22.09.2024, 00:38
Zitat:Das Israel das Recht hat (bzw. jedes andere legitime Völkerrechtsubjekt auch) einen Angreifer im Rahmen des Kriegsvölkerrechts bis zur Vernichtung zu bekämpfen
Genau genommen hat ein solches Völkerrechtssubjekt das Recht den Angreifer solange zu bekämpfen bis dieser seinen Angriff einstellt oder bis der Sicherheitsrat Maßnahmen ergreift. Was ja beides nicht der Fall ist.
Um aber meine Aussagen zur Frage des Rechts in den richtigen Kontext zu rücken: Ich schreibe ja oft, dass Recht ein Instrument ist, ein Mittel zum Zweck, ein nutzbarer Vorteil. Damit es dies aber sein kann, muss es zumindest benutzt werden, es muss also vorhanden sein. Gibt es gar kein Recht, kann man dieses auch nicht zu seinem Vorteil nutzen. Nun kann man aus der Position des aktuell Stärkeren natürlich annehmen, dass man selbst durch das Recht behindert wird und es nicht relevant ist, dass man es selbst nicht einhält. Es ist aber trotzdem relevant, weil man damit unnötig Vorteile verschenkt. Als Gegenargument kommt dann immer, dass der Gegner sich ja auch nicht daran hält oder sich in Wahrheit nicht daran hält und man ansonsten erhebliche Nachteile hätte. Das sehe ich aber nicht so. Stattdessen könnte man das Recht dennoch zu seinem Vorteil nutzen. Deshalb:
Zitat:Das ist dann aber eine Diskussion um strategische Ziele, nicht um Rechtsfragen.
sind solche Rechtsfragen für mich nicht so klar von der Frage der strategischen Ziele trennbar. Beziehungsweise, sie sind mit der Frage der Strategie und der politischen Ziele eng verknüpft. Ebenso die Frage, wie total die eigene Kriegsführung ist und wie extremistisch man in militärischen Belangen vorgeht. Begrenzung, begrenzte Kriegsziele, Zurückhaltung usw. können oft Vorteilhaft sein, insbesondere wenn man die langfristigen Konsequenzen bedenkt, die Fernwirkungen und damit gerade eben die Frage der strategische Ziele.
Das offizielle Kriegsziel Israels gegenüber der Hamas ist nun ein solches extremistisches Ziel: die vollständige Vernichtung der Hamas. Wenn ich ein solches Ziel verfolge, muss ich aber auch die dafür notwendigen Handlungen vornehmen und auch das erfolgt nicht (beispielsweise ist dann eine Besatzung des Gaza Streifens unumgänglich, ebenso eine längere COIN Kampagne etc.) Es ist auch recht interessant wie sehr sich pro-israelische Kreise gegen eine solche Besatzung sträuben, obwohl praktisch-real ja bereits hier und heute weite Teile des Gazastreifens durchaus besetzt sind. Aber man will nichts darüber hinaus und so führt man auf extremistische Weise Krieg, ohne aber die eigentlich notwendigen Dinge zu tun, um das extremistische Kriegsziel wirklich erreichen zu können. So wird man langfristig nur verlieren.
Wenn Israel diese Art und Weise in der Verfolgung seiner strategischen Ziele so fortführt, bezweifle ich rein persönlich, dass es auf Dauer überleben wird.
Beschließend zu dem Ziel die Hisbollah hinter den Litani zurück zu drängen: Vom Litani bis zur Grenze sind es zwischen 15 km und 35 km wenn ich mich recht entsinne. Reicht das ?! Und was soll dadurch langfristig gewonnen sein ? Und wird der Feind sich überhaupt je darauf einlassen und warum sollte er ? Darüber hinaus hat Israel im gesamten Südlibanon weitflächig aktuell durch seinen Dauerbeschuss die Zivilbevölkerung vertrieben. Und zwar mehr Menschen als umgekehrt in Nordisrael geflohen sind.
Schlussendlich stehen sich beide Seiten in einer Fehlwahrnehmung vermeintlich deterministischer Entwicklungen gegenüber, und berauben sich beide damit jedweder Zukunft. Die einen früher, die anderen später, aber beide gleichermaßen.