Sechster Nahostkrieg
@lime
Zitat:Lehnst Du eigentlich auch die Wehrdienstverweigerung in Deutschland bzw. in der EU ab? Wenn nicht, warum dann in Israel?
Ich lehne sie nicht ab. Weder bei uns, noch in Israel. Ich frage mich aber, wie du darauf kommst, dass ich die Wehrpflicht ablehnen würde?

Schneemann
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(01.08.2025, 22:35)Schneemann schrieb: @lime
Ich lehne sie nicht ab. Weder bei uns, noch in Israel. Ich frage mich aber, wie du darauf kommst, dass ich die Wehrpflicht ablehnen würde?

Schneemann

Ich schrieb nichts von der Wehrpflicht sondern von Verweigerung der Selben. Die Haredim verweigern in Israel, so wie die Zeugen Jehovas oder andere religiöse Gruppen es in der EU auch tun.
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Ich habe es eben nochmals nachgelesen. Dies war ein Missverständnis meinerseits. Und somit ja, ich erachte die Wehrdienstverweigerung als falsch, quasi ein moralisches Übel. Bei uns vielleicht noch halbwegs verständlich bzw. im pazifistisch-verwöhnten Sinne hinnehmbar, in Israel aber völlig unverzeihlich.

Schneemann
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(01.08.2025, 22:48)Schneemann schrieb: Ich habe es eben nochmals nachgelesen. Dies war ein Missverständnis meinerseits. Und somit ja, ich erachte die Wehrdienstverweigerung als falsch, quasi ein moralisches Übel. Bei uns vielleicht noch halbwegs verständlich bzw. im pazifistisch-verwöhnten Sinne hinnehmbar, in Israel aber völlig unverzeihlich.

Schneemann

Ja für Israel ist es schon harter Tobak, das sehe ich auch so. Allerdings ist diese Ausnahme für die Haredim über Jahrzehnte sozusagen traditionell gewachsen. Als deren Zahl niedrig war spielten sie von der Masse her keine Rolle und man wollte sich mit dem Thema nicht rumärgern, nun ändert sich aber das demographische Blatt und es dürfte zu spät sein diese Tradition ohne Gegenwehr abschaffen zu können. Die Problematik zeigt aber mal wieder dass man in der Politik nicht gern langfristig genug denkt und nur Probleme vor sich her schiebt und diese dabei wachsen.
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Ich hab mich mal gestern intensiver mit der Frage der Lebensmittelversorgung in Gaza beschäftigt. Als kurze Zusammenfassung einer Unzahl von Seiten diesbezüglich ist es mein rein persönlicher Eindruck, dass fortwährend gerade so viele Lebensmittel dort ankommen, dass die Bevölkerung trotz Mangelernährung nicht verhungert. Was nicht heißt, dass die nicht hungern, sondern dass sie nicht verhungern.

Es ist also meiner Ansicht nach sachlich und faktisch falsch davon zu sprechen, dass die Bevölkerung in Gaza verhungert. Es wird von Israel anscheinend sehr fein gesteuert immer genau nur so viel geliefert, wie gerade eben der Mindesttagesbedarf ist.

Natürlich gibt es vereinzelt erste Hungertote, aber dass sind sehr wenige und das liegt dann an der weiteren Verteilung der Lebensmittel in Gaza selbst - da hier kriminelle Banden, Clans wie auch die Reste der Hamas selbst zur Zeit massiv Lebensmittel plündern, diese mit Waffengewalt der Bevölkerung abnehmen und auch die normalen Menschen sich gegenseitig überfallen und anderen Lebensmittel rauben etc.

Die schwächeren, die keine ausreichend starken Clans hinter sich haben, die Kranken etc. werden dabei zuerst und bevorzugt ausgeplündert.

