Iran
(04.12.2022, 23:53)KheibarShekan schrieb: Eine spezielle "Sittenpolizei" hat es im Iran nie gegeben, daher kann man sie auch nicht auflösen oder abschaffen. Was hier wahrscheinlich gemeint war, sind Streifen der ganz normalen Polizei, die ähnlich zu Verkehrskontrollen, hin und wieder auch die Einhaltung islamischer Normen geprüft haben und belehrt haben. Dieses Mandat wurde von der Regierung Ahmadinejad bei der Polizei eingeführt und jetzt scheinbar wieder abgeschafft.

Die Informationslage über einfache Quellen wie Wikipedia dazu ist leider etwas widersprüchlich. Soweit ich das überblicken kann, handelt es sich aber entweder um eine eigenständige Sicherheitsbehörde neben oder aber um eine unterstellte Behörde innerhalb der "Ordnungskräfte des Iran", in denen verschiedene Polizei- und andere Dienste, zusammengefasst sind.
Sie besteht bzw. bestand als Religionspolizei gezielt für diesen Auftrag. Insofern ist "Fakenews" hier unangebracht. Es handelt sich schlicht um die übliche Ungenauigkeit in journalistischer Berichterstattung, dass man hier von "der Sittenpolizei" schreibt, statt näher auszuführen, worum es sich dabei handelt. In Deutschland spricht man aber auch von "der Kriminalpolizei", obwohl es sich dabei lediglich um einen Teil der regulären Polizei mit besonderem Aufgabenbereich handelt. Und schon allein der Begriff "die Polizei" wäre im föderalen Deutschland eigentlich zu ungenau. Dementsprechend kann hier mMn den Medien keinen echten Vorwurf machen und schon gar nicht von "Fakenews" sprechen, was immer eine Absicht unterstellt.
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Die Abschaffung der Sittenbelehrungs-Streifen ist eine kurzfristig greifende Maßnahme, in dem das Justizministerium überraschend feststellte, dass die ja gar nicht unter ihrer Hoheit stehen würden und daher ausgesetzt werden. Das ist iranische Logik und faktisch sicherlich inkorrekt, aber eine Option hier kurzfristig zu reagieren. Dafür dürfte auch die Polizei sehr dankbar sein.

Die ebenfalls diskutierte Abschaffung der Kopftuchpflicht im öffentlichen Raum bedarf aber einer Gesetzesänderung, die das Parlament beschließen und der Wächterrat bestätigen müssen.
Die Aufgabe des Wächterrates ist die Überprüfung der Gesetzte auf islamische Konformität und das Durchschnittsalter im Wächterrat dürfte so jenseits der 70 liegen. Insofern könnte das eine interessante Diskussion werden. Allerdings ist seit den letzten Wahlen auch das Parlament mehrheitlich konservativ besetzt. Egal welche Richtung das nimmt, wird das die westliche, anti-iranische Propaganda meiner Vermutung nach negativ auslegen und dem "System" irgendwas dazu dichten. Letztlich ist man hier gedanklich ja auch nicht viel weiter, denn ein diskutiertes Kopftuchverbot ist auch nur die andere Seite der selben Medaille.

Es wäre aber meiner persönlichen Auffassung nach nicht sinnvoll, an Maßnahmen festzuhalten, die an der Realität vorbeiführen. Die Kontrollen kosten Zeit, Personal, Geld und Nerven. So wurden seit der Einführung von entsprechenden Polizeistreifen landesweit Verwarnungen in wahrscheinlich siebenststelliger Zahl ausgesprochen. Ein Erfolg solcher Belehrungsmaßnahmen hat sich nicht eingestellt, denn ein großer Teil der Bevölkerung hält sich schlicht nicht daran. Wir alle wissen schon lange, dass das Kopftuch im Iran gern als Halstuch getragen wird und nur situativ zurecht gerückt wird. Gerade in Einkaufszentren oder Freizeit orientierten Flaniermeilen, Parks usw. hat sie nie jemand großartig darum geschert. Daran haben diese Streifen ja nichts geändert, insofern sollte das konsequenterweise auch jeder so handhaben, wie er/sie das für richtig hält, soweit sich niemand akut belästig fühlt.
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(06.12.2022, 11:35)KheibarShekan schrieb: Letztlich ist man hier gedanklich ja auch nicht viel weiter, denn ein diskutiertes Kopftuchverbot ist auch nur die andere Seite der selben Medaille.

