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Russland & Verbündete gegen Europa & USA - Druckversion

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RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - 26er - 29.01.2022

Was die Regierung und auch ganz besonders die Verteidigungsministerin hier macht, ist einfach nur peinlich und isoliert Deutschland.

Am besten hätte sie dazu nichts gesagt. Leider hat sie das nicht gemacht:

Zitat:
"Wir haben das sofort geprüft, und wir werden 5000 Helme an die Ukraine liefern. "Dies sei ein ganz deutliches Signal: Wir stehen an Eurer Seite", sagte sie.

https://www.tagesschau.de/inland/militaerhelme-ukraine-101.html

Nun warten wir auf die Lieferung der Kopfkissen....

Übrigens dürfen Transportflugzeuge der Briten, die Waffen in die Ukraine bringen, auch den dt. Luftraum nicht überfliegen.

Das ist natürlich sehr schön für Putin, dass in dieser Regierung so viele Leute sind, die ihn so gut verstehen. Was bleibt von den vollmundigen Versprechen von Scholz, dass Außenpolitik auch zu großen Teilen im Kanzleramt gemacht wird?


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 29.01.2022

Die Sache mit den britischen Flügen hatten wir hier ja schon. Ich bin dem speziell nachgegangen weil es mich interessiert hat und der tatsächliche wahre Grund ist, dass die Briten keinen Antrag auf den Transport solcher Güter durch den deutschen Luftraum gestellt haben und ohne diesen Antrag und ohne die Genehmigung dürfen sie halt nicht.

Warum aber haben sie den Antrag nicht gestellt ! Jetzt kommt der Clou: Wie ich von einem Insider erfahren konnte: Das hat rein gar nichts mit deutschen Vorbehalten oder einen irgendwie heimlichen Pro-Russland Agenda zu tun, der Antrag wäre in jedem Fall genehmigt worden. Aber das dauert Zeit, und da kommen wir jetzt zum Kern des Ganzen. Die Briten wollten ad hoc liefern und hatten einfach keinen Bock sich dem mindestens mehrere Tage dauerenden behördlichen Genehmigungsprozess auszusetzen.

Unseren Luftraum zu umfliegen war einfach schneller und einfacher. So einfach ist das. Das hat also bloße formalbürokratische Gründe.

Ansonsten kann ich nur zustimmen: es wäre besser gewesen rein gar nichts zu liefern, als das. Oder auch ansonsten einfach den Mund zu halten. Wenn dann ein Pressesprecher des Ministeriums erklärt, man prüfe jetzt erst mal, ob Haubitzen letale Waffen seien, dann verlässt das bereits den Boden der Realsatire.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Schneemann - 29.01.2022

Zitat:Wenn dann ein Pressesprecher des Ministeriums erklärt, man prüfe jetzt erst mal, ob Haubitzen letale Waffen seien, dann verlässt das bereits den Boden der Realsatire.
Das habe ich jetzt noch gar nicht mitbekommen, aber das wäre natürlich der Witz des Tages...

Indessen rudert die Ukraine nun etwas zurück und verlangt, dass allg. verbal abgerüstet wird. Das ist zwar auch wichtig und löblich (und mir fehlten solche deeskalativen Hinweise auch etwas in den vergangenen Wochen, wo sich fast eine gewisse Kriegshysterie breit gemacht hatte), aber zuerst waren es die Ukrainer, die, natürlich bedingt durch die russischen Truppen vor der Haustüre, ständig von einem Krieg geredet hatten und beständig jammerten, sie bräuchten dieses und jenes und wollten Unterstützung für einen Waffengang...
Zitat:Ukraine's President Zelensky urges world leaders to tone down rhetoric on threat of war with Russia

Kyiv, Ukraine (CNN) - Ukrainian President Volodymyr Zelensky said Friday other world leaders have been overstating the likelihood of war between his country and Russia, causing "panic" and destabilizing Kyiv's economy.

