schlecht, vor allem anderen werden sie schlecht eingesetzt. Die Erfahrungen der Deutschen gegen Frankreich, die der Amerikaner gegen die Deutschen und viele andere dergleichene Geschehen zeigen auf, dass man auch dann entscheidende Siege erzielen kann, wenn die eigenen Panzer querschnittlich unterlegen sind, man eben keine derartig einseitigen Verlustverhältnisse erzeugen kann und der Sieg eher nicht durch die Konfrontation von Kampfpanzer vs Kampfpanzer erzielt wird, sondern dadurch, dass man an feindlichen mechanisierten Verbänden vorbei manövriert, womit wir entsprechend bei einem Konzept des Bewegungskrieges sind, bzw. der Manöverkriegsführung (Maneuver warfare).

Dies wirft dann sofort zwei Fragen auf: Erstens wie man darauf reagieren sollte, wenn die Russen selbst ein solches Konzept anwenden, sich also gerade eben nicht auf die Abnutzung Kampfpanzer vs Kampfpanzer einlassen? Und zwar gerade eben deshalb, weil ihre Kampfpanzer technologisch rückständiger sind bzw. weniger Kampfkraft aufweisen. Eine Änderung der Doktrin und damit der Kampfweise könnte sehr viel mehr Leistung aus den real praktisch vorhandenen russischen Systemen herausholen. Nun kann man zwar argumentieren, dass man sie dann halt zum Kampf zwingt, den Abnutzungskrieg also herbei zwingt, aber das wird nicht in jedem Fall sicher machbar sein.

Entsprechend könnten russische Verbände durchaus analog zum Vorgehen der Deutschen in Frankreich oder zum Vorgehen beispielsweise Pattons gegenüber den Deutschen sich mit ihren mechanisierten Verbänden durchsetzen, ohne sich auf das MBT vs MBT Spiel einzulassen. Noch darüber hinaus sollten wir eben den Kriegsraum nicht so beschränkt nur auf Osteuropa hin begrenzt betrachten. Es ist auch möglich im Bereich IKM mit feindlichen Kampfpanzern konfrontiert zu werden, und dies dann, ohne dass wir eigene Kampfpanzer vor Ort hätten. Und natürlich gibt es noch ganz andere Gegner, andere Kriegsräume (geographisch, umweltbedingungen usw) Entsprechend stellt sich die Frage, wie man dann auf einen solchen, anders agierenden Gegner hin handeln soll, und dass beinhaltet auch eine russische Armee die dann in beispielsweise zwei Dekaden ganz anders vorgeht als du dies hier jetzt antizipierst. Dafür ist es gänzlich irrelevant, ob die Russen in zwei Dekaden technologisch weit hinterher hängen.

Noch darüber hinaus aber könnte man auch selbst ein solches Konzept nutzen und sich gerade eben von der Doktrin des Kalten Krieges als evolutionäre Weiterentwicklung der Erfahrungen der Wehrmacht an der Ostfront verabschieden. Dies könnte je nach den Umständen sogar sehr sinnvoll sein, weil die geringe Quantität unserer bisherigen Kampfpanzer im Verhältnis zum Raum, ihre geringe strategische und operative Beweglichkeit und der sehr hohe Regieaufwand sowie die sehr hohen Kosten es eben fragwürdig machen, dass wir mit den verbliebenen numerisch geringen MBT Bataillonen tatsächlich einen Abnutzungskrieg werden herbeizwingen können, weil dazu das Verhältnis der Einheiten zum Raum ein Problem darstellt.

