Leichte Infanterie
kato:

Zitat:Zur Skalierung: Der "traditionell" zugewiesene organische Transportumfang für Mörser in einer Schweren Kompanie dürfte grob bei rund 180 Schuss pro Rohr liegen. Das dürfte sich zwar auf ATV-Anhänger verteilen lassen (5 pro Rohr für Munition?), ist aber durchaus eine nicht zu unterschätzende Menge.

Das ist schon 1997 ein Streitpunkt zwischen mir und Mörserschützen der Bundeswehr gewesen. Meiner grundsätzlichen Auffassung nach haben heutige Einheiten zu wenig Rohre und im Verhältnis dazu zu viel Schuss pro Rohr. Für die immense Menge Munition welche man da mitführt, hat man zu wenige Mörser dabei. Mörser fallen auch recht leicht Konterfeuer zum Opfer, müssen im modernen Krieg ständig weiter bewegt werden, können heute in einem konventionellen Krieg schlicht und einfach nicht mehr so lange an Ort und Stelle verbleiben, als dass man diesen Munitionsvorrat überhaupt richtig nutzen könnte. Man wird in den allermeisten Fällen nur ein paar wenige Schuss abgeben können und dann muss man Fersengeld geben.

Damit man eine ausreichende Feuerdichte / Kadenz erzielen kann, auch um die Örtlichkeit woher das Mörserfeuer kommt rasant (also ad hoc) verlagern zu können und um mit einem einzigen Feuerschlag wesentlich mehr Wirkung auf einmal (also schon mit dem ersten Schuss pro Mörser) ins Ziel bringen zu können ist es wesentlich, mehr Mörser zu haben, als mehr Munition zu haben.

Die große Menge von Munition hat auch den Hintergrund, dass Mörser früher deutlich weniger präzise waren und man sich daher einschießen musste, ferner auch, dass man länger von einer Stelle aus systematisch die feindlichen Stellungen (!) eingedeckt hat. Es wird in Zukunft solche Stellungen nicht mehr geben, erst recht kein statisches Eindecken derselben über einen „längeren Zeitraum“ und auch das Einschießen fällt weg (Zielmarkierung, Endphasengelenkte Munition, Einsatz von Loitering Munition durch die Mörser etc). Die deutlich größere Reichweite und vor allem die immens viel größere mögliche Präzision heute führen dazu, dass man für die exakt gleiche Wirkung wesentlich weniger Schuss benötigt.

Die traditionelle Auffassung, mit den Mörsern von einer Position aus länger auf den Gegner einzuwirken ist daher im modernen Krieg überholt und grundfalsch.

Dann muss man noch bedenken, dass die genannten Munitionsmengen sich vor allem auf Panzermörser beziehen, also auf Mörser welche mit einem M113 und einem Begleitfahrzeug für die Munition hochbeweglich sind, während ich hier von einem abgesessenen Einsatz der Mörser spreche. Man kann solche Munitionsmengen abgesessen so nicht mitführen und auch nicht per All-Terrain-Vehicle mitführen und es macht auch keinen Sinn.

Noch darüber hinaus spielt das Kaliber eine wesentliche Rolle. Eine 120mm Munition wiegt 13 bis 14 kg pro Schuss (oder mehr), eine 98mm wiegt 8 bis 9 kg pro Schuss.

Zukünftig soll ein Bataillon im Endeffekt über 2 Mörserzüge verfügen, welche jeweils über 4 Mörser verfügen. Das macht 8 Mörser pro Bataillon. Bei 180 Schuss pro Mörser (weil Panzermörser, weil M113 etc) kommt man so bei 1440 Schuss auf nicht weniger als mindestens (!) 20 Tonnen Gewicht für diese Munition.

Nehmen wir stattdessen die von mir genannten 18 Mörser. Und setzen wir 60 Schuss pro Mörser an, dann kommen wir bei den dann verfügbaren 1080 Schuss auf ein Gewicht von mindestens 8 Tonnen für die Munition. Wir hätten dann also hier eine Gewichtsdifferenz von um die 12 Tonnen - obwohl die Anzahl der verfügbaren Schüsse praktisch real gesehen gleich ist und ich deutlich mehr Mörserrohre zur Verfügung habe !

Das heißt real praktisch habe ich eine wesentlich größere Feuerkraft mit den Mörsern und die Munitionsmenge ist so groß, dass es real praktisch keinen Unterschied macht zu dem was man aktuell mitführt und ich spare trotzdem 12 Tonnen Gewicht (oder mehr). Die Frage ist aber, wieviel Schuss pro Mörser man überhaupt wirklich real benötigt. Und wie man die entsprechenden Einheiten dann von woanders her wieder versorgt.

Zitat:Ggf. wäre es hier ebenso wie für den ABC-San-Zug (siehe unten) sinnvoll, neben den ATVs eine Reihe mittelschwere UGV zum reinen Lasttransport zu verwenden, die bspw. auch den ATV per elektronischer Deichsel folgen könnten.

Das ist übrigens exakt das Konzept worauf ich hinaus will, ich hatte mich auch schon mehrfach so geäußert. Solche UGV könnte man zudem sowohl als Anhänger passiv ziehen (spart deren Treibstoff) als dann auch vor Ort selbstfahrend einsetzen. Dazu hatte ich mich in mehreren Strängen immer wieder mal entsprechend geäußert. Zudem sollten die Transporter möglichst vielfältig nutzbar konzipiert sein, und zwar weil sich die Mörsermunition und auch andere Verbrauchsmittel rasant verbrauchen, und dem folgend die Transporter für anderes eingesetzt werden können, beispielsweise für die Autarke Verwundetenbergung (!) oder für andere Transportaufgaben.

Zitat:In der Hauptfunktion ABC-Dekontamination - und der Nebenfunktion Wasserversorgung, die heutzutage an die Spezialpioniere abgewandert ist

Dazu noch einen Gedankengang: bei einem ernsthaften Krieg wird die Versorgung mit sauberem Trinkwasser rasant ein Problem. Die Wasseraufbereitungskapazitäten müssen daher auf allen Ebenen vorhanden sein, vom einzelnen Soldaten bis hin zu Einheiten auf Bataillonsebene. Den die real verfügbaren trinkbaren Flüssigkeiten könnten sehr schnell ausgehen, beispielsweise weil die Stromversorgung für längere Zeiträume im Operationsraum ausgeschaltet wurde. Entsprechend braucht jeder Soldat eine eigene Filtermöglichkeit und benötigt man dezidierte Wasseraufbereitungs-Einheiten unten und vorne.
Es gibt in Mittel- und Osteuropa genug Oberflächenwasser (dazu unten noch etwas) aber: es werden sich in einem ernsthaften Krieg sehr schnell Krankheiten ausbreiten.

Das reicht dann von Dyphterie über Amöbenruhr hin zu Cholera und Typhus etc. Die ABC Abwehrfähigkeiten dienen hier vor allem auch der Gesunderhaltung der Soldaten gegenüber solchen Krankheiten. Selbst der Krieg in der Ukraine entspricht nicht dem, was man hier bei einem wirklich ernsthaften Krieg erwarten kann, darüber hinaus wären die Umstände bei uns andere (Bevölkerungsdichte, verfügbare Brunnen usw), dazu gehörend: Sekundär kommen diese Fähigkeiten auch der Zivilbevölkerung zugute.

Darüber hinaus kann der Feind solche Krankheiten auch leicht selbst als biologische Waffe einsetzen und verbreiten. Die Gesunderhaltung der Soldaten ist auch sonst bei sehr harten Bedingungen ausgesucht schwierig, insbesondere Ausfälle durch Krankheiten werden umso mehr ein Problem darstellen je länger der Krieg andauert.

Zitat:Die Wasserversorgung käme hinzu, ist aber für den Zweck Infanterieversorgung im Feld (ohne Lager) lasten- und personalmäßig wenig relevant.

In einem ernsthaften Krieg wird das eben anders sein ! Oder vielleicht sollte ich es so ausdrücken: es könnte anders sein und daher muss man diese Lücke abdecken. Entsprechend muss diese Fähigkeit nach unten und nach vorne, denn sie wird in einem ernsthaften Krieg eben nicht extern für alle Soldaten gestellt werden können. Und auch die trinkbaren Flüssigkeiten welche man requirieren könnte werden schnell ausgehen.

Zitat: - geht es primär um Nutzlasttransport. Einen VEP(Pers) nach Konzept HEP70, wie er hier vom Kontext angemessen und auch verteilbar wäre, würde ich grob im Bereich 12 Tonnen Geräte plus 2 Tonnen Verbrauchsgüter und 6 Tonnen mitgeführtes Wasser verorten - und das ist schon ziemlich niedrig angesetzt. Und das in Teillasten, die großteils einen ATV-Anhänger auch durchaus für sich auffüllen und nicht verteilbar sind.

Fangen wir mit den 6 Tonnen mitgeführtem (!) Wasser an. In Mittel- und Osteuropa gibt es genug verwendbares Oberflächenwasser, solches ist also nicht mitzuführen, es kann vor Ort genutzt werden. Schon hat man 6 Tonnen weniger Gewicht. Bezüglich der Geräte müsste man halt sehr detailliert durchsehen und durcharbeiten, wie man dort das Gewicht runter bringt. Aber selbst so: nehmen wir mal an, man käme mit 12 Tonnen aus. Es gibt reihenweise 6x6 ATV welche bis zu 800 kg schleppen können. Das wären dann gerade mal 15 solcher Fahrzeuge und die gesamte Last wäre aufgeladen. Ansonsten kann ich hier erneut auf die äußerst nützlichen UGV verweisen, welche eine ähnliche Transportleistung erbringen könnten und dem folgend auch noch zur Verwundetenversorgung verwendet werden können.

Zitat:Wenn ich Verwundete "liegen lasse" und gesteuert bspw. gesammelt später an den Verbandsplatz bringe, hat das zwei Effekte. Zum einen auf die Mannstärke auf strategischer Ebene, da mir so Soldaten wegsterben werden, zum anderen auf die Moral der kämpfenden Truppe, die im Gefecht unmittelbar hinter sich die nicht versorgten Verwundeten liegen hat. Umso mehr in einem taktisch beweglichen Gefecht, in dem ggf. auch das Verwundetennest mit den dort liegenden Kameraden "aufgegeben" werden muss.

Das ist nun ein ganz wesentlicher und wichtiger Aspekt ! In einem ernsthaften Krieg ist es gar nicht anders möglich. Es wird exakt zu der hier beschriebenen Situation kommen. Die Art und Weise wie die Bundeswehr sich aktuell die Verwundetenversorgung vorstellt wird nicht funktionieren. Verwundete werden zurück gelassen werden, und es werden wesentlich mehr Soldaten sterben weil sie nicht ausreichend versorgt werden können.

Das heißt man muss schon vorher dies nicht nur klar kommunizieren, sondern auch die die moralischen und materiellen Aspekte des ganzen mit berücksichtigen. Beispielsweise ist meine Struktur auch deshalb so wie sie ist, weil ich bereits von sehr hohen Verlusten bei der Infanterie ausgehe und die Einheiten so oder so rasant ausbluten werden.

Das ist selbst in der Ukraine hier und heute der Fall, wo die Absitzstärke vieler russischer mechanisierter Einheiten inzwischen auf 2 Mann pro Fahrzeug abgesunken ist (ernsthaft). Verwundete kann man im Weiteren auch einfach in ziviler Obhut zurück lassen, und auch das geschieht in der Ukraine massenweise. Da werden mehr Verwundete beider Seiten durch Zivilisten in zivile Krankenhäuser gebracht (teilweise zusammen!) als durch die San-Einheiten direkt selbst versorgt werden können.

Es ist eine völlige Illusion zu glauben, dass aktuelle System der Bundeswehr diesbezüglich könnte und würde in einem ernsthaften Krieg funktionieren; eine gefährliche Illusion weil man damit bei den Soldaten falsche Vorstellungen und Ansprüche weckt und gerade dadurch ihre Kampfmoral beeinträchtigt wenn diese dann nicht eingehalten werden können. Die Moral der kämpfenden Truppe wird also gerade eben dadurch leiden, dass sie mit völlig falschen Vorstellungen in den Kampf geschickt wird, die dann nicht aufgehen werden.

Zu den gurtgefütterten MG als Schwerpunktwaffen äußere ich mich im weiteren in einem eigenen Eintrag.
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