04.10.2024, 07:50
Werter Nightwatch:
Ja natürlich, genau das ist ja die Tragödie daran. Ich schreibe ja auch immer nichts anderes. Eine Avantgarde treibt die ganze primär passive Bevölkerung vor sich her und führt diese einem Schicksal zu, dass so nur diese Avantgarde gewollt hat. Das war bei den Kommunisten in der Sowjetunion nicht anders als bei den Südvietnamesen oder heute eben in Gaza. Das zieht sich durch die ganze Geschichte: die Diktatur der Minderheit gegen die Mehrheit und diese lässt es entweder zu, oder sie kann nichts dagegen unternehmen oder die Minderheit unterdrückt die Mehrheit und zwingt sie (Roter Terror etc)
Worauf ich aber hinaus will ist, dass die ganzen Umfragen welche eine breite Zustimmung für die Hamas zeigen sollten, so nicht stimmten und nie gestimmt haben. Deine Aussage ist nun, dass dies nur jetzt der Fall sei, dies aber vor dem Krieg anders gewesen sei und dass es gerade eben der Krieg sei, welcher hier die Einstellung geändert habe.
Meine These ist hingegen, dass die Zustimmung für die Hamas schon vor dem Krieg überwiegend eine erzwungene war und diese Umfragen weitreichend nicht stimmten und nie gestimmt haben. Der Krieg legt jetzt allenfalls offen, dass die Hamas nie eine breite Mehrheit für sich hatte und nun können es viele überhaupt zum ersten Mal öffentlich zeigen (was vorher sofort Folter und Verschwindenlassen zur Folge gehabt hätte).
Der Krieg ändert also meiner These nach hier und jetzt nicht so viel an der Einstellung der Mehrheit wie du das hier meinst. Es wird stattdessen nur überhaupt möglich anderer Ansicht zu sein, was vorher seitens der Hamas mit brutalsten Methoden verhindert wurde.
Deine Idee, dass der Krieg und die Niederlage hier eine signifikante Wirkung hätten - mit dem Verweis auf Deutschland - teile ich daher nicht vollumfänglich. Natürlich hat das auch einen Effekt, aber er ist meiner Auffassung nicht der vorherrschende bzw. allein bestimmende.
Das bestreite ich ja gar nicht, aber Kriege kann man auf sehr unterschiedliche Weise führen. Und wenn du dich erinnnerst, war auch ich gleich zu Beginn für ein wesentlich härteres, und vor allem sehr viel schnelleres Vorgehen - dem aber gefolgt von einer Übernahme der Verantwortung und einer COIN Kampagne. Auch ich schrieb gleich zu Beginn, dass man sehr viel schneller und sehr viel härter zuschlagen müsse, aber auch sehr viel kürzer, um dadurch die Voraussetzungen für COIN zu schaffen.
Und der israelischen Mehrheit wäre es egal gewesen, wie der Krieg geführt wird. Denn sie informierte sich nicht über die Verhältnisse in Gaza und blendet das was dort real geschieht weitgehend aus.
Krieg ja, aber Krieg ist eben nicht gleich Krieg. Man hätte anders vorgehen können und man hätte meiner Überzeugung nach anders vorgehen müssen. Und der Mehrheit der Israelis wäre auch dies recht gewesen.
Genau das stelle ich in Frage. Die IDF hat jetzt (siehe der vernetzte Artikel) Beweise dafür gefunden, wie diese Umfragen direkt von der Hamas manipuliert wurden und wie wenig aussagekräftig sie waren und sind. Und es gab Umfragen (siehe Vernetzung) welche etwas anderes zeigten, welche aber gerade in Israel natürlich völlig ignoriert wurden, weil sie nicht ins Bild passten.
nd natürlich wird man (das kennen wir ja auch nur zu gut aus unserer eigenen Geschichte) persönliche Schuld weit von sich weißen und nie was mit den Nazis / den Verlierern / der Hamas zu tun gehabt haben wollen.
Für den nachhaltigen Erfolg in Deutschland war aber wesentlich, dass man Deutschland besetzt hat, und dass man diesen Mechanismus für sich genutzt hat. Man tat also seitens der Sieger so, als wäre das tatsächlich so gewesen. Man akzeptierte dieses Narrativ und nutzte es für seine Zwecke.
Davon ist in Gaza / Israel nicht ansatzweise etwas zu sehen. Israel verschenkt also diese Möglichkeit.
