05.10.2009, 15:37
Tiger schrieb:
Die Behauptung, dass die USA die Nazis massiv unterstützt hätten, ist insofern eine völlige Falschbehauptung, die bar jeder historischen Grundlage ist. Da spielt es auch keine Rolle, dass Ford ein Antisemit war, solche gibt es ja bekanntlich (leider) in jeder Gesellschaft.
Nein, stimmt auch nicht. Erst nach der Währungsreform 1948 und dem Ende der Demontage 1949/50 begann sich in Deutschland allmählich und langsam wieder so was wie ein Arbeits- und Wirtschaftsleben überhaupt zu entwickeln (der erste Schub begann zu Beginn der 50er Jahre während des „Korea-Booms“). Davor herrschten drei, vier Jahre lang Not, Hunger, Schwarzmarkt, „Enttrümmerung“ und Demontage. Abgesehen davon fehlten a) Arbeiter (durch Tod im Krieg oder Kriegsgefangenschaft), b) wichtige Industriegebiete (z. B. die neben dem Ruhrgebiet wichtigsten Industriekomplexe, die aber in der SBZ lagen) und c) standen viele Industriegebiete (z. B. im Saarland) unter alliierter Kontrolle und „arbeiteten“ nicht für Deutschland.
Und woher deine Zahlen zur Kugellagerindustrie (10%?) bzw. zur allgemeinen Lage der deutschen Industrie stammen, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Bei Kriegsende waren lt. meinen Büchern ca. 85% der Öl- und 70% der Kugellagerindustrie und ca. 50% aller Fabriken im Ruhrgebiet zerstört (sagt sogar Galland in seinen Aufzeichnungen). Hierbei spielt es keine Rolle, ob es Krupp in Essen, die Kugellagerwerke in Schweinfurt, Opel in Rüsselsheim oder die Hydrierwerke in Merseburg, Leuna oder Böhlen waren.
Dabei fielen noch nicht einmal, wie du geschrieben hast, die Zerstörungen der Verkehrswege voll ins Gewicht; dieser Sachverhalt behinderte zwar die deutschen Operationen z. B. gegen die Normandie-Front, aber im Hinterland Deutschlands waren Bahnhöfe oder Schienenwege oftmals am Tage nach einem Angriff wieder benutzbar. Nur ganz wenige Knotenpunkte fielen tatsächlich für Tage oder gar Wochen aus. Was entscheidend war für die deutsche „Beweglichkeit“, war die Zerschlagung der deutschen Treibstoffindustrie zwischen Mai und September 1944. Weil ohne Sprit fliegt kein Jäger und fährt kein noch so starker Panzer.
Außerdem zeichnete sich, infolge der alliierten Luftoffensive gegen die deutsche Industrie, ab 1944 ein deutlicher Trend ab, dass man rüstungswichtige Betriebe – unter Einsatz von Zwangsarbeitern, von denen viele starben – unter Tage verlegte/verlegen wollte. Wäre die Industrie von Luftangriffen wenig betroffen gewesen, so hätte man diesen aufwendigen Schritt sicher nicht getan.
Off-Topic-Ende.
Kosmos schrieb:
Schneemann.
Zitat: Die USA haben bis 1940 mit der Sowjetunion kooperiert. Zudem wären ohne sie die Nazis - sie meinst du wohl primär mit "faschistische Regime", auch wenn Nationalsozialismus und Faschismus wenig miteinander zu tun haben - in Deutschland wohl nicht an die Macht gelangt, oder zumindest nicht so stark geworden.Entschuldige, aber das stimmt schlicht nicht. Nach Ende des Ersten Weltkrieges waren es die USA unter Wilson, die einen gemäßigteren Kurs gegenüber den besiegten Ländern fahren wollten, einen, der die Lage in Europa eher ent- als verschärfen sollte, und die auch z. B. die Idee eines Völkerbundes als „Weltforum“ anregten. Aber sie scheiterten an den Revanche- und Sicherheitsgedanken von Franzosen (vor allem), Italienern und teils auch den recht naiven Briten unter Lloyd George. Dass sich dann in Versailles der harte Kurs durchsetzte, was wiederum die revanchistischen Kräfte in Deutschland stärkte, die später teils maßgebend auch die Nationalsozialisten förderten, war ein Ergebnis der Politik der europäischen Mächte, aber nicht der Amerikaner. Im Gegenteil, die USA zogen sich später (1918 – 1920) wieder aus der europäischen Politik zurück und widmeten sich selbst („isolation“), was sie dann später (ab Mitte der 20er Jahre) zunächst gegenüber den sich anbahnenden extremistischen Entwicklungen in Europa auch recht zahnlos erscheinen ließ. Erst unter Roosevelt begann man allmählich, sich aus der Isolation heraus in die Position eines Gegners von Hitler zu bewegen. Und zum Glück für Europa, verfielen die USA nach 1945 nicht – so wie 1918 – in eine isolationistische Haltung, sondern blieben beständig in Europa und halfen, einen (auch militärischen) Block gegen den Stalinismus bzw. die Sowjetunion zu errichten. Ohne die US-Präsenz in Europa nach 1945 hätte sich die europäische Geschichte, vor allem auch die deutsche, anders entwickelt und wir würden heute nicht so dastehen, wie wir es tun.
Das US-Kapital - Ford, Bush, u.a. - haben die Nazis massiv unterstützt.
Die Behauptung, dass die USA die Nazis massiv unterstützt hätten, ist insofern eine völlige Falschbehauptung, die bar jeder historischen Grundlage ist. Da spielt es auch keine Rolle, dass Ford ein Antisemit war, solche gibt es ja bekanntlich (leider) in jeder Gesellschaft.
Zitat: Die deutsche Wirtschaft war vom 2.Weltkrieg kaum getroffen worden und ging mit einem bemerkenswert guten industriellen Grundstock in die Nachkriegsjahre. So war nur etwa 10% der kriegswichtigen Kugellagerindustrie überhaupt getroffen worden, und auch davon war nur ein Zehntel nicht wiederherstellbar, und im Ruhrgebiet standen noch alle Zechentürme.@Off Topic
Die deutsche Wirtschaft konnte so relativ rasch wieder den Stand von 1938 erreichen.
Nein, stimmt auch nicht. Erst nach der Währungsreform 1948 und dem Ende der Demontage 1949/50 begann sich in Deutschland allmählich und langsam wieder so was wie ein Arbeits- und Wirtschaftsleben überhaupt zu entwickeln (der erste Schub begann zu Beginn der 50er Jahre während des „Korea-Booms“). Davor herrschten drei, vier Jahre lang Not, Hunger, Schwarzmarkt, „Enttrümmerung“ und Demontage. Abgesehen davon fehlten a) Arbeiter (durch Tod im Krieg oder Kriegsgefangenschaft), b) wichtige Industriegebiete (z. B. die neben dem Ruhrgebiet wichtigsten Industriekomplexe, die aber in der SBZ lagen) und c) standen viele Industriegebiete (z. B. im Saarland) unter alliierter Kontrolle und „arbeiteten“ nicht für Deutschland.
Und woher deine Zahlen zur Kugellagerindustrie (10%?) bzw. zur allgemeinen Lage der deutschen Industrie stammen, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Bei Kriegsende waren lt. meinen Büchern ca. 85% der Öl- und 70% der Kugellagerindustrie und ca. 50% aller Fabriken im Ruhrgebiet zerstört (sagt sogar Galland in seinen Aufzeichnungen). Hierbei spielt es keine Rolle, ob es Krupp in Essen, die Kugellagerwerke in Schweinfurt, Opel in Rüsselsheim oder die Hydrierwerke in Merseburg, Leuna oder Böhlen waren.
Dabei fielen noch nicht einmal, wie du geschrieben hast, die Zerstörungen der Verkehrswege voll ins Gewicht; dieser Sachverhalt behinderte zwar die deutschen Operationen z. B. gegen die Normandie-Front, aber im Hinterland Deutschlands waren Bahnhöfe oder Schienenwege oftmals am Tage nach einem Angriff wieder benutzbar. Nur ganz wenige Knotenpunkte fielen tatsächlich für Tage oder gar Wochen aus. Was entscheidend war für die deutsche „Beweglichkeit“, war die Zerschlagung der deutschen Treibstoffindustrie zwischen Mai und September 1944. Weil ohne Sprit fliegt kein Jäger und fährt kein noch so starker Panzer.
Außerdem zeichnete sich, infolge der alliierten Luftoffensive gegen die deutsche Industrie, ab 1944 ein deutlicher Trend ab, dass man rüstungswichtige Betriebe – unter Einsatz von Zwangsarbeitern, von denen viele starben – unter Tage verlegte/verlegen wollte. Wäre die Industrie von Luftangriffen wenig betroffen gewesen, so hätte man diesen aufwendigen Schritt sicher nicht getan.
Off-Topic-Ende.
Kosmos schrieb:
Zitat: es gibt Meinungen wonach Stalin einen neutrallen Status für Deutschland wollteEs gibt (sogar) RUSSISCHE Quellen, die die sogenannte/n Stalin-Note/n von 1952 als taktisches Manöver enttarnen.
Zitat: oh so schlimm die Dinge in Ungarn, Prager Frühling oder Ungarn auch waren, war amerikanische Unterstützung der Contras etwa weniger blutig?Es geht ja nicht darum, dass ein Sachverhalt weniger blutig war als ein anderer. Es geht m. M. n. eher darum, warum ein Sachverhalt zustande kam. Insofern die Frage/n: Haben die Amerikaner denn eingegriffen, weil ein Land seine Freiheit jenseits des westlichen Blocksystems suchte (so wie es die Sowjets taten, wenn ein Staat seinen eigenen Weg jenseits des Ostblocks gehen wollte)? Oder haben sie, vor dem Hintergrund des Ost-West-Konflikts, nicht eher deswegen eingegriffen, weil kommunistische, von Moskau oder Peking aus gesteuerte Untergrundgruppen Staaten unterwandert und destabilisiert haben?
Oder gar Vietnam?
Zitat: Zaristisches Russland war um kein bisshen schlechter als seine europäische Gegenparts seinerzeit.Doch. Es hatte als einziges Land noch die Leibeigenschaft.
Zitat: Kommunistisches System war zu anfang keineswegs ein russisches System oder etwa "böses" System sondern eine neues gesellschaftliches Modell das eben in vielen Ländern große Unterstützung hatte...Nenne mir doch mal ein Land, in welchem ein kommunistisches (bzw. bolschewistisches, stalinistisches, etc.) System an die Macht kam, ohne das es vorher sich mit Gewalt den Weg ebnen musste. Du wirst keines finden.
Zitat: Auch Demokratien, auch USA gingen über Berge von Leichen der anderen wenn sie glaubten dass es ihren nationallen Interessen entspricht, USA sind immer noch nicht gerade zimperlich...Okay, das sind nun die üblichen verunglimpfenden Behauptungen. Aber auch hier: Du wirst keine westliche Demokratie finden, die über ähnlich große Leichenberge wie kommunistische Systeme oder die Sowjetunion oder China gegangen sind.
Schneemann.