Genau das ist es eben nicht. Gerade weil es sich nur auf Minderjährige in Kitas, Schulen und öffentlichen Gebäuden beziehen soll.
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Zitat:Iran signs $300 million MoU for exports of cars to Russia
Monday, 28 November 2022 11:37 AM [ Last Update: Tuesday, 29 November 2022 5:24 AM ]

A $300 million memorandum of understanding has been signed for the export of Iranian cars to Russia, the president of the Association of Homogeneous Powertrain Industries and Parts Manufacturers says.
...
https://www.presstv.ir/Detail/2022/11/28...sanctions-

Russland ist der 5. größte Automarkt der Welt. Sowohl die russische als auch die iranische Automobilindustrie basieren vielfach auf Renault / Peugeot Technik. Der Iran hatte sich in den letzten Jahren von entsprechenden Zulieferteilen unabhängig gemacht. Daher ergeben sich hier entsprechende Synergien. Die Iraner hoffen entsprechend, die Exporte von Autoteilen und PKW nach Russland deutlich zu steigern.

Zitat:Russian petchem complexes using Iran-made catalysts: NPC head
December 9, 2022 - 14:23

“One ton of Iranian catalyst is being successfully used in Russian petrochemical complexes, and Russian companies have placed new orders for the purchase of more catalysts,” the official said.

Majid Daftari said that out of 40 types of catalyst groups in the petrochemical industry, the knowledge for the production of 28 has been indigenized.
https://www.tehrantimes.com/news/479509/...s-NPC-head

In der Petrochemie verwendete Katalysten werden seit Monaten in größerem Umfang auch nach Venezuela exportiert und steigern dort die Benzinproduktion. Durch Sanktionen war hier zuletzt auch in Russland ein neuer Lieferant erforderlich. Eine erste Probelieferung hat wohl qualitativ überzeugt und es soll entsprechend Folgeaufträge geben.

Zitat:Iran to boost production by drilling 35 new wells on ‘world’s largest offshore gas field’
November 15, 2022, by Melisa Cavcic

With the aim of ramping up and maintaining gas production from a giant field offshore Iran, Pars Oil and Gas Company (POGC), a subsidiary of the National Iranian Oil Company (NIOC), unveiled plans to drill 35 new wells at this field.
...
Under the terms of this deal, Gazprom agreed to help the National Iranian Oil Company in the development of the Kish and North Pars gas fields, provide pressure enhancements to the giant South Pars gas field and help develop six oilfields.
...
https://www.offshore-energy.biz/iran-to-...gas-field/

Die Entwicklung von South Pars wurde in den letzten Jahren durch gescheiterte Projekte mit Total und CNPC verzögert. Dabei wurden u.a. nicht nur die beteiligten Firmen sondern auch Banken von den USA direkt bedroht, was ursächlich für das Scheitern war. Entsprechend wurden Projekte geplant, angefangen und wieder gestoppt. Nächster Anlauf nun mit russischer Unterstützung. Russland verfügt über großes Know-How im Gas Sektor und bringt das notwendige Kapital mit. Interessanterweise verfügt allerdings weder Russland noch der Iran über hinreichend Erfahrungen im Bau von LNG Terminals. Insofern wird hier wahrscheinlich in absehbarer Zeit vermutlich vorrangig nur die Produktion von Pipeline-Gas gesteigert werden können. Aber auch hier hat der Iran, gemessen an den Vorkommen, enormes Nachholpotential, welches auch nur dann sinnvoll umgesetzt werden kann, wenn Pakistan und Indien dieses auch abnehmen. Bis dahin bleiben die Hauptabnehmer die Türkei, Irak und der Binnenmarkt. Durch Swapping wäre es auch möglich iranisches Gas nach Russland zu pumpen, welches seinerseits Gas nach Zentralasien und China weiterleiten könnte. Derzeit sieht es aber eher so aus, als würde der Iran kurzfristig russisches Gas importieren (https://www.middleeastmonitor.com/202209...om-russia/ ) und im Süden des Landes die Produktion von Gas-Kondensaten entsprechend hochfahren.
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Zitat:Protest und Hinrichtungen im Iran

Das Regime in Teheran sucht sich westliche Sündenböcke

Die Exekution des Ex-Vizeministers Akbari offenbart einen Machtkampf in Irans Führung. Einige verstehen, dass es Zugeständnisse geben muss an die, die mehr Freiheiten fordern. [...]

