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Trump hat den FBI-Chef, James B. Comey, entlassen:
Zitat:Trump feuert FBI-Chef
Ein Hauch von Watergate
Der US-Präsident schasst den Chef der Behörde, die Verbindungen des Trump-Teams zu Russland untersucht. Die Demokraten sind schockiert und sogar Republikaner zeigen sich enttäuscht. Denn der Vorgang erinnert an eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Washingtons. [...]
Medienberichten zufolge erfuhr Comey von seinem Rausschmiss aus dem Fernsehen, während er in Los Angeles vor Mitarbeitern sprach. Auch sein Entlassungsschreiben erreichte anscheinend zuerst die Medien und erst danach den geschassten FBI-Direktor. [...]
Die Demokraten halten diese Begründung jedoch für vorgeschoben. Trump habe einen "schrecklichen Fehler" begangen, sagte etwa Chuck Schumer, demokratischer Oppositionsführer im Senat. Auch aus Trumps Partei, den Republikanern, kam Kritik am Präsidenten. Senator John McCain nannte die Entlassung "enttäuschend". Comey selbst ist ebenfalls Mitglied der republikanischen Partei.
Nicht nur die Oppositionspartei glaubt, dass die Russlandermittlungen des FBI der eigentliche Grund für Comeys Entlassung sind. Bereits vor der Wahl waren Berichte aufgekommen, dass Mitglieder von Trumps Wahlkampfteam ungewöhnlich enge Kontakte zu russischen Akteuren unterhielten. Comey bestätigte kürzlich bei einer Anhörung vor dem Kongress, dass die Bundespolizei diese Vorgänge untersuche. Auch Ausschüsse in Senat und Repräsentantenhaus beschäftigen sich mit den Russlandverbindungen. [...]
Die Demokraten forderten die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers, um die Russland-Kontakte des Trump-Teams weiter zu untersuchen. Die US-Regierung wies diese Vorwürfe zurück. "Es ist keine Vertuschung", sagte Trumps Beraterin Kallyanne Conway dem Fernsehsender CNN. Die Entlassung habe "null" mit den Russlandermittlungen zu tun. Es gehe stattdessen darum, die Integrität des FBI wiederherzustellen.
http://www.tagesschau.de/ausland/comey-t...a-101.html
Schneemann.
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Comey war offensichtlich tatsächlich überfordert mit seiner Aufgabe, was ja schon beim Rumgeeiere bezüglich der E-Mail-Affäre deutlich wurde. Von daher ist es primär der Zeitpunkt, der das Problem bei der Entlassung darstellt. Ich bin der Meinung, die SZ hat das ziemlich gut aufgearbeitet:
http://www.sueddeutsche.de/politik/fbi-c...-1.3500449
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Auch wenn Comey als Nicht-FBI-Chef deutlich deutlicher vor dem Ausschuss aussagen hätte können als andersherum - was Trump durchaus Schwierigkeiten hätte bereiten können -, wenn er denn noch in seiner Führungsposition wäre, scheint er sich dazu entschlossen zu haben, erst einmal überhaupt nichts zu sagen:
Zitat:Nach Entlassung
Comey will nicht aussagen
Der entlassene FBI-Chef Comey will vorerst nicht vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen - eine entsprechende Einladung lehnte er offenbar ab. Zuvor hatte ihn US-Präsident Trump in einem Tweet davor gewarnt, mit Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen.
Nach seiner Entlassung will der ehemalige FBI-Chef James Comey vorerst nicht vor dem Geheimdienstausschuss des US-Senats aussagen. Wie mehrere Medien unter Berufung auf Mitarbeiter des Ausschusses meldeten, hat Comey eine Einladung für Dienstag zu einer Sitzung hinter verschlossenen Türen nicht angenommen. Das Komitee hatte gehofft, bei einer geschlossenen Sitzung von Comey mehr über dessen abrupte Entlassung durch Präsident Donald Trump zu erfahren. [...]
US-Präsident Donald Trump hatte Comey am Dienstag überraschend entlassen. Die genauen Hintergründe sind unklar, widersprüchliche Aussagen aus dem Weißen Haus sorgten für Verwirrung. Die Gegner des US-Präsidenten vermuten, dass die Ermittlungen des FBI zu dubiosen Russland-Kontakten von Trumps Umfeld der Auslöser waren. [...]