Es gibt einfach zu viel Raum mit geringer Truppendichte, in welchem der Feind (wer auch immer das dann sein wird) eben einen Bewegungskrieg führen können wird. Entsprechend wird die Idee den Feind zur Abnutzung MBT vs MBT zu zwingen nur funktionieren, wenn wir von einer ganz anderen Skalierung sprechen, was die einsetzbaren MBT angeht (und genau deshalb war dieses Konzept in Kalter Krieg Zeiten ja auch richtig). Und hier kommen wir nun zur Frage der politisch-strategischen Zukunft:

Die USA werden uns nie im Stich lassen - die NATO wird ewiglich bestehen - wir werden immer über genügend Quantität verfügen

Das ist ja eine der wesentlichsten Annahmen in deinen Ausführungen, dass die USA in absolut jedem Fall eingreifen werden, dass die NATO auch in der Zukunft, auch in zwei Dekaden fort folgend noch uneingeschränkt bestehen wird und die politisch-strategischen Umstände auch in mehreren Dekaden noch gleich sein werden. Das ist eine nicht auflösbare Hauptdifferenz zwischen uns. Um es mal überspitzt auszudrücken: was wäre denn dein Konzept wenn dann in zwei Dekaden tausende polnische MBT nach Deutschland hinein rollen ?! Zu Absurd ? Völlig unmöglich ? In der Geschichte hat es schon mehrfach derartige Umschwünge gegeben.

Daher zu diesem Punkt nur so viel: meiner Überzeugung nach ist es absolut wesentlich, dass unsere Streitkräfte zum einen so kampfstark wie möglich im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln sein müssen, und dass sie andererseits so flexibel und vielfältig einsetzbar sind wie möglich, weil die Zukunft in Bezug auf den Krieg höchst unklar ist. Entsprechend dreht sich eigentlich jede Überlegung von mir vor allem anderen um diese Frage der Flexibilität, der Vielfältigkeit in der Einsatzweise der Einheiten. Und genau deshalb beispielsweise eine unabhängig vom Helikopter einsetzbare leichte Raketenartillerie, und der Einsatz von Fallschirmjägern gegen feindliche Kampfpanzer in einer Netzverteidigung, aufgrund dieser für mich so wesentlichen Unklarheit der zukünftigen Verhältnisse und der ebenso wesentlichen Beschränktheit der Mittel.

Wozu Raketen unabhängig vom Heli wenn man auch Helis mit Raketen haben kann ?

Ironischerweise geht die Bundeswehr aktuell in eine zunächst mal gar nicht so verschiedene Richtung, man beschafft nun H145M mit Spike ER. Schlussendlich eine leichte Raketenartillerie welche von einem leichten Hubschrauber aus eingesetzt wird, mit dem Ziel der Panzerbekämpfung. Was wäre nun der Vorteil, diese vom Heli unabhängig zu haben? Man kann dann die Raketen wie von dir ja auch genannt problemlos auch ohne Heli einsetzen, sie per zivilem Fahrzeug, Lkw, gepanzerten Fahrzeug oder was auch immer transportieren und auch von dort aus einsetzen. Die Trennung von Heli und Rakete erhöht also die Flexibilität und sie senkt die Kosten für beide System, weil man nun einfache Transporthubschrauber (ohne Integration der Raketen in den Heli) verwenden kann, und umgekehrt die Raketen auch sonst in allen anderen Truppen so verwendet werden können (auch und gerade eben bei mechanisierten Truppen). Noch darüber hinaus sinkt das Risiko für die Helis, weil die Raketen eben nicht von diesen aus eingesetzt werden, sondern die Helis nur dem Transport der leichten Panzerjäger dienen.

Helis sind nicht Frontnah einsetzbar - Helis nicht über feindlichem Gebiet einsetzbar - Helis eignen sich daher nicht zur Versorgung von Truppen „vorne“

Und auch gerade eben deshalb die Trennung von Heli und Rakete. Hier besteht meiner Meinung nach ein Missverständnis bzw. schreiben wir aneinander vorbei. Beim Transport dieser Truppen wie der Fallschirmjäger per Helis geht es ja gerade eben nicht darum diese Verbände dann auch im weiteren Verlauf der Kämpfe zu versorgen, sondern primär darum, sie möglichst schnell strategisch wie operativ bewegen zu können. Entsprechend sollen die Helis (mit Ausnahmen) ja auch nicht über feindlichem Gebiet operieren, sondern über eigenem Gebiet, in welches gerade feindliche mechanisierte Einheiten vorstoßen.