Am Wochenende ließ die Justiz den ehemaligen Vize-Verteidigungsminister Alireza Akbari hinrichten, der außer dem iranischen auch einen britischen Pass besaß. Akbari werde nicht der letzte westliche „Spion“ sein, dem das Handwerk gelegt werde, kündigte die Regierungspresse. Vier Monate nach Beginn der Proteste im Iran am 16. September sucht Chamaneis Regierung westliche Sündenböcke.

Akbari war Vizeminister unter dem Reformpräsidenten Mohammad Khatami, der bis zum Jahr 2005 regierte, und emigrierte später nach Großbritannien. Im Iran war Akbari ein Mitarbeiter des damaligen Verteidigungsministers Ali Shamkhani, der heute Sekretär des iranischen Sicherheitsrates ist. Vor vier Jahren kehrte Akbari in den Iran zurück, um Shamkhani zu beraten, und wurde festgenommen. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Spionage für den britischen Geheimdienst zum Tode. [...]

Dass die Führung der Islamischen Republik bereit ist, Häftlinge mit westlichen Pässen hinzurichten, könnte auch deutsch-iranische Angeklagte in Gefahr bringen. Dem Aktivisten Jamshid Sharmahd, der seit 2020 in iranischer Haft sitzt, droht nach Angaben seiner Familie ebenfalls die Todesstrafe. [...] Fast jeden Tag gibt es seit dem 16. September Proteste gegen das Regime und Chamanei, mehr als 500 Menschen sind bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und staatlichen Einsatzkräften ums Leben gekommen. Das Regime hat vier Demonstranten durch Erhängen hingerichtet und weitere zum Tode verurteilt.
https://www.tagesspiegel.de/internationa...85121.html

Schneemann
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Akbari war einer der hochrangingsten Spione. Für den britischen Auslandsgeheimdienst war er offenbar eine zentrale Figur. Seine Exekution ist legal und legitim, beinhaltete immerhin einen Prozess und eine Berichterstattung. Die große Mehrheit der Iraner werden dies unterstützen. In den meisten anderen Staaten wird das Thema einfach mit einem gezielten Mordanschlag gelöst. Insofern durchaus elegant und zivilisiert gelöst.
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In anderen Staaten wird so etwas auch noch ganz anders gelöst, durch Haftstrafen bis hin zu einem Austausch. Von daher mag das nach iranischem Recht legal sein, aber hier Legitimität über Begriffe wie Elegant und Zivilisiert im Kontext mit einer Hinrichtung begründen zu wollen ist ziemlich verfehlt.
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(16.01.2023, 22:24)Quintus Fabius schrieb: In anderen Staaten wird so etwas auch noch ganz anders gelöst, durch Haftstrafen bis hin zu einem Austausch. Von daher mag das nach iranischem Recht legal sein, aber hier Legitimität über Begriffe wie Elegant und Zivilisiert im Kontext mit einer Hinrichtung begründen zu wollen ist ziemlich verfehlt.

Doppelte Staatsbürgerschaften werden nicht anerkannt. Auch hat Akbari weder unwissentlich gehandelt, ist nicht erpresst worden, hat sich nicht in einer wirtschaftlichen Notlage befunden, hat auch nicht einmalig gehandelt, sondern systematisch über einen langen Zeitraum seine Kameraden und Landesgeheimnisse ausspioniert und an den Feind verraten. Insofern war er jemand, der sich weder für einen Austausch oder für eine Haftstrafe qualifiziert hätte. Die Gegenseite erschießt und vergiftet Iraner für weit weniger. Darunter Uni-Dozenten, Luftfahrtingenieure, ohne jegliche Anklage oder Gerichtsverhandlung. Insofern war die Behandlung Akbaris sehr wohl elegant und zivilisiert gelöst.

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Ich selbst habe mich vor ein paar Tagen noch ganz anders geäußert und die Feindschaft der Europäischen Staaten deutlich unterschätzt. Betrachtet man Rolle und Funktion der Revolutionsgarde, so hat das Parlament der Europäischen Union der Islamischen Republik Iran mit der Einstufung der Pasdaran als Terrororganisation offiziell den Krieg erklärt. Der Iran wird diesen Schritt kontern und europäische Streitkräfte und Sicherheitskräfte entsprechend kategorisieren. Eine militärische Auseinandersetzung ist damit eher früher als später unausweichlich. Es stellt sich nur die Frage nach dem geeigneten Zeitpunkt.
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In diesem Kontext:

https://www.iranintl.com/en/202301197929

Zitat:The issue of adding the Revolutionary Guard (IRGC) to the list of Europe’s terrorist entities became a rallying point for the Iranian diaspora, which launched online campaigns and held a large protest in Strasbourg on January 16 to lobby the European Parliament for passing the resolution.

Zitat:It also calls on the Council and the member states to add the IRGC and its subordinate forces, including the paramilitary Basij militia and the Quds Force, to the EU terrorist list.

Dass die Basij und Quds inkludiert sind hatte ich gar nicht auf dem Schirm.

Zitat:Die Gegenseite erschießt und vergiftet Iraner für weit weniger....ohne jegliche Anklage oder Gerichtsverhandlung.

Zum Glück hat der Iran ja niemals nie das gleiche getan .....

Dessen ungeachtet halte ich rein persönlich diese Entscheidung des EU Parlaments für einen erheblichen und sinnlosen Fehler. Ein Musterbeispiel dafür, wenn man sich in der Politik zu sehr von Ideologie verblenden lässt, dass gilt umgekehrt für viele Iraner ganz genau so.
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In diesem Zuge einige Verständnisfragen:
Bisher habe ich die IRGC/Pasdaran immer für eine freiwillige Miliz gehalten, die dann "abgenutztes Spielzeug" von den regulären Truppen weiter nutzen durfte und zudem eine eigene Agenda verfolgte. Zumindest war/ist das mein Eindruck von dem, was die Abteilung See da an "grobem Unfug" mit fremden Kriegsschiffen u.Ä. treibt, um es mal freundlich zu formulieren.
Das scheint aber etwas komplexer zu sein, als es sich mir darstellt(e).

Was also sind/sollen sie (die IRGC) denn nun tatsächlich sein?
Reguläre? Falls ja, ist der "seemännische Unfug" dann tatsächlich von der Regierung so gewollt? Das Eskalationspotential bei diesen "Spielereien" ist echt maximal!
Miliz unter dem Kommando des Militärs?
Eigenständig mit eigener Agenda? Falls ja, warum wird das gefährliche Spiel dann sogar von der Regierung mit Material unterstützt, wo doch in meinen Augen viele Aktionen (zur See) deren Arbeiten konterkarieren.
"Geheimdienst"-Truppen?
Oder typisch "asiatisches" vorne Heucheln und die IRGC "achselzuckend" machen lassen um nichts zugestehen zu müssen?

Unter anderem auch an den Antworten liesse sich dann schliessen, ob eine Einordnung unter "Terror" möglich (Eigenständig) oder gar unlogisch (Regulär) wäre.
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Meiner Einschätzung nach sind die ziemlich eigenständig, mit eigenständiger Agenda. Deine Frage warum die Regierung dann dieses Spiel mitmacht würde ich rein persönlich so beantworten, dass in Wahrheit umgekehrt die Regierung schon viel zu weitgehend von diesen Kräften kontrolliert und vor sich her getrieben wird. Meiner Meinung nach unterschätzt du hier die Macht und die Bedeutung welche diese Einheiten inzwischen erlangt haben, dass reicht ja weit über die rein politische Seite hinaus bis tief in die Wirtschaft und auch in den tiefen Staat hinein.
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Im Iran knallt es gerade (mal wieder) - nein, keine Aufständischen / Demonstranten / vom Ausland gelenkte Irrgeleitete oder wie auch immer man die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung bezeichnen will, sondern dezidierte Angriffe auf kritische Infrastruktur und auch auf Gebäude und Infrastruktur der Revolutionsgarden, angeblich mit Drohnen:

