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Artillerie im Spätmittelalter und in der Neuzeit
#3
Dann entwickelte sich das Räderwerk und die Räderlafette mit dem Ziel, mehr dieser Waffen in Feldschlachten einzusetzen, und zwar wieder durch die Burgunder zuerst. Gleichzeitig kamen weitere Namen für die Geschütze auf, die ihnen nach Aussehen und Verzierungen gegeben wurden, den Höhepunkt dieser Zeit erlebte die Kaiserliche Artillerie unter Maximilian I. Die Hauptbüchsen und Bombarden hießen nun Kartaunen, lange Kartaunen, Viertelbüchsen und Halbbüchsen, Scharfmetzen, Nachtigallen und Notpüchsen - die Schlangen dann Basilisken, Wurm, Notschlangen, Mittelschlangen, Falkonettes und lange Schlangen _ die Haufnice auch Wiegengeschütz, Terrasbüchsen oder Burgunderlaffete – der Mörser auch Böller.
Erstmals wurden Geschütztypen durch den Kaiser Maximilian I auch schriflich festgelegt und Kaliber bestimmt. Grundsätzlich teilte er 4 Arten von Geschützen ein: die Hauptbüchsen (große Bombarden), die Kartaunen (kleinere Bomarden), Schlangen (Kanonen) und diese erstmals auf 20 Kalibertypen festgelegt, und die Haufnitzen.

Aus dieser ersten Aufstellung in 4 Grundtypen, ungeachtet der Namensverwirrung innerhalb dieser Typen entwickelte sich das französische System der 6 Kaliber Franreichs und das deutsche System des Kaiser Karl V. In Italien und Spanien dagegen trat kein Fortschritt ein, so zählte man in Italien bei den Venezianern immer noch 54 verschiedene Rohrgeschützarten zu dieser Zeit und es gab je Typ noch eine sogenannte männliche und eine weibliche Form, das heißt mit verstärkten Wänden oder ohne für größere Pulverladungen. Die Osmanen übernahmen im Endeffekt zu dieser Zeit das Deutsche System, da die meisten ihrer Söldner aus diesem Gebiet oder aus Italien stammten. Bei der Festlegung der Kaliber spielte die Erfindung des Kaliberstabes durch den Geschützmeister Georg Hartmann in Nürnberg im Jahre 1540 eine maßgebliche Rolle. Auf einem Metallstab waren da die Durchmesser der wichtigsten Stein- Eisen- und Bleikugeln eingeritzt. Die Maße waren daher Europaweit anfangs in Nürnberger Zoll (24,3cm) oder Nürnberger Pfund (0,51kg) angegeben. Als Rohrwerkstoff setzte sich in der zweiten Hälfte des 15 Jahrhundert Zinnbronze durch. Sie wurde daher auch als Geschützmetall oder einfach nur als Das Metall bezeichnet. Erst im 16 Jahrhundert und während des 30jährigen Krieges setzte sich von Schweden kommend dann das Gusseisen für die Kanonen durch. Das wurde durch bessere Gusstechniken ermöglicht, vorher gab es beim Eisengießen viel zu oft Hohlräume und Gaseinschlüsse, so dass die Rohre dann beim Schießen zerplatzten, dazu bildete sich bei Eisenrohren ein Vielfaches an Splittern bei einem solchen Unfall im Vergleich zu einem Bronzerohr.

Abgesehen von den größten Bombarden, die weiter auf Legestücken ausgerichtet wurden, verwendete man bald für alle Geschütze Lafetten. Darunter verstand man Schießgestelle (Laden) in denen die Rohre befestigt wurden. Für den Einsatz im Feld hatten die Lafetten große Räder, die ersten die Lafetten mit Rädern verwendeten waren die Hussiten. Zuerst erlaubte der Wagen selber das Höhenrichten durch Heben und Senken des Karren oder des Ladefußes. Eine enorme Verbesserung wurde dann die Wiegenlafette, (die man auch wegen ihrer Herkunft Burgunderlafette nannte) die aber immer noch die über der Kanone befindlichen Laden zum Richten benötigte, erst die Erfindung des Schildzapfens, der gleich an das Rohr angegossen wurde, machte die Laden entbehrlich. Diese Verbesserung fand im letzten Drittel des 15 Jahrhundert in Burgund statt. Damit kamen dann die viel einfacheren Wandlafetten auf, um ein besseres Fahren zu ermöglichen legte man den Lafettenschwanz auf ein eigenes Rädergestellt, die Protze. Dadurch konnte das Geschütz wie ein Wagen fahren, diese Neuerung kam wohl von den Osmanen, die sich mehr als die Europäer um den Transport ihrer Geschütze über weite Strecken zu Land kümmern mußten.
Bei der Kaiserlichen Artillerie Maximilians I strich man alle Holzteile erstmals einheitlich schwarz an, und alle Eisenteile Rot. Nur die Protze blieb ohne Anstrich.

