EU vs. USA
(08.12.2025, 23:02)Kongo Erich schrieb: sorry, ich verfechte weder Sozialismus noch ein Sozialdemokratisches Utopia, sondern schlicht und einfach die "soziale Marktwirtschaft" von Ludwig Erhard, dem "Vater des westdeutschen Wirtschaftswunders" - auch wenn sich viele nicht mehr daran erinnern können.
Dem steht das ungezügelte Gewinnstreben derjenigen gegenüber, die immer mehr auf sich vereinen, bis aus wenigen Reichen noch weniger Superreiche werden.

Zu Erhards Zeiten lag die Staatsquote bei 30-33% und aktuell liegt sie bei fast 50%.
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zurück zum Thema:
Die DT-Regierung droht den Europäern
Zitat:Strafe gegen X scharf kritisiert
Trump: "Europa muss sehr vorsichtig sein"
09.12.2025, 01:32 Uhr
...
und die europäische Presse meint recht einhellig zur neuen US-Sicherheitsstrategie
Zitat:"Die USA von Donald Trump brechen mit Europa"
, noch schlimmer:
Zitat:"Was da in der US-Sicherheitsstrategie steht, ist Kremlsprech"
und
Zitat:Historiker Manfred Berg über die neue US-Sicherheitsdoktrin im Interview
Neue US-Sicherheitsstrategie
"Die transatlantische Allianz existiert nicht mehr"
Stand: 08.12.2025 20:23 Uhr

Die neue Sicherheitsdoktrin der USA ist eine Kampfansage an die EU, sagt der Historiker Manfred Berg. Sie stehe für den Versuch einer Spaltung und eine Radikalisierung der US-Außenpolitik. Und sie werde nach Trump nicht verschwinden. ...
Die Folge ist klar:
Zitat:EU-Reaktionen auf US-Sicherheitsstrategie
"Wir können uns auf Washington nicht mehr verlassen"
Stand: 08.12.2025 17:49 Uhr

Der Graben zwischen den USA und der EU wird tiefer - Europa reagiert schockiert auf die neue Sicherheitsstrategie von US-Präsident Trump. Die EU müsse sich nun auf ihre eigene Stärke verlassen, fordern viele.
...
Ich meine, dieses Machtgehabe einer absteigenden Supermacht ist historisch gesehen typisch für den Zusammenbruch von Imperien. Diese versuchen meist, ihren Machtanspruch mit Gewalt aufrecht zu erhalten. Nur in den seltensten Fällen - wie etwa bei der Auflösung der UdSSR - geht ein solcher Machtverlust relativ ruhig vonstatten. Im Fall der UdSSR gab es in der Zeit von Jelzin schwere innere Zerwürfnisse und massive wirtschaftliche Probleme. Die Auflösung der UdSSR ist auch noch nicht endgültig "angekommen".

Aktuell versucht Putin mit Gewalt eine Restauration unter der Führung Russlands (Ukraine) und ist daher vom Denkansatz ähnlich wie DT, der den Machtverlust der "überdehnten Supermacht USA", der mit der Entstehung regionaler Großmächte einhergeht, mit Drohungen und Druck bekämpfen will.
Man sieht das auch im Agieren der USA gegenüber Lateinamerika,
Zitat:indem Staatschef Donald Trump mit Drohungen, Erpressungen, Zöllen und Freihandelsabkommen die Länder Zentral- und Südamerikas gefügig machen will.
Die USA haben nicht mehr die Macht, eine unbedingte Gefolgschaft zu erzwingen - sonst gäbe es die Auflösungserscheinungen der US-Hegemonialherrschaft nämlich gar nicht.

DT ist in seiner Denkweise nicht flexibel genug um zu erkennen, dass in einer fairen Partnerschaft statt eines hegemonialen Abhängigkeitsverhältnisses sehr viel mehr Potential steckt. Natürlich bedeutet das einen kleinen Rückschritt - von der Rolle der unumschränkten Führungsmacht zu der eines Ersten unter Gleichen.

