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Ich glaube das ein Regimewechsel auf andere Weise wesentlich einfacher, realistischer und für alle Beteiligten vor allem anderen weniger verlustreich ist. Damit meine ich nicht, dass System Putin zu ersetzen, sondern innerhalb dieses Systems zu bleiben, also lediglich Putin und ganz bestimmte Einzelfiguren aus dem Spiel zu nehmen, zusammen mit den Anteilen der aktuell herrschenden russischen Eliten welche mit der aktuellen Entwicklung unzufrieden sind, und die gibt es. Viele sehr reiche und sehr mächtige Russen sind äußerst unzufrieden wie sich zur Zeit alles entwickelt, die Ultranationalisten sind kurz vor dem Aufstand, im Militär gärt es. Es verbleibt eigentlich nur die Frage, wer da zuerst zuschlägt.
Ich halte den Krieg mit Russland nicht für unvermeidbar. Aber ich halte einen Umsturz in Russland für unvermeidbar. Diesen müssen wir aktiv mitgestalten, sonst könnten dort Kräfte an die Macht kommen die hochproblematisch sind. Es gibt unter den aktuellen Mafiosi des Systems eine ganze Reihe, die zum einen ohnehin selbst gerne an der Macht wären, und die sich von Putin und dessen direkten Gefolgsleuten nicht mehr richtig vertreten fühlen. Das könnte man leicht für sich nutzen.
Viel schneller, effektiver, kostengünstiger und weniger problematisch als offener Krieg und die problematischen Anteile ihrer Führung zu töten, sollte man auch am besten und elegantesten den Russen selbst überlassen.
Für die Ultranationalisten sind auch wir ein Systemfeind. Putin durch eine anderen Oligarchen zu ersetzen, ändert am eigentlichen Problem nichts.
Ein starkes Russland ist nicht in unserem Interesse. Solange Russland Atomwaffen hat, bleiben wir erpressbar. Russland wird seine imperialistsichen Träumerein erst aufgeben, wenn sie militärisch bedeutunglos sind.
Im Grunde muss Russland genauso gedemütigt werden wie Deutschland 1945.
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Meine Spekulation:
Letztlich ist egal, ob Putin oder jemand aus seiner Kamarilla im Kreml sitzt. Eine Entwicklung zu einem Rechtsstaat im westlichen Sinne ist für Russland nicht absehbar, dafür fehlt sowohl eine bürgerliche Gesellschaft wie auch eine Möglichkeit zur freien Meinungsbildung. Letztlich herrschen immer noch die Regeln aus der Sowjetzeit, wonach Lug, Betrug und Gewalt einfach Teil des Erfolgs sind. Schwäche dagegen wird niemals toleriert - ein Moment der Schwäche, und das eigene Rudel fällt über einen her.
Daher steckt Putin im Dilemma, weil er die Ukraine unterschätzt hat und jetzt nicht aus der Nummer rauskommt - nach seiner ganzen Rhetorik MUSS er die Ukraine wieder eingemeinden, oder er steht als Verlierer da.
Und jeder absehbare Kremlherrscher würde einen schwach erscheinenden Westen als legitimes Ziel betrachten. Wird das Risiko als zu hoch betrachtet, schaut man sich lieber nach anderen Opfern um, es gibt noch genug ehemalige Sowjetrepubliken..
Daher sind die jetzt angekündigten Schritte der Europäer in meinen Augen genau richtig, müssen aber auch konsequent umgesetzt werden.
(19.03.2025, 00:20)PKr schrieb: Daher steckt Putin im Dilemma, weil er die Ukraine unterschätzt hat und jetzt nicht aus der Nummer rauskommt - nach seiner ganzen Rhetorik MUSS er die Ukraine wieder eingemeinden, oder er steht als Verlierer da.
Und jeder absehbare Kremlherrscher würde einen schwach erscheinenden Westen als legitimes Ziel betrachten.
Geh ich grundsätzlich mit. Der geschenkte Sieg in der Ukraine ist darum unnötig und kontraproduktiv. Jetzt kann sich Putin als Sieger präsentieren. Die meisten Russen denken er hätte die gesamte Nato besiegt. Die Agression wird belohnt. Das System bestätigt sich selbst.
Man kann das fast schon mit Hundererziehung vergleichen. Durch fehlende Führüngsstärke haben wir an unseren Außengrenzen einen verzogenen Pitbull, welcher glaubt durch bellen und beißen seinen Willen bekommen zu können.
Es wird Zeit das die Russen eine Lektion lernen. Das muss eine bedeutende militärische Niederlage sein.
Damit genug Spekulation von meiner Seite.
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Es wird noch Jahre dauern, bis man aus diesem Schlamassel (Ukraine) raus ist, und kaum ist man dann raus, startet schon das nächste (Taiwan).
Ein interessantes Interview:
[Video: https://www.youtube.com/watch?v=vDBZeHhx3YE]
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Wie würde ein Krieg der EU gegen Russland ohne die USA aussehen ?!
https://wavellroom.com/2025/03/19/what-i...americans/
Zusammenfassung: wenn man die aktuellen Umstände annimmt, würde der Krieg sehr ähnlich verlaufen wie jener in der Ukraine und einem langen blutigen Abnutzungskrieg münden. Die Russen seien zwar durch die Ukraine stark angeschlagen, aber es stellt sich die Frage, ob die Europäer, spezifisch Westeuropa einen solchen Krieg von ihren Bevölkerungen her durchhalten würden.
Jedoch: könnte Europa durchaus hier und jetzt so aufrüsten, dass dadurch eine schnelle russische Niederlage im konventionellen Bereich möglich wäre.
Beide Varianten mal ohne die Betrachtung der Frage des Einsatzes von Atomwaffen. Die als rein politische Waffen für die Frage der konventionellen Kriegsführung ohnehin nicht sonderlich von Belang sind.
Zitat:Conclusion
Will Europe ever be as powerful as it was with U.S. support? No, probably not. That is why one can only hope NATO still has a future – even as we prepare for the worst. But if Europe acts with determination and unity it can avoid the political and military crisis it currently faces. It can rebuild the dominant, highly integrated military systems necessary to deter or decisively defeat any Russian aggression. The challenge, therefore, is not whether Europe can fight effectively without the United States – it can, and it might soon have to. The real question is whether Europe will invest today, while it still has the choice of how it wants to fight before circumstances dictate the way it has to.
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(20.03.2025, 17:10)Quintus Fabius schrieb: Zusammenfassung: wenn man die aktuellen Umstände annimmt, würde der Krieg sehr ähnlich verlaufen wie jener in der Ukraine und einem langen blutigen Abnutzungskrieg münden. Ich lese das etwas anders, bzw. kann ich in dem Artikel gar keine konkrete Prognose erkennen, die über die Feststellung von Mängeln hinaus geht.
Und persönlich sehe ich das auch anders. Eben weil wir einen Mangel an Durchhaltefähigkeit haben, kann es gar nicht zu einem langen Krieg wie in der Ukraine kommen, weil wir einen solchen schnell verlieren würden. Also entweder schaffen wir es, schnell Erfolge zu erzielen, oder wir verlieren. Aber wir werden nicht drei Jahre im Baltikum um jeden Meter erbittert kämpfen können.
Deshalb ist auch bei unserer Aufrüstung ein Schwerpunkt auf weitreichende Mittel zu legen, um die diesbzgl. auf unserer Seite vorhandenen qualitativen Vorteile auch quantitativ nutzbar zu machen. Wir können den Gegner nicht an der Front abnutzen, das muss tief hinter dessen Linien stattfinden.
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Zitat:Eben weil wir einen Mangel an Durchhaltefähigkeit haben, kann es gar nicht zu einem langen Krieg wie in der Ukraine kommen, weil wir einen solchen schnell verlieren würden. Also entweder schaffen wir es, schnell Erfolge zu erzielen, oder wir verlieren. Aber wir werden nicht drei Jahre im Baltikum um jeden Meter erbittert kämpfen können.
Dem möchte ich wiedersprechen, denn die Russen sind zum einen extrem ausgeblutet, und auch die russischen Produktionskapazitäten sind begrenzt. Insbesondere bei bestimmten für sie überaus relevanten Systemen sind die russischen Produktionskapazitäten extrem begrenzt und können von den Russen auch nicht beliebig gesteigert werden, weil ihnen dafür die Grundlagen fehlen (beispielsweise Rohre für Kanonen / Haubitzen etc)
Wenn man die gesamten Produktionskapazitäten in allen EU Ländern addiert, ist unsere Rüstungsindustrie keineswegs unproduktiver als die russische und in einigen Aspekten sogar deutlich leistungsfähiger.
Ja, Europa ist schwach und weit weit unter seinen Möglichkeiten. Aber: die Russen sind viel schwächer als man es früher je vermutet hat und sie sind durch den Krieg weitgehend erschöpft.
Selbst wenn die USA ihre Unterstützung einstellen und die Ukrainer nicht genug Unterstützung von Europa erhalten, wird es noch mehrere Jahre dauern bis die Ukraine komplett kollabiert. Diese Zeit kann genutzt werden. Darüber hinaus kann man in der Ukraine auch einen für die Russen aufwendigen Guerillakrieg organisieren der erhebliche Mengen russischer Truppen dort festlegt.
Die Verluste welche die Russen erlitten haben, werden sie in kritischen Bereichen nicht schnell genug ersetzen können, so dass sie mit dem was sie übrig haben über einen Stellungskrieg gegen die EU hinaus kommen.
Dafür braucht die EU gar keine so großen überragenden Vorräte, und was nachproduziert werden kann, würde gegen die aktuell real existierende russische Armee durchaus erstaunlich lange reichen.
In einigen Jahren, sollte Russland zeitnah in der Ukraine siegen (sieht nicht danach aus) und wenn die Russen ihre Korruptions- und Ineffizienzprobleme in den Griff kriegen (sieht nicht danach aus) und wenn sie dann ihre Kriegswirtschaft über mehrere Jahre aufrecht erhalten könnten ohne dass das Land wirtschaftlich komplett kollabiert (sieht nicht danach aus), dann würde Russland zum Problem werden und wir einen Stellungskrieg verlieren, vorausgesetzt wir sind bis dahin immer noch in die Gänge gekommen (sieht danach aus).
Zitat:Europe possesses both the institutional knowledge and technological expertise to rebuild these capabilities independently in its own area of responsibility. We know what to do, how to do it and what to do it with. Large-scale air exercises with European command structures have demonstrated this potential. Technology, both new and old, an industrial base and financial resources exist to produce, procure, and employ the necessary weapon systems – build, buy and bomb. This applies to everything from aircraft and drones to cruise missiles, long-range rocket artillery, and other critical capabilities.
Europe also has a deep well of doctrinal expertise and a large corps of staff and non-commissioned officers capable of leading the necessary expansion of forces. With a workforce more than twice the size of Russia’s – and larger than that of the United States – Europe has the manpower to sustain and build up its militaries – if it acts now.
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(20.03.2025, 21:53)Quintus Fabius schrieb: In einigen Jahren, sollte Russland zeitnah in der Ukraine siegen (sieht nicht danach aus) und wenn die Russen ihre Korruptions- und Ineffizienzprobleme in den Griff kriegen (sieht nicht danach aus) und wenn sie dann ihre Kriegswirtschaft über mehrere Jahre aufrecht erhalten könnten ohne dass das Land wirtschaftlich komplett kollabiert (sieht nicht danach aus), dann würde Russland zum Problem werden und wir einen Stellungskrieg verlieren, vorausgesetzt wir sind bis dahin immer noch in die Gänge gekommen (sieht danach aus). Das war aber meine Grundannahme, weil ich nur dann überhaupt einen russischen Angriff auf die NATO/EU für möglich erachte.
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Ich kann die Annahme, so unrealistisch sie auch sein soll, die Ukraine könnte langfristig verlieren, nicht teilen. Spätestens am Dnipro wäre doch Schluss. Wie sollten die Russen da übersetzen und ihre Truppen langfristig und nachhaltig versorgen?
Für mich zeigt sich, dass heutzutage, mit den Möglichkeiten der Aufklärung und weitreichenden Wirkmitteln, kein Überwinden solcher Hindernisse möglich ist, ohne komplett jeden Mann zu opfern.
Das hat sich nicht zuletzt in Kherson gezeigt, als man Stück für Stück die Brücken zerstört und damit schlussendlich die Russen zum Rückzug gezwungen hat.
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Die Russen verlangen im Endeffekt Spitzbergen (norwegisches Staatsgebiet) - dafür wären sie umgekehrt bereit die US Ansprüche auf Grönland anzuerkennen.
Schier unfassbar:
https://jamestown.org/program/moscow-war...on-arctic/
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(21.03.2025, 03:41)Geopolitik2025 schrieb: Ich kann die Annahme, so unrealistisch sie auch sein soll, die Ukraine könnte langfristig verlieren, nicht teilen. Spätestens am Dnipro wäre doch Schluss. Wie sollten die Russen da übersetzen und ihre Truppen langfristig und nachhaltig versorgen?
Für mich zeigt sich, dass heutzutage, mit den Möglichkeiten der Aufklärung und weitreichenden Wirkmitteln, kein Überwinden solcher Hindernisse möglich ist, ohne komplett jeden Mann zu opfern.
Das hat sich nicht zuletzt in Kherson gezeigt, als man Stück für Stück die Brücken zerstört und damit schlussendlich die Russen zum Rückzug gezwungen hat.
Würde Rußland alle Gebiete östlich des Dnipro erobern wäre es relativ wahrscheinlich dass Weißrußland dem Krieg beitritt um sich auch noch ein Stück abzuschneiden. Die russ. Truppen könnten dann auch über Weißrußland vorrücken.
Kherson wäre für Rußland auch haltbar gewesen wenn zu dieser Zeit schon eine größere Mobilisierung stattgefunden hätte. Zur problematischen Lage kam damals aber noch die Überdehnung einer viel zu schwach besetzen Frontlinie und die schlechte Moral der Truppen in Kherson.
Meines Erachtens wäre es auch durchaus noch möglich wieder solche Brückenköpfe zu etablieren, wenn auch die Verluste dafür sicherlich sehr hoch wären.
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Der Rückzug aus Kherson und die Räumung des Brückenkopfes auf der westlichen Seite des Flusses war tatsächlich eine der wenigen wirklich intelligenten und sinnvollen Handlungen der Russen in diesem Krieg. Tatsächlich sogar vermutlich eine der besten Entscheidungen auf russischer Seite bisher insgesamt.
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(22.03.2025, 23:50)Quintus Fabius schrieb: Der Rückzug aus Kherson und die Räumung des Brückenkopfes auf der westlichen Seite des Flusses war tatsächlich eine der wenigen wirklich intelligenten und sinnvollen Handlungen der Russen in diesem Krieg. Tatsächlich sogar vermutlich eine der besten Entscheidungen auf russischer Seite bisher insgesamt.
Naja der Rückzug war halt einfach alternativlos. Das mussten und haben selbst die Russen eingesehen. Die Anzahl an Personal lässt sich bei solche einer Flussbreite einfach niemals sinnvoll und unter akzeptablen Verlusten versorgen.
Unter anderem deshalb auch der Deal (durch Amerikaner eingefädelt), so dass die Russen beim Rückzug quasi nicht bekämpft wurden.
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Das etwas sinnvoll ist, oder sogar dringend geboten, heißt nicht, dass Russland dies dann auch tut. Die russische Führung neigt sogar eher zum Gegenteil. Surowikin hat damals praktisch gesehen etliches an russischen Einheiten gerettet, sinnvolle Defensivanlagen angelegt, ist allgemein in die Defensive gegangen entlang von sinnvollen natürlichen Linien und hat die strategischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung forciert, alles richtig. Dafür haben sie ihn dann verhaftet und kalt gestellt.
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