13.12.2025, 23:07
(13.12.2025, 11:54)Schneemann schrieb: @Kongo ErichKulturell meint nicht nur Kunst wie etwa Musik (von der Klassik bis zum Rap) oder auch eine Gesellschaftskultur, die insbesondere religiös bzw. säkular geprägt ist. Und da wird es schon mit der christlichen Orthodoxie, mit Sicherheit aber mit nichtchristlich geprägten Ländern problematisch.
Man sollte die Geographie zumindest im Auge behalten, sonst sind wir irgendwann in Zentralasien. Für mich stellt Georgien etwa da schon einen schwierigen Grenzfall dar - unabhängig einmal von den staatlichen Defiziten betrachtet -, aber man könnte notfalls noch mit den alten Klassikern Homer und Herodot argumentieren, die Kolchis als den großen Kulturträger (und abschließenden östlichen Machtfaktor des Weltbildes) aus der ureigenen Perspektive der hellenistischen Antike ansahen. Ob das allerdings mehr als 2000 Jahre später noch ausreicht, ja noch anwendbar ist, muss stark hinterfragt werden.
Also der überwiegende Teil Russland liegt definitiv in Asien, auch wenn zwei Drittel der Russen im europäischen Teil Russlands wohnen - wenn wir mal den Ural als Grenzlinie annehmen wollen.
Man sieht das Problem ja schon in der Türkei. Dort wird der Anspruch erhoben, dass die Religion die Leitlinien der Politik prägt - während wir in Europa ganz bewusst auf Religion als Privatsache setzen. Insofern würden wir als "EU" nie in Zentralasien landen (was gute Beziehungen nicht ausschließen würde).
(13.12.2025, 11:54)Schneemann schrieb: Zum NZZ-Titel:ich glaube, das kommt eher aus der Ebene der frustrierten europäischen Regierungen, die mit erleben, dass DT und Putin über ihren Kopf hinweg über die Ukraine schachern und dabei auch die EU spalten und marginalisieren. Da stellt sich die Frage, wie die Europäer wieder "ins Spiel" kommen - und der Gedanke, mit der Ukraine als EU-Mitglied wieder zwangsläufig im Spiel zu sein, liegt nahe.
Kam das von Donald? Würde ins Bild passen - ein angeschlagenes, überrüstetes, verschuldetes, innerlich immer noch hochkorruptes, sich in einem faktischen Dauerkleinkrieg befindliches (selbst wenn der "große Deal" nun kommen sollte), aber immerhin demokratisches Staatsgebilde, das über Jahre hinweg Aufbauhilfen benötigen würde, wird schon in zwei Jahren aufgenommen?
Das dürfte die EU an erhebliche Belastungsgrenzen bringen, auch zwischen den Mitgliedern dürfte es darüber kriseln, und sie als global player erst einmal auf Jahre hinaus beschäftigen. Könnte ins Bild passen, wenn es stimmt, dass Trump die EU spalten oder kleinhalten will.
Schneemann
Etwas anderes ist die Frage, ob es sich da um einen Ansatz mit realistischer Perspektive, eine Panikreaktion, eine Schnapsidee oder überhaupt eine realistische Vision handelt.
Ich persönlich komme zunehmend zur Überzeugung, dass die europäischen Staaten nicht nur verbal sondern tatsächlich auch mit Aktivitäten in der Ukraine *) zeigen müssen, dass es ohne Europa bzw. über deren Kopf hinweg nicht geht. Ansonsten werden sie nur zum Spielball der anderen.
*)
mit Aktivitäten in der Ukraine meine ich tatsächlich ein staatliches Engagement größeren Umfangs, etwa mit der Luftabwehr im westlichen Hinterland, inclusive Fightern zur Abwehr von Drohnen und Raketen (sagen wir mal grob westlich des Dnepr) oder mit der Organisation von Nachschubtransporten ebenfalls dort - zur Entlastung der ukrainischen Streitkräfte, die dann mehr "Ressourcen im Osten" haben.
Zugleich wären diese "Einsatzgebiete" weit genug vom Frontverlauf bzw. der russischen Grenze entfernt, dass die Einheiten dort nicht als "Bedrohung Russlands" verunglimpft werden können.