Die logische Folge der US-Bemühungen wäre, dass sich diese aufstrebenden und immer mehr von den USA frustrierten Regionalmächte - wie etwa die EU und Lateinamerika mit Brasilien - noch mehr annähern. Damit würde DT den Zerfall der US-Supermacht mit seinen Drohungen, Erpressungen usw. noch beschleunigen, anstatt ihn aufzuhalten oder gar in eine positive Führungsrolle zu wandeln.
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(07.12.2025, 16:18)lime schrieb: ...
Allein für die "blauen Haken" wurde also eine Strafe von 45 Millionen Euro in Rechnung gestellt? Da sollte man erst einmal die Sinnhaftigkeit hinterfragen!
dass es nicht nur um Form oder Gestalt eines "blauen Haken" geht, haben wir hier ja schon festgestellt. Im gleichen Kontext - Schutzrechte wie etwa Datenschutz oder Urheberrecht kontra unternehmerisches Freibeutertum - steht die nächste Information der FAZ:
Zitat:KI nutzt Inhalte Dritter:
EU leitet Ermittlungen gegen Google ein
09.12.2025, 10:08

Die Künstliche Intelligenz von Google fasst Antworten zusammen und chattet neuerdings mit Nutzern. Dafür greift der Tech-Riese auf Inhalte Dritter zurück – die EU fürchtet Wettbewerbsverstöße.

Die EU verdächtigt den US-Internetriesen Google, seine Künstliche Intelligenz rechtswidrig mit Online-Inhalten Dritter gefüttert zu haben. Die zuständige Europäische Kommission leitet daher eine Untersuchung wegen möglicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ein.

Konkret wirft die Behörde dem Tech-Riesen auch vor, den Inhalt von Dritten ohne entsprechende Kompensation zu nutzen, um die Ergebnisse für Suchanfragen anzubieten. Sie prüfe, ob Google Verlagen und Urhebern von Inhalten möglicherweise unfaire Bedingungen auferlege und gleichzeitig konkurrierende Entwickler von KI-Modellen benachteiligt habe, teilte Kommissions-Vizepräsidentin Teresa Ribera mit.

Die Spanierin sagte demnach: „Eine freie und demokratische Gesellschaft ist auf vielfältige Medien, offenen Informationszugang und eine lebendige Kreativlandschaft angewiesen.“ KI bringt bemerkenswerte Innovationen und viele Vorteile für Menschen und Unternehmen in ganz Europa, doch dieser Fortschritt dürfe nicht auf Kosten der Prinzipien gehen, die im Herzen der europäischen Gesellschaften stünden.
...
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Ich würde mir mal weniger über den Abstieg der USA Gedanken machen als über den Umstand, dass sich der Abstieg der EU noch viel schneller vollzieht und sich daraus in Bezug auf Deutschland gerade ein regelrechter Absturz entwickelt.

Die USA haben als Land immernoch die Kraft und va Innovationsfähigkeit sich neu zu erfinden und ob es ihnen ohne die Rolle des Hegemons unter Strich nicht besser ergeht wäre eh zu diskutieren. Für Europa und insbesondere Deutschland sehe ich das aber ganz und garnicht.
Wir vergreisen und überfremden und scheitern an den Herausforderungen der Gegenwart weil sich die erfolgreichen Konzepte der Vergangenheit längst überlebt haben und wir sie doch nicht loslassen wollen. Zukunft Fehlanzeige, es wird Verteilt was noch das ist und Ende.

Die USA werden aber auch dann noch ein veritabler Player sein wenn die Schwanengesänge über die Europäische Ansprüchen längst verklungen sind. Sogesehen auch kein Wunder, dass die USA uns mehr als Klotz am Bein als irgendetwas sonst annehmen und perspektivisch zunehmend auf Distanz gehen.

Das Ende unseres Wohlstands
https://www.welt.de/debatte/article6935a...dells.html
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Zitat:Die USA haben nicht mehr die Macht, eine unbedingte Gefolgschaft zu erzwingen