Wobei in bestimmten Fällen auch eine Bewegung von Helis in feindliches Gebiet hinein möglich ist, aber das wäre eben nicht die primäre Einsatzweise .Solche Einheiten sind auch mit Versorgung gegen feindliche mechanisierte Einheiten nicht durchhaltefähig und sollen sie daher auch gar nicht sein. Sie haben einen bestimmten - begrenzten Zweck - in der Manöverkriegsführung welche an die Stelle der Abnutzung MBT vs MBT tritt, nämlich den in einer Netzverteidigung Verzögerung zu betreiben und den Feind mit einer ganz bestimmten und klar begrenzten Zielsetzung dabei abzunutzen.

Denn ich gehe davon aus, dass Linien / Fronten nicht zwingend haltbar sein werden, vor allem dann nicht, wenn der Feind aus seinen massiven und leicht vermeidbaren Fehlern lernen sollte. Sie sind dann auch durch mechanisierte Truppen nicht haltbar, es sei denn, wir hätten so viele mechanisierte Einheiten, dass eine entsprechende Sättigung des Raumes damit erzielbar wäre, wie das in Kalter Krieg Zeiten der Fall war. Davon sind wir aber immens weit weg. Und wir werden auch innerhalb der nächsten Dekaden in keinem Fall mehr auf die dafür notwendige Quantität kommen. Entsprechend entsteht so also eine Lücke dahingehend, dass das MBT vs MBT Abnutzungskonzept mangels Quantität nicht mehr aufgeht, sobald der Gegner sich diesem Abnutzungskampf verweigert. Diese Lücke muss man nun schließen.

Dies kann entweder aus der puren Not heraus mit irgendwelchen Verbänden geschehen, oder man hat dezidiert dafür vorgesehene und spezialisierte Einheiten, welche man mit sehr großer Geschwindigkeit noch auf jede feindliche Überraschung hin zum Einsatz bringen kann. Denn Überraschung stellt einen der wesentlichsten Werte im Krieg dar, einen der entscheidendsten Faktoren. Wenn man nun mit Fallschirmjägern und per Heli verlegbaren leichten Panzerjägern einen Verbund hat, welcher auch bei einer solche Überraschung noch reaktionsfähig ist, so eröffnet dies ganz andere Möglichkeiten mit den eigenen schweren Verbänden zu agieren. Es erhöht also vor allem anderen die Flexibilität der eigenen schweren Verbände und die Zahl ihrer Handlungsmöglichkeiten. Denn ansonsten liegen sie im MBT vs MBT Abnutzungskampf fest und damit können sie zeitgleich ja nichts anderes leisten ?

Wozu überhaupt leichte Infanterie gegen Panzer ? - Was soll da die Zielsetzung sein ? Was soll dies bewirken ?

Zuvorderst vor allem anderen macht der Einsatz einer dafür befähigten und darauf auch spezialisierten Infanterie, wofür sich insbesondere die Fallschirmjäger anbieten würden, die eigenen schweren Einheiten frei für andere Handlungen.

Das heißt nicht unbedingt, dass diese zusätzlichen Handlungsoptionen dann auch wahrnehmen, sie können ja auch ganz genau so trotzdem in den MBT vs MBT Kampf gehen, und dies sogar umso leichter, wenn der Feind gerade in der Netzverteidigung hängt und durch diese verlangsamt / verzögert wird. Tatsächlich erleichtern leichte Infanterie / leichte Panzerjäger es den eigenen schweren Verbänden den Feind überhaupt zu deinem Abnutzungskampf zwingen zu können, was nur für sich selbst nicht in allen Fällen leistbar ist. Fallschirmjäger gegen Panzer könnte also auch dazu dienen, dein Konzept dazu sogar noch zu befördern und zu erleichtern, den Abnutzungskampf also zu erzwingen und gerade eben herbei zu führen.

