Sechster Nahostkrieg
(08.08.2025, 20:04)Schneemann schrieb:
Zitat:Drei Ausfuhrgenehmigungen für die Lieferung von Kriegsschiffkomponenten an Israel wurden widerrufen
Ich sehe diese Entscheidung als vergleichsweise beschämend an. Man mag die Lage in Gaza herumdrehen, wie man möchte, und die betreffenden Kritikpunkte wurden zur Gänze bereits mehrfach erläutert, aber wenn ich mich hinstelle und sage, dass Israel für uns die "Drecksarbeit" erledigt (was es auch tut) und ich zudem eine Art von uneingeschränkter Solidarität - um diese Formulierung einmal zu nutzen - postuliere, dann muss ich dahinterstehen.
...
Kriegsschiffteile - um die es hier ging - belasten die israelischen Feldzüge "zu Lande" nicht. Insofern kann man diese Entscheidung auch als Warnsignal verstehen.

Aber die Frage ist doch weitaus grundsätzlicher:
was oder wem gegenüber haben wir eine "Staatsräson" oder eine zumindest moralische Verpflichtung?

Gilt die abstrakt gegenüber dem Staat Israel (dessen Existenzrecht nicht in Frage gestellt werden darf), egal, wie beschämend die Regierung des Staates vorgeht - oder gilt sie dem Schutz der Schwachen und Verfolgten vor staatlicher Willkür, die insbesondere auf ethnischen oder religiösen Wurzeln beruht?

Gerade wegen der faschistischen Terrorverbrechen gegen Menschen jüdischen Glaubens kann und darf Deutschland nicht in den Fehler verfallen, jetzt religiöse Unterdrückung und Verfolgung als "Akt der Wiedergutmachung" zu unterstützen. Die Erinnerung und die wichtige Folge einer anhaltenden Verantwortung für eine diskriminierungsfreie Welt müssten heute Bestandteil der deutschen politischen Grundkultur sein, der Genetik (nicht nur, aber insbesondere) deutscher Politik.
Und wenn man von "Schuld" spricht - die ich den nach 1930 geborenen Menschen in Deutschland eher nicht unterstellen würde - dann muss die Schuld auch die Folgen einer solchen Schuld berücksichtigen. Und dann schließt das auch "Schuld" gegenüber den vertriebenen oder von Vertreibung bedrohten Palästinensern ein.

Wenn es nach mir gehen würde - aber wer richtet sich schon nach mir - wäre des Deutschlands Verantwortung, insbesondere im Gaza-Streifen die Aufgabe zu übernehmen, die jetzt eine israelische Besatzungsmacht mehr schlecht als recht ausübt - also die Sicherheit aller Beteiligten, Israeli wie Araber, zu gewährleisten, Milizen zu entwaffnen, die Versorgung der Bevölkerung zu sichern, und den Gaza-Streifen dann gleichlaufend mit dem Wiederaufbau einer demokratisch gewählten Repräsentantengruppe zu übergeben.
Beginnend mit demokratischen Wahlen auf den untersten (kommunalen) Strukturen.

Ob der Gaza-Streifen und das geographisch getrennte Westjordanland dann später im Rahmen einer "Zwei-Staaten-Lösung" eine föderale Struktur erhalten, muss eine Art "Verfassungskonvent" der Palästinenser diskutieren. Von außen aufgezwungene Regelungen waren noch nie besonders hilfreich.
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Erst haben sie Islamisten ins Land gelassen und jetzt...

Zitat:m Papier heißt es: „Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei …“ Heißt: Das Kanzleramt begründet die Kehrtwende auch mit den Anti-Israel-Demos in Deutschland – und macht gleichzeitig den jüdischen Staat für die teils antisemitischen und gewalttätigen Demonstrationen auf deutschen Straßen verantwortlich.

▶︎ Mehrere CDU-Politiker erklärten gegenüber BILD, sie seien über diese Täter-Opfer-Umkehr fassungslos und stellten die Frage, ob die Regierung nun aus Angst vor dem teils linken, teils islamistischen Anti-Israel-Mob politische Leitlinien verändert.

https://www.bild.de/politik/inland/wegen...27c9f82881
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@Kongo Erich
Zitat:Gilt die abstrakt gegenüber dem Staat Israel (dessen Existenzrecht nicht in Frage gestellt werden darf), egal, wie beschämend die Regierung des Staates vorgeht...
Nicht die israelische Regierung handelt beschämend, sie agiert eher - manchmal geschickt, manchmal ungeschickt - innerhalb der Rahmen, die ihr zum Manövrieren noch bleiben. Beschämend handelt eher unsere Regierung, die anscheinend jegliche realpolitischen Bezugsmomente aus den Augen verloren hat.
Zitat:Gerade wegen der faschistischen Terrorverbrechen gegen Menschen jüdischen Glaubens kann und darf Deutschland nicht in den Fehler verfallen...
Gerade weil man sich immer in der Vergangenheit bzw. im Kontext von dieser innerhalb von inkohärenten Schlussfolgerungen verheddert, kann man keinen realpolitischen Blick entwickeln, sondern man neigt dazu, wie auch du, irgendwelche sophistisch anmutenden und emotionalen Querschlüsse zu ziehen, die nicht nur inhaltlich nicht zusammenpassen, sondern die auch realistischen Einschätzungen massiv im Wege stehen.