Das hatten sie nie. Aber wenn man sich ansieht, in welchem Ausmaß sich zu viele in vorauseilendem Gehorsam unterordnen, stellt sich die Frage, wie mächtig DT und die USA tatsächlich sind eher dahingehend, dass sie mächtiger sind als es gemeinhin angenommen wird.
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(09.12.2025, 13:42)Nightwatch schrieb: Ich würde mir mal weniger über den Abstieg der USA Gedanken machen als über den Umstand, dass sich der Abstieg der EU noch viel schneller vollzieht und sich daraus in Bezug auf Deutschland gerade ein regelrechter Absturz entwickelt.
...
das sehe ich - wie oben ausführlicher dargestellt - völlig konträr. Ich möchte jetzt auch nicht auf Stichworte wie "vergreisen und überfremden" eingehen, das wäre OT. Nur soweit - beides sind Wahrnehmungen, die sich gegenseitig ausschließen.
"Überfremden" kann eine Gesellschaft nur durch sehr viele junge Zuwanderer - das schließt gleichzeitig die behauptete "Vergreisung" aus.
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Das geht sehr gut beides. Die autochthone Gesellschaft, also die die wesentlich dafür verantwortlich ist wo Deutschland heute steht - im Guten wie im Schlechten - vergreist.
Gleichzeitig importieren wie Millionenfach Menschen aus uns völlig fremden Kulturkreisen. Leider ist mittlerweile absehbar, dass die Lücken, die in unserer alternden Gesellschaft aufgehen durch diese neuen Mitbürger nicht vollumfänglich geschlossen werden können. Im Gegenteil, es ist eher bei viel zu vielen Einwanderergruppen ein reines Draufzahlgeschäft. Integration klappt nicht oder nur unzureichend, das Erwerbsleben der Neubürger ist zu kurz und zu prekär um den Sozialstaat mehr zurückzugeben als an Belastungen da sind.

Die Amerikaner haben das Problem übrigens nicht in der Form. Die importieren zwar auch in ganz ähnlichen Größenordnungen, aber die im weitesten Sinne kulturellen Unterschiede zwischen Latinos und der Amerikanischen Mehrheitsgesellschaft sind längst nicht so ausgeprägt wie sie zwischen uns und dem Nahen und Mittleren Osten oder weiten Teilen Afrikas bestehen. Will heißen Zivilisations- und Gesellschaftsverstänids ist effektiv gleich.
Entsprechend ist bei denen Zuwanderung ein Net-Positiv (das Schlichte fehlen sozialer Sicherungssysteme kommt hinzu, Migration kostet nichts) während wir mit regelrechten Verwerfungen konfrontiert sind und uns demographisch trotzdem ins Aus schieben.
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Und wir bleiben bitte enger beim Thema.

Welches EU vs USA heißt und nicht vergleichende Studien über die Einwanderung in die USA und nach Deutschland.
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[Video: https://youtu.be/YAh-xEteBz4?si=OUb0wsJhnpLG6Jsd]

Nun wird der "Block" also von Ost und West mit der Spaltaxt bearbeitet.

Zitat:The Ukraine War has had the perverse effect of increasing Europe’s, especially
Germany’s, external dependencies. Today, German chemical companies are
building some of the world’s largest processing plants in China, using Russian gas
that they cannot obtain at home. The Trump Administration finds itself at odds with
European officials who hold unrealistic expectations for the war perched in
unstable minority governments, many of which trample on basic principles of
democracy to suppress opposition. A large European majority wants peace, yet that
desire is not translated into policy, in large measure because of those governments’
subversion of democratic processes. This is strategically important to the
United States precisely because European states cannot reform themselves if they
are trapped in political crisis.

https://www.csis.org/analysis/national-s...larm-bells

https://grafkerssenbrock.com/national-se...ss-der-usa

https://www.whitehouse.gov/wp-content/up...rategy.pdf
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Man kann durchaus hinterfragen, ob - provokant - kulturelle Vielfalt nicht produktiver ist als einheitsbraun.

Jedenfalls haben - historisch gesehen - Einwanderungsgesellschaften nicht nur mehr Freiheit, Innovationsfähigkeit und Toleranz, sondern vor allem auch Überlegenheit gegenüber homogenen Einheitskulturen entwickelt.
Geschichtlich lässt sich das etwa an der "lebenden US-Gesellschaft" gegenüber Europa bis noch in die sechziger- und siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts fest machen, oder an der Überlegenheit der Gesellschaft in Israel (die Zuwanderer aus allen möglichen Kulturen und Ländern aufweist) gegenüber der kulturell in sich verharrenden arabischen Nachbarschaft.
Der "Mix" fördert, was sich "im Kleinen" auch während der Industrialisierung etwa des Ruhrgebietes oder in den (ober-)bayrischen Bergewerksorten belegen lässt. Die gemeinsame Arbeit und das dort "aufeinander angewiesen sein" führt zur Akzeptanz und Toleranz gegenüber der anderen ("fremden") Kultur, und das fördert wieder die Innovationskraft und Entwicklung in gegenseitiger Befruchtung.

