(Luft) Lockheed Martin F-22
Hi Quintus,

Quintus Fabius schrieb:Aber das ist eben der Punkt, wo man die Chance welche die F-22 geboten hätte verschenkt hat: Den die hatte man ja schon, sie war dann ja ausgereift und ist einsatzbereit und hätte man die F-22 systematisch immer weiter gebaut, hätte man hier und heute viel geringere Kosten (insgesamt) und viel mehr Leistung (in Form von viel mehr hier und heute real einsetzbaren Stealth-Kampfflugzeugen). Also mehr Leistung für weniger Geld.

In dem Punkt das die Schließung der F22 Linie ein monumentaler Fehler war, gebe ich dir übrigens auch sehr wohl recht Quintus. Ob es nun letztendlich weniger Geld gekostet hätte ist aber dagegen eine ganz andere Frage die sich auch nicht einfach beantworten lässt. Da die F22 eben schon aufgrund ihrer Größe und Auslegung nicht als Ersatz für die F35 taugt bzw. nicht als ein Ersatz für die tausenden F16, F18 und der AV8 die alle am Ende ihres Lebens stehen.

Die F35 zugunsten der F22 zu töten hätte z.b bedeutet das die US-Navy und das USMC auf Mittlere Sicht ihre Luftkomponente komplett verloren hätte und auch das die USAF um die Hälfte oder sogar um 2/3 in Vergleich zu ihrer Heutigen Größe geschrumpft wäre, von den nicht weniger fatalen Folgen für die Verbündeten in Europa und Asien ganz zu schweigen. Der Entscheidende Punkt den viele Leute hier nun mahl vergessen oder gar bestreiten ist der Umstand, dass die F22 und F35 niemals dafür gedacht waren die Kernaufgaben des jeweils anderen zu übernehmen. Sprich die F22 kann nicht die F35 ersetzen, noch kann eine Mono-Flotte aus F35 einen High-Low Mix aus F22 und F35 das Wasser reichen. Meiner Meinung nach, wäre daher auch die einzig richtige Entscheidung gewesen, sowohl die F22 Linie weiter offen zu halten, als auch das F35 Programm fortzuführen. Doch wurde leider, aufgrund der berüchtigten Friedens Dividende, des COIN Wahns nach 9/11 und der Administration Obama, nichts daraus.

Quintus Fabius schrieb:Wie oben schon ausgeführt ist die F-35 zudem der Versuch, dass Strike Package der NATO in einem System zu vereinen. Und da dies NATO Doktrin ist und die F-22 die dafür notwendigen Bodenfähigkeiten nicht hatte, erschien die Entwicklung der F-35 natürlich sinnvoll (aus US Perspektive).

Die A2G, ASuW und SEAD/DEAD Fähigkeiten der F35 sehe ich anders als du nicht als einen Luxus an, sondern als eine Notwendigkeit. Die Westlichen Truppen, inklusive der USA mangelt es leider an der nötigen Feuerkraft und Quantität um sich ohne massive Luftunterstützung gegen Russland zu Lande oder Rot China zu See behaupten zu können. So z.b braucht Russland aufgrund seiner riesigen Panzer Armee, massiven Artillerie und der für Angriffskriege auch noch sehr günstigen Geographie in Ost Europa, ja selbst überhaupt keine eigene Luftüberlegenheit bzw. Air Strike Fähigkeiten um die NATO in ihren jetzigen Zustand zu überrennen.

Die F22 würde also den Russen zwar spielend die Luftwaffe von Himmel blassen, doch aufgrund der mangelhaften A2G und SEAD/DEAD Fähigkeiten nichts weiter unternehmen können. Die F35 hingegen würde dagegen in der Luft sicherlich deutlich schlechter Performern als die F22, doch würde sie dafür den Russen dort treffen können, wo es ihn auch weh tut und zwar am Boden. Denn auch Russland könnte nicht den Verlust von Hunderten seiner heißgeliebten Panzer und Artillerie Fahrzeuge verkraften und noch groß Landgewinnen dabei machen.