https://twitter.com/officejjsmart/status...4600442882

https://www.kyivpost.com/post/11620

https://twitter.com/IsraelRadar_com/stat...wsrc%5Etfw

Angeblich das HQ der Revolutionsgarden:

https://twitter.com/nexta_tv/status/1619...58/photo/1

https://twitter.com/nexta_tv/status/1619...58/video/3

Angriffe in Isfahan:

https://twitter.com/afshinrattansi/statu...0801235968

Tatsächlich israelische Angriffe, falls ja, warum? Oder Fake-News, mit welchem Zweck? Oder eine schwarze Flagge Operation? Falls ja mit welchen Zielen? Oder sonst noch irgend ein anderes Geschehen, welches ?
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Ein guter Indikator ist immer, ob die israelischen Medien direkt berichten können oder sich aufgrund der Militärzensur auf ausländische Quellen berufen müssen. Hier bemüht man primär das WSJ und Arabische Medien und hält das Thema recht klein. Wobei es dort aktuell eh keinen Mangel an Nachrichten gibt.
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Chinesisch-iranisches Treffen - wobei das Thema Frauenrechte natürlich nur ein vorgeschobenes und recht offensichtlich platziertes sein dürfte, in Wirklichkeit geht es um wirtschaftliche Interessen und um einen Ausbau der Kooperation, ggf. auch über die sog. Maritime Silk Road, womit Teheran versucht aus der aktuellen wirtschaftlichen Misere und den inneren Problemen herauszukommen.

Gut möglich auch, dass das Treffen auch im Kontext der Wiederannäherung Teherans an Baku stattfindet (wo man ja im letzten Sommer schon eifrig verhandelt hat - und der iranisch-aserbaidschanische Handel hat in den letzten Jahren starken Zuwachs erfahren, wobei vieles aus Aserbaidschan aus China kam und von dort nach Iran ging), denn Baku ist in die Seidenstraße eng eingebunden.
Zitat:PRÄSIDENT RAISI IN PEKING

Iran und China fordern gemeinsam Frauenrechte ein – in Afghanistan

Massenproteste und wirtschaftliche Verwerfungen: Teheran steht unter Druck. Nun versucht das Regime gemeinsam mit seinem Partner China den Befreiungsschlag.

Tel Aviv - Wenn Irans Präsident Ebrahim Raisi und Chinas Präsident Xi Jinping aufeinandertreffen, geht es gewöhnlich um die Partnerschaft beider Länder. Es geht um wirtschaftliche Zusammenarbeit und um geostrategische Problemlagen. Bei der gegenwärtigen Reise Raisis nach Peking stand darüber hinaus aber zur Überraschung westlicher Beobachter ein weiteres Thema auf der Agenda: Frauenrechte.

Gemeinsam riefen der Iran und China die militant-islamistische Taliban-Regierung in Afghanistan dazu auf, Frauen in Bildung und Beruf nicht länger zu behindern. Die Regierung in Kabul solle alle diskriminierenden Schritte gegen Frauen, ethnische Minderheiten und andere Religionen zurücknehmen, forderten Raisi und Xi am Donnerstag in einer gemeinsamen Stellungnahme. [...] Bemerkenswert ist, dass sich ausgerechnet die konservative schiitische Führung des Irans für Frauenrechte starkmacht. Sie selbst sieht sich seit Monaten Protesten ausgesetzt, die vom Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam ausgelöst wurden. Die iranische Sittenpolizei hatte ihr vorgeworfen, sie habe sich nicht an islamische Kleidervorschriften gehalten. Nach Ansicht westlicher Beobachter handelt es sich bei dem Appell um den Versuch Teherans, beim Thema Frauenrechte aus der Defensive zu geraten. [...]