Realpolitisch betrachtet müsste man nüchtern zu dem Schluss kommen, dass Israel der einzige Staat in jener Weltregion ist, der am meisten unsere Unterstützung benötigt und verdient hätte, und dies auch unabhängig von der nationalsozialistischen Judenverfolgung.

Schneemann
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Zitat:Realpolitisch betrachtet müsste man nüchtern zu dem Schluss kommen, dass Israel der einzige Staat in jener Weltregion ist, der am meisten unsere Unterstützung benötigt und verdient hätte

Das könnte man diskutieren. Worin liegt den der Nutzen Israels für uns ?!

Womit verdient Israel den unsere uneingeschränkte Unterstützung ?! Wofür benötigt es sie ? Wofür benötigen wir Israel ?

lime:

Ich halt ja rein gar nichts von der Bild, aber es steht tatsächlich in diesem Positionspapier und wird inzwischen auch von anderen Medien berichtet. Der zitierte Satz ist mal wirklich eine Offenbarung:

Zitat:Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei, die wir auch im Sinne unserer Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel vermeiden müssen.

https://www.welt.de/ig/183f483c-10b6-445...ex/CDU.pdf

(die Welt nur der Bequemlichkeit halber weil sie halt dieses Papier aktuell als PDF ins Netz gestellt haben)

Ich erinnere mich noch gut, wie ich mit eigenen Augen in München vor einigen Jahren sah, wie Israel Flaggen verbrannt wurden und Juden ins Gas geschrien wurde (auf Deutsch!) und dies in Hör- und Sichtweite von Polizeibeamten welche trotzdem rein gar nichts taten. Ich forderte die Polizisten auf sofort zu handeln, und ihre Antwort war schon damals, dass man jetzt keine Eskalation herbei führen will und ein Einschreiten jetzt massive Folgen hätte, und man könne ja jetzt nicht massive Gewalt herbei führen indem man sinnfrei eskaliert usw. usf. Schlussendlich erteilte man mir einen Platzverweis und drohte mir den Gewahrsam an, in Sichtweite brennender Israelflaggen. Polizisten in München der gleichen Einsatzhundertschaften waren sich später nicht zu schade, mit Schlagstöcken mit aller Gewalt auf irgendwelche harmlosen Idioten von Impfgegnern einzuprügeln, ebenfalls in München in der Nähe des Marienplatzes. Ich bin absolut kein Freund dieser Querdenkentrottel gewesen, aber so viel zu Verhältnismässigkeit, Rechtsstaat und der ach so edlen Polizei.

Die gleichen Parolen wurden 2014 sogar schon mal über Polizeilautsprecher gegröllt, aber in deutschen Medien wurde es als israelfeindliche Parolen bezeichnet:

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/d...44034.html

https://www.zentralratderjuden.de/presse...4-auswahl/

Zitat:Bei Demonstrationen ist der Ruf „Kindermörder Israel“ oder „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ zu hören.

11 Jahre später und ein Kanzler Merz streicht die Unterstützung Israels im Kampf gegen die Hamas mit der Begründung, dies würde gesellschaftliche Konflikte in Deutschland verschärfen.

Vielleicht sollten wir diese Konflikte mal endlich annehmen und führen, statt sie fortwährend in eine noch schlechtere Zukunft zu verschieben ?!
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(Vor 9 Stunden)Schneemann schrieb: @Kongo Erich
.... Beschämend handelt eher unsere Regierung, die anscheinend jegliche realpolitischen Bezugsmomente aus den Augen verloren hat.....
Schneemann
die aktuelle Sitzung im UN-Sicherheitsrat zeigt, dass die gesamte EU einmütig und einhellig mit anderen Staaten agiert. Lediglich die USA sind aus dieser gemeinsamen Sichtweise ausgeschert:
Zitat: Harsche Kritik an Israel im UN-Sicherheitsrat – außer von einem Land
Aktualisiert am 10.08.2025, 20:18 Uhr

Bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats gibt es viel Kritik an Israels Plänen für die Stadt Gaza. Die USA beklagen aber eine gezielte Kampagne gegen das Land.

Bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage im Gazastreifen hat es heftige Kritik am Vorgehen Israels gegeben. "Wir verurteilen die Entscheidung der israelischen Regierung, den Militäreinsatz in Gaza auszuweiten", teilten die fünf europäischen Teilnehmerstaaten der Sitzung in einer gemeinsamen Erklärung mit. "Wir fordern Israel dringend auf, diese Entscheidung zu überdenken und nicht umzusetzen", sagte der slowenische UN-Botschafter Samuel Zbogar vor Beginn der Sitzung.

UN-Sicherheitsrat: Heftige Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen
"Wir weisen zudem erneut darauf hin, dass jeder Versuch eines Anschlusses oder einer Erweiterung von Siedlungen internationales Recht verletzt", erklärte Zbogar im Namen von Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Griechenland und Slowenien. "Die Militärtätigkeiten auszuweiten wird nur die Leben aller Zivilisten in Gaza weiter gefährden, darunter auch die der noch verbleibenden Geiseln."
...
Ich denke, wenn so eine breite Übereinstimmung besteht (und nicht weil DT für die USA mal wieder eine Sonderrolle beansprucht) sollte man seine andere abweichende Auffassung selbstkritisch prüfen.
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