Und man kann auch nicht sagen, dass eine bestimmte "Prozentzahl" an Einwanderern noch "integrierbar" und mehr dann schädlich sei. Es gibt in Einwanderungsgesellschaften auch Orte, da waren fast 100 % der Bewohner "eingewanderte" oder "Migranten".
Und das sind die Orte, die heute kulturell und wirtschaftlich "boomen". San Francisco, Los Angeles, New Orleans oder New York haben ihre herausragende Stellung nicht ohne Grund gegenüber den im Vergleich verschlafen wirkenden Nachbarstädten (wie z.B. Boston zu New York) erhalten.
Berlin, London oder Paris sind Beispiele auf dem europäischen Kontinent - boomend, jung, lebendig und "multikulturell".

Damit zurück zum Thema:
DT schneidet mit seiner rigiden "Nicht-Einwanderungspolitik" die Wurzeln ab, aus denen die USA entstanden sind und aus denen die USA ihre Kraft geschöpft haben.
Eine Nation von "Rednecks" und "Hillbillys" kann und wird keine globale Führungsrolle übernehmen.

Europa ist dagegen schon aufgrund seiner unterschiedlichen kulturellen Prägungen - vom Alpengebiet bis zu den friesischen Meeresküsten in Deutschland, aber auch zwischen mediterranen und skandinavischen oder zwischen katholischen und protestantischen Prägungen schon sehr unterschiedlich und vielfältig zusammen gesetzt. Das ist kein "Einheitsbraun".
Migranten bereichern diese Vielfalt noch um weitere Akzente und leisten vielfach die Dienste, für die man keine "einheimischen Fachkräfte" mehr findet.
Schon heute ist beispielsweise die Pflegebranche - um das Stichwort "Vergreisung" aufzugreifen - ohne engagierte Migranten auch aus nichteuropäischen Ländern nicht mehr lebensfähig.
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Grundsätzlich ein Einwand zu den USA um das hier in eine deutsche/europäische Migrationsdebatte abgleiten zu lassen:

Einwanderung nicht per se gut oder schlecht, es ist davon abhängig welche Großgruppen zu einer bestehenden Gesellschaft beigemengt werden.
Es ist im Bezug auf die USA offensichtlich, dass sich die Einwanderung und Gesellschaft heute deutlich von der vergangenen Jahrhunderten unterscheidet.
Weiterhin ist es so, dass Gesellschaften nicht in allen Entwicklungsphasen Einwanderung benötigen oder gleich gut verdauen können. Die USA heute sind ein fundamental anderes Land als vor hundert oder zweihundert Jahren.
Damals war die Migration aus bestimmten Kulturkreisen höchst gewinnbringend und vollkommen notwendig Land und Gesellschaft überhaupt zu entwickeln. Das bedeutet nicht, dass das es heute genauso ist.

Insofern greift die Kritik a la "Trump beendet etwas was die USA erst groß gemacht hat" zu kurz. Die Einwanderungsströme, die die USA groß gemacht haben sind lange versiegt. Heute existieren ganz andere Strömungen, die in einem vollständig anderem Land längst nicht mehr so positiv sein müssen.

Dann hinsichtlich Verweises auf rednecks und Hillbillys mit denen man keine globale Führungsrolle übernehmen könne - gestatte mir die Frage, warum denn nicht? Ein solch pauschales Urteil scheint mir doch ein ganz klein wenig rassistisch konnotiert daherzukommen. Hast du etwa etwas gegen White-Trash?
Das war jetzt Sarkasmus. Mal abgesehen davon, dass es da garnicht so entfernte Verwandte von der anderen Seite des Atlantiks gab, die mit ihren Rednecks ganz bequem ein Empire zusammengebastelt haben - es ist natürlich richtig, dass die USA heute im globalen Wettbewerb immens davon profitieren, dass sie global Spitzenkräfte an sich ziehen können.
Wobei der Prozess gegenüber der eigenen Bevölkerung auch dysfunktionale Aspekte hat, wo man dann bei der laufenden Debatte um die H1B Visas wäre.
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@Nightwatch
ich gebe es ungern zu, aber Du hast "aufs erste Lesen" gute Argumente - damit muss ich mich erst einmal auseinander setzen