Rein von der pro Kopf zur Verfügung stehenden Menge an Kalorien wird die Bevölkerung in Gaza aber praktisch unbegrenzt dort weiter existieren. Aber halt dauerhaft immer nur von Tag zu Tag, ohne jede Reserve, ohne jede Vorräte und damit in absoluter Abhängigkeit von Israel.

Wenn man in diesem Kontext immer über Lebensmittel spricht: die Lage bei der Trinkwasserversorgung ist eigentlich viel dramatischer. Erkrankungen durch unsauberes Wasser sind an der Tagesordnung, und entsprechende Durchfallerkrankungen verschärfen die Hungerproblematik. Und auch hier ist es so, dass die absolute Mehrheit der Palästinenser praktisch von Wasserlieferungen aus Israel lebt und nur durch diese weiter existiert.

Ich halte dies für eine intentionale Strategie der Israelis, die Palästinenser auf diese Weise immer weiter leiden zu lassen. Keineswegs ist es das Ziel, dass die Palästinenser verhungern, genau das sollen sie nicht ! Sondern sie sollen als mahnendes Beispiel und als Abschreckung noch lange Zeit so weiter vor sich hin vegetieren. Und dazu müssen sie weiter leiden, also weiter leben, und dafür erhalten sie fortwährend gerade ausreichend Nahrung und Wasser.

Zur militärischen Lage:

Wer hier von COIN in Gaza spricht, der verkennt völlig, dass das was die israelische Armee da betreibt kein COIN ist. Tatsächlich werden die Reste der Hamas teilweise ganz offen ignoriert (wo dies gerade nützlich ist zur Legitimierung der eigenen Handlungen). Die Reste der Hamas sind derweilen zu einer bloßen kriminellen Bande unter mehreren anderen kriminellen Banden dort herunter gekommen, die sich mit den Clans und den anderne Banden dort um die Kontrolle der Zivilbevölkerung schlagen. Schlussendlich dienen die Reste der Hamas praktisch nur noch der weiteren Legitimierung des israelischen Vorgehens.

Es stellt sich auch die Frage, inwieweit bewaffnete Gruppen welche die Israelis als Hamas bezeichnen überhaupt der Hamas angehören. Mein Eindruck ist, dass islamische Dschihad als Gruppe dort teilweise inzwischen stärker ist als die Hamas und dass die letzten Versuche von Angriffen auf die Israelis eher auf diesen zurückgehen als auf die Hamas.

Was ist nun die eigentliche strategische Zielsetzung der israelischen Hungerstrategie ? Kurzfristig ist dies meiner Meinung nach vor allem anderen die Freilassung der restlichen Geiseln. Meiner Ansicht nach ist es zur Zeit (noch) nicht das Ziel, die Palästinenser aus Gaza vollständig oder partiell zu vertreiben, sondern der Druck soll so unerträglich werden für die Palästinenser, dass diese die Geiseln frei lassen. Ob das aufgehen wird kann ich nicht sagen.

Wenig bekannt und um mal etwas positives zu vermelden: Israel behandelt kranke und durch Hunger geschwächte palästinensische Kinder zur Zeit in nicht unerheblicher Anzahl in israelischen Krankenhäusern.

Es gärt immer heftiger in der israelischen Armee, insbesondere bei den Truppen an der Front. Diese sind äußerst unzufrieden mit der israelischen Regierung und der aktuellen Strategie und fordern konkrete Pläne was jetzt geschehen soll. Insbesondere wird inzwischen auch von Offizieren die israelische Hungerstrategie in Gaza immer schärfer kritisiert. Stattdessen wird gefordert, Gaza komplett zu besetzen, die Kontrolle total zu übernehmen und die Reste der Hamas in kurzer Zeit vollständig militärisch auszulöschen, was nach Ansicht der israelischen Soldaten in Gaza inzwischen problemlos machbar wäre. Die Soldaten gehen davon aus, dass die restlichen Geiseln so oder so nicht mehr gerettet werden können, während es umgekehrt das aktuelle Primärziel ist, diese mit Druck durch Hunger und Terror frei zu pressen.

https://www.jpost.com/israel-news/defens...cle-863004

Und Juden haben Gelder gesammelt, um in Gaza zerstörte Gotteshäuser wieder aufzubauen, auch so eine Meldung die es hierzulande in keinerlei Medien schafft.

Es gibt in Israel selbst zur Zeit auch wieder eine ganze Reihe Demonstrationen gegen Bibi und seine Nicht-Strategie bzw. seine auf das bloße breitflächig um sich schlagen nicht hinausgehende Idee was nun mit den militärischen israelischen Siegen rundherum überhaupt angefangen werden soll.
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(Gestern, 08:14)Quintus Fabius schrieb: Ich hab mich mal gestern intensiver mit der Frage der Lebensmittelversorgung in Gaza beschäftigt. Als kurze Zusammenfassung einer Unzahl von Seiten diesbezüglich ist es mein rein persönlicher Eindruck, dass fortwährend gerade so viele Lebensmittel dort ankommen, dass die Bevölkerung trotz Mangelernährung nicht verhungert. Was nicht heißt, dass die nicht hungern, sondern dass sie nicht verhungern.
....
ich durchsuche nicht eine Unzahl von Seiten sondern versuche, die zu filtern, die möglichst nahe am Geschehen sind.
Solche, die sich auf Quellen vor Ort stützen, haben andere Eindrücke bis hin zum Vorwurf des Völkermordes
z.B. Massive Kritik an Israel wegen Aushungern der Menschen in Gaza (die FR ist die älteste Zeitung der jungen Bundesrepublik).
Seit einer Woche lässt Israel mehr Hilfe in den Gazastreifen – aber bei vielen Menschen kommt sie nicht an. Ein Tag auf dem Markt in Gaza
Israel/Palästina: Dringende Forderung nach humanitärem Korridor

Und Fakt ist auch, dass dieses Vorgehen politisch für die Ziele Israels kontroproduktiv ist
Palästina-Anerkennung: Nächstes EU-Land macht Druck auf Israel
(Gestern, 08:14)Quintus Fabius schrieb: ....

Zur militärischen Lage:
...
da warten jüdische Siedler nur darauf, sich endlich im Gaza-Gebiet niederlassen zu können - berichten z.B. die FAZ oder der STANDARD (Video)
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Vorwürfe sind keine Fakten.

Beispiel Leningrader Blockade. Diese dauerte ungefähr 27 Monate, und es verhungerten ungefähr 1 Millionen Russen in der Stadt.

Der Krieg gegen die Hamas u.a. in Gaza dauert nun schon seit Oktober 2023, also damit ungefähr 23 Monate.

Seitdem ist die Bevölkerung von Gaza gestiegen (!) es gibt also jetzt mehr Palästinenser dort als vor Kriegsbeginn.

Die Zahl der Toten laut Angaben der Hamas beträgt ungefähr 50.500 - wobei hier nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden wird.

Und nun die Preisfrage: Wieviele Palästinenser sind seitdem nachweislich verhungert ?!

Wieviele Hungertote konkret gab es bis jetzt in Gaza ?

Hier und heute gibt es mehr Palästinenser in Gaza als bei Kriegsbeginn. Das ist ein Fakt.

Die Zahl der nachweislich Verhungerten liegt im zweistelligen Bereich und sinkt. Das ist ein Fakt.

Und diese Menschen sind nicht wegen der Israelis und ihren Blockaden verhungert, sondern weil die Palästinenser in ihrer Clankultur allesamt aufeinander losgehen und sich gegenseitig die Lebensmittel rauben und die Schwächsten deshalb keine erhalten, weil andere Palästinenser sie ihnen wegnehmen.