In Peking verhandelte ein Wirtschaftsgigant mit einem wirtschaftlich und gesellschaftlich massiv unter Druck stehenden Land. Das zeigt schon der Außenhandel. Während China globale Beziehungen pflegen kann, ist der Iran auf zwei Wirtschaftsnationen beschränkt: China und Russland. [...] Eine intensivere Kooperation mit dem Iran würde aus chinesischer Sicht voraussetzen, dass Teheran einen neuen Atomdeal unterschreibt und sich damit aus der Sanktionsfalle befreit. Solange das nicht der Fall ist, wolle sich Präsident Xi Jinping keine zusätzlichen Probleme mit den USA aufladen.

Deshalb hat das vor mehr als zwei Jahren mit viel Pomp vorgestellte, auf 25 Jahre angelegte Kooperationsabkommen noch kaum etwas Konkretes ergeben. „Ein Durchbruch ist bei den Beziehungen nicht in Sicht“, bestätigt auch Fan Hongda, Iranexperte an der Shanghai International Studies University.
https://www.handelsblatt.com/politik/int...86954.html

Schneemann
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Seltsame Geschichte...
Zitat:Mädchenschulen im Iran

Wer steckt hinter der Vergiftungswelle? [...]

An Mädchenschulen im Iran sind Hunderte neue Fälle ungeklärter Vergiftungen gemeldet worden. Wie die iranische Zeitung "Shargh" berichtete, sind allein in der nordiranischen Stadt Ardabil mehr als 400 Schülerinnen an elf Schulen betroffen. Knapp 100 Mädchen werden demnach im Krankenhaus behandelt, in einigen Fällen soll deren Gesundheitszustand kritisch sein.

An Dutzenden Schulen in anderen Landesteilen wurden am Mittwoch ähnliche Fälle gemeldet. Die jüngste Vergiftungswelle an Mädchenschulen versetzt das Land in Aufregung. Eltern sind besorgt und wütend, immer noch gibt es keine offizielle Erklärung der Regierung. [...] Schülerinnen hatten gesagt, sie hätten Dämpfe eingeatmet, die nach Mandarinen, Chlor und Reinigungsmitteln gerochen hätten. Danach hätten sie Kopfschmerzen und Herzrasen bekommen, seien erschöpft und unfähig gewesen, sich zu bewegen.

Die ersten Fälle wurden bereits Ende November gemeldet, als die Proteste im Iran im vollen Gange waren. Waren zunächst nur einige Mädchenschulen in der schiitischen Hochburg Ghom betroffen, wurden in den vergangenen Tagen immer mehr Fälle in anderen Landesteilen bekannt. Viele Mädchen wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Nun erreichte die Vergiftungswelle auch die Hauptstadt Teheran. [...] Zuvor hatte der stellvertretende Innenminister Madschid Mirahmadi die Vergiftungsserie als psychologische Kriegsführung nicht näher benannter Feinde des Landes bezeichnet. [...]

Religiös motivierte Anschläge?

Die ehemalige Vizepräsidentin für Frauen- und Familienfragen, Massumeh Ebtekar, forderte die Behörden auf, "den frauenfeindlichen Fanatikern ein für alle Mal ein Ende zu setzen".
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/...n-101.html

Ich denke, es ist eher unrealistisch, dass Teile der Protestbewegung, die sich ja eher für Frauenrechte stark machen, da dahinterstehen könnten. Religiöse Fanatiker könnte vielleicht verantwortlich sein - aber dann wohl eher nichtstaatliche Gruppierungen und Splittergruppen -, aber auch hier wäre die Frage, ob sie denn dem eigenen Staat so schaden wollen, der ja schon ein theokratisches System ist? Zumal sie sich aller ggf. bestehenden Sympathien beim Volk selbst berauben würden. Und auch dass das Regime selbst dahintersteckt, um so eine noch härtere Gangart gegen die Opposition umzusetzen, erscheint mir etwas weit hergeholt. Man kann der Führungsriege sicher viel Schindluder zutrauen, aber dass sie die eigenen Kinder vergiftet, nur um als Folge davon eine Oppositionsbewegung noch stärker gängeln zu können (was die Sicherheitskräfte ja eh schon können), ist dann doch wenig wahrscheinlich.

Vielleicht ist es aber auch nur ein simpler Unfall mit irgendeinem Chlorgas und eine Art Massenhysterie (in religiös verbrämten Gesellschaften durchaus nicht selten).

Schneemann
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