Aber: man hat halt eben nicht nur dieses eine Konzept und hängt damit selbst zwingend an diesem fest, sondern kann auch noch anders handeln, sollten die Umstände dies günstiger machen. Kurz und einfach: Fallschirmjäger und luftverlastete leichte Panzerjäger gegen feindliche mechanisierte Verbände in einer Verzögerung einzusetzen macht die eigenen schweren Kräfte frei. Sie können also entsprechend vielfältiger und flexibler eingesetzt werden und damit werden sie für den Feind zugleich weniger ausrechenbar, und stellen ihn aufgrund erweiterter Möglichkeiten vor mehr zugleich mögliche Problemstellungen. Das setzt natürlich voraus, dass die leichte Infanterie diese Verzögerung / Bindung / Schwammfunktion (um mal dein Bild aufzugreifen) auch ausüben kann:

Aber leichte Infanterie kann sich gegen Artillerie nicht halten - der russische Feuerhagel zeigt auf dass jede Behauptung der Munitionsansatz sei gar nicht möglich falsch ist - die Verluste wären zu hoch - sind das nicht bloße Verzweiflungstaten die allenfalls in höchster Not gerechtfertigt wären ?

Und an dieser Stelle kommen wir einmal mehr zur Frage der Truppenmenge im Verhältnis zum Raum. Der russische Feuerhagel ist nur deshalb so beeindruckend, weil er sich auf einen relativ kleinen Raum konzentriert. Und zugleich zeigt dieser Punkt meiner Meinung nach erneut den Unterschied zwischen deiner eher auf Abnutzung hin orientierten Ansicht und meiner eher auf Bewegung hin ausgerichteten Meinung dazu auf. Denn ein Halten von Linien / Fronten ist ganz genau so ein Konzept welches in Richtung Abnutzung läuft. Und wie geschrieben: das ist keineswegs falsch, absolut valide, möglich, und gerade aufgrund unserer technologisch / industriell / materiellen Überlegenheit zweifelsohne ein möglicher Ansatz.

Geschichtlich gesehen haben aber immer und immer wieder Gegner welche mit einem technologisch / materiell überlegenen Feind konfrontiert waren dann gerade eben Konzept des Bewegungskrieges aufgegriffen und damit entscheidende Siege errungen. Wenn wir dann auf solche Konzepte keine Antwort haben, dann entstehen gerade eben solche Notlagen, in welchen wir dann nicht darauf hin ausgerichtete, eben nicht spezialisierte Verbände „in die Lücke werfen“ müssen. Haben wir aber schon vorher dezidiert darauf spezialisierte Einheiten aufgestellt, so füllen diese „die Lücke“ sehr viel leichter auf und sie können dann auch wenn keine solche Lücke entsteht trotzdem sehr viel mehr zur Gesamtleistung beitragen als in anderem Fall.

Der Bewegungskrieg, die Dislozierung, die Netzverteidigung sind dabei gerade eben Konzept um auf materielle Überlegenheit, und insbesondere auch um auf quantitative Überlegenheit zu reagieren. Wenn die Russen in einem eng begrenzten Raum immense Mengen an Artillerie einsetzen können, so stellt dies ein Problem dar, und auch die Luftwaffe bräuchte zumindest etwas Zeit bis diese Artillerie so weit abgenutzt wäre. Es würde auch ein Problem für mechanisierte Verbände darstellen. Wenn man aber Truppen hat, die strukturell, von ihrer ganzen Doktrin, Zusammenstellung, Ausrüstung, Ausbildung, Kampfweise, Einbindung in das Gesamtkonzept explizit für eine hochdislozierte Gefechtsführung hin ausgerichtet und auf diese spezialisiert sind, dann wird gerade eben dadurch die quantitative Frage beantwortet.