OT on:
Bei der Gelegenheit kann ich mir aber einen spitzfindig bösartigen Kommentar zur folgenden Meldung nicht verkneifen:
Merz versichert Trump Kurswechsel in deutscher Migrationspolitik
1.
wir brauchen den USA und dem US-Präsidenten diesbezüglich nichts zu versichern, das ist unsere ureigene europäische Angelegenheit; wir sind keine US-Kolonie und haben unsere eigenen Normen
2.
Friedrich muss aufpassen, dass er nicht auf seiner eigenen Schleimspur ausrutscht
OT out:
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https://www.defenseone.com/policy/2025/1...gy/410038/

Europa muss sich zukünftig alleine verteidigen; Ende der "Ich hole meine großen Bruder" Zeiten.

USA versuchen Österreich, Ungarn, Polen und Italien aus der EU herauszuziehen

Geringe Priorität von Europa für USA, bilaterale Beziehungen zu Nationen werden fokussiert
USA suchen Allianzen mit regionalen Champions

Neue Gruppe Core 5 soll G7 zunehmend ersetzen (Länder > 100m)
USA, Russland, China, Indien, Japan
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(Gestern, 22:59)Frank353 schrieb: Europa muss sich zukünftig alleine verteidigen; Ende der "Ich hole meine großen Bruder" Zeiten.

Richtig.

Jedoch liegt der Grund meines Erachtens weniger beim bösen POTUS, sondern darin, dass sich die USA mit all ihren Ressourcen auf China konzentrieren müssen.

Und das könnte sich auch für Europa noch als sehr richtig erweisen.

Die USA brauchen Russland als Verbündeten gegen China, was die Russen auch liebend gerne wären.

Aber nur, wenn ihnen die USA zusagen, dass die aktuelle russische Kleptokratie erhalten bleibt.

Das Problem dabei ist, dass die Russen den USA (nicht zu Unrecht) keinen Zentimeter weit trauen und deshalb der Plan vermutlich nicht funktionieren wird.
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@goschi
Zitat:Die USA brauchen Russland als Verbündeten gegen China, was die Russen auch liebend gerne wären.
Das ist ein durchaus weiser Satz. Und genau genommen war man vor rund 30 Jahren schon einmal so weit. Damals formulierte man an der KSZE herum und gebar die Idee, dass es eine Regelung für eine umfassende Zusammenarbeit zwischen Alaska im Westen und Wladiwostok im Osten geben solle. Wobei unter dieser Regelung eine vertiefte Zusammenarbeit Nordamerikas, Europas und Russlands (quasi der gesamten europäisch-asiatischen Landmasse) geschaffen werden sollte.

Ziel war es auch, das erstarkende China somit einzuhegen. Quasi sollten die "weißen Völker" der Nordhalbkugel wieder einen gemeinsamen Draht zueinander finden. Das Problem war nur, dass fast jeder dann sein eigenes Süppchen kochte bzw. der Gedanke an Zugkraft verlor.

Russland versank in den 1990ern im Wirrwarr der Jelzin-Jahre, es folgte ein faktischer Staatszerfall, Mafia und Oligarchen teilten das Land unter sich auf, verscherbelten die Filetstücke der ehemals sowjetischen Staatswirtschaft und viele Russen, die durch Inflation und Fehler bei der Einführung der freien Marktwirtschaft unter Jelzin den Großteil ihrer Ersparnisse verloren hatten, sehnten sich nach einem "starken Mann" an der Spitze, der das Chaos eindämmte. Hinzu kamen blutrünstige Fiaskos wie der erste Tschetschenienkrieg.

Die Europäer wiederum waren erstmal froh, dass man keine Bedrohung mehr vor der Haustüre hatte und die Russen ihr Gerümpel aus Osteuropa abzogen. Und man hatte auch einige eigene Probleme: Gerade die osteuropäischen Staaten standen vor enormen Umbrüchen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Italien sah sich massiven Flüchtlingsströmen aus Albanien ausgesetzt. Und Deutschland hatte die Wiedervereinigung abzufedern und sah sich mit einigen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Herausforderungen konfrontiert - zugleich wollte man sich nach der umstrittenen Scheckbuchdiplomatie aus der Zeit des Zweiten Golfkrieges 1990/91 auch als guter Bündnispartner darstellen und kam dann auf die Idee, man könne sich ja (ausgerechnet!) in Ostafrika engagieren. Das Ergebnis war der Somalia-Einsatz der Bundeswehr.