Speaking to foreign reporters Friday, Zelensky said he explained in phone calls to world leaders like US President Joe Biden and France's Emmanuel Macron that, though the threat from the Kremlin is "imminent and constant," Ukrainians have "learned to live" with it since Moscow invaded in 2014. "They are saying tomorrow is the war. This means panic," Zelensky said. [...] The exact severity of the threat posed by Russia remains unclear and has reportedly been a point of contention between Zelensky and Biden. [...]

When asked about his conversation with Biden, Zelensky thanked the US President for his support, but said the Russian troop build-up was not much more significant than what he had seen in the past. [...] All sides appear to be holding out for a diplomatic solution, despite the disagreements. Zelensky said he was willing to meet with Putin for a serious conversation and suggested that Biden set up a platform for dialogue between Washington, Kyiv and Moscow. "People don't understand the value of human life and that's what it's about. I do support serious dialogue," Zelensky said.
https://edition.cnn.com/2022/01/28/europe/ukraine-russia-zelensky-biden-intl/index.html

Das liest sich nun schon etwas anders als das Getöse der letzten Tage, quasi nach dem Motto, dass man ja nicht durchdrehen solle und alles nun doch nicht so schlimm sei...

Schneemann


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - voyageur - 29.01.2022

Ukraine-Krise: Boris Johnson plädiert für eine diplomatische Lösung
RFI (französisch)
Veröffentlicht am: 29.01.2022 - 12:54 Uhr
Die "zunehmende Aggression Russlands" zu mildern, das sind die Worte von Boris Johnson, dessen internationales Engagement wächst, während sein Ruf in seinem eigenen Land sinkt.
Die "zunehmende Aggression Russlands" abzumildern, sind die Worte von Boris Johnson, dessen internationaler Schwung wächst, während sein Ruf in seinem Land sinkt. Daniel Leal AFP/Archivos
Text von : RFI


London fordert Moskau zum "Rückzug" auf. Boris Johnson will die Ukraine-Krise diplomatisch lösen. Er soll mit Wladimir Putin sprechen und in die Region reisen; ein Besuch, der es dem Premierminister ermöglicht, auf der internationalen Bühne zu bestehen und den Spannungen in seinem eigenen Land auszuweichen.

Mit unserer Korrespondentin in London, Marie Boëda

Die "zunehmende Aggression Russlands" abzumildern, sind die Worte von Boris Johnson, dessen internationaler Elan wächst, während sein Ruf in seinem eigenen Land sinkt. Die Regierung ist durch die Untersuchung der Partys in der Downing Street während des Lockdowns gelähmt.
Neue defensive Optionen?

Also plant der britische Premierminister, eine Rolle in der Ukraine-Krise zu spielen und an der Seite der USA und der EU zu bestehen. Am Wochenende verschärfte er den Ton und wies seine Berater an, neue defensive Optionen in Betracht zu ziehen, wie z. B. die Zahl der britischen Soldaten in der Region zu erhöhen. Auch die Sanktionen gegen Russland im Falle eines Angriffs sollten verschärft werden.

►Lesen Sie auch: Ukraine: Präsident Zelensky kritisiert die von einigen Ländern bevorzugte Strategie der Spannung.

Er nahm diese Woche an einem Telefongespräch mit Joe Biden und führenden europäischen Politikern teil. Seine Linie: Verstärkung der Abschreckung, um "Blutvergießen" zu verhindern.

Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace wird sich mit seinem russischen Amtskollegen treffen und Außenministerin Liz Truss wird voraussichtlich nach Moskau reisen. In beiden Fällen wurde jedoch kein Datum bekannt gegeben.

Die Positionen werden klarer
- Putin spielt weiter seine Spiel, macht aber gezielte Öffnungen-
- Macron hat die Rolle "sowohl als auch" übernommen, was auch den französischen Möglichkeiten entspricht, und Ihn als Vermittler installiert
- BoJo wie üblich, versucht vor allem von seinen inneren Schwierigkeiten abzulenken
- Zelensky ein bisschen der Zauberlehrling, der von den Geistern die er (mit) erweckt hat, überrollt wird.
- Uncle Joe, macht mit Sicherheit viel Innenpolitik, will aber wohl auch Deutschland an die kurze Leine nehmen.
- Europa, versucht zu existieren, kann es aber nicht, die "grossen" Länder wollen nicht , und die "kleinen" östlichen Länder wollen mehr.

