Streit um die Arktis
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Zitat:In der vergangenen Woche hatten wir an dieser Stelle die Fahrt des FK-Kreuzers PETR VELIKIY auf dem Nördlichen Seeweg dargestellt.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass diese für den Kreuzer sehr ungewöhnliche Reise durch arktische Gewässer - von der Barentssee bis fast zum Pazifik – Teil einer größeren Übung war, die den neuen Fokus Russlands - und der russischen Streitkräfte – auf die Region nördlich der russischen Küste unterstreichen soll.

Große Teile der vom Militärbezirk West geführten Übung spielten sich als Command-and-Staff Exercise computergestützt in Stäben an Land ab. Wie in Russland üblich, verlässt man sich bei solchen Stabsrahmenübungen allerdings nicht komplett auf Simulationen am Computer, sondern schafft bei ausgewählten Übungsabschnitten durch Einbindung realer Truppen Realitätsnähe. In diesem Fall waren neben Luftstreitkräften, Luftverteidigungskräften und Küstenverteidigungstruppen auch Einheiten der Nordflotte eingebunden.

Zu diesen gehörte auch der FK-Kreuzer PETR VELIKIY, dessen Verlegung von der Barentssee bis in die Laptewsee und zu den Neusibirischen Inseln sicher im Vorfeld der Übung erfolgte, und dessen dort am 20. September gemeldete Raketenabwehrübung als „Teil des „seegestützten Segmentes des nationalen Raketenabwehrschildes“ zweifellos auch zur Stabsrahmenübung des Militärbezirks West gehörte. Während der Kreuzer danach wieder auf Westkurs ging, begannen etwa 20 weitere Einheiten der Nordflotte am 21. September eine größere Übung. Der Flugzeugträger ADMIRAL KUZNETSOV und einige Einheiten blieben in der Barentssee.

Ein Verband mit den Zerstörern ADMIRAL CHABANENKO und VIZEADMIRAL KULAKOV, möglicherweise zwei U-Booten der OSCAR-II-Klasse, zwei Bergeschleppern und weiteren Hilfsschiffen begleitete das Landungsschiff ALEXANDER OTRAKOVSKIY weiter nach Osten. In der östlichen Barentssee stießen die PETR VELIKIY sowie das Minenjagdboot VLADIMIR GUMANENKO und weitere Hilfsschiffe (hatten in der südlichen Karasee im Golf von Ob eine Minenräumaktion durchgeführt) dazu.

Nach kurzen gemeinsamen Übungen und Koordinierungsbesprechungen teilte sich der Verband. Eine Gruppe mit u.a. dem Kreuzer und dem Zerstörer ADMIRAL CHABANENKO „forcierte“ und sicherte die Karastraße südlich von Nowaja Semlja. Die zweite Gruppe mit u.a. dem Landungsschiff und dem Zerstörer VIZEADMIRAL KULAKOV lief durch die Karasee weit nach Osten. Während die Einheiten um die PETR VELIKIY in der östlichen Barentssee eine „Seenotrettungsübung in arktischem Umfeld“ abhielten, führte die bis in die Laptewsee vorgestoßene zweite Gruppe erstmals überhaupt eine „amphibische Landung an einer abgelegenen arktischen Küste“ durch. Marineinfanteristen wurden „zur Unterstützung eines Bergbaubetriebes“ an Land gesetzt.

Am 28. September ging die Übung zu Ende. Während der Kreuzer und wohl auch andere Schiffe bereits in den Heimathafen Severomorsk zurückkehrten, gab es in der Barentssee noch ein abschließendes Seeziel-FK-Schießen. Zwei U-Boote OSCAR-II schossen je einen weit reichenden SS-N-19, zwei FK-Korvetten NANUCHA starteten je einen SS-N-9, und aus Küstenverteidigungsstellungen (Rubesh/Redut) wurden zwei Flugkörper in Richtung Barentssee geschossen.

Die Bedeutung dieser Übung kann kaum überbewertet werden. Erstmals hat ein Anrainerstaat des Nordpolarmeeres größere militärische Aktivitäten - von seegestützter Raketenabwehr bis zu amphibischen Operationen - in der Arktis entfaltet. Sicher sind in den Sommermonaten auch z.B. Dänemark, Kanada und die USA mit militärischen Kräften in der Arktis präsent, aber deren Aktivitäten gingen bisher kaum über bloße Präsenz zur Unterstreichung territorialer Ansprüche hinaus. Russland hat unmissverständlich klar gemacht, dass im Zuge des Klimawandels nicht nur die allgemeine Bedeutung der Arktis wächst, sondern dass mit Blick auf dort lagernde Rohstoffe und zunehmend befahrbare Seeverkehrswege die aktive (militärische) Verteidigung nationaler Interessen relevant geworden ist. Die anderen Arktisanrainer werden kaum umhin können, hier schon bald nachzuziehen. Die russische Übung dürfte den Startschuss für die Militarisierung der Arktis gegeben haben.
(kursive Hervorhebungen durch mich)
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