Denn dann verstreut sich selbst das russische Artilleriefeuer derart im Raum, dass der notwendige Munitionsansatz um damit all diese kleinen verstreuten Nester eigener leichter Einheiten niederzukämpfen für niemanden leistbar ist. Das hast du nun bezweifelt, aber wir haben ja Fakten dazu: zum einen die Größe der Fläche, zum anderen die Anzahl der Granaten pro Flächeneinheit pro Zeiteinheit die dann zur Verfügung stehen und schließlich wie viele Granaten man benötigt um die entsprechende Fallschirmjägereinheit niederzukämpfen. Man kann das entsprechend ausrechnen und schon früher haben Autoren wie Uhle-Wettler oder Afheldt dies getan. Der russische Ansatz des Artillerietrommelfeuers würde durch eine solche moderne Art der Kriegsführung weitgehend negiert werden. Er würde die russischen Munitionsbestände einfach im Raum verkleckern, bis schließlich die Umstände es dann unseren schweren Verbänden erlauben, in entscheidender Weise vorzustoßen, statt einfach nur MBT Abtauschen zu betreiben.

Aber Russland wird ohnehin nie mehr ein Gegner sein, was soll also diese Fixierung auf Osteuropa und die Russen ?

Wie schon dargelegt könnte Russland mit einer anderen Doktrin und einer anderen Kampfweise sehr viel mehr aus seinem technologischen Niveau und seinen Möglichkeiten herausholen, die NATO wird nicht ewig bestehen usw. aber das will ich hier gar nicht so sehr wiederholen. Was gegenüber russischen Einheiten in Osteuropa funktioniert (höhere Geschwindigkeit, höhere Flexibilität, höhere Anpassungsfähigkeit) ist natürlich auch in allen anderen Kriegsräumen und Szenarien wertvoll. Während umgekehrt eine Konzentration auf Kampfpanzer in schweren mechanisierten Verbänden in ganz vielen anderen Szenarien (IKM et al, oder andere geographische Räume, andere Gegner etc) umgekehrt nicht verwendbare Einheiten erzeugt bzw. die Kampfpanzer-Bataillone dann dort gar nicht eingesetzt, gar nicht hingebracht oder gar nicht versorgt werden können.

Wenn ich also auf der einen Seite eine insgesamt flexiblere Streitkraft haben, mit sehr hoher Beweglichkeit (durch Helis) die aber trotzdem in der Lage ist gegen feindliche mechanisierte Einheiten eine hohe Kampfkraft zu erzielen und diesen schwere Verluste zuzufügen, die ich aber auch noch auf viele andere Weisen einsetzen kann, dann spricht dass sehr zugunsten dieser flexibleren, leichteren und vielfältiger einsetzbaren Truppe. Entsprechend halte ich den Einschub von Broensen, dass man in Kalter Krieg Zeiten ja auch nur eine LL Division auf sehr viel mehr Pz-Divisionen hatte hier nicht für zielführend, und gerade eben wenn Russland auch längerfristig eben kein Gegner mehr sein sollte, gerade eben dann machen solche leichten Verbände nur umso mehr Sinn.

Deshalb kann ich deine Argumentation gegen solche Einheiten auch nicht ganz nachvollziehen, denn du schreibst, dass die Russen als Gegner für Dekaden ausfallen, und mit Leichtigkeit schon weitgehend aus der Luft geschlagen würden, andererseits aber leichte Infanterie und leichte Panzerjäger die per Helis agieren gegen mechanisierte Einheiten nie Sinn machen. Wenn man sich aber mal gedanklich von den Russen löst, sieht das gleich wieder anders aus und reicht unsere Luftwaffe schon weitgehend aus, dann können im Verbund mit dieser auch leichte Einheiten gleich nochmal sehr viel mehr bewirken.

Und dann kommen wir damit beschließend noch zur Kostenfrage: Echte leichte Infanterie ist günstiger als Luftlandetruppen. Und selbst Fallschirmjäger sind viel günstiger als Kampfpanzer. Wir haben nur beschränkte Mittel. Sich also für leichte Infanterie zu entscheiden spart Mittel ein, welche man dann beispielsweise entsprechend wieder in die Luftmacht investieren könnte. Starke Luftbewegliche Einheiten zu haben, ist also eine Form der Schwerpunktbildung bei den Mitteln und ermöglicht es daher, diese auf bestimmte absolut notwendige und wesentliche Bereiche der Rüstung zu konzentrieren.