Während zu dieser Zeit die Steingeschosse bei den Bombarden und Schlangen verschwanden, blieben sie bei den Haufnitzen und Mörsern noch weiter in Gebrauch. Dann kam im 15 Jahrhundert die Kartätsche auf, die man anfangs Hagelschuß nannte, der Erfinder waren wiederum die Geschützmeister im Dienste der Osmanen. Dazu verdämmte man anfangs die Pulverladung mit einem Holzklotz den man an vielen Stellen ansägte und legte davor kleinere Kugeln, Kieselsteine, und bleierne Handrohrkugeln, aber auch Nägel, Glas und Dreck sowie Fäkalien. Um das Laden zu erleichtern, packte man diese schon vorher in kleine Säckchen ab, aus diesen Säckchen entwickelten sich dann die Kartätschen. Mit der verbesserten Gusstechnik im 16 Jahrhundert gelang es dann, hohle Eisenkugeln herzustellen, die Osmanen nutzen vorher schon Glaskugeln oder Kugeln aus Bronze, letztere fanden dann auch bei den Kaiserlichen früh Verwendung. In diese füllte man Pulver und versah sie mit einer Zündschnur, aus diesen Bomben entwickelten sich sowohl die Granaten zum Werfen wie auch zum Schuß mit dem Mörser oder der Haubitze. Geworfen oder Verschossen wurde die im inneren befindliche Pulverladung nach einer vorher bestimmbaren Zeit dann zur Explosion gebracht, vorausgesetzt die Kugel war kein Blindgänger. Der Zünder/Zündschnur konnte vor dem Schuß extra angezündet werden, so machten das die Kaiserlichen und die Osmanen, dann nannte man das ein Schießen mit zwei Feuern, oder er zündete von selbst durch den Schuß, dass kam in Frankreich auf, und wurde so auch in Spanien und später dann überall üblich. Das nannte man dann ein Schießen aus dem Dunst.

Schon früh unterschied man auch Schussarten, so bereits 1471 den Kernschuß, bei dem das Rohr horizontal stand, den Visierschuß, bei dem die Visierlinie über den höchsten Punkt am vorderen und hinteren Teil des Rohres ging, oder auf das Ziel geschossen wurde, auf dass das Rohr zeigte, den Hohen Schuß, ballistisch mit Hilfe einer Quadranteneinrichtung oder den Göllschuß, den man später Rkoschetteschuß nannte, bei dem die Kugel abprallte und in Sprüngen weiter über den Boden zieht oder Rollt.
Dagegen nannte man einen Schuß wenn die Rohrmündung größer als 45 grad war nicht Schuß, sondern Wurf. Schließlich wurden im 16 Jahrhundert erstmals ballistische Berechnungen vorgenommen und das Schießen ging nicht mehr nur empirisch vonstatten. 1538 kam in Venedig das erste Ballistische Fachbuch der Welt heraus, es trug den Titel
`Queriti et inventioni diveres` und wurde Tartaglia aus Brescia gechrieben.
In der zweiten Hälfte des 16 Jahrhundert gelangten dann die bisher so uneinheitlichen Geschützbezeichnungen langsam in ein gewisses System. Gleichzeitig verschwanden die übergroßen Bombarden, die Legstücke und die Steingeschosse vollständig. Nur die Osmanen hielten sie als Küstengeschütze weiter bei. Auch sämtliche Belagerungs- und Brechgeschütze lagen nun auf Räderlafetten und es entstanden 8 bis maximal 10 verschiedene Geschütztypen. In dieser Zeit trat in der Kriegsführung die Feldschlacht gegenüber der Belagerung stark zurück und zwar wegen der Dominanz der Artillerie auf dem Schlachtfeld und wegen der allgemein defensiven Strategie dieser Zeit. In dieser Zeit führten die Franzosen nur noch 6 Kaliber, und am Ende des Jahrhunderst beschränkten die Niederländer als aller erste ihre Artillerie auf nur 4 Kaliber.