Hübsche Bilder aus Gaza dieser Tage:

Plünderer kippen Mehl aus Säcken in den Dreck, weil sie die Säcke für ihr Plündergut brauchen. Mit dieser anekdotischen Evidenz ist in Wahrheit bereits alles gesagt über den ach so schröcklichen Völkermord dort.

Mal ernsthaft Erich: du bist doch rechtlich sehr versiert, und müsstest daher die rechtliche Definition von Völkermord genau kennen, insbesondere aufgrund deiner Kenntnisse was Völkerrecht angeht.

In Gaza findet (aktuell) kein Völkermord statt. Das ist ein Fakt !

Weder rechtlich noch tatsächlich.

Was noch nicht ist, könnte zwar ja noch werden (beispielsweise wenn man die Palästinenser dann vertreibt etc), aber hier und heute ist es einfach falsch von Völkermord zu reden.
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Eine Vertreibung fällt aber nicht unter Völkermord , oder unter was wäre eine geplante flächendeckende Vertreibung der Palästinenser einzuordnen?
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(Vor 5 Stunden)Quintus Fabius schrieb: Vorwürfe sind keine Fakten.
...
Stimmt - Vorwürfe sind keine Fakten, und vieles im politischen Geschehen ist eine Reaktion auf mediale Entwicklungen.
Wir sind viel mehr medial gesteuert, als wir uns selbst eingestehen wollen.
Auch das ist einer der Gründe, warum ich meine Quellen möglichst nahe am Geschehen suche.

Allerdings unterstelle ich auch, dass neben den Reportern und Organisationen vor Ort (ich nehme gerade im Nahen Osten auch christliche Religionen, weil man denen nicht vorwerfen kann, islamistische Wasserträger zu sein) durchaus auch Reaktionen aus der Politik zur Einordnung zu be(ob)achten sind.
Ich unterstelle jedenfalls auch, dass die überwiegende Mehrheit der Entscheidungsträger über unabhängige Quellen verfügen - bis hin zu Geheimdiensten - und daher recht gut einschätzen können, was tatsächlich "vor Ort" geschieht.

Und - entschuldige bitte - ich möchte Dich jetzt nicht so verstehen müssen, dass alles was "weniger verbrecherisch ist als die Leningrader Blockade" entschuldbar wäre. Man kann Leid nicht relativieren. Schon ein einziges verhungertes oder an anderen Kriegsfolgen verstorbenes Kind ist moralisch gesehen eines zu viel.

Entscheidend ist letztendlich das "Humanitäre Völkerrecht". Es versucht "einen Ausgleich zwischen zwei gegenläufigen Interessen: den militärischen Notwendigkeiten bei der Kampfführung und der Bewahrung des Prinzips der Menschlichkeit im bewaffneten Konflikt." Und was im Gaza-Streifen geschieht ist nach den von mir berücksichtigten Quellen eben mit dem "humanitären Völkerrecht" nicht mehr vereinbar.

(Vor 5 Stunden)Quintus Fabius schrieb: ...
Mal ernsthaft Erich: du bist doch rechtlich sehr versiert, und müsstest daher die rechtliche Definition von Völkermord genau kennen, insbesondere aufgrund deiner Kenntnisse was Völkerrecht angeht.
...
Zu viel der Ehre - ich habe in meinem Studium über mehrere Semester im Schwerpunkt "öffentliches Recht" gehört, und da ist Verfassungsrecht die wesentliche Grundlage.
Völkerrecht kam nur insoweit vor, als es Auswirkungen auf das nationale Recht hatte.

Es gibt allerdings Juristen, die der Auffassung sind, Völkerrecht sei wesentlich einfacher als die normale Juristerei, schon weil es da nur rund zweihundert Rechtssubjekte gibt ... Cool
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(Vor 2 Stunden)alphall31 schrieb: Eine Vertreibung fällt aber nicht unter Völkermord , oder unter was wäre eine geplante flächendeckende Vertreibung der Palästinenser einzuordnen?
Ethnische Säuberung.
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