Kampfpanzer hingegen verschlingen immense Mittel, sind aber eher entbehrlich. Es ist möglich einen Krieg auch ohne Kampfpanzer zu führen. Es ist aber unmöglich ihn ohne starke Luftstreitkräfte zu führen und sogar noch weitergehend sind starke eigene Luftstreitkräfte ja eine der wesentlichsten Voraussetzungen für den Einsatz der Kampfpanzer. Während ich Fallschirmjäger in einer Netzverteidigung selbst dann noch einsetzen könnte, wenn die Luftstreitkräfte sich eben noch nicht ausreichend durchgesetzt haben, und damit sie dies leisten können, muss man sie halt eben spezielle dafür ausrüsten, ausbilden und aufstellen.

Nun hast du explizit geschrieben dies sei ein sinnfreier Versuch Infanterie noch mehr Waffen mitzugeben damit sie damit dann noch mehr leistet, aber dass verfehlt meiner Meinung nach den Kern meiner Aussage dahingehend, dass es mir eher um Fragen der Doktrin geht als um Fragen der konkreten Ausrüstung. Und die leichte Infanterie soll eben nicht durch weitere zusätzliche Ausrüstung und Fähigkeiten mehr leisten, sie soll vor allem anderen etwas Anderes leisten, also im Kampf nicht mehr, sondern anderes tun als bisher.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Luftmobilität - von Quintus Fabius - 29.11.2020, 22:13
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 29.11.2020, 22:23
RE: Luftmechanisierung - von Nelson - 29.11.2020, 23:19
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 30.11.2020, 09:35
RE: Luftmechanisierung - von Pogu - 30.11.2020, 11:15
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 30.11.2020, 20:32
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 30.11.2020, 20:43
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 30.11.2020, 20:46
RE: Luftmechanisierung - von Pogu - 30.11.2020, 21:26
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 01.12.2020, 14:35
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 02.12.2020, 11:02
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 02.12.2020, 14:37
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 02.12.2020, 22:31
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 03.12.2020, 11:03
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 03.12.2020, 22:53
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 05.12.2020, 12:56
RE: Luftmechanisierung - von Pogu - 04.12.2020, 20:07
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 07.12.2020, 22:43
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 08.12.2020, 11:14
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 08.12.2020, 22:47
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 24.02.2021, 20:58
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 12.04.2021, 08:51
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 12.04.2021, 11:39
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 14.04.2021, 15:47
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 15.04.2021, 11:44
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 18.04.2021, 10:56
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 19.04.2021, 09:54
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 17.05.2021, 15:01
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 17.05.2021, 21:33
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 17.05.2021, 22:11
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 17.05.2021, 22:26
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 18.05.2021, 10:36
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 18.05.2021, 14:57
RE: Luftmechanisierung - von Helios - 18.05.2021, 17:47
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 18.05.2021, 22:07
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 14.11.2022, 23:37
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 15.11.2022, 01:37
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 15.11.2022, 09:16
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 15.11.2022, 19:11
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 19.11.2022, 20:42
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 20.11.2022, 00:34
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 21.11.2022, 00:57
RE: Luftmechanisierung - von Broensen - 21.11.2022, 14:48
RE: Luftmechanisierung - von Quintus Fabius - 22.11.2022, 10:12
RE: Luftmechanisierung / Luftlandetruppen - von Quintus Fabius - 22.05.2023, 13:16
RE: Luftmobilität - von Quintus Fabius - 20.02.2024, 23:04
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 08.04.2021, 21:42
RE: Raketenartillerie - von Nelson - 09.04.2021, 17:32
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 19:28
RE: Raketenartillerie - von lime - 10.04.2021, 21:29
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 23:14
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 10.04.2021, 23:56
RE: Raketenartillerie - von OG Bär - 11.04.2021, 00:27
RE: Raketenartillerie - von lime - 11.04.2021, 09:35
RE: Raketenartillerie - von Quintus Fabius - 11.04.2021, 11:56
RE: Raketenartillerie - von Helios - 11.04.2021, 14:29

Gehe zu: