Mobilmachungen im Rahmen des Spannungs-/ V-Falls
#1
Hallo zusammen,

mangels persönlicher Erfahrung brennt mir schon seit einiger Zeit eine Sache unter den Nägeln. Ich würde mich freuen wenn der eine oder andere hier ein paar Infos liefern könnte.
Und zwar:
Wie wäre eine Mobilmachung der Reservisten der Bundeswehr zu Zeiten des Kalten Krieges von statten gegangen?
Klar BT/BR/gemeinsamer Ausschuss stellen Verteidigungs- oder meinetwegen Spannungsfall eingetreten ist (oder er ist eben durch die Tatsache eines militärischen Angriffes eingetreten).
Und dann?
Wie hätte die Generalmobilmachung erfolgen sollen wenn sich die Roten aus dem Osten anschicken zum Rhein zu rollen?
Ich nehme mal an die entsprechenden Befehle wären über die Medien verbreitet worden. Gab es da besondere vorbereitete Texte die bei den Rundfunkanstalten hinterlegt waren und im Falle des Falles einfach nur hervorgeholt werden mussten?
Oder hätte man da erst irgendeinen Uniformträger hinschicken müssen?
War das ganze viel einfacher, nach dem Motto sobald der V-Fall feststeht rücken alle Reservisten ein? War eine Teilmobilmachung bestimmter Reserven überhaupt möglich / geplant?
Hierzu wäre wohl die Verwendung von bestimmen Codewörtern notwendig gewesen. Sind diese bekannt oder noch immer als VS - nur für Dienstgebrauch (oder was weis ich) eingestuft?
Würde mich über ein paar Antworten freuen…
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#2
Hallo Nightwatch!

Auch wenn es deine Fragestellung etwas erweitert: Ich kann dir nur die Vorgangsweise beim österr. Bundesheer erzählen. Einerseits gab es die Codenummern die über Rundfunk und Fernsehen verbreitet wurde. Es gab auch schon fertige Ansprachen des jeweiligen Bundespräsidenten, die im Falle des Falles dann ausgestrahlt wurden. Und natürlich gab es noch das interne Telefonalarmsystem (jeder Kaderangehörige musste private Telefonnummern bekannt geben, unter denen er erreichbar war).
Aber die Jugoslawienkrise hat eins bewiesen. Es war eigentlich nicht notwendig. Durch die Fernsehberichterstattung alarmiert, sind viele freiwillig bei ihrer Stammdienststelle, teilweise sogar mit Alarmgepäck, erschienen. Auch gab es viele Anrufe, ob sie was tun könnten. Was aber nicht der Fall war, weil es keine Alarmierung gab. Mann hat lieber GWDs an die Grenze geschickt (wohl aus politischem Kalkül).

Gruß
qwerty
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#3
Zitat: Es gab auch schon fertige Ansprachen des jeweiligen Bundespräsidenten, die im Falle des Falles dann ausgestrahlt wurden.
Tatsächlich? Interessant.
Muss für die BPs ja ziemlich strange gewesen sein das für den Fall der Fälle zu machen.
Die sind aber nicht mittlerweile irgendwie freigegeben und frei zugänglich, oder? :wink:

Zitat: Und natürlich gab es noch das interne Telefonalarmsystem
Wäre das nicht irgendwie ein ganz klein wenig sehr umständlich geworden? Da ist doch erst mal die halbe Armee damit beschäftigen die andere Hälfte telefonisch zu erreichen...

Zitat: Aber die Jugoslawienkrise hat eins bewiesen. Es war eigentlich nicht notwendig.
Auch nicht wirklich meine Zeit, das hat mich damals noch nicht wirklich interessiert :wink:
Ist sicher normal, das sich Reservisten in so einem Fall freiwillig melden. Wobei dann von einer geregelten Mobilmachung kaum eine Rede sein kann und das Chaos vorprogrammiert ist.
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#4
Nightwatch schrieb:Muss für die BPs ja ziemlich strange gewesen sein das für den Fall der Fälle zu machen.
Die sind aber nicht mittlerweile irgendwie freigegeben und frei zugänglich, oder? :wink:

Genau so strange wie für unsereins, wenn wir zu Lebzeiten das Testament machen. Öffentlich wird so was natürlich nicht. Nach dem Wechsel des BP werden sie vernichtet. Das System gilt weiter, es soll auch Ansprachen für Nuklearunfälle und ähnliches geben.

Zitat:Wäre das nicht irgendwie ein ganz klein wenig sehr umständlich geworden?

Nein, diese gibt es nur für Kompaniekommandanten aufwärts. Und auch schon vor dem eigentlichen Alarm. Dies wurde durch die Bereitschaft durchgeführt.

Zitat: Ist sicher normal, das sich Reservisten in so einem Fall freiwillig melden. Wobei dann von einer geregelten Mobilmachung kaum eine Rede sein kann und das Chaos vorprogrammiert ist.
Ich glaube es hätte gut funktioniert. Die schon vorher eingerückten hätten sich ja auch in die Sammelräume begeben müssen. Nur die Folgen einer Mobilmachung wären da schwieriger. Im wirklichen Verteidungsfall, wären die Schlüsselzonen von der Bevölkerung zu räumen gewesen. Das wäre nur gutgegangen, wenn genug Zeit gewesen wäre. Sonst Chaos pur. Und viele Zivilopfer.

Gruß
qwerty
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#5
qwerty6430 schrieb:Genau so strange wie für unsereins, wenn wir zu Lebzeiten das Testament machen. Öffentlich wird so was natürlich nicht. Nach dem Wechsel des BP werden sie vernichtet. Das System gilt weiter, es soll auch Ansprachen für Nuklearunfälle und ähnliches geben.
Ja Schade, sowas hätte mich schon mal interessiert. Ist aber auch verständlich das man da nicht rankommt. Wobei mich Gegenteiliges in unserer totalen Friedenslage auch nicht wundern würde... :roll:

Zitat:Nein, diese gibt es nur für Kompaniekommandanten aufwärts. Und auch schon vor dem eigentlichen Alarm. Dies wurde durch die Bereitschaft durchgeführt.
Aso. Solange die Akten auf aktuellen Stand sind sollte das tatsächlich funktionieren.

Zitat: Ich glaube es hätte gut funktioniert. Die schon vorher eingerückten hätten sich ja auch in die Sammelräume begeben müssen.
Nunja, es ist halt nur etwas chaotisch wenn bei den Sammelpunkten plötzlich Horden von Halbzivilisten auftauchen und von der regulären Truppen entweder überhaupt niemand zugegen oder einfach keine diesbezüglichen Befehle vorhanden sind.
Is ja schön das sie auftauchen, aber wenn die andere Seite nicht darauf vorbereitet ist...

Zitat:Das wäre nur gutgegangen, wenn genug Zeit gewesen wäre. Sonst Chaos pur.
Das doch sicher sowieso.
Ich denke mal das bei einem überraschenden Angriff aus dem Stand die Sche**e eh sowas vom am Dampfen gewesen wäre das eine umfassende Mobilmachung eh kaum möglich gewesen wäre. Von RRC-Aktiväten mal ganz zu schweigen. Dann hätte man wohl eh früher als später auf Atomwaffen zurückgreifen müssen. Da ist es dann wohl ziemlich wurscht Ob man alle Reserven mobilisieren und Zivilisten aus dem Kampfgebiet entfernen konnte.
Freilich ist es wahrscheinlicher, das man die Kriegsvorbereitungen des WP schon irgendwie mitbekommen hätte.
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#6
Nightwatch schrieb:Is ja schön das sie auftauchen, aber wenn die andere Seite nicht darauf vorbereitet ist...
Ich denke schon, dass sie darauf vorbereitet gewesen wären. Du hattest einen Mobschein, wo alles vermerkt war. Wo, mit was, usw. Und die Sammelräume waren ja vorzubereiten. Das Kader war ja schon da, um das Nachschubgerät auszuteilen. Wie gesagt, da hätte ich keine Probleme gesehen. Als erstes wäre bei uns nur der Milizstand einberufen worden. Erst danach die Reservisten.
Zitat:Freilich ist es wahrscheinlicher, das man die Kriegsvorbereitungen des WP schon irgendwie mitbekommen hätte.
Genau, auch der Warschauer Pakt konnte nicht mirnichtsdirnichts irgendwo einmarschieren. Auch sie müssten mobilmachen, sich sammeln... Das wäre den Geheimdiensten sofort aufgefallen.
Außerdem aus welchen Grunde sollten sie losmarschieren?
Es wäre eher so verlaufen:
-der Ton wird immer rauher, es gibt irgendwelche Anschuldigungen
-man holt die Botschafter zurück, bzw. weist sie gegenseitig aus
-es gibt vermehrt militärissche Übungen in Nähe des Gegners
- Teilmobilisierung und Stationierung von Truppen in Sammelräume in unmittelbarer Nähe des Gegners (ab da wird es kritisch)
- es kommt vereinzelnd zu Schießereien und Luftraumverletzungen
- irgendeine Kleinigkeit -> es folgt ein unannehmbares Ultimatum
- das Unglück nimmt seinen Lauf...

Gruß
qwerty

EDit: Achja, die Sammelräume waren nur bei tatsächlicher Alarmierung besetzt. Wenn einer vor Alarmierung sich zur verfügung stellen wollte, ist er einfach zu seiner Stammeinheit gegangen, die wußte man ja. (war einer bei einem Landwehrregiment beordert, ging er einfach zu dem dazugehörigen Landwehrstammregiment [Friedensgliederung])
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#7
qwerty6430 schrieb:Ich denke schon, dass sie darauf vorbereitet gewesen wären. Du hattest einen Mobschein, wo alles vermerkt war. Wo, mit was, usw. Und die Sammelräume waren ja vorzubereiten. Das Kader war ja schon da, um das Nachschubgerät auszuteilen. Wie gesagt, da hätte ich keine Probleme gesehen. Als erstes wäre bei uns nur der Milizstand einberufen worden. Erst danach die Reservisten.
Hmja, bei österreichischer Miliz mag das durchaus so sein.
Ich würde aber schon ein Problem sehen wenn sich zB Reservisten der Luftwaffe bei irgendeinen Sammelpunkt einfinden und da dann halt (noch) nicht wirklich gebraucht werden.
So einen Fall habe ich in der Familie, mehr als das er sich beim V-Fall wohl in den Zug gesetzt und zu seinem Sammelpunkt gefahren wäre wusste er aber auch nicht (mehr). Deswegen frag ich halt, mir kommt das alles ziemlich ungeordnet vor.

Zitat: Es wäre eher so verlaufen:
-der Ton wird immer rauher, es gibt irgendwelche Anschuldigungen
-man holt die Botschafter zurück, bzw. weist sie gegenseitig aus
-es gibt vermehrt militärissche Übungen in Nähe des Gegners
- Teilmobilisierung und Stationierung von Truppen in Sammelräume in unmittelbarer Nähe des Gegners (ab da wird es kritisch)
- es kommt vereinzelnd zu Schießereien und Luftraumverletzungen
- irgendeine Kleinigkeit -> es folgt ein unannehmbares Ultimatum
- das Unglück nimmt seinen Lauf...
Im Idealfall ja.
Ich denke aber doch, das zumindest in manchen Phasen des Kalten Krieges rein militärisch die Möglichkeit bestand eine nicht unerhebliche Anzahl von Verbänden "über Nacht" ausrücken zu lassen. Und da reicht dann die Zeit halt doch nicht.

Zitat: EDit: Achja, die Sammelräume waren nur bei tatsächlicher Alarmierung besetzt. Wenn einer vor Alarmierung sich zur verfügung stellen wollte, ist er einfach zu seiner Stammeinheit gegangen, die wußte man ja. (war einer bei einem Landwehrregiment beordert, ging er einfach zu dem dazugehörigen Landwehrstammregiment [Friedensgliederung])
Nunja, ich will ja nicht behaupten da größeren Einblick zu haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, das es sonderlich erbauend ist, wenn ein paar Hundert Halbzivilisten beim Regimentshauptquartier auftauchen und eben keine wirklichen Befehle vorliegen.
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#8
Hallo Nightwatch!

Zitat:Hmja, bei österreichischer Miliz mag das durchaus so sein.
Ich würde aber schon ein Problem sehen wenn sich zB Reservisten der Luftwaffe bei irgendeinen Sammelpunkt einfinden und da dann halt (noch) nicht wirklich gebraucht werden.
Wie schon gesagt, die Miliz hat den Mobschein, wo er weiß wann, wo, mit welcher Ausrüstung (bis auf die Waffe ist alles beim Milizler daheim) er sich einzufinden hat. Der Reservist hat nichts. Er muss ganz klassisch mit Einberufungsbefehl, wie als GWD, zu den Waffen geholt werden. Die Kampfkraft eines Reservisten ist auch nur marginal besser, als eines Volkssturmangehörigen im WK II. Er war mal dabei, hat aber seitdem keine Übung mehr absolviert. Ein Milizler muss regelmäßig Kader- und Waffenübungen absolvieren. Da sind auch Mobilmachungsübungen dabei.
Zitat:Nunja, ich will ja nicht behaupten da größeren Einblick zu haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, das es sonderlich erbauend ist, wenn ein paar Hundert Halbzivilisten beim Regimentshauptquartier auftauchen und eben keine wirklichen Befehle vorliegen.
Wir wurden so ausgebildet, dass wir nicht einfach mal so in der Kaserne vorbeischauen. Auch haben wir ja alle miteinander einen Zivilberuf, da kann man nicht einfach fernbleiben. Während der Jugoslawienkrise (aber auch 1968 CSSR) war es so, dass hauptsächlich die Grenznahe (männliche) Bevölkerung reagiert hatte. Die wussten ja was abging (Schießlärm von der anderen Seite der Grenze...). Auch beschäftigten sich 100% des Nachrichtenblocks mit dieser Krise. Da kann man schon abschätzen, ob man gebraucht wird, oder nicht. Zur Sicherheit konnte man ja auch anrufen.
Und wenn sie wirklich noch nutzlos sind, kann man sie ja wieder heimschicken...

Gruß
qwerty
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#9
Hat irgendwer den Thread hierher verfrachtet oder hab ich den im falschen Topic erstellt? :?: :?:

Findet sich denn hier niemand der ein wenig darüber erzählen kann wie eine Mobilisierung in Deutschland von statten gegangen wäre?

Zitat:Der Reservist hat nichts. Er muss ganz klassisch mit Einberufungsbefehl, wie als GWD, zu den Waffen geholt werden. Die Kampfkraft eines Reservisten ist auch nur marginal besser, als eines Volkssturmangehörigen im WK II. Er war mal dabei, hat aber seitdem keine Übung mehr absolviert. Ein Milizler muss regelmäßig Kader- und Waffenübungen absolvieren. Da sind auch Mobilmachungsübungen dabei.
Sprich, es besteht eine gute Chance, das schon größere Teile Österreichs besetzt sind bevor die Reservisten (womöglich noch nach Auffrischungskursen) an die Front kommen...
Gibt es denn irgendwelche (veröffentlichten) Schätzungen was man im Falle des Falles abseits der sicher nicht kleinen Miliz hätte mobilisieren können? Und wie schnell das möglich gewesen wäre?
Das man theoretisch bis zu 1.000.000 Mann gehabt hätte ist ja gut und schön, wenn aber keine längere Vorlaufzeit gehabt hätte...
Wäre denn überhaupt genügend Ausrüstung für auch nur zusätzliche Einheiten nach Mobilisierung der Miliz vorhanden gewesen?
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#10
Laut meinem Kenntnisstand war Ausrüstung für 300.000 Mann vorhanden. Weitere 200.000 konnten teilweise bzw. mit veraltetem Gerät ausgerüstet werden. Dazu kommt, dass durch Ausfälle vorhandenes Gerät durch Nachrückende übernommen wurde. Eine teilw. Besetzung österr. Staatsgebiets war einkalkuliert. Die Verteidigungsdoktin stellte sich so dar:
Zitat:Raumverteidigung ist ein von dem österreichischen General Emil Spannocchi (1916-1992) Ende der 60er Jahre entwickeltes Konzept, welches im Gegensatz zur Grenzverteidigung im Rahmen der so genannten umfassenden Landesverteidigung eine Verteidigung des Territoriums durch den Kampf aus Schlüsselzonen, Raumsicherungszonen und in Schlüsselräumen vorsah.

Das Konzept der Raumverteidigung (nach dem Armeekommandanten als "Spannocchi-Doktrin" bekannt) sieht vor, einen möglichen Aggressor nicht in einer großen Verteidigungsschlacht zu besiegen, sondern stattdessen durch stetige Überfälle und Kleinkrieg auf Nachschublinien zu zermürben. Durch den auf diese Art erzielten zu hohen "Durchmarschpreis" sollen potenzielle Gegner von vornherein davon abgehalten werden, einen Durchmarsch durch das Territorium Österreichs zu versuchen.

Raumsicherungszonen waren durch leichte, mobile Jagdkampfbataillone gesichert, während strategisch wichtige Schlüsselzonen neben schweren Landwehrbataillonen auch durch zahlreiche vorbereitete Sperren und Bunker (Feste Anlagen) gesichert waren.
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Raumverteidigung">http://de.wikipedia.org/wiki/Raumverteidigung</a><!-- m -->

Gruß
qwerty
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