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Artillerie im Spätmittelalter und in der Neuzeit:
(abgeschrieben, gestrafft und zusammengefasst aus Waffen der Landsknechte, von Ortenburg)

Zu Beginn der Neuzeit entwickelte sich die Artillerie zum dritten wichtigen Bestandteil eines Heeres. Anfangs befand sich die Herstellung wie auch dann die Bedienung der Geschütze in derselben Hand, die Kanonengießer waren dann auch immer gleichzeitig die Geschützmeister ihrer Stücke. Es waren handwerksmäßig organisierte Büchsenmeister, die sich von der Seite der Glockengießer diesem Handwerk zugewandt hatten. Die Kunst, Geschütze herzustellen war anfangs eine Geheime, und wurde nur innerhalb einer Familie weitergegeben, sie beruhte anfangs auf rein empirischen Erfahrungen. Die Verpflichtung zur unbedingten Geheimhaltung galt noch zu Kaiser Maximilians Zeiten. Jeder Büchsenmacherlehrling mußte schwören, unter keinen Umständen das Geheimnis der Herstellung und auch der Bedienung zu verraten.

Größere Reichsstädte wie Augsburg oder Nürnberg hielten ständig solche Büchsemacher im Dienst, ebenso einzelne Fürsten wie Karl der Kühne, die die Zeichen der Zeit erkannt hatten. Obwohl diese Büchsemacher also eine feste Anstellung hatten, wurden sie in Friedenszeiten durchaus an andere Mächte vermietet oder geliehen. Die besondere gesellschaftliche Stellung der Büchsenmacher wurde dann erstmals durch einen Artikelbrief im Jahre 1444 unterstrichen, zeitgleich baute auch im Osten das Osmanenreich seine Staatsartillerie auf. Die Büchsenmacher hatten viele Privilegien, die ihnen von den Kaisern und Königen immer wieder bestätigt wurden, so durften ihre Weiber und Kinder auf den Kugelwagen mitfahren und sie hatten beim Kauf von Lebensmitteln und Alkohol in Feldlagern immer Vorrang und Vortritt vor allen anderen. Als Zeichen ihres Amtes führten sie die Zündrute mit sich, daran waren sie zu erkennen. Die meisten Büchsenmacher hatten außer ihren Familienmitgliedern auch noch 3-4 Knechte.

Im Laufe der Zeit verwischte ihre Stellung und sie waren weder schon Soldaten, aber auch nicht mehr Handwerker, und so bildeten sie eine eigene Gesellschaftsschicht. Von den Zünften der Handwerker unterschieden sie sich dadurch, dass sie weder einen Gildenmeister noch eine Zunftlade hatten. Standen Büchsenmeister nicht im festen Sold bei einem Fürsten oder einer Reichsstadt, lebten sie vom Glockengießen oder zogen auf der Suche nach einer Anstellung herum. Die Einstellung erfolgte bei Bedarf durch einen vom Fürsten oder Stadtrat ernannten Feldzeugmeister, dem die gesamte Artillerie unterstand, bei den Osmanen durch den zuständigen Befehlshaber des Artilleriekorps. Eine Staatsartillerie gab es anfangs nur bei den Burgundern und Osmanen, sowie im Bereich der Schiffe bei Venedig, die Venezianer setzten zu dieser Zeit als erste weltweit eine Kanone auf einem Schiff ein.

Bevor ein Büchsenmeister eine Anstellung fand, mußte er erst sein Können in einer Prüfung demonstrieren und einen Lehrbrief vorlegen aus dem seien bisherige Laufbahn hervorging. Die besten Leute wurden den schon sehr früh aufgekommenen Wurfgeschützen zugeteilt, aus denen sich dann die Mörser und Haubitzen entwickelten, dieser bezeichnete man anfangs als Feuerwerker, die nächstbesten kamen zu den Bombarden und sogenannten Brechgeschützen, sie nannte man anfangs Büchsenwerker oder Büchsenmeister, die dritte Gruppe bildeten dann die weniger Erfahrenen die man den Schlangen zuteilte, also den leichten Kanonen, sie nannte man Schlangenmeister oder Schlangenschützen. Diese Einteilung bestimmte auch die Höhe des Soldes. Ältere und besonders erfahrene Meister nannte man auch Alt-Feuerwerker, oder Alt-Büchsenmeister, Gehilfen und Lehrlinge dagegen auch manchmal wenn sie schon Erfahrung hatten Jung-Büchsenmeister. Daneben war der Artillerie anfangs auch noch eine Truppe von Handlangern und Erdarbeitern zugewiesen, die Gräben und Feldbefestigungen für die Geschütze anlegen konnten. Bei den Osmanen entwickelte sich daraus eine eigene Spezialtruppe.

Als die Anzahl der Geschütze in den Armeen erhöht wurde, und um den Konkurrenzkampf der Geschützmeister untereinander und deren Eifersüchteleien zu kompensieren wurde es notwendig, den nun entstehenden Artillerie Abteilungen Vorgesetzte mitzugeben. Diese Befehlshaber waren meist besonders loyale Adelige, und sie trugen den Titel Stückhauptleute, ihre Gehilfen nannte man Stückjunker. Bei den Osmanen dagegen gab es von Anfang an eine normale Militärhierarchie, zwar waren die Geschützbesatzungen anfangs auch europäische Söldnern, aber sie standen von Anfang an unter dem Befehl der ihnen vorgesetzten osmanischen Offiziere. Zudem stammten diese Offiziere meist auch aus der Artillerie Truppe, was den Söldnern ein Anreiz war, bei guter Leistung in eine hohe und gutbezahlte Position aufzusteigen, zudem hatten sie so eine größere Erfahrung mit dieser Waffengattung.

Auch in einem großen Heer war die Anzahl der Geschützmeister anfangs nie sehr groß. Karl der Kühne von Burgund hatte zum Beispiel bei der Belagerung von Neuß nur 200 Kanoniere dabei, pro Geschütz benötigte man mindestens einen Fachmann. Im Jahr 1509 führte das kaiserliche Heer 109 Radgeschütze mit sich und um 1550 rechnete Graf Reinhard von Solms auf 20 000 Knechte und Reisige 18 Brechgeschütze und 54 Schlangen, so dass man also im 16 Jahrhundert in Europa von 3 Geschützen je Tausend Mann im Durchschnitt ausgehen kann. Dieser Durchschnitt ist lange eingehalten worden, eine Ausnahme waren wieder die Osmanen, die eine numerisch stärkere Landartillerie hatten und die Venezianer und Genuesen, die in ihren Seestreitkräften ebenfalls einen höheren Geschützdurchschnitt hatten.

Auch nach dem Verwendungszweck wurde die Artillerie früh unterteilt, man stellte die Rohre möglichst nach gleichen oder zumindest ähnlichen Kalibern zusammen, und gliederte sie nach Verwendung in Feldgeschütze, Brechgeschütze für Belagerungen und Wurfgeschütze, dabei wurde in Europa darauf geachtet, dass die Zahl der Feldgeschütze so groß war, wie die Zahl der anderen beiden Gruppen zusammen. Bei den Osmanen kamen noch früh die Küstengeschütze dazu, die in der Form von gewaltigen Bombarden die Meerenge der Dardanellen und des Bosporus überwachten.

Am Anfang der Zeit wurde auch das Graben und Legen von Minen als eine Aufgabe und Teil der Artillerie gesehen, so unterstanden den Stückhauptleuten auch Bergleute und Erdarbeiter, sowie Brückenbauer. In Europa wurden diese jedoch dann von den Geschützen getrennt und als eigene Truppe betrachtet, bei den Osmanen blieben sie bei der Artillerietruppe und waren auch weiterhin in deren Befehlsstruktur eingebunden. Während des 30 jährigen Krieges führten dann die Schweden als erste eine leichte Regimentsartillerie ein, die die Infanterieregimenter begleitete und ebenfalls bei den Schweden erfolgte dann die Bedienung der Geschütze durch extra dafür ausgebildete Soldaten. Die Osmanen nahmen zwar schon früher eine Art Mittelposition zwischen dem alten System und der schwedischen Neuerung ein, behielten aber das System der Anheuerung bei, auch wenn sie noch vor den Schweden zusätzlich selber Geschütze anfertigten, so wurden diese dann den Söldnern zur Verfügung gestellt. Eine Ausnahme war die Yeniceri Artillerie und die Haseki Garde, beide bemannten ihre Geschütze schon vorher mit Yeniceri Truppen, diese erhielten aber auch zusätzliche Unterstützung durch angeheuerte Spezialisten, daher waren doch die Schweden die ersten.
Zur Weiterbildung und zur Übung der Artilleristen wurden schon früh Schießübungen abgehalten. Als erste richtete die Freie Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1422 einen ständigen Schießplatz ein, auf dem die Artillerie dann üben konnte. Andere Städte folgten und in unregelmäßigen Abständen fanden öffentliche Schießwettbewerbe statt, die sogar, wie 1578 in Augsburg mehrer Wochen dauern konnten. Am berühmtesten aber war und blieb in dieser Epoche das Nürnberger Stückschießen, zu dem sich auch Militärexperten diverser Staaten einfanden, um dort Spionage zu betreiben oder Ausschau nach vielversprechenden Geschützmeistern zu halten. So waren diese Schießen im Endeffekt auch eine Werbungsaktion, die es den Geschützmeistern ermöglichten, sich vorzustellen und einen Arbeitgeber zu finden.

Per Definition zählen zu den Geschützen alle Feuerwaffen, die ein Mann allein nicht mehr bewegen, bedienen und einsetzen kann, jedoch waren Anfangs die Grenzen zu den Handfeuerwaffen noch verschwommen. Die ersten Nachrichten von Geschützen in Europa stammen aus dem ersten Viertel des14 Jahrhundert, die ersten Kanonen überhaupt konstruierten aber die Mongolen unter Möngke Khan und dann unter Khublai Khan. Diese ältesten Geschütze hatten noch ein sehr kleines Kaliber. Es ist aber falsch, sie nur als psychologische Waffen zu sehen, auch wenn man damit sehr schlecht traf, so war die Waffenwirkung selbst sehr groß. Die aller ersten Geschosse hatten meist Apfelgröße und waren aus Stein, sehr früh gab es dann aber auch Bleigeschosse und solche aus Schmiedeeisen. Die Rohre selbe waren noch aus Weicheisen und wurden über einen Dorn oder einen Holzstamm geschmiedet, das Weicheisen sollte möglichst Splitter verhindern, wenn es das Rohr zerriss. Das innere der ersten Rohre war leicht konisch ausgeformt, also becherförmig, daher auch der Begriff Schießeimer oder Schießvasen.

Bald kam man zu der Erkenntnis, das die Trefferfähigkeit sich verbesserte, wenn man schwerere Geschosse verwendete und dazu der Stoß des entstehenden Pulvergases beim Abfeuern den Schwerpunkt des Geschosses traf und dieses dann über eine längere Strecke geführt wurde. Während sich in China nach dem Sturz der Mongolen die Geschütze während der Ming Zeit kaum weiterentwickelten, kam es in Europa zu einer raschen Fortentwicklung. So verengte man schon bald den Teil des Rohres, der das Pulver aufnahm während der Teil, der das Geschoß aufnahm und führte einen größeren Durchmesser bekam und damit dann größere Geschosse Verwendung fanden. Dann stellte man Rohre aus nebeneinander liegenden, miteinander verschweißten Eisenstäben her, die, ähnlich einem Faß dann außenherum durch Eisenringe zusammengehalten wurden. Große Rohre stellte man dann zweiteilig her, der hintere, engere Teil, der Pulversack wurde canone genannt, vom italienischen canno = Rohr, das weitere Vorderteil Pumhardt oder Bombard. Letzterer Begriff ging dann als Name auf das ganze Geschütz über, und dann auf die Brechgeschütze, die Bombarden sowie im Fall der Osmanen auch auf die Küstengeschütze. Der erste Begriff gab dann den kleinkalibrigeren Kanonen seinen Namen, auch wenn diese Anfangs noch Schlangen hießen.

Das Laden geschah, indem man das anfangs noch staubförmige Pulver in das Rohr füllte und es dann mit einem Holzkeil verschloß. Auch die Kugel im Vorderteil wurde mit kleinen Holzkeilchen festgesetzt, da es sich um Steinkugeln handelte, wurden sie genau an das Kaliber der Kanone maßgemeiselt. Nach einiger Zeit kam es dann zum Bronzeguß von Rohren durch Glockengießer. Diese Fähigkeit nahm ihren Ausgang am Anfang des 15 Jahrhundert im Deutschen Reich, vor allem in Nürnberg, Augsburg und Strassberg, und dann auch in den flandrischen Städten, so dass zu dieser Zeit Geschützmeister aus diesen Städten als die besten verfügbaren galten. Im 15 Jahrhundert entwickelte sich dazu auch der Eisenguß von Kanonen, mit dem dann Geschützrohre kleinerer Kaliber gefertigt wurden, Gegossene Eisengeschütze galten aber anfangs als gefährlich und unzuverlässig.

Zu dieser Zeit wuchsen, um die Reichweite und die Schlagkraft zu erhöhen die Kaliber und Größe der Brechgeschütze ins Riesenhafte, vor allem die Bombarden die Steinkugeln verschossen , die wegen der relativ geringen Dichte von Stein groß sein mussten um gegen die immer weiter verstärkten Befestigungen zu wirken wuchs ins Riesenhafte. Die Bombarden dieser Zeit erreichten durchaus Kaliber von bis zu einem Meter bei den größten Stücken, dass waren aber Einzelfertigungen, die üblichen Kaliber lagen zwischen 50 cm und 80 cm. Alle Geschütze die damals einen annähernd geraden Schuß von sich gaben, nannte man dann auch Büchsen, Bussen, Vasi oder auch Pixides. Es gab eine gleichzeitige Entwicklung zu Geschützen mit immer kleinerem Kaliber, die dann schließlich zu schwereren Handfeuerwaffen wurden. Auch wurden die Geschütze dann nach ihrer Ladeweise und Gestaltung in Kammerbüchsen und Orgelbüchsen unterteilt, oder nach den verwendeten Geschossen in Stein- Lot- Klotzbüchsen sowie Hagelbüchsen, nach der Lafettierung in Lege-, Block-, und Karrenbüchsen sowie dem Aufbau auf Kriegswägen wie bei den Hussiten unterschieden. Wie oben schon einmal erwähnt herschte durch die Individualisierung dieses Handwerk Anfangs ein heilloses Durcheinander, so dass eine Armee mit 100 Geschützen durchaus 80 Verschiedene Typen und dabei 90 verschiedene Kaliber umfassen konnte.

Steinbüchsen: BesondersGroße Kaliber hießen Hauptbüchsen, ihr Flug war länger als 2 Kaliber. Normale Bombarden waren weiter zweiteilig, mit einer Pulverkammerlänge von 2 Kalibern und einem Flug von 1,5 Kalibern. Die Geschossgewichte betrugen bis zu 900 Pfund, also bis zu einer halben Tonne. Einzelstücke sogar noch etwas mehr. Das kleinste Kaliber dass man noch zu diesem Typ rechnete war 15 cm. Verkürzte Steinbüchsen nannte man Haufnitzen, aus diesem leitete sich dann der Begriff Haubitze ab.

Lotbüchsen: Sie gebrauchten Geschosse aus Blei, (Lot) oder Schmiedeeisen und hatten Kaliber von 3cm bis 15 cm, also 0,5 bis 16 Pfund Kugelgewicht. Von den größeren Lotbüchsen hießen die längeren Schirmbüchsen, nach den beweglichen Holzschirmen bei Belagerungen, die mit kürzeren Rohren nannte man anfangs Tarrasbüchsen. Mittlere Lotbüchsen nannte man Serpentinen, in Deutschland aber Schlangen, in Burgung Couleeuvrines oder bombarde springarde. Die kleineren Lotbüchsen mit Geschossgewichten von 100 g bis 500 g Blei gebrauchte man als Handfeuerwaffen, aus ihnen entwickelten sich die Wallbüchsen, das waren also keine immer größer gewordenen Arkebusen sondern immer kleiner gewordene Kanonen.

Bei den meisten Steinbüchsen gestaltete man den Raum für die Pulverladung im Durchmesser kleiner als den Flug, und nannte ihn dann im folgenden im deutschen Bereich Kammer. Bei den Lotbüchsen dagegen war der Durchmesser des Rohres in den meisten Fällen gleich. Zum Abfeuern benützte man zuerst einen am Ende glühend gemachten Draht, das Loseisen, nach dem Jahr 1400 dann immer mehr die Lunte. Die Lafettierung war anfangs sehr einfach: Hauptbüchsen wurden auf einer Holzunterlage gelegt, das sogenannte Legstück. Den Rückstoß nahm ein Widerlager aus Holzlagen und Erde auf, kleinere Rohre saßen in ausgehöhlten Baumstämmen und waren mit eisernen Bändern befestigt. Für diese Holzlaffeten entwickelten sich dann die ersten Rädergestelle bei den Hussiten und dann im Burgundischen Heer. Auf Schiffen und Befestigungsanlagen saßen kleinere und mittlere Rohre auch auf Holzgestellen oder Drehbassen, die größeren Kaliber wurden vor allem auf Galeeren in Längsrichtung mit der Mündung nach vorne fest montiert, zum Zielen und Richten mußte man also das Schiff bewegen.

Neben der üblichen Ladeweise von Vorne gab es schon früh, und zwar zuerst bei den Burgundern und dann in Italien Geschütze, die man von hinten laden konnte. Sie hießen damals Kammerbüchsen oder Vögler, ursprünglich aber in Burgund Veuglaires, in Italien Voglero oder Petieros a braga. Bei ihnen wurde im hinteren Teil des Rohres eine vorher fertig geladene Kammer von oben in durch eine Öffnung in das Rohr eingesetzt. Da man vor dem Schießen ja mehrer solche Kammern vorbereiten konnte, schossen diese Waffen beträchtlich schneller. Die Truppen Georg von Frundsberg setzten sich in Italien nicht zuletzt wegen dieser Waffen und ihrer hohen Feuerrate durch. Desweiteren gab es die Sonderform der Klotzlotbüchsen, die besonders stabil gebaut wurden, in deren Rohre lud man dann abwechselnd mehrfach hintereinander Kugeln und Pulver, so dass mehrere Geschosse mit einem Schuss hintereinander abgefeuert wurden. Die Kugeln für diese Waffen wurden dabei durchbohrt und mit einem Schwefelfaden durchzogen. Waffen dieser Art, die mit einmal Zünden eine Kaskade von Schüssen hintereinander abgaben, wurden noch bis ins 18 Jahrhundert verwendet und hießen dann später Espignolen. Dazu gab es noch die Orgelgeschütze, wo auf einer Lafette mehrere kleinkalibrige Kanonen zusammengefasst wurden und die auch eine gemeinsame Zündung hatten, so dass sie nach und nach in einer Salve alle ihre Geschosse hintereinander von sich gaben, oder, je nach Bauart auch alle zugleich, diese wurden noch bis Anfang des 30jährigen Krieges eingesetzt, fanden aber nur wenig Verwendung.
Dann entwickelte sich das Räderwerk und die Räderlafette mit dem Ziel, mehr dieser Waffen in Feldschlachten einzusetzen, und zwar wieder durch die Burgunder zuerst. Gleichzeitig kamen weitere Namen für die Geschütze auf, die ihnen nach Aussehen und Verzierungen gegeben wurden, den Höhepunkt dieser Zeit erlebte die Kaiserliche Artillerie unter Maximilian I. Die Hauptbüchsen und Bombarden hießen nun Kartaunen, lange Kartaunen, Viertelbüchsen und Halbbüchsen, Scharfmetzen, Nachtigallen und Notpüchsen - die Schlangen dann Basilisken, Wurm, Notschlangen, Mittelschlangen, Falkonettes und lange Schlangen _ die Haufnice auch Wiegengeschütz, Terrasbüchsen oder Burgunderlaffete – der Mörser auch Böller.
Erstmals wurden Geschütztypen durch den Kaiser Maximilian I auch schriflich festgelegt und Kaliber bestimmt. Grundsätzlich teilte er 4 Arten von Geschützen ein: die Hauptbüchsen (große Bombarden), die Kartaunen (kleinere Bomarden), Schlangen (Kanonen) und diese erstmals auf 20 Kalibertypen festgelegt, und die Haufnitzen.

Aus dieser ersten Aufstellung in 4 Grundtypen, ungeachtet der Namensverwirrung innerhalb dieser Typen entwickelte sich das französische System der 6 Kaliber Franreichs und das deutsche System des Kaiser Karl V. In Italien und Spanien dagegen trat kein Fortschritt ein, so zählte man in Italien bei den Venezianern immer noch 54 verschiedene Rohrgeschützarten zu dieser Zeit und es gab je Typ noch eine sogenannte männliche und eine weibliche Form, das heißt mit verstärkten Wänden oder ohne für größere Pulverladungen. Die Osmanen übernahmen im Endeffekt zu dieser Zeit das Deutsche System, da die meisten ihrer Söldner aus diesem Gebiet oder aus Italien stammten. Bei der Festlegung der Kaliber spielte die Erfindung des Kaliberstabes durch den Geschützmeister Georg Hartmann in Nürnberg im Jahre 1540 eine maßgebliche Rolle. Auf einem Metallstab waren da die Durchmesser der wichtigsten Stein- Eisen- und Bleikugeln eingeritzt. Die Maße waren daher Europaweit anfangs in Nürnberger Zoll (24,3cm) oder Nürnberger Pfund (0,51kg) angegeben. Als Rohrwerkstoff setzte sich in der zweiten Hälfte des 15 Jahrhundert Zinnbronze durch. Sie wurde daher auch als Geschützmetall oder einfach nur als Das Metall bezeichnet. Erst im 16 Jahrhundert und während des 30jährigen Krieges setzte sich von Schweden kommend dann das Gusseisen für die Kanonen durch. Das wurde durch bessere Gusstechniken ermöglicht, vorher gab es beim Eisengießen viel zu oft Hohlräume und Gaseinschlüsse, so dass die Rohre dann beim Schießen zerplatzten, dazu bildete sich bei Eisenrohren ein Vielfaches an Splittern bei einem solchen Unfall im Vergleich zu einem Bronzerohr.

Abgesehen von den größten Bombarden, die weiter auf Legestücken ausgerichtet wurden, verwendete man bald für alle Geschütze Lafetten. Darunter verstand man Schießgestelle (Laden) in denen die Rohre befestigt wurden. Für den Einsatz im Feld hatten die Lafetten große Räder, die ersten die Lafetten mit Rädern verwendeten waren die Hussiten. Zuerst erlaubte der Wagen selber das Höhenrichten durch Heben und Senken des Karren oder des Ladefußes. Eine enorme Verbesserung wurde dann die Wiegenlafette, (die man auch wegen ihrer Herkunft Burgunderlafette nannte) die aber immer noch die über der Kanone befindlichen Laden zum Richten benötigte, erst die Erfindung des Schildzapfens, der gleich an das Rohr angegossen wurde, machte die Laden entbehrlich. Diese Verbesserung fand im letzten Drittel des 15 Jahrhundert in Burgund statt. Damit kamen dann die viel einfacheren Wandlafetten auf, um ein besseres Fahren zu ermöglichen legte man den Lafettenschwanz auf ein eigenes Rädergestellt, die Protze. Dadurch konnte das Geschütz wie ein Wagen fahren, diese Neuerung kam wohl von den Osmanen, die sich mehr als die Europäer um den Transport ihrer Geschütze über weite Strecken zu Land kümmern mußten.
Bei der Kaiserlichen Artillerie Maximilians I strich man alle Holzteile erstmals einheitlich schwarz an, und alle Eisenteile Rot. Nur die Protze blieb ohne Anstrich.

Während zu dieser Zeit die Steingeschosse bei den Bombarden und Schlangen verschwanden, blieben sie bei den Haufnitzen und Mörsern noch weiter in Gebrauch. Dann kam im 15 Jahrhundert die Kartätsche auf, die man anfangs Hagelschuß nannte, der Erfinder waren wiederum die Geschützmeister im Dienste der Osmanen. Dazu verdämmte man anfangs die Pulverladung mit einem Holzklotz den man an vielen Stellen ansägte und legte davor kleinere Kugeln, Kieselsteine, und bleierne Handrohrkugeln, aber auch Nägel, Glas und Dreck sowie Fäkalien. Um das Laden zu erleichtern, packte man diese schon vorher in kleine Säckchen ab, aus diesen Säckchen entwickelten sich dann die Kartätschen. Mit der verbesserten Gusstechnik im 16 Jahrhundert gelang es dann, hohle Eisenkugeln herzustellen, die Osmanen nutzen vorher schon Glaskugeln oder Kugeln aus Bronze, letztere fanden dann auch bei den Kaiserlichen früh Verwendung. In diese füllte man Pulver und versah sie mit einer Zündschnur, aus diesen Bomben entwickelten sich sowohl die Granaten zum Werfen wie auch zum Schuß mit dem Mörser oder der Haubitze. Geworfen oder Verschossen wurde die im inneren befindliche Pulverladung nach einer vorher bestimmbaren Zeit dann zur Explosion gebracht, vorausgesetzt die Kugel war kein Blindgänger. Der Zünder/Zündschnur konnte vor dem Schuß extra angezündet werden, so machten das die Kaiserlichen und die Osmanen, dann nannte man das ein Schießen mit zwei Feuern, oder er zündete von selbst durch den Schuß, dass kam in Frankreich auf, und wurde so auch in Spanien und später dann überall üblich. Das nannte man dann ein Schießen aus dem Dunst.

Schon früh unterschied man auch Schussarten, so bereits 1471 den Kernschuß, bei dem das Rohr horizontal stand, den Visierschuß, bei dem die Visierlinie über den höchsten Punkt am vorderen und hinteren Teil des Rohres ging, oder auf das Ziel geschossen wurde, auf dass das Rohr zeigte, den Hohen Schuß, ballistisch mit Hilfe einer Quadranteneinrichtung oder den Göllschuß, den man später Rkoschetteschuß nannte, bei dem die Kugel abprallte und in Sprüngen weiter über den Boden zieht oder Rollt.
Dagegen nannte man einen Schuß wenn die Rohrmündung größer als 45 grad war nicht Schuß, sondern Wurf. Schließlich wurden im 16 Jahrhundert erstmals ballistische Berechnungen vorgenommen und das Schießen ging nicht mehr nur empirisch vonstatten. 1538 kam in Venedig das erste Ballistische Fachbuch der Welt heraus, es trug den Titel
`Queriti et inventioni diveres` und wurde Tartaglia aus Brescia gechrieben.
In der zweiten Hälfte des 16 Jahrhundert gelangten dann die bisher so uneinheitlichen Geschützbezeichnungen langsam in ein gewisses System. Gleichzeitig verschwanden die übergroßen Bombarden, die Legstücke und die Steingeschosse vollständig. Nur die Osmanen hielten sie als Küstengeschütze weiter bei. Auch sämtliche Belagerungs- und Brechgeschütze lagen nun auf Räderlafetten und es entstanden 8 bis maximal 10 verschiedene Geschütztypen. In dieser Zeit trat in der Kriegsführung die Feldschlacht gegenüber der Belagerung stark zurück und zwar wegen der Dominanz der Artillerie auf dem Schlachtfeld und wegen der allgemein defensiven Strategie dieser Zeit. In dieser Zeit führten die Franzosen nur noch 6 Kaliber, und am Ende des Jahrhunderst beschränkten die Niederländer als aller erste ihre Artillerie auf nur 4 Kaliber.

Im 30jährigen Krieg bildeten sich aber erst dann die modernen Einteilungen heraus, die dann weiter Gültigkeit haben sollten, die kaiserlichen Streitkräfte behielten die alten Namen noch eine Zeitlang bei, so teilte Wallenstein seine Artillerie 1617 in Ganze Kartaunen, Halbe Kartaunen, Viertel Kartaunen und Achtel Kartaunen auf. Diese 4 Teilung wurde dann als Neues Deutsches System bezeichnet. Durch die Schweden entstand dann wie obig schon erwähnt eine neue Form der Feldartillerie, die Gustaph Adolph von Schweden seinen Infanterieverbänden zuteilte. Vor allem lebten die Kartätschen und die verkürzten Feldkanonen auf, daneben gab es auch wieder Versuche mit Hinterladergeschützen, die sich aber wegen ihrer Empfindlichkeit nicht für größere Pulverladungen und damit Reichweiten eigneten. Am Ende des 30 jährigen Krieges stand dann die Dreiteilung in die Typen Kanone, Haubitze und Mörser, die dann jeweils einige wenige unterschiedliche Kaliber hatten, so z.b. nach dem Deutschen System 4 Kalibergrößen für die Kanonen von 9,1 cm bis 18,1 cm. Die Anfangs- und Entwicklungszeit der Geschütze war damit beendete und der Weg zur modernen Artillerie beschritten.

Bombarden:

Noch mal gesondert was zu Bombarden, den großen Steinbüchsen, auch Brechbüchsen genannt. Diese entwickelten sich ja rasch zu immer größeren Kalibern weiter, während dabei anfangs die Notwendigkeit größerer Geschosse stand, um die verstärkten Mauern zu brechen, kam es alsbald gerade bei diesem Geschütztyp zu einer Weiterentwicklung in Richtung Größer aus Prestigegründen, jeder wollte die größte Bombarde haben, viele wurden dann viel zu groß, so dass ihr praktischer Nutzen schon wieder sank.

Die gewaltigsten dieser Mauerbrecher waren so etwas wie Atombomben ihrer Zeit, die unfassbar gewaltige Pulvermenge für nur einen Schuß war höchstgradig gefährlich und man hätte mir ihr mehrere kleinere Geschütze den ganzen Kampf lang betreiben können. Fürsten und Reiche Städte stellten mit solchen Mega Bombarden ihren Reichtum und ihre Macht zur Schau, die Fähigkeit mit nur einem Schuß beliebige Mauern in Schutt zu schießen demonstrierte so direkt ihre Macht. Es war sicher ein eindrucksvolles Schauspiel, wenn eine solche Bombarde dann von einem riesigen Troß begleitet von dutzenden Ochsen gezogen langsam durchs Land gezogen wurde.

Trotz ihrer Größe und Schwerfälligkeit funktionierten auch die Riesen Bombarden immer noch als Waffen, sie waren weder plump noch primitiv, konnten das gar nicht sein, ohne das Leben der Bedienung und anderer im weiten Umkreis zu gefährden. Als einmal so ein Ungetüm im Kaliber 48 cm explodierte und das Rohr als Splitter in die Gegend verteilte, kamen dabei auf einen Schlag fast 60 Mann der eigenen Seite um. Die älteste der Groß Steinbüchsen befindet sich heute auf dem Freitagsmarkt in Gent. Die ebenfalls erhalten gebliebene Mons Ment, die heute vor dem Eingang des Edinburgher Schlosses steht, ist schon 406 cm lang und hat ein Kaliber von 50,5 cm bei einem Gewicht von 7 Tonnen. Sie konnte nachweislich eine Steinkugel mit dem Gewicht von 152 kg insgesamt maximal 3 km weit verschießen, was die Leistung dieser eigentümlichen Waffen zeigt.

Die Burgunder setzten bereits - mal wieder als Vorreiter in diesen Dingen – im Jahre 1411 die sogenannte Dulle Griet, die Faule Grete ein, die so genannt wurde, weil das Laden so lange dauerte, dass man nicht so oft schießen konnte. Sie hatte 6 m Länge und ein Kaliber von 63 cm. Ein Augenzeuge beschreibt, wie die Burgunder dieses Geschütz auf das Haupttor von Bourges abfeuerten:

„Sie verschoß Steine von gewaltiger Größe und Gewicht, was Unmengen an Schießpulver forderte und der doch immerhin sehr erfahrenen Bedienung eine reichlich gefährliche und schwierige Arbeit abverlangte. Fast zwanzig Mann bedurfte es, um sie zu bedienen wenn sie in Stellung war. Wenn sie abgefeuert wurde, konnte man den Donnernden Lärm noch in vielen Meilen Entfernung vernehmen und er versetzte die einheimische Bevölkerung so in Schrecken, als ob es der Wiederhall der Hölle wäre. Mit dem ersten Schuß wurden die Grundmauern eines der Türme direkt neben dem Tor teilweise zerstört. Am nächsten Tag feuerte die Kanone ein paar Mal auf das Tor, zwei Kugeln brachten den Turm komplett zum Einsturz, durchschlugen ihn und zerstörten dahinter weitere Gebäude, die anderen rissen das Tor komplett nieder.“
Ja, da bleibt ja nicht viel an Diskussionsstoff...
hast ja schon so ziemlich alles geschrieben und das in einer Detailreichheit....:oah:.. aber so kennt man es ja von dir.


Also vielleicht noch folgendes:
(1)Gerade die Entwicklung der Artillerie wie der ganzen Feuerwaffen leutete aber auch das Ende der Landsknechte ein und deren Kampfesweise. Der Haufen, die quadratförmige Angriffsformation der Landsknechte mit Schützen an ihren Spitzen ( ansonsten nur Hieb- und Stcihwaffen wie Hellebarden usw). war für die sich entwickelnde Artillerie extrem anfällig, da mit einer entsprechenden Salve recht leicht solch eine Haufen geknackt werden konnte.
In dme Zusammenhang muss man eben einfach die schwedische Militäreeform des Gustav Adolph nennens. Er setze auf massive Feuerkraft, verringerte die Anzahl der Hieb - und Stichinfanterie und setzte dafür auf Musketiere.
Und eben platzierte er die leichte Artillerie auch gefechtsnah an den Linien (!!) seienr Infanterie, wodurch die feindlichen Haufen extrem stark unter direktes Feuer gerieten.
Daher kam es auch bei der Infanterie zur Nivellierung der Kampfformationen.. aus tiefen Formationen und Haufen ( Quadrate, spanische Phalanx...) wurden flexiblere länger gestaffelte und aufgelockertere Linienformationen.
Neben der Entwicklung der Handfeuerwaffen trug eben auch die Entwicklung der Artillerie dazu bei.

(2) Interesant wäre vielleicht noch die Würdigung der maritimen Artillerieentwicklung und da nicht zuletzt der Vernichtung der großen spanischen Armada 1587 durch die Engländer unter Drake.
Zwar hatten die Engländer quantitativ nichts den Spaniern entgegenzusetzen, die Armada war etwa gut 140 Schiffe stark. Aber die Engländer hatten die artileristische Überlegenheit. Ihre Schiffe waren einheitlicher ( Spanier hatten Karavellen, Galeeren, Tranbsportschiffe, Ukase...) und einzeln betrachtet sehr viel kampfstärker aufgrund der höherne Manövrierbarkeit und eben der artilleritischen Überlegenheit.
England hatte im Vorfeld der Auseinandersetung mit Spanien neue Schiffstypen entwickelt ( Dr. Mathew Baker war einer der Entwickler) und sich stark an der Weiterentwicklung und Verbesserung der Feldschlangen und Kanonen verdient gemacht.
Das Resultat konnte man im Kanal bewundern. Die englischen Schiffe luvten an und versetzen den spanischen Schiffen schnell mehrer Salven und verschwanden dann, bevor sie in die Reichweite spanischer Geschütze gekommen wären oder gar in den Enterkampf verwickelt worden wären...
Die Spanier sahen extrem alt da aus.
daher setzen gerade die Engländer mit ihren Entwicklungen maritim neue Zeichen und trotz politischen Verfalls zwischen 1600 und 1680 war England dank dieser technischen Evolution weiterhin ein maritimer Großspieler....
Wer hat eigentlich zuerst in großem Maßstab Feldartillerie eingesetzt? Waren es die Hussiten? Jan Ziska war ja immerhin dafür bekannt, daß er gerne Artillerie in offener Feldschlacht einsetzte. Ich kann mir vorstellen, daß das Konzept damals revolutionär war und für die vielen Erfolge der Hussiten verantwortlich zu machen ist.
Mhm... die Hussiten?!
Eigentlich sind die Hussiten für mich eher bekannt für die mobilen Feldfestungen, für die Taborwagen, in denen sie sich verschanzten und gegen die die Gegner anrennen durften.

Ich würde sagen, dass zum einen im großen Stil die Osmanen und dann auch die Burgunder bzw. die Franzosen für ihre Landheere Kanonen eingesetzt haben.

Auf See kann man von einer wirklichen Kanonenwaffee als echte Primärwaffe wohl erst bei den Engländern in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sprechen. Sie rüsteten ihre Schiffe mit Kanonen mit langen Reichweiten aus und konnten daher 1587 die span. Armada bequem aus der Distanz heruas niederkämpfen, wohingegen die span. Schiffe kaum über solche artelleristischen Fähigkieten verfügten
@Thomas Wach
Das Konzept der Taborwagen der Hussiten war meines Wissens, daß man sich in ihnen an einer geeigneten Stelle verschanzte und dann aus ihnen heraus mit der Feldartillerie den Gegner zusammenschoß.

Schon im Mittelalter wurden auf Kriegsschiffen Kanonen eingesetzt, aber es waren zunächst fast ausschließlich kleinere Kaliber, mit denen die feindlichen Mannschaften ausgeschaltet werden sollten. Im Laufe der Zeit wurden dann die "man-killer" immer mehr durch die "ship-smasher" verdrängt.
Das dauerte natürlich eine Zeit, aber gerade im 15.Jahrhundert tauchten dann jede Menge gewaltiger Karracken mit beeindruckender Geschützzahl auf, etwa die englische "Henry Grace a Dieu" oder auch die schwedische "Makalös" bzw. "Mars". Letztere soll mit über 170 Geschützen bestückt gewesen sein.
@ Tiger

Beim ersten Punkt kann ich dir durchaus Recht geben. Allerdings wurden die Taborwagen mit allerlei Feuerwaffen verteidigt, also nicht nur mit Feldartellerie sondern allgemein mit Schusswaffen jeder Art.
Von einem wirklichen taktischen Einsatz in einer offenen Feldschalcht würde ich aber trotzdem eher bei Osmanen und Franzosen und Burgundern sprechen. Gerade die Franzosen verdanken ihren Sieg im Hundertjährigen Krieg der Reorganisierung ihres Heeres in Form eines im Prinzip schon stehenden Heeres. Bei jenem wurde aber auch auf die starke Ausrüstung mit Artillerie geachtet.

Was nun die maritime Seite angeht, so hast du da sicher auch Recht. Das Flagschiff von Heinrich XIII, das nach ihm benannt worden war (??) und gesunken war, war auch eien stattliche Karacke enormer Größe mit sicher auch gut über 100 Kanonen.
Allerdings, wie du selber sagtest, waren jene Kanonen nicht für den kampf auf längere Distanzen ausgelegt, sondern auf das Nahduell.
Erst die Engländer im Kampf gegen die Armada dürften für mein Dafürhalten das erste mal so richtig Schiffsartillerie für ihren Vorteil genutzt haben. Und als Schlachtentscheidenden Faktor.
Zitat:Erst die Engländer im Kampf gegen die Armada dürften für mein Dafürhalten das erste mal so richtig Schiffsartillerie für ihren Vorteil genutzt haben. Und als Schlachtentscheidenden Faktor.
Gegenfrage : Was war mit dem Einsatz der Galeassen im Mittelmeer als Kanonenträgern ?

Soweit mir das bekannt ist, waren die Galeassen in den Kämpfen gegen die Osmanischen Türken schlachtentscheidend. (Lepanto)

Anbei : Die allerersten die Schwarzpulverartillerie auf Schiffen einsetzten waren übrigens die Venezianer.
Aber Lepanto war trotzdem eher noch ein Gefecht in aller nächster Nähe. Also Mann gegen Mann, Schiff gegen Schiff und das alles auf Nahentfernung. Teilweise dürfte es auch zu größeren Enterkämpfen gekommen sein.
Bei solchen Nahkämpfen kann sicherlich die starke Massierung mit Artillerie oder Feuerwaffen insgesamt ein Vorteil sein und die christliche Allianz unter dem Infanten... ( mist, hab den Namen vergessen), also unter dem Halbbruder von König Philipp II zum Sieg verholfen.
Aber die Bekämpfung der Armada erfolgte ja nur durch Artillerie auf weitere Entfernung, denn hier hatten die Engländer ihren unbestreitbaren Vorteil gegenüber den Spaniern. Zwar waren ihre Schiffe auch kanonenstahrend, insbesondere die schweren Ukase und die Geleassen, aber letztlich hatten die englischen Kanonen eien höhere Reichweite und konnten daher einen überlegenen feind ziermlich hart treffen und letztlich vom Invasionsversuch abhalten.

Letztlich ist es eien Frage der Bewertung. Sicher waren Kanonen schon in einigen Schlachten auf See entscheidend, nur das artilleristische Fernduell erhielt durch die Bekämpfung der Armada sicher einen höheren Stellnewert bzw. Wertschätzung. Nicht zu vergessen, genau die Art Schiffe und Seekriegsführung der Christen bei Lepanto 1571 ( wo die Spanier miteintscheidend neben Venezianern beteiligt waren), wurde ja im Kanal 1587 durch die Engländer unter Drake und Bacon zusammengeschossen.
Aber die Armada war eben keine Galeerenflotte und Lepanto wurde ja von Galeeren bestritten. Und die christlichen Galeeren trugen recht große Kanonen die ja in Längsrichtung des Schiffes zu diesem Zeitpunkt auch über größere Entfernungen eingesetzt wurden.

Zudem waren die Galeassen ja Sondertypen von Schiffen und die bei Lepanto Schlachtentscheidenen Galeassen waren primär Fernkampfschiffe.

Die Armada bestand dagegen primär aus Karacken, Galeonen usw, mit der Beschränkung an Artillerie wie du sie beschreibst. Dazu kam, daß die Armada ja für eine Invasion Truppen transportierte und die Schiffe mit Truppen überladen waren. Ein Gros der Schiffe der Armada waren mWn Truppentransporter.

Was aber natürlich nichts daran ändert, daß die Engländer die erste richtige Schiffsari auf Segelschiffen hatten. Ich hätte das differenzieren müssen.
Was mich wirklich interessieren würde ist: wie groß war denn die Reichweite solcher spätmittelalterlichen Geschütze.Im speziellen Bordkanonen von Galleren und Galleassen.
Weiß das einer?
Die Reichweiten waren stark unterschiedlich, je nach Geschütz, Schiff und dem Entwicklungsstand des Landes bzw der Verfügbarkeit eines Geschützmeisters.

Bei Lepanto eröffneten beide Seiten auf 300 m das Feuer, daß heißt, daß hier die Masse der Geschütze in Reichweite war. Die großen Galeerenkanonen die Längs auf dem Schiff mit der Mündung nach vorne angebracht waren, hatten aber durchaus deutlich größere Reichweiten.

Große Bombarden an Land hatten noch größere Reichweiten, es gab einzelne Geschütze die man probeweise auf bis zu 1 km Reichweite abfeuerte oder auch noch weiter. Trotzdem setzte man sie meist deutlich näher ein, aus Gründen der Wirkung.

Die Reichweite der damals größten Schiffsgeschütze lag bei ebenfalls einem Kilometer. Trotzdem feuerte man immer im Bereich von unter 400 m, im Bereich der Schiffskriegsführung schon allein aus dem Grund überhaupt zu treffen.

Ein Beispiel einer Venezianischen Galeere um 1550 Bewaffnung :

In der Mitte des Schiffs, Mündung nach Vorne eine 24 Pfund Kanone, daneben symetrisch auf dem Vorschiff verteilt ebenfalls gerade mit der Mündung nach vorne 2 / 12 Pfund Kanonen, 2 / 8 Pfund Kanonen und an der Reling 10 Drehbassen mit jeweils einem Pfund.
Zitat:Zudem waren die Galeassen ja Sondertypen von Schiffen und die bei Lepanto Schlachtentscheidenen Galeassen waren primär Fernkampfschiffe.
Also auch wenn die Quelle so nicht stimmen muss (ne Fernseh-Doku): Dort wurde ausgesagt, dass ganze 6(!!) Galeassen der christl. Galeerenaufstellung vorangestellt waren. Primär war das ein Kampf Mann gegen Mann,Schiff gegen Schiff.
Artellerie als echte taktische Waffe gab es da nicht so.

Und zum Vergleich Armada/Lepanto. Sicherlich war Lepanto fast ne reine Galeerenschlacht. Andererseits hatte auch die Armada einige Galeeren bei sich. Und vorallem die Kampfweise war gleich. Galeeren wie allgemein die spanischen Schiffe hatten insgesamt sogar mehr Kanonen als die Engländer.Nur waren die spanischen Kanonen oft leichter, kleiner u.mit einer wesentlich geringeren Reichweite. Wie in Lepanto wollte die Armada aus geringer Distanz,durchaus auch im Enterkampf kämpfen....

Und da hatten die englischen Schiffe allesamt leistungsfähigere Kanonen, die weiter schießen konnten.

Für wann gelten die 400m? Für ne Seeschlacht des 16.oder des 17/18Jahrhunderts?
Zitat:Also auch wenn die Quelle so nicht stimmen muss (ne Fernseh-Doku): Dort wurde ausgesagt, dass ganze 6(!!) Galeassen der christl. Galeerenaufstellung vorangestellt waren.
Die Zahl ist voll und ganz richtig. Dazu sollte man aber anmerken, daß diese 6 Galeassen deutlich größer waren als alle sonstigen bei der Schlacht eingesetzten Schiffe und die Kanonen auf diesen Schiffen bei gleich großen Kalibern nicht nur nach vorne sondern auch zur Seite hin vorhanden waren.

Diese Schiffe waren so schwer und unbeweglich, daß sie von anderen Galeeren zu ihrem Aufstellungsort geschleppt werden mussten.

Zitat:Primär war das ein Kampf Mann gegen Mann,Schiff gegen Schiff.
Artellerie als echte taktische Waffe gab es da nicht so.
Der Kampf wurde AUCH durch Entern geführt, Schlacht entscheidend war aber der Einsatz der Artillerie durch die Europäer. Während die Europäer die meisten Schiffe durch Enteraktionen der Osmanen verloren, vor allem durch Einheiten der Yeniceri, verloren die Osmanen die meisten Schiffe durch Kanonenfeuer.

Die 6 Galeassen wurden, obwohl sie deutlich vor der Front der christlichen Flotte agierten nicht von den Osmanen geentert, weil das Feuer von den Galeassen zu heftig war und weil die Bordwände zu hoch waren.

Die Osmanische Flotte zog also an den Galeassen vorbei und ließ diese sogar hinter sich zurück, während dessen feuerten die Galeassen immer weiter auf die osmanischen Schiffe und drehten dann und setzten diesen langsam nach.

Von den versenkten 96 Galeeren der Türken wurden 30 von den Galeassen zerstört. Durch Artilleriefeuer.

Auf der Gegenseite versenkten die Türken nur 13 christliche Galeeren, auf 113 Galeeren aber kam es zu Enterkämpfen mit den Türken.

Die Schlacht wurde aber durch die Versenkung der türkischen Schiffe, vor allem auf dem nördlichen Flügel bei den Venezianern entschieden, die Enterkämpfe auf den vielen christlichen Schiffen hatten dagegen keine Schlachtentscheidenden Auswirkungen, da die Christen ja die Schlacht trotz der Tatsache gewannen, daß deutlich mehr Christliche Schiffe als Türkische geentert wurden.

Insgesamt aber ist Lepanto ohnehin untypisch und ein ganz spezifischer Einzelfall dessen Vorgänge sich nicht so einfach auf andere Seeschlachten übertragen lassen.

Wie erwähnt waren Schiffe wie auch Kampfweise wie sie bei Lepanto zum Einsatz kamen z.B. in der Nordsee oder im Nordatlantik überhaupt nicht einsetzbar.

Zitat:Für wann gelten die 400m? Für ne Seeschlacht des 16.oder des 17/18Jahrhunderts?
Lepanto war im 16 Jahrhundert. 7 Oktober 1571

Zitat:Andererseits hatte auch die Armada einige Galeeren bei sich.
Die Galeeren waren aber eher wenige und dazu noch reine Truppentransporter des Herzogs von Parma.

Zitat:u.mit einer wesentlich geringeren Reichweite. Wie in Lepanto wollte die Armada aus geringer Distanz,durchaus auch im Enterkampf kämpfen....
Richtig ist, daß die Spanische Schiffsartillerie eine geringere Reichweite hatte und daß die Englischen Segelschiffe !! deutlich beweglicher und schneller waren als die Spanischen Galeonen.

Bei Lepanto hatten die Spanier eine größere Reichweite und Feuerkraft, bei den Kämpfen mit der Armada hatten die Engländer schnellere Schiffe und eine höhere Reichweite.

Zu den Enterversuchen : Die Spanier transportierten ja Truppen, und nahmen noch weitere aus den Niederlanden auf, das Ziel war ja eben keine Seeschlacht sondern eine Invasion Englands mit Bodentruppen. Daher gab es überproportional viele Truppentransporter und für eine Seeschlacht weniger geeignete Schiffe dieser Art.

Daher versuchte man natürlich zu entern und nah heran zu kommen um den Vorteil der höheren Reichweite der Engländer zu egalisieren. Die gleiche Reaktion wie sie auch die Türken bei Lepanto auf die Spanier zeigten. Das ist nur natürlich angesichts der Verhältnisse. Daraus kann man doch keine Axiome ableiten außer dem :

das bis auf den heutigen Tag derjenige der die geringere Feuerkraft und Reichweite hat versucht an den Gegner möglichst nah heran zu kommen um das auszugleichen. Das gleiche gilt immer noch im Irak oder anderswo auch an Land.

Das die Schiffsartillerie der Engländer an Reichweite überlegen war, habe ich doch nirgends bestritten, oder ? Ferner waren ihre Segelschiffe viel besser für diese Gewässer ausgelegt (Kunststück !) und deutlich schneller und beweglicher.

Der Vergleich mit Lepanto ist mMn ungeeignet, da man von anderen Gewässern, anderen Schiffen und einer gänzlich anderen taktischen Situation ausgehen muß. z.B. fand der Kampf bei Lepanto in einer Seeenge mit sehr flachem, sehr ruhigem Wasser statt, die Front der Flotten reichte bis ans Ufer, es gab keine Ausweichmöglichkeit.

Bei Lepanto waren die Spanier Artilleristisch überlegen und entschieden die Schlacht aufgrund größerer Feuerkraft gegen die auf Nahkampf ausgerichteten, deutlich veralteten Türken.

z.B. war dies die letzte Schlacht, in der noch ein Oberbefehlshaber eigenhändig mit dem Bogen auf den Feind schoß (der türkische Oberbefehlshaber) und ferner die letzte Seeschlacht in der über 50% einer Seite nur mit Bögen kämpften.

Demgegenüber waren die gleichen Spanier wieder den Engländern Artilleristische unterlegen. Das hat aber mit ihrer Überlegenheit bei Lepanto in diesem Punkt doch nichts zu tun, oder ?
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