Bevor er Interna weitergebe, solle Comey "besser hoffen, dass es keine 'Aufzeichnungen' von unseren Gesprächen gibt", schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Präsident wollte damit offenbar andeuten, dass er für Comey unangenehme Informationen in der Hinterhand hat.
http://www.tagesschau.de/ausland/fbi-com...p-103.html
Rein spekulativ betrachtet, könnte ich mir vorstellen, dass Comey seine Aussage nicht wegen Trumps Twitter-Kommentar zurückhält. Eher könnte ich mir vorstellen, dass Comey schon auf eine Position in der Nach-Trump-Zeit spekuliert. Und einen Ex-FBI-Chef, der munter seinen ehemaligen Präsidenten ins Messer hat laufen lassen, wird keine Regierung, egal ob Demokraten oder Republikaner, mehr in irgendeine Führungsposition, egal nun bei welchem Dienst, hineinlassen. Insofern: Comey weiß, dass er als ein Trump-Opfer dasteht - was ihm auch gewisse Sympathien einbringen dürfte -, er hat also keinen Grund, sich hinsichtlich einer notwendigen Vertrauensbasis noch durch eine möglicherweise unzureichend belegbare Aussage zu diskreditieren, sondern braucht nur vier Jahre abzuwarten, um dann irgendwo einen Neueinstieg zu wagen.
Schneemann.
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Aber in welcher Konstellation wäre es denn realistisch, dass Comey nochmal eine Führungsposition einnimmt? Unter den Demokraten ist das eigentlich ausgeschlossen, denn auch wenn diese jetzt die Chance nutzen, gegen Trumps Entscheidung zu wettern, unter Clinton wäre er vermutlich noch schneller abgesetzt worden. Darüber hinaus dürfte er selbst für die innerparteilichen Gegner von Clinton untragbar sein, einfach weil ihm das Stigma der Wahlbeeinflussung anhaftet.
Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Republikaner nach Trump versuchen werden, wieder zu einem seriöseren politischen Klima zurück zu kehren. Da würde sein eine Figur wie Comey, die gegen die Regierung Trump ermittelt hat, sich zwar gut machen, aber eben keine, die im finalen Wahlkampf unseriös eingegriffen und damit Trump vermutlich zum Wahlsieg mit verholfen hat. Insofern wäre es ein einfaches (und schmerzloses) Mittel, keinen neuen Disput mit den Demokraten auf zu machen, in dem man ihn einfach unberücksichtigt lässt.
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Zitat:Aber in welcher Konstellation wäre es denn realistisch, dass Comey nochmal eine Führungsposition einnimmt? Unter den Demokraten ist das eigentlich ausgeschlossen, denn auch wenn diese jetzt die Chance nutzen, gegen Trumps Entscheidung zu wettern, unter Clinton wäre er vermutlich noch schneller abgesetzt worden. Darüber hinaus dürfte er selbst für die innerparteilichen Gegner von Clinton untragbar sein, einfach weil ihm das Stigma der Wahlbeeinflussung anhaftet.
Die Demokraten sind intern auch nicht gerade geschlossen (allerhöchstens gegenüber Trump). Comey ist zwar Republikaner, aber er wurde von Obama damals für das Amt des FBI-Chefs vorgeschlagen, was der Senat übrigens parteiübergreifend akzeptierte. Die Riege um Clinton wird sicher nicht begeistert von ihm sein, aber der Einfluss der Clintons ist aktuell auch nicht mehr der größte.
Wenn in vier Jahren also ein Clinton-fernerer Kandidat sich bei den Demokraten durchsetzen sollte, könnte ich mir gut vorstellen, dass diese lästige Mailgeschichte keine Rolle mehr spielt und Comey nochmals beim Postenvergeben aus dem Hut geholt werden könnte. Zudem ist es wahrscheinlich, dass auch die Republikaner - bei denen viele Trump auch nicht sonderlich mögen (die Russland-Ermittlungen werden sogar von vielen hinter vorgehaltener Hand als richtig angesehen) - sich hier mit den Demokraten beim Washingtoner Postengeschacher flugs einigen; und ein Parteigänger auf einem wichtigen Posten ist zudem nicht abzulehnen.
Schneemann.
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Den Clinton-fernen Demokraten dürfte es weniger um die Mails an sich gehen, sondern um die dadurch aufgekommene Unterstützung für Trump. Zudem glaube ich nicht, dass Comey solche Relevanz besitzt, dass er in vier Jahren noch eine nennenswerte Rolle spielen muss. Von daher bin ich gespannt, ob wir ihn wiedersehen werden. Wobei in der Zeit ja so oder so noch genug passieren kann, wer weiß schon was beim Untersuchungsausschuss heraus kommt, gerade auch in Bezug auf die weitere Vergangenheit. Da sind so viele Dinge denkbar.
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Interessant ist noch dass der nun eingesetzte Sonderermittler Robert Mueller selbst 12 Jahre Chef des FBI war und damals von Obama entlassen und dafür Comey eingesetzt wurde. In den USA wird er laut eines Freundes schon als neuer alter Nachfolger von Comey gehandelt.
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Das kommt überraschend. Gerade Trumps jüdisch orthodoxer Schwiegersohn, der eher eine politisch liberale Linie verfolgt steht im Visier der Rußlandermittlungen.
http://www.huffingtonpost.de/2017/05/25/...11124.html
So gute Beziehungen zu Russland pflegte zuletzt Roosevelt. Ich weiß gar nicht wo das Problem ist
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US-Aktienindex Dow Jones nach Klimaausstieg auf Rekordhoch.
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Ob dieser groß angedrohte Ausstieg nun auch tatsächlich umgesetzt wird, darf bezweifelt werden. Vorneherum tritt man natürlich großspurig auf und verkündet den Rückzug, hintenrum wird es aber schon wieder kleingeredet und dementiert:
Zitat:Klima: Tillerson relativiert US-Ausstieg aus Klimaabkommen
Washington (dpa) - Nach dem angekündigten Rückzug der USA aus dem Klimaabkommen von Paris hat US-Außenminister Rex Tillerson den Schritt relativiert. [...] Er gehe nicht davon aus, dass die Bemühungen in Zukunft zurückgefahren werden. [...]
Das Umfeld des Präsidenten wich Fragen zu dem Thema am Freitag aus. Sein Sprecher Sean Spicer sagte, er habe noch keine Gelegenheit gehabt, mit Trump darüber zu sprechen. EPA-Chef Scott Pruitt beharrte darauf, dass sich die Diskussion über den Ausstieg allein um die Frage gedreht habe, ob das Abkommen gut für die Vereinigten Staaten sei oder nicht. [...]
Die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Italiens sperrten sich gegen Trumps Forderung nach einer Neuverhandlung des internationalen Regelwerks. Sie seien der festen Überzeugung, dass das Übereinkommen nicht neu verhandelt werden könne, bekräftigten sie in einer gemeinsamen Erklärung. In China wurde der Ausstieg der USA als "globaler Rückschlag" bezeichnet. Indien - nach China und den USA der drittgrößte Emittent von Treibhausgasen - versicherte, es werde trotz des Ausstiegs der USA an dem Abkommen festhalten. [...]
http://www.zeit.de/news/2017-06/02/inter...l-02045006
Das Ganze erinnert irgendwo fast an die Muppet-Show: Vorne tobt der Zampano ("Wir steigen aus, aber jawollja!"), im Hintergrund gehen aber schon die Deckel von Kisten auf und im Chor wird von Politikerpuppen im Stil von "Hurra Deutschland!" das Dementi gesungen ("Aber nur ein klein wenig und ändern wird sich nichts!").
Abgesehen davon zeichnet sich (ernsthaft betrachtet) nicht nur international, sondern vor allem auch US-intern starker Widerstand gegen den Ausstieg ab:
Zitat:US-Allianz für Klimaschutz
Dann eben ohne Trump
Es brauchte keinen Tag: Nach Trumps verkündetem Rückzug aus dem Klimaabkommen erheben sich quer durchs Land Bürgermeister, Gouverneure, Wissenschaftler und Unternehmer und bieten ihrem Präsidenten die Stirn.
Nicht mit uns. Wir machen weiter. Das ist die Botschaft zahlreicher Tweets von Bürgermeistern quer durch die USA, nachdem Donald Trump den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen verkündet hatte. Von Austin über Milwaukee, St. Louis, Charlotte bis nach San Diego. [...] In den USA wird gerade eine neue Allianz geschmiedet. 30 Bürgermeister, mehrere Gouverneure, Uni-Chefs und mehr als 100 Unternehmen tun sich zusammen unter der Führung des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg. Sie wollen einen Plan vorlegen, wie sie die Ziele des Klimaabkommens trotzdem erreichen. [...]
