01.02.2015, 13:11
Zur kolonialen Gründungsgechichte des Irak und der gerne wiederholten Aussage, dass der Araber gerne andere für seine Probleme verantwortlich macht:
Zitat:Osmanisches Reich: Als Churchill den Irak erfand<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/2015/03/osmanisches-reich-entstehung-irak-winston-churchill/seite-2">http://www.zeit.de/2015/03/osmanisches- ... ll/seite-2</a><!-- m -->
Aus der Konkursmasse des Osmanischen Reichs ging vor rund 100 Jahren auch der Krisenstaat im Zweistromland hervor. Maßgeblich daran beteiligt war der spätere britische Premier Winston Churchill. von Georg Brunold
DIE ZEIT Nº 03/201529. Januar 2015 23:35 Uhr
Der Irak war einmal weiter nichts als ein westiranisches Berggebiet zwischen den Städten Ghom und Kermanschah. "Irak, a province of Persia", entnimmt man der 11. Ausgabe der Encyclopædia Britannica von 1910/11. Noch ahnt niemand, dass zehn Jahre später ein Staatsgebilde dieses Namens aus drei ganz ungleichen Provinzen des Osmanischen Reichs hervorgehen soll – und dies auf eine Art und Weise, die dem Land bis heute zusetzt und es nicht zur Ruhe kommen lässt.
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Mesopotamien ist seit biblischer Zeit Grenzland. Griechen, Römer und später die Araber haben hier unzählige Schlachten gegen die Perser geschlagen. Die Gebiete, aus denen 1921 der Irak hervorgehen wird, umfassen 1918 mit etwas mehr als drei Millionen Einwohnern etwa zehnmal weniger Menschen als der Irak heute. Die Zusammensetzung der Bevölkerung aber ist bereits die gleiche: 60 Prozent Schiiten, die vor allem im Südosten leben, 20 Prozent sunnitische Araber im Nordwesten, 20 Prozent Kurden im Norden, in Bagdad je 100.000 Schiiten und Sunniten.
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Die Zusammenarbeit mit den britischen "Befreiern" bleibt unter den einheimischen Schiiten aus Furcht vor westlicher Indoktrination verpönt. Der Widerstand formiert sich in den "Wächtern der Unabhängigkeit", gegründet Anfang 1919 von dem schiitischen Kleriker Muhammad al-Sadr, und um den Imam Muhammad Taki al-Schirasi, der im Frühjahr 1920 eine Fatwa auch gegen den Dienst in der Zivilverwaltung erlassen wird.
Die Elite des Durchgangslagers und Umschlagplatzes Bagdads hingegen besteht zum Großteil aus Sunniten: Nebst einigen Händlerfamilien zählen zu ihr vor allem Militärs, die zurückgebliebenen einheimischen Offiziere des Osmanischen Reichs. In Bagdad hat zudem die in Damaskus beheimatete Geheimgesellschaft Al-Ahd ("Der Bund") einen Ableger. In ihr versammeln sich arabische Nationalisten, fast allesamt Sunniten wie die Türken, bereit zur Zusammenarbeit mit den Haschemiten und mit Husseins Sohn Faisal, der an der Seite von T. E. Lawrence die Araberrevolte gegen die Osmanen angeführt hat und in Damaskus der ersten provisorischen arabischen Regierung vorsteht.
Die Nordwestprovinz Mossul, die Frankreichs Premier Clemenceau am 1. Dezember 1918 in London seinem Amtskollegen Lloyd George vermacht, steht mit ihrer Geschichte und ihrem multireligiösen Flickenteppich von Arabern, Kurden, Turkmenen, Armeniern und syrischen Christen den osmanischen Stammlanden Anatoliens näher als den Arabern im Süden. Die Mossul-Frage wird noch mehrere Jahre über die Staatsgründung hinaus den Völkerbund beschäftigen.
Mit den zentrifugalen Tendenzen der drei so ungleichen Provinzen, die in einem Staat zusammenfinden sollen, macht sich bereits ein weiterer Geburtsfehler des künftigen Iraks bemerkbar: Alternativen zur politischen Führungsrolle der sunnitischen Minderheit mit der damit einhergehenden Marginalisierung der Schiitenmehrheit geraten jetzt schon außer Sicht, woran sich bis zum Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 nichts ändern wird.
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