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Georgien
@ Schneemann

Eine direkte Parallele zu 1921 bzw. (wie in einem von mir geposteten Artikel) zur Niederschlagung des georgischen Aufstandes 1924 würde ich nicht unbedingt ziehen. Solch ein Endresultat,was damit das Ende des souveränen Georgiens wäre, scheint für mich noch Spekulation und wäre im Rahmen der hier versuchten und getätigten Machtdemonstration des Kreml ein Überspannen, das wohl auch den Intentionen des Kreml zu widerlaufen würde. Schließlich würde eine echte, andauernde Besetzung Georgiens dann wohl selbst die maulfaulen Deutschen in arge Positionsnöte bringen und würde als Exempel russischer Aggression auch mit Blick auf andere ehemalige Sowjetrepubliken (Balten, Ukraine), nicht geduldet werden können. Dies würde im Westen, auf die USA besonders, einen enormen Handlungsdruck erzeugen und damit auch das Risiko weiterer Eskalation beinhalten. Dies könnte den derzeitigen prächtigen russ. Erfolg aber noch konterkarieren durch weitere Verwicklungen. Ich glaube nicht, dass Russland wirklich so weit gehen will. Dies passt auch nicht zur brutalen und aggressiven, aber doch überlegten Strategie Putins. Ergo geht es hier vor allem um Machtdemonstration und Einschüchterung anderer.
Hier wird gezeigt, was Russland wieder kann: "Schaut her, wir können in Georgien spazieren fahren, wie wir wollen, wir können heute sagen und verlautbaren, was wir wollen und morgen dann wieder etwas ganz gegensätzliches tun. Wir machen, was wir wollen, während der Westen nur mit gespaltener Zunge spricht und bestenfalls, wenn überhaupt, scharfe Rhetorik zu bieten hat.
Was wir jetzt sehen, ist das Weiden in westlicher Schwäche und Uneinigkeit und vor allem das Weiden und Genießen amerikanischer Schwäche. Denn man darf nicht vergessen, dass die USA bei aller georgischen Dummheit seinen Verbündeten im Stich gelassen hat.
Dies zeigt auch für andere Staaten in dieser Lage gegenüber Russland, dass es trotz aller guten Rhetorik besser ist, sich auf sich selbst zu verlassen oder zumindest zu versuchen, sich gegenseitig zu helfen, abseits bzw. zusätzlich zu allen amerikanischen Zusicherungen und Sprüchen. In dieses Bild passt auch etwas das Erscheinen der baltischen, des polnischen und ukrainischen Präsidenten in Tiflis zu einer Kundgebung von Saakaschwili am Dienstag. Dummerweise liegt Georgien aber selbst für die gemeinschaftliche Solidarität anderer mittelosteuropäischer Staaten zu weit. In anderen Fällen, so zum Beispiel der Ukraine könnte dies aber interessant werden.
Dennoch: Georgien ist selbst zu schwach und liegt geopolitisch zu sehr für Russland auf den Präsentierteller ohne weitere echte Verbündete in der Region.
Russland wird wohl noch einige Zeit die Ohnmacht Georgiens und des Westens der Weltöffentlichkeit vor Augen führen, ein Umstand, der propagandistisch und symbolisch wohl das Ziel Putins u.a. war.
Daher wird Georgien wohl faktisch im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnet, sprich alle Militäreinrichtungen werden wohl zerstört werden, so fern sie einigermaßen im Dunstkreis russ. Militärs liegen. Legitimiert wird dies wohl damit, dass Georgien keine Bedrohung mehr sein soll für Südostossetien wie Abchasien. De-facto wird aber Georgien vor aller Welt entwaffnet und gedemütigt. Das ganze hat also eine militärische, wie aber auch symbolisch-politische Bedeutung:
Russland zeigt wieder Muskeln und beansprucht seine Herrschaft zurück.


@ Thema Konfliktentstehung
Hier wäre ich sehr vorsichtig mit dem Titel "Aggressor". Wie schon mehrfach geschrieben, sind die jetzigen Konflikte Fortsetzungen früherer Konflikte und müssen so eingeordnet werden. Als die Sowjetunion zerbrach, versuchte man sie zum Teil gewaltsam zusammenzuhalten, doch dies misslang völlig. Zu den daraus folgenden und auch währenddessen lauernden Konflikten zwischen verschiedenen Nationalitäten untereinander und oder gegen die Russen, muss man sich eins verdeutlichen. In den jahrelang von den Sowjets unterdrückten Nationalitätenkonflikten kam aber durch das Wegbrechen der einstigen Hegemonialmacht wieder erhebliche Bewegung und Zündstoff (ähnlich wie in Joguslawien). Komplexe Konfliktlagen entstanden (wieder). In Georgien versuchte man die alte nationale Staatlichkeit anzuknüpfen und richtete sich gegen Russland aus. Ein Volk wie die Osseten dagegen, die als Minderheit in Georgien lebten, sehnten sich dagegen nach Unabhängigkeit, wie die Georgier von Russland. Neue, alte Allianzen entstanden, man instrumentalisierte sich gegenseitig: Abchasen und Osseten nutzten die Russen aus, um sich als kleine Völkerschaften gegen die Georgier durchzusetzen und die Russen instrumentalisierten sie, um wieder im gerade abgespalteten Georgien Einfluss zu haben bzw. es zu schwächen. Russland hat von Anfang an, also weit, weit vor Kosovo diese separatistischen Bewegungen unterstützt und es interessierte auch nie jemanden im Kreml, dass bei der Abspaltung Abchasiens rund 200.000 Georgier vertrieben wurden, schließlich waren die Abchasen in ihrer Provinz nicht die Mehrheit. So brauchte es erst eine ethnische Säuberung.
Dies sollte man nicht vergessen, ebenso wie von Anfang an die parteiliche Haltung der "Friedensmacht" Russland, die als eigentlich neutrale Partei Abchasen und Osseten begünstigte und unterstützte und so letztlich von Anfang an ihren Part als Friedensstifter verletzte. Als Friedensmacht gibt man in dem zu überwachenden Gebiet keine eigenen Pässe heraus. Das war eine schleichende de-facto- Okkupation und Schwächung Georgiens.
Georgien alleine aber konnte gegen die von Anfang an bestehende Benachteiligung nichts unternehmen. Man musste zuschauen, dass in Südossetien ein Ex-KGB Mann "Präsident" wurde, Kokoity, der beste Verbindungen zu den russ. Truppen hatte und mit ihnen die Gewinne aus den Mautgebühren des Roki-Tunnels teilte.
Dies war die Lage, die Georgien aushalten musste, mit ständigen Provokationen, die Georgien natürlich beantwortete.
Georgien hat überdies lange im Westen auf den Konflikt aufmerksam gemacht, doch es interessierte einfach keinen! Gerade die Europäer waren desinteressiert an diesem heißen Eisen, wollten sie doch nicht die guten Beziehungen zu Russland aufgeben. Und es waren eben gerade diejenigen Europäer (wieder mal Deutschland allen voran), die am wenigsten Interesse hatten diese komplizierten Konflikte auf die Agenda zu nehmen, die am lautstärksten in Bukarest auf der NATO-Tagung eben wegen dieser ungelösten Probleme den NATO-Beitritt Georgiens verhinderten! Doppelmoral ist also bzw. kann also auch ein deutsches Problem noch heute sein. Der von Steinmeier viel zu spät versuchte Vermittlungsplan für Abchasien vor ein paar Wochen ging völlig an der Realität vorbei und wurde daher von den Abchasen abgelehnt.
Wie man sieht, hat also im Vorfeld dieses sinnlosen Abenteuers der Westen Georgien mit seinen Problemen ziemlich allein im Regen stehen lassen, weshalb die Kritik an Saakaschwili und seinem dummen Vorgehen in meinen Augen zwar berechtigt ist, aber ergänzungsbedürftig ist.
Ich zitiere daher sinngemäß einen bissigen Kommentar aus dem Economist von letzter Woche: Viele europäische Politiker werden wohl am liebsten, bei den ständigen wehklagen der Georgier über ihre Probleme, am liebsten das weite im Urlaub suchen.
Nun ja, das scheint wohl nun doch nicht mehr zu gehen...
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