Bahrain
#54
Erich schrieb:
Zitat: nachdem etwa 60 % aller Bahrainer zu den Schiiten gehören und die - sagen wir mal diplomatisch: "nicht ganz so gefördert werden wie die Sunniten" ist es doch logisch, dass die Unzufriedenen als "Schiiten" bezeichnet werden.
Ja. Und? Ich meine, es ist deutlich ersichtlich, dass die Schiiten die Benachteiligten sind. Was anderes sagte ich ja nicht.
Zitat: Aber ehrlich gesagt - die Unzufriedenheit bezieht sich wohl weniger auf die Ursachen der Ungleichbehandlung (Schiiten) als die Auswirkung (Ungleichbehandlung an sich). Die Unzufriedenen wollen am Aufschwung Bahrains genauso partizipieren wie die anderen 40 % der Bevölkerung. Und die 60 % wären genauso unzufrieden, wenn sie einer anderen Religionsgruppe angehören würden.
Es handelt sich nicht um einen Konflikt "Schiiten gegen Sunniten" sondern um einen Konflikt "Verlierer gegen Priveligierte".
Ob die Ungleichbehandlung in dem betreffenden Falle, wenn die Protestierenden nicht Schiiten wären, genauso gewesen wäre, ist reine Spekulation. Fakt ist einfach, dass wir hier protestierende Schiiten haben in einem politisch sunnitisch dominierten Land. Und da sich die Proteste in einer Region ereignen, in der erkennbar es einen schiitischen und einen sunnitischen Machtblock gibt, die miteinander konkurrieren, so handelt es sich sehr wohl um einen Gegensatz zwischen Schiiten und Sunniten. Alles andere wäre ein Abgleiten ins „Vermuten“ und „Spekulieren“.

Des weiteren ist so, dass Bahrain seinen Reichtum, der maßgebend mit durch Rohstoffexporte (Öl) erwirtschaftet wurde, schon länger besitzt; das Land ist nicht in den letzten Jahren erst reich geworden. Derzeit ist eher erkennbar, dass das Land versucht durch das Anbieten von anderen Leistungen (Dienstleistungen, Bankenwesen) die Folgen der langsam zur Neige gehenden Rohstoffreserven abzufedern. Sprich: Den Reichtum gibt es schon länger, genauso wie die Tendenz, nur von eben den Öleinnahmen zu leben; „neuerdings“ (grob seit ca. 12 – 15 Jahren) orientiert man sich aber neu und setzt zunehmend auf andere Sparten des Erwerbs (die oben genannten). Zudem hat man versucht, die Binnenwirtschaft wieder anzukurbeln, u. a. durch Tourismus- und Binnenwirtschaftsprogramme. So wurde versucht, u. a. die Gastronomieangebote und das (jahrelang) verlotterte Fischereigewerbe wieder aufzumöbeln. Und diese Rechnung ging auch fast auf. Sogar die schiitische Bevölkerung profitierte davon, vor allem weil sie eher die „kleineren Jobs“ erledigte.

Als aber ab 2007 es wegen den künstlich angeschobenen Binnenkonjunkturprogrammen zur einer verstärkten Inflation kam, war die geringer verdienende schiitische Bevölkerung davon mit am stärksten betroffen. Um dieser entgegen zu kommen schränkte die Regierung die ausländische Zuwanderung (u. a. arabische und indische Gastarbeiter) ein. Zudem wurden die Preise für Gebrauchswaren für Ausländer erhöht (was sicher auch nicht unproblematisch ist). Trotz allem blieben diese Maßnahmen recht unfruchtbar und die Unzufriedenheit wuchs.

Fakt ist insofern, dass die schiitische Bevölkerung teils durchaus zeitweise auch vom Aufstieg profitiert hat, ja die Regierung versucht hat, die Auswirkungen der Probleme auf die schiitische Bevölkerung abzumindern (natürlich auch aufgrund von Sorgen vor einer Revolte). Von einem reinen Streit zwischen Verlierern gegen Privilegierten kann man also nicht ganz reden. Ich sehe die Ursachen insofern eher im Zusammenhang von mehreren Faktoren: a) Unzufriedenheit, b) Inflation, c) der allgemeine und auch inspirierende Aufruhr in der arabischen Welt seit Jahresbeginn und d) auch die Teheraner Agitation, wonach Bahrain „die 14. Provinz des Iran sei“. Fast man dies zusammen, so kann man zu dem Schluss gelangen, dass a) und b) deine Aussage untermauern, c) und d) jedoch sind Ausläufer des schiitisch-sunnitischen Gegensatzes und damit auch des iranisch-arabischen Gegensatzes.

Schneemann.
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