Und während die Deutschen und andere europäische Nationen dort herumpatrouillierten, stellte man plötzlich fest, dass man einen handfesten Bürgerkrieg vor der eigenen Haustüre hatte - die düsteren Ereignisse des zerfallenden Jugoslawiens warfen bereits ihre Schatten. Und während man dann sang- und klanglos wieder aus Somalia abzog, eskalierte die Situation auf dem Balkan - zumal sich Paris, London und Bonn lange nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten und faktisch in Ex-Jugoslawien versagten. (Denn Umstand, dass Bonn 1991 vorgeprescht war und Slowenien und Kroatien anerkannt hatte, hatten manche in Paris und London als eine Art von späthegemonialer habsburgischer Allüre verstanden.)

Die USA wiederum gingen als einzig verbliebene Supermacht aus dem Kalten Krieg hervor und standen zu diesem Zeitpunkt zum zweiten Mal in ihrer Geschichte auf dem Gipfel ihrer Macht (das erste Mal dürfte 1945 gewesen sein), aber so richtig fand man keinen Draht, wie man mit der neuen Rolle umgehen sollte - wieso sollte man da als Supermacht auch noch eine KSZE-Lösung notwendig finden? Nach 1991 und dem Sieg über Saddam überwog sowieso erst einmal Euphorie, zumal ja das "Ende der Geschichte" anstand. Und es gab auch ein gerüttelt Maß an verständlichem Selbstbewusstsein: Man hatte gewonnen, erst 1945, dann im Kalten Krieg - und man "durfte" (so Bush Senior) und sollte daraus globalen Führungsanspruch ableiten. Freedom and democracy waren letztlich erfolgreich gewesen und werden sich überall durchsetzen, so das Credo. Aber man verzettelte sich dann ebenso in Somalia (das Mogadischu-Debakel) und in der Folge verlor man dann doch wieder die Lust am Eingreifen. Dass es so lange dauerte, bis sich die USA auf dem Balkan einschalteten und den zickenden Europäern den Kurs vorgaben, lag auch mit daran (Clinton bedauerte dies später). Unter US-Führung wurde dann die NATO als Brechstange der UN eingeführt, um die blutrünstigen Konflikte auf dem Balkan zu beenden.

In der Fernwirkung war dies zwar in einigen Punkten erfolgreich (Dayton, später Rambouillet), aber die politischen Folgen waren kaum abschätzbar, zumal hieraus in letzter Konsequenz der Bombenkrieg gegen Serbien 1999 resultierte, der nicht nur rein völkerrechtlich zumindest schwer zu rechtfertigen war, sondern der auch in Russland, das sich als Schutzmacht der Serben verstand, heftige antiwestliche und gegen die NATO gerichtete Reaktionen auslöste. Der zu diesem Zeitpunkt schon schwer alkoholkranke Jelzin gab zwar Protest von sich, aber seine Tage waren da schon gezählt und der "starke Mann" im Hintergrund war schon in Position gebracht worden. Der Rest ist im Grunde bekannt.

Bedeutet: Der Gedanke eines geeinten Vorgehens, eines Zusammenarbeitens der "weißen" Nordhalbkugel gegen die Herausforderungen u. a. durch China hatte nur eine recht kurze Lebenszeit. (Wer erinnert sich daran, dass man Russland mal in die NATO aufnehmen wollte bzw. Jelzin dies sogar 1994 von sich aus vorschlug?) Durch Egoismen, durch Kurzsichtigkeit und durch Desinteresse, aber auch durch das Aufkommen nationalistischer Kräfte, wurde diese Idee jedoch recht schnell wieder beerdigt.

Ob Trump mit seiner Politik nun versucht an den Gedanken einer "weißen" Nordhalbkugel anzuknüpfen bzw. ob sein relativer Schmusekurs gegenüber Moskau hierauf zurückzuführen ist, damit er Russland "wieder ins Boot holen" kann, um eine geeinte Front gegenüber Rotchina aufzubauen, kann ich nicht beantworten. Wenn ich mir aber das oftmals widersprüchliche, wenig belastbare und auch teils egoistisch-aggressive Gebaren gegenüber anderen Staaten (auch Verbündeten) anschaue, dann bin ich mir nicht sicher, ob es jenseits von "America first" tatsächlich eine solche Art von Strategie gibt.

Schneemann
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