Und selbst wenn du recht hättest, und erst die Bombardierung hätte diesen Mentalitätswandel gebracht, was ich ja explizit bezweifle, (sie hat diesen Mentalitätswandel allenfalls befördert - vor allem aber offen gelegt) - auch dann ändert das nichts an meiner Aussage, dass Israel diesen aktuellen Mentalitätswandel verschenkt, statt ihn zu nutzen. Um deinen Vergleich mit Deutschland herzunehmen: die Alliierten haben den Mentalitätswandel für sich genutzt, Israel tut dies nicht und will dies auch gar nicht, genau das ist der Fehler welchen ich hier beklage.
Ja das hatten wir schon mehrfach und ausführlich. Aber Fakt ist, die IDF hat weite Teile von Gaza bereits jetzt unter einer de facto Besatzung. Von da ausgehend den Rest zu sichern und dann sinnvoll damit zu verfahren, wäre eben kein großer Mehraufwand. Es ist lediglich politisch nicht gewollt. Und zwar deshalb, weil die aktuelle Regierung es aus einer Vielzahl von Gründen nicht will, einschließlich dem, dass sie entgegen ihrer Rethorik den Gazastreifen in einiger Zeit wieder der Hamas überlassen wird. Intentional.
Ein primäres Problem ist meiner Wahrnehmung auch, dass die Israelische Bevölkerung sich sehr wenig mit dem beschäftigt was den Palästinensischen Zivilisten geschieht. Man reduziert die Wahrnehmung auf die reinen Kämpfe, Hamas Kämpfer und die Geiseln und das wars. Die unschuldigen palästinensischen Zivilisten kommen praktisch nicht vor, man verdrängt sie. Man will es auch gar nicht wissen, dass habe ich sogar selbst schon mehrfach bei Diskussionen mit Israelis festgestellt.
Damit verschenkt man erst recht die Möglichkeiten welche sich geboten hätten und eventuell immer noch bieten.
Zitat:Schließt sich das denn aus? Ich denke nicht...... es reichen auch ausreichend starke Minderheiten um eine Gesellschaft in den Abgrund zu reißen, ohne das wahrgenommene oder tatsächliche Mehrheiten daran groß etwas ändern können.
Ja natürlich, genau das ist ja die Tragödie daran. Ich schreibe ja auch immer nichts anderes. Eine Avantgarde treibt die ganze primär passive Bevölkerung vor sich her und führt diese einem Schicksal zu, dass so nur diese Avantgarde gewollt hat. Das war bei den Kommunisten in der Sowjetunion nicht anders als bei den Südvietnamesen oder heute eben in Gaza. Das zieht sich durch die ganze Geschichte: die Diktatur der Minderheit gegen die Mehrheit und diese lässt es entweder zu, oder sie kann nichts dagegen unternehmen oder die Minderheit unterdrückt die Mehrheit und zwingt sie (Roter Terror etc)
Worauf ich aber hinaus will ist, dass die ganzen Umfragen welche eine breite Zustimmung für die Hamas zeigen sollten, so nicht stimmten und nie gestimmt haben. Deine Aussage ist nun, dass dies nur jetzt der Fall sei, dies aber vor dem Krieg anders gewesen sei und dass es gerade eben der Krieg sei, welcher hier die Einstellung geändert habe.
Meine These ist hingegen, dass die Zustimmung für die Hamas schon vor dem Krieg überwiegend eine erzwungene war und diese Umfragen weitreichend nicht stimmten und nie gestimmt haben. Der Krieg legt jetzt allenfalls offen, dass die Hamas nie eine breite Mehrheit für sich hatte und nun können es viele überhaupt zum ersten Mal öffentlich zeigen (was vorher sofort Folter und Verschwindenlassen zur Folge gehabt hätte).
Der Krieg ändert also meiner These nach hier und jetzt nicht so viel an der Einstellung der Mehrheit wie du das hier meinst. Es wird stattdessen nur überhaupt möglich anderer Ansicht zu sein, was vorher seitens der Hamas mit brutalsten Methoden verhindert wurde.
Deine Idee, dass der Krieg und die Niederlage hier eine signifikante Wirkung hätten - mit dem Verweis auf Deutschland - teile ich daher nicht vollumfänglich. Natürlich hat das auch einen Effekt, aber er ist meiner Auffassung nicht der vorherrschende bzw. allein bestimmende.
Zitat:Nach meinem Dafürhalten wollte die überwältigende Mehrheit der israelischen Gesellschaft nach dem 7. Oktober Krieg gegen die Hamas.
Das bestreite ich ja gar nicht, aber Kriege kann man auf sehr unterschiedliche Weise führen. Und wenn du dich erinnnerst, war auch ich gleich zu Beginn für ein wesentlich härteres, und vor allem sehr viel schnelleres Vorgehen - dem aber gefolgt von einer Übernahme der Verantwortung und einer COIN Kampagne. Auch ich schrieb gleich zu Beginn, dass man sehr viel schneller und sehr viel härter zuschlagen müsse, aber auch sehr viel kürzer, um dadurch die Voraussetzungen für COIN zu schaffen.
Und der israelischen Mehrheit wäre es egal gewesen, wie der Krieg geführt wird. Denn sie informierte sich nicht über die Verhältnisse in Gaza und blendet das was dort real geschieht weitgehend aus.
Krieg ja, aber Krieg ist eben nicht gleich Krieg. Man hätte anders vorgehen können und man hätte meiner Überzeugung nach anders vorgehen müssen. Und der Mehrheit der Israelis wäre auch dies recht gewesen.
Zitat:Hinsichtlich der Palästinenser, ich denke doch, dass es recht gut dokumentiert ist, dass die Mehrheit der Palästinenser (auch und gerade in Gaza), die Massaker der Hamas mit großer Mehrheit unterstützt hat. Ich kenne keine Umfrage die letztes Jahr irgendetwas anderes gezeigt hätte,
Genau das stelle ich in Frage. Die IDF hat jetzt (siehe der vernetzte Artikel) Beweise dafür gefunden, wie diese Umfragen direkt von der Hamas manipuliert wurden und wie wenig aussagekräftig sie waren und sind. Und es gab Umfragen (siehe Vernetzung) welche etwas anderes zeigten, welche aber gerade in Israel natürlich völlig ignoriert wurden, weil sie nicht ins Bild passten.
nd natürlich wird man (das kennen wir ja auch nur zu gut aus unserer eigenen Geschichte) persönliche Schuld weit von sich weißen und nie was mit den Nazis / den Verlierern / der Hamas zu tun gehabt haben wollen.
Für den nachhaltigen Erfolg in Deutschland war aber wesentlich, dass man Deutschland besetzt hat, und dass man diesen Mechanismus für sich genutzt hat. Man tat also seitens der Sieger so, als wäre das tatsächlich so gewesen. Man akzeptierte dieses Narrativ und nutzte es für seine Zwecke.
Davon ist in Gaza / Israel nicht ansatzweise etwas zu sehen. Israel verschenkt also diese Möglichkeit.
Und selbst wenn du recht hättest, und erst die Bombardierung hätte diesen Mentalitätswandel gebracht, was ich ja explizit bezweifle, (sie hat diesen Mentalitätswandel allenfalls befördert - vor allem aber offen gelegt) - auch dann ändert das nichts an meiner Aussage, dass Israel diesen aktuellen Mentalitätswandel verschenkt, statt ihn zu nutzen. Um deinen Vergleich mit Deutschland herzunehmen: die Alliierten haben den Mentalitätswandel für sich genutzt, Israel tut dies nicht und will dies auch gar nicht, genau das ist der Fehler welchen ich hier beklage.
Zitat:Aber was halt schlicht nicht realistisch ist – und dazu habe ich mich schon ausführlich geäußert – sind irgendwelche Forderungen nach Besatzungen. Das ist nicht durchführbar, selbst wenn die israelische Regierung mehrheitlich dafür wäre.
Ja das hatten wir schon mehrfach und ausführlich. Aber Fakt ist, die IDF hat weite Teile von Gaza bereits jetzt unter einer de facto Besatzung. Von da ausgehend den Rest zu sichern und dann sinnvoll damit zu verfahren, wäre eben kein großer Mehraufwand. Es ist lediglich politisch nicht gewollt. Und zwar deshalb, weil die aktuelle Regierung es aus einer Vielzahl von Gründen nicht will, einschließlich dem, dass sie entgegen ihrer Rethorik den Gazastreifen in einiger Zeit wieder der Hamas überlassen wird. Intentional.
Zitat:Insofern sehe ich zu keinem Zeitpunkt eine Mehrheit gegen dieses Krieg in der israelischen Gesellschaft. Wohl aber eine relative Mehrheit gegen den (tatsächlichen oder wahrgenommenen) Kurs der Regierung, wobei es nicht ansatzweise eine einhellige Meinung dazu gibt was sonst gemacht werden sollte.
Ein primäres Problem ist meiner Wahrnehmung auch, dass die Israelische Bevölkerung sich sehr wenig mit dem beschäftigt was den Palästinensischen Zivilisten geschieht. Man reduziert die Wahrnehmung auf die reinen Kämpfe, Hamas Kämpfer und die Geiseln und das wars. Die unschuldigen palästinensischen Zivilisten kommen praktisch nicht vor, man verdrängt sie. Man will es auch gar nicht wissen, dass habe ich sogar selbst schon mehrfach bei Diskussionen mit Israelis festgestellt.
Damit verschenkt man erst recht die Möglichkeiten welche sich geboten hätten und eventuell immer noch bieten.