Die Gouverneure von Washington State, Kalifornien und New York haben am Donnerstag angekündigt eine Gruppe von Bundesstaaten zusammenzubringen, die das Pariser Abkommen umsetzen wollen. Der Gouverneur von Massachussetts will die Zielsetzung sogar übertreffen. Der Chef von General Electric hat gefordert, dass nun die Industrie die Führung übernehmen muss und sich nicht auf die Regierung verlassen soll.
https://www.tagesschau.de/ausland/usa-tr...a-101.html
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Angeblich sparen die USA durch den Austritt etwa 50 Milliarden Dollar jährlich. Wenn einige Regionen nun auf eigene Faust den CO²-Ausstoß senken wollen dann müssen sie es selbst bezahlen. Was am Ende dazu führen wird dass Firmen aus diesen Regionen abwandern.
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Woher kommen denn deine 50 Milliarden? So hoch soll die Gesamtinvestitionsumme nach Angaben der UN pro Jahr in der späteren Phase sein, beginnend mit 10 Milliarden für die erste Phase. Davon abgesehen ist "sparen" auch ein relativer Begriff, da beispielsweise die Unterstützung von Entwicklungsländern zum Erreichen der Klimaziele auch über Subventionen der Auslandsgeschäfte der eigenen Wirtschaft erfolgen kann. Gerade die hingegen zu verwehren ergibt in Anbetracht der so oder so notwendigen Energiewende und dem Versprechen, Jobs zu schaffen, keinen Sinn.
Gerade deswegen wollen ja die verschiedenen Bundesstaaten und Gemeinden den eingeschlagenen Weg weiter gehen und dort Geld investieren, wo langfristig Jobs entstehen und gehalten werden können. Da geht es um Schlüsselindustrien für die nächsten Jahrzehnte. Und abwandern werden Unternehmen kaum, weil es sich schlicht nicht rechnet oder gar nicht möglich ist die Schwerindustrie zu verlegen. Außer man investiert dort wieder staatliches Geld, was letztlich den Gesamtplan ad absurdum führen wird. Das ist ja überhaupt ein Problem der klassischen Energiewirtschaft in den USA (genauso wie in anderen Ländern) und bezeichnet den "Weg", den Politiker in den letzten Tagen immer wieder genannt haben. Selbst wer gar kein Interesse am Klima hat oder den Klimawandel für einen Schwindel oder zumindest nicht menschengemacht hält investiert in alternative Energieerzeugung/nutzung aus rein wirtschaftlichen Gründen.
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Es stellt sich zudem auch die Frage, wie hoch die Kosten des Klimawandels in den USA ausfallen werden. Die Folgen z. B. der Dürre in Kalifornien (erinnert sich noch jemand an den Notstand in Kalifornien 2014?) und in einigen Staaten des Südens haben bislang schon Milliarden Dollar gekostet. Die Versicherungsschäden durch Hurrikane und Starkgewitterereignisse (Tornados) kosten die USA bzw. die Versicherer ferner jedes Jahr Milliardensummen. (Und solche Ereignisse werden, Prognosen zufolge, zunehmen.) Selbst wenn man diese 50 Milliarden Dollar als spontanen Reingewinn betrachtet, was unwahrscheinlich ist, werden die Kosten bald überwiegen (wenn sie es nicht schon tun).
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(05.06.2017, 12:59)Schneemann schrieb: Es stellt sich zudem auch die Frage, wie hoch die Kosten des Klimawandels in den USA ausfallen werden. Die Folgen z. B. der Dürre in Kalifornien (erinnert sich noch jemand an den Notstand in Kalifornien 2014?) und in einigen Staaten des Südens haben bislang schon Milliarden Dollar gekostet. Die Versicherungsschäden durch Hurrikane und Starkgewitterereignisse (Tornados) kosten die USA bzw. die Versicherer ferner jedes Jahr Milliardensummen. (Und solche Ereignisse werden, Prognosen zufolge, zunehmen.) Selbst wenn man diese 50 Milliarden Dollar als spontanen Reingewinn betrachtet, was unwahrscheinlich ist, werden die Kosten bald überwiegen (wenn sie es nicht schon tun).
Schneemann.
Die Gegner des Klimaabkommens glauben aber nicht dass diese Ereignisse durch Menschen verursacht werden. Also kann man die Kosten aus dieser Sicht auch nicht gegenrechnen. Beide Seiten vertreten lediglich Thesen. Einen echten wissenschaftlichen Beweis für eine dieser Thesen gibt es nicht.
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