Zitat:Das Kernproblem ist Deutschland, und damit Europa den "gordischen Knoten" der internen Wiedersprüche zerschlagen kann, muss es eine deutsche Stellungnahme geben, und zwar mit einer Diskussion im Bundestag, und gegeben einer mehrjähriger milliärischen Budgetplannung



RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 29.01.2022

Meiner rein privaten Ansicht nach wurde hinter den Kulissen ganz viel Deeskalation betrieben, deren erste Ausflüsse man jetzt gerade sieht. Das ist auch zwingend notwendig, da solche Lagen einem schnell aus der Hand gleiten, sich verselbstständigen und dann nicht mehr eingefangen werden können. Dann läuft alles wie von selbst, A führt zu B, führt zu C usw und am Ende versinkt alles im Hagel von Nuklearwaffen. Item ist es hier zwingend notwendig so früh wie möglich Bremsen reinzuhauen und die Sache einzufangen.

Bereits die stattgefundene Eskalation ist weder im Interesse Russlands noch in sonst irgend jemandens Interesse.

Das wahre Problem ist meiner Meinung nach wirklich, dass wir im Konventionellen Bereich nicht mehr genug Abschreckung durch eigene konventionelle Stärke haben. Dies müsste jetzt so schnell wie möglich geändert werden. Dann würde so etwas viel weniger schnell derart eskalieren. Man wäre auch selbst viel handlungssicherer.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Schneemann - 30.01.2022

Das sehe ich im Grunde auch so. In dem Kontext muss ich auch die Medien kritisieren, fiel mir übrigens auch durchaus bei den deutschen Medien auf, die sich ansonsten eher in zurückhaltenden oder pazifistischen Theoriebildungen versteigen, wie beinahe kriegslustig sie auf einmal ein Horrorgemälde nach dem anderen an die Wand zeichneten und munter Stärkevergleiche und Manövermeldungen verteilten (das fand ich bei n-tv, beim SPIEGEL und teils auch bei der Tagesschau, ruhiger war allenfalls die FAZ).

Abgesehen davon werte ich auch das Einlenken der Russen bzgl. eines Manövers vor Irland (die Iren hatten dagegen protestiert, da das Manöver in einem fischreichen Areal ihrer Wirtschaftszone stattfinden würde) als Zeichen der Dialogbereitschaft. Man hat nun seitens Russland angekündigt, das Manöver verlegen zu wollen. Zumindest auch einmal ja ein kleines Zeichen...

Schneemann


RE: Schnell lieferbare Kriegsschiffe+Luftabwehr für Ukraine - spotz - 31.01.2022

(28.01.2022, 11:23)Quintus Fabius schrieb: Deshalb würde ich dieses politische Kapital als einen vergifteten Wert betrachten, der nur deshalb weiter vorgehalten und benutzt wird, weil dies bestimmten kleinen Gruppen in der Ukraine etwas nützt und weil der Westen ihn für seine eigenen, ganz anderen Ziele benutzen kann. Solches vergiftete Kapital ist aber langfristig politisch gesehen sehr fragwürdig in seinem Nutzen. Das heißt nicht, dass die Ukraine ihren Anspruch auf die Krim einfach aufgeben sollte, aber sie sollte ihn nicht in einer solchen Weise verfolgen, wie das jetzt hier durch die Wahnidee des Aufbaus einer Flotte offensichtlich wird.

Ich sehe da nur wenige Möglichkeiten für Korruption. Klar sie könnten es monetarisieren indem Russland die besetzten Gebieten offiziell gegen eine Geldsumme übertragen wird und anschließend dieses Geld unter sich aufteilen. Das halte ich aber für unwahrscheinlich.
Ich will hier Zelenskys Plan eines Flottenaufbaus bis 2035 nicht verteidigen, sondern nur darlegen welche Absichten dahinter stehen könnten. Neben dem außenpolitischen Kapital, wird er ja auch in der Innenpolitik damit punkten können. Gibt bestimmt viele patriotische Ukrainer die das gutheißen. Da es militärisch eh an allem fehlt, fällt bestimmt nicht auf wie teuer der Plan ist. Hier kommt ja meine zweite Vermutung ins Spiel, dass die Frage der historischen deutschen Schuld vielleicht auch deswegen aufkommt, weil sich Zelensky dadurch stark subventionierte oder gar geschenkte deutsche Militärausrüstung erhofft, wie sie auch Israel erhält. Damit wäre auch so ein Flottenbauprogramm günstiger und schneller zu verwirklichen. Aber das sind Spekulationen. Mal schauen was kommt.

(28.01.2022, 11:23)Quintus Fabius schrieb: Diese Zustände geben nicht dem kleinen Staat die Macht, sondern diese Macht wird dem kleinen Staat von außen, von mächtigen größeren Staaten verliehen, weil diese den Zustand für ihre eigene Politik nutzen. Sobald sich die Interessen der Staaten ändern welche diese Macht verleihen, wird die Situation für den kleinen Staat wertlos. Und auch dies könnte in Bezug auf die Ukraine geschehen, dass der Westen plötzlich von ihr abfällt und sie sich dann verspekuliert hat. Das ist alles nur eine Frage der langfristigen Umstände.
Du hast recht, diese Macht wird der Ukraine von ausländischen Staaten verliehen und das könnte sich ändern. Das erscheint mir in dem Fall aber unwahrscheinlich. Denn durch den russischen Einmarsch wurde der Vertrag über die Unveränderbarkeit der europäischen Grenzen gebrochen. Fast alle europäischen Staaten haben ein eigenes Interesse daran das der gültig bleibt und werden deshalb niemals von sich aus die Annexion der Krim anerkennen und Russland dafür sanktionieren - es sei denn die Ukraine erkennt das selbst an, wodurch sie erhebliches außenpolitisches Kapital erhält, das sie in Verhandlungen mit Russland einbringen kann.


RE: Schnell lieferbare Kriegsschiffe+Luftabwehr für Ukraine - lime - 31.01.2022

(31.01.2022, 19:41)spotz schrieb: Du hast recht, diese Macht wird der Ukraine von ausländischen Staaten verliehen und das könnte sich ändern. Das erscheint mir in dem Fall aber unwahrscheinlich. Denn durch den russischen Einmarsch wurde der Vertrag über die Unveränderbarkeit der europäischen Grenzen gebrochen. Fast alle europäischen Staaten haben ein eigenes Interesse daran das der gültig bleibt und werden deshalb niemals von sich aus die Annexion der Krim anerkennen und Russland dafür sanktionieren - es sei denn die Ukraine erkennt das selbst an, wodurch sie erhebliches außenpolitisches Kapital erhält, das sie in Verhandlungen mit Russland einbringen kann.

Haben Sanktionen gegen Rußland bisher Wirkung gezeigt. Meines Erachtens sind Sanktionen gegen einen Staat von der Größe und Macht Rußlands von Anfang an zum Scheitern verurteilt.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Schneemann - 01.02.2022

Diskussion im Sicherheitsrat, die allerdings nicht wirklich zu einem Ergebnis geführt hat...
Zitat:WORTGEFECHT IM SICHERHEITSRAT

Russland tut US-Kriegswarnungen als „Hysterie“ ab

In dem UN-Gremium begegneten sich die beiden Seiten zum ersten Mal seit der Eskalation im Ukraine-Konflikt. Russland weist alle Vorwürfe zurück, die USA fordern den Rückzug von 100.000 Soldaten. [...] Bei der ersten öffentlichen Konfrontation beider Seiten vor dem mächtigsten UN-Gremium sprach US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield am Montag in New York von der „größten Mobilisierung von Truppen in Europa seit Jahrzehnten“. Russlands Vertreter Wassili Nebensja entgegnete: „Die Diskussionen um eine drohende Kriegsgefahr sind an und für sich provokativ. Sie rufen fast danach. Sie wollen, dass es passiert.“ [...]

Die USA hatten das Treffen beantragt, weil der Westen einen russische Einmarsch in der Ukraine befürchtet, einer ehemaligen Sowjetrepublik. Russland – ebenso wie die Vereinigten Staaten seit jeher eine UN-Vetomacht – konnte die Sitzung nicht verhindern. [...]