Quintus Fabius schrieb:Die Frage ist allerdings, ob solche Strike Packages überhaupt noch in einem ernsthaften Krieg eingesetzt werden können (s.o.).

Die Kombination aus VLO, High End Sensorik und modernen A2G/SEAD/DEAD Waffen sollte aber auch gegen den Russen sehr gut funktionieren. Genau genommen sind die Fähigkeiten der F35 für diese Aufgabe wie gemacht! So erlauben es ihre VLO Eigenschaften, zum einen nah genug an den Feind ranzukommen und ihn zum anderen auch durch ihre passive und aktive Sensorik ohne den nicht überlebensfähigen Externen Support zu lokalisieren.

Gerade gegen die Mobilen SAMs Kurzer und Mittler Reichweite (TOR M2, Panzir S1 und Buck M2/3) sind die DEAD Fähigkeiten der F35 in Vergleich zur Legacy Mustern revolutionär. So kann die F35 aufgrund ihrer Sensoren anders als herkömmliche Muster auch auf unvorhergesehene Bedrohungen sofort reagieren und diese eliminieren. So etwa auf passive Mobile SAMs wie Panzir S1, TOR M2 oder Buck M2, die in dem Moment wo diese aktiv werden durch das AN/ASQ-239 bereits lokalisiert und sofort bekämpft werden können. Selbst wenn das AN/ASQ-239 der F35 aus irgendeinen Grund doch versagen sollte, so hat man die genaue Position des Schützen aller spätestens in dem Moment wo das AN/AAQ-37 den Raketenstart registriert.

Quintus Fabius schrieb:Vollautonome Drohnen sind technisch schon hier und heute machbar, insbesondere im Luftkrieg. Solche Luftüberlegenheitsdrohnen propagiere ich ja schon seit Jahren und war sogar der erste der diesen Begriff im Netz verwendet hat. Man muss sich hier nur von der Vorstellung lösen, welche man bisher von Drohnenkriegsführung hat: nämlich einer elaborierten Feindsuche und stundemlangen Beobachten durch Operatoren hin zu einer einfacheren, robusteren Art der Kriegsführung. Vergleichbar einer beweglichen semiintelligenten Seemine, welche es hier und heute ja auch schon gibt. Man könnte um eine bessere Vorstellung zu erlangen auch von Luftminen denken.

Ich sehe das Hauptproblem in der notwendigen Betriebssoftware einer solchen Drohne, so z.b ist der Hauptgrund der zahlreichen Verzögerung und Kostenexplosionen beim F35 Programm ja nicht die Flugzelle oder die Hardware, sondern die verdammt komplexe Software dahinter. Denn selbst nachdem man für eben diese einen Mehrstelligen Milliarden Betrag ausgegeben hat, bleibt sie immer noch das Sorgenkind Nr. 1 beim ganzen F35 Programm. Auch lässt sich A2A von A2G/SEAD/DEAD immer schwerer voneinander trennen, eine A2A Drohne müsste daher auch auf Bedrohungen von Boden aus sofort reagieren können (z.b auf eine mobile SAM Mittlerer Reichweite). Am Ende bleibt somit die Entscheidende Frage ob sich eine solche Drohne gegenüber einem konventionellen Muster überhaupt lohnen würde.

Denn nach dem mit der F22 und F35 in Sachen Software gemachten Erfahrungen zu urteilen, dürfte eine solche Drohne nicht billiger ausfahlen als ein bemanntes Muster und auch die Vorteile die sich durch den Wegfall der Pilotenkanzel ergeben, wären nicht sonderlich groß. Letztendlich müsste auch eine solche A2A Drohne ja noch immer über VLO Eigenschaften und genügend Platz für Treibstoff, Sensoren und Waffen verfügen. Sprich sie wäre auch nichts Anderes als eine Unbemannte Version der F35 oder F22 nur mit beträchtlich komplexerer Software und fehlenden A2G/ASuW/SEAD/DEAD Fähigkeiten. Nüchtern betrachtet kannst du zudem auch jede High End SAM oder A2A Rakete großer Reichweite als eine Art von Luftmine betrachten, wobei diese deutlich billiger ausfallen und ein nicht zu vergessen ein erprobtes Konzept darstellt.

Quintus Fabius schrieb:Es ist daher auch eine Frage der Gewichtung: Meiner Überzeugung nach muss eine Armee primär auf große konventionelle Kriege gegen ernsthafte Gegner ausgerichtet sein (einschließlich Kriegen die mit Massenvernichtungswaffen geführt werden). Eine Spezialisierung der Streitkräfte auf Kolonialscharmützel (Musterbeispiel Bundeswehr) oder zusätzlich auf das rasche Zerschlagen von Regionalmächten (US Streitkräfte) ist daher meiner Auffassung nach strategisch falsch.

Da stimme ich dir (wie du sicherlich schon weißt) auch absolut zu, nur sehe ich die F35 als für den High End Krieg geeignet an. Gerade ihr Focus auf SEAD/DEAD und A2G/ASuW erscheint mir wie gesagt als absolut kritisch für den Erfolg in einen Krieg gegen Russland oder Rot China. Zudem zwingt es den Russen und Rot Chinesen dazu enorme Geldmenge in die Entwicklung und Produktion von neunen SAMs zu investieren. Da die aktuelle Russische & Rot Chinesische IADS der F35 bzw. ihren SEAD/DEAD Fähigkeiten in Moment nicht gewachsen ist und es auf absehbarer Zeit auch nicht sein wird.

Quintus Fabius schrieb:Und da sind wir beim einfachsten Punkt angekommen: Die F-35 ist im Radarbereich nach allem was ich weiß weniger Stealth als eine F-22, hat schlicht und einfach eine schlechtere RCS. Und das dem so ist zeigt selbst einem Laien bereits ein einfacher Blick auf das Flugzeug selbst (ich nannte beispielsweise schon die Düsen etc)

Von Hinten mag ihr RCS in Vergleich zur F22 definitiv schlechter sein, von Vorne dagegen dürfte ihr RCS sogar besser sein. Der größte Vorteil der F22 in Vergleich zur F35 gegenüber SAMs liegt aber ihn Flugprofil, die F22 operiert auf größeren Höhen und bei größeren Speed. In Verbindung mit ihren besseren VLO und den höheren Speed, sinkt dadurch auch der Bekämpfungszeitraum von SAMs wie Buck M2 zusätzlich ab. Doch mangelt es der F22 dafür eben an der nötigen Avionik (genauer gesagt an AN/ASQ-239, AN/AAQ-37 und AN/AAQ-40) um daraus einen Vorteil gegenüber der F35 ziehen zu können.

Entscheidend ist aber letztendlich nur das der VLO ausreichend ist, um nahe genug an einen Gegner zu kommen (ca. 60km) um ihn mit billigen Abstandswaffen (JDAM-ER oder SDBII) bewerfen zu können und hier sehe ich für die F35 eben keine Probleme. Zumal die F35 aufgrund ihrer besagten Avionik sehr wohl noch gegen eine sie erfassende oder gar auf sie feuernde SAM noch vernichtend zu reagieren vermag. Darüber hinaus könnte man übrigens auch noch Argumentieren das die F22 ebenfalls über schlechte VLO Eigenschaften in Vergleich zur ihren Konkurrentin YF23 verfügt. So z.b wäre die Northrop YF-23 sowohl in Sachen Radar VLO als auch IR-Stealth ja das klar überlegene Zellendesign für einen 5 Gen Fighter gewesen.
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Lockheed Martin F-22 - von ObiBiber - 22.03.2004, 11:37
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