Im 30jährigen Krieg bildeten sich aber erst dann die modernen Einteilungen heraus, die dann weiter Gültigkeit haben sollten, die kaiserlichen Streitkräfte behielten die alten Namen noch eine Zeitlang bei, so teilte Wallenstein seine Artillerie 1617 in Ganze Kartaunen, Halbe Kartaunen, Viertel Kartaunen und Achtel Kartaunen auf. Diese 4 Teilung wurde dann als Neues Deutsches System bezeichnet. Durch die Schweden entstand dann wie obig schon erwähnt eine neue Form der Feldartillerie, die Gustaph Adolph von Schweden seinen Infanterieverbänden zuteilte. Vor allem lebten die Kartätschen und die verkürzten Feldkanonen auf, daneben gab es auch wieder Versuche mit Hinterladergeschützen, die sich aber wegen ihrer Empfindlichkeit nicht für größere Pulverladungen und damit Reichweiten eigneten. Am Ende des 30 jährigen Krieges stand dann die Dreiteilung in die Typen Kanone, Haubitze und Mörser, die dann jeweils einige wenige unterschiedliche Kaliber hatten, so z.b. nach dem Deutschen System 4 Kalibergrößen für die Kanonen von 9,1 cm bis 18,1 cm. Die Anfangs- und Entwicklungszeit der Geschütze war damit beendete und der Weg zur modernen Artillerie beschritten.

Bombarden:

Noch mal gesondert was zu Bombarden, den großen Steinbüchsen, auch Brechbüchsen genannt. Diese entwickelten sich ja rasch zu immer größeren Kalibern weiter, während dabei anfangs die Notwendigkeit größerer Geschosse stand, um die verstärkten Mauern zu brechen, kam es alsbald gerade bei diesem Geschütztyp zu einer Weiterentwicklung in Richtung Größer aus Prestigegründen, jeder wollte die größte Bombarde haben, viele wurden dann viel zu groß, so dass ihr praktischer Nutzen schon wieder sank.

Die gewaltigsten dieser Mauerbrecher waren so etwas wie Atombomben ihrer Zeit, die unfassbar gewaltige Pulvermenge für nur einen Schuß war höchstgradig gefährlich und man hätte mir ihr mehrere kleinere Geschütze den ganzen Kampf lang betreiben können. Fürsten und Reiche Städte stellten mit solchen Mega Bombarden ihren Reichtum und ihre Macht zur Schau, die Fähigkeit mit nur einem Schuß beliebige Mauern in Schutt zu schießen demonstrierte so direkt ihre Macht. Es war sicher ein eindrucksvolles Schauspiel, wenn eine solche Bombarde dann von einem riesigen Troß begleitet von dutzenden Ochsen gezogen langsam durchs Land gezogen wurde.

Trotz ihrer Größe und Schwerfälligkeit funktionierten auch die Riesen Bombarden immer noch als Waffen, sie waren weder plump noch primitiv, konnten das gar nicht sein, ohne das Leben der Bedienung und anderer im weiten Umkreis zu gefährden. Als einmal so ein Ungetüm im Kaliber 48 cm explodierte und das Rohr als Splitter in die Gegend verteilte, kamen dabei auf einen Schlag fast 60 Mann der eigenen Seite um. Die älteste der Groß Steinbüchsen befindet sich heute auf dem Freitagsmarkt in Gent. Die ebenfalls erhalten gebliebene Mons Ment, die heute vor dem Eingang des Edinburgher Schlosses steht, ist schon 406 cm lang und hat ein Kaliber von 50,5 cm bei einem Gewicht von 7 Tonnen. Sie konnte nachweislich eine Steinkugel mit dem Gewicht von 152 kg insgesamt maximal 3 km weit verschießen, was die Leistung dieser eigentümlichen Waffen zeigt.

Die Burgunder setzten bereits - mal wieder als Vorreiter in diesen Dingen – im Jahre 1411 die sogenannte Dulle Griet, die Faule Grete ein, die so genannt wurde, weil das Laden so lange dauerte, dass man nicht so oft schießen konnte. Sie hatte 6 m Länge und ein Kaliber von 63 cm. Ein Augenzeuge beschreibt, wie die Burgunder dieses Geschütz auf das Haupttor von Bourges abfeuerten:

„Sie verschoß Steine von gewaltiger Größe und Gewicht, was Unmengen an Schießpulver forderte und der doch immerhin sehr erfahrenen Bedienung eine reichlich gefährliche und schwierige Arbeit abverlangte. Fast zwanzig Mann bedurfte es, um sie zu bedienen wenn sie in Stellung war. Wenn sie abgefeuert wurde, konnte man den Donnernden Lärm noch in vielen Meilen Entfernung vernehmen und er versetzte die einheimische Bevölkerung so in Schrecken, als ob es der Wiederhall der Hölle wäre. Mit dem ersten Schuß wurden die Grundmauern eines der Türme direkt neben dem Tor teilweise zerstört. Am nächsten Tag feuerte die Kanone ein paar Mal auf das Tor, zwei Kugeln brachten den Turm komplett zum Einsturz, durchschlugen ihn und zerstörten dahinter weitere Gebäude, die anderen rissen das Tor komplett nieder.“
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