US-Botschafterin Thomas-Greenfield wies die Anschuldigungen ihres russischen Kollegen zurück: „Aggressionsdrohungen an der ukrainischen Grenze – ja, an der Grenze – sind provokativ. Unsere Anerkennung der Tatsachen vor Ort ist nicht provokativ.“ Es handle sich um Kampfeinheiten, „die bereit sind, Offensivaktionen in der Ukraine durchzuführen.“ [...]

Moskau betont dagegen, dass sich sämtliche Soldaten in seinem Hoheitsgebiet befänden und sich der Westen deshalb in Russlands innere Angelegenheiten einmische. Nebensja bestritt, dass tatsächlich 100.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen worden seien. Er machte dabei keine Zugeständnisse für eine Entspannung der Lage. In einem Seitenhieb spielte der russische Diplomat auf einen Auftritt des kürzlich gestorbenen Ex-US-Außenministers Colin Powell an, der 2003 vor dem Rat mit Geheimdienst-Erkenntnissen um Zustimmung für den Irak-Krieg geworben hatte, die sich später als unwahr herausstellten.

Nebensja verließ die Sitzung, noch bevor der ukrainische Botschafter Serhij Kyslyzja zu Wort kam. Kyslyzja betonte, dass Moskau noch immer keine glaubwürdigen Erklärungen für seine militärischen Aktionen geliefert habe.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-konflikt-russland-tut-us-kriegswarnungen-als-hysterie-ab-17768987.html

In gewisser Weise stimme ich dem Umstand zu, dass in der Rhetorik abgerüstet werden muss, gerade auch in der westlichen Presse. Allerdings haben die Russen nicht wirklich ein überzeugendes Argument für ihren Aufmarsch gebracht (sie ziehen derzeit anscheinend auch Material in Weissrussland zusammen), was den Verdacht stärken könnte, es gehe einfach mit den 100.000 Mann nur um ein Druckmittel, um Zugeständnisse herauszuholen, und darum, die Ukraine als Pfand einzusetzen (was auch Washington vermutet und was ich ähnlich sehe). Ärgerlich ist allerdings, dass der russische Abgesandte wieder mal in "beste" alte Sowjettraditionen verfiel und einen geradezu klassischen wie sinnlosen Whataboutism bzgl. des Irak-Krieges von vor fast 20 Jahren als "Rechtfertigungsgrundlage" brachte.

Schneemann


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 01.02.2022

Die Kernaussage der Russen ist aber durchaus valide: ihre Truppen stehen in ihrem Hoheitsgebiet. Und es ist schon eine amüsante Ironie, dass der Westen ausgerechnet mit der Begründung der Souveränität von Staaten den Russen verbieten will in ihrem eigenen Land auf ihrem eigenen Staatsgebiet Truppen zu bewegen. Was ist den mit der Souveränität des russischen Staates ?!

Haben souveräne Staaten nicht mehr das Recht in ihrem Staatsgebiet Truppen so zu bewegen wie sie es wollen?

Im übrigen könnte Russland uns keinen größeren Gefallen tun als die Ukraine zu nehmen. Das würde die Russische Föderation auf Dekaden hinaus schwächen, jedes weitere militärische Eingreifen - beispielsweise im Baltikum - nachhaltig verhindern, es würde uns aus der Abhängigkeit von Russland treiben welche ansonsten noch sehr viel weitergehend überhand nehmen wird und schlußendlich auch die zwingend gebotene militärische Aufrüstung endlich voran treiben. Zynisch gesagt kann sich der Westen eigentlich nichts besseres wünschen als dass sich Russland selbst derart immens schadet.

Und aus genau diesem Grund und weil die russische Führung meiner Ansicht nach nicht völlig verblödet ist halte ich einen Großangriff auf das gesamte Gebiet der Ukraine für extrem unwahrscheinlich. Ein begrenzter militärischer Schlagabtausch aus der Distanz ist meiner Meinung nach wesentlich wahrscheinlicher und aus russischer Sicht zielführender um "den Rasen zu mähen" - also die Ukraine militärisch zu schwächen und abzunutzen.

Die ganzen Bodentruppen stehen dann einfach nur dafür bereit, dass die Ukrainer nicht irgendwo und irgendwie offensiv werden um dadurch Rache zu nehmen.

Für Wahrscheinlich halte ich im Fall einer Eskalation Angriffe mit der Luftwaffe, mit weitreichender Raketenartillerie und Marschflugkörpern, während zugleich die "Rebellen" aus Donekz / Lugansk an der Küste entlang vorstoßen und einen Korriodor zur Krim frei kämpfen. Danach werden alle hektisch um Frieden suchen und dieser wird gewährt.

Legitimieren könnte man so einen begrenzten und nur indirekt aus der Distanz mit entsprechenden Wirkmitteln geführten Krieg ganz leicht indem man entsprechend Kämpfe zwischen den "Rebellen" und der ukrainischen Armee anstiftet, die Ukrainer dann gegen diese zunächst erfolgreich vorgehen und Russland dann "handeln muss", weil die angegriffenen ja russische Staatsangehörige sind und weil sie es sind die von der ach so bösen Ukraine angegriffen wurden.

Ziel des begrenzten Krieges wäre es dann nur unter dem Vorwand die "Rebellen" zu schützen die ukrainische Armee abzunutzen, damit die Ukraine für den etwaigen Fall dass man irgendwann in der Zukunft mehr benötigt bereits deutlich geschwächt wird. Zudem verhindert ein solcher Schlag natürlich jede NATO Aufnahme der Ukraine und dass ist im Prinzip das eigentliche Kernziel Russlands.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 01.02.2022

Spotz:

Zitat:Ich will hier Zelenskys Plan eines Flottenaufbaus bis 2035 nicht verteidigen, sondern nur darlegen welche Absichten dahinter stehen könnten. Neben dem außenpolitischen Kapital, wird er ja auch in der Innenpolitik damit punkten können. Gibt bestimmt viele patriotische Ukrainer die das gutheißen. Da es militärisch eh an allem fehlt, fällt bestimmt nicht auf wie teuer der Plan ist. Hier kommt ja meine zweite Vermutung ins Spiel, dass die Frage der historischen deutschen Schuld vielleicht auch deswegen aufkommt, weil sich Zelensky dadurch stark subventionierte oder gar geschenkte deutsche Militärausrüstung erhofft, wie sie auch Israel erhält. Damit wäre auch so ein Flottenbauprogramm günstiger und schneller zu verwirklichen. Aber das sind Spekulationen. Mal schauen was kommt.

Es ist mir schon klar, dass du nur etwaige Hintergründe dieser eindeutigen Fehlentscheidungen aufzeigen willst, und zweifelsohne kann ich deiner zweiten Annahme, dass wir einmal mehr dafür ausgenutzt werden sollen durchaus zustimmen. Sich Geld von Deutschland mit den üblichen lächerlichen Argumenten zu nehmen, damit der hiesige Pawlosche Reflex anspringt, ist ja fast schon eine gewisse Tradition geworden. Aber das ist gar nicht der Kern meiner Gegenargumentation, da sind wir in Wahrheit gar nicht auseinander.

Mir ging es nämlich nur darum darzulegen, warum der Plan von Zelensky von Inkompetenz zeugt und dass diese Planungen aufzeigen, dass die ukrainische Führung wenig bis rein gar nichts verstanden hat.

Natürlich heißen patriotische Ukrainer das gut, natürlich will die aktuelle ukrainische "Marine" wieder Kriegsschiffe, aber es ist doch völlig illusorisch zu glauben, eine ukrainische Marine könnte auch nur ansatzweise irgendeinen Gebietsanspruch auf die Krim auch nur rein theoretisch oder gar nur politisch darstellen oder "untermauern". Das wären im Fall der Fälle einfach nur Ziele die gleich mit dem ersten Schlag eines Krieges versenkt wären.

Zitat:Du hast recht, diese Macht wird der Ukraine von ausländischen Staaten verliehen und das könnte sich ändern. Das erscheint mir in dem Fall aber unwahrscheinlich.

Kurz und mittelfