17.11.2023, 13:36
Zitat:In ihren Anfängen, als die Hamas noch klein war galt zweifelsohne das was ich über die Inkompetenz, Ignoranz und Überheblichkeit der israelischen Regierungen geschrieben habe. Meine Aussage, dass man sie gezielt gegen die Fatah positioniert hat, bezieht sich daher auf einen späteren Zeitpunkt.Auch zu einem späteren Zeitpunkt, also wenn wir grob die Zeit von Ende der 1990er Jahre bis hin zur Machtübernahme in Gaza 2007 nehmen, lässt sich das nicht nachweisen. Zwar hatte Scharon durchaus eine Fixierung auf Arafat, dem er nie groß getraut hatte, aber die Hamas fiel in jener Zeit zumeist mit brutalen Anschlägen auf, mit deren Hilfe sie sich "ins Gedächtnis zurückbomben wollten". Sowohl Barak als auch Olmert und Scharon hätten es sich innenpolitisch nicht leisten können, nun diese Terrorgruppe auch noch zu unterstützen, bloß weil man sich mit der Fatah in den Haaren hatte. Und wie gesagt: Es finden sich auch keine Hinweis auf diese These.
Ansonsten: Ich will in eure Diskussion nicht direkt einsteigen, da seit ihr zu sehr schon involviert. Nur zwei Punkte...
Zitat:Die nicht abreißenden und sich ausweitenden Kriege rund um Israel herum führen zu einer Annäherung der Ölaraber und des Iran in einer Anti-Israelischen Achse.Das halte ich für äußerst unrealistisch. Jeder wird vielleicht sein Süppchen kochen, aber - so komisch sich das auf den ersten Moment anhört - man muss bedenken, dass die Schiiten in Nahost, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, z. B. Juden, Christen und anderen Glaubensrichtungen deutlich toleranter gegenüberstehen als die sunnitischen Fundamentalisten. Unabhängig von den Hasstiraden der Führung in Teheran gegenüber Israel sind sich die Schiiten im Klaren darüber, dass ihnen die Sunniten bei erstbester Gelegenheit die Hälse abschneiden würden. (Und die Barbareien der letzten Jahrzehnte sprechen da auch eine klare Sprache.)
Zumindest sind die fundamentalistischen Sunniten, besonders die wahhabitische Ausprägung, derart intolerant gegenüber anderen Religionen, dass eine Annäherung gar nicht möglich ist - allen gespielten temporären shake hands über den Golf hinweg zum Trotz. Und das weiß man in Teheran, in Syrien bei den Ismailiten und Alawiten, bei den Schiiten des Irak und im Libanon auch zu gut. Anzunehmen, dass ein seit 75 Jahren bestehender, kleiner jüdischer Staat, der sich zeitweise mit seiner arabischen Minderheit herumschlägt, ausreichen würde, um ein hasserfülltes 1.300-jähriges, innerislamisches Schisma - übrigens älter als die Kirchenspaltung im Christentum - zu überwinden, wäre äußerst gewagt. Vielleicht hofft man in Iran eher noch, dass man dieses Schisma irgendwann überwinden kann, aber für Saudi-Arabien ist eine gleichgestellte Übereinkunft mit den Häretikern der Schiat Ali undenkbar.
Und dass die Sympathien nicht allzu weit reichen, zeigt sich auch gegenwärtig: Die Hamas geht derzeit unter, aber die Hisbollah hält dennoch die Füße weitgehend still (aus Gründen, die ich hier schon umrissen hatte), auch wenn hier oder da ein schiitischer Anführer noch zehnmal Unterstützung für die Sache der Palästinenser vorgibt zu haben. Und es gibt auch schon Hinweis dahingehend, dass in Riad diese relative Untätigkeit der Hisbollah nicht gut ankommt, verliert man doch gerade mit der Hamas einen nicht unwichtigen Proxy.
Zitat:Die Massen von palästinensischen Flüchtlingen aus dem Westjordanland und teilweise aus Gaza führen zusammen mit der allgemeinen Destabilisierung der Lage zu einem Umsturz in JordanienDen destabilisierenden Charakter von palästinensischen Flüchtlingen kennt man in Jordanien, ebenso wie im Libanon. Anzunehmen, dass man in Amman den gleichen Fehler macht wie nach dem Sechstagekrieg ist sehr unwahrscheinlich. Zumal es sich heutzutage nicht mehrheitlich um säkulare Fedajin handeln würde wie in den späten 1960ern, sondern um sunnitische Extremisten, wo den Haschemiten jetzt schon die Haare zu Berge stehen. Die Jordanier würden hier folglich keinen Finger rühren und die Grenze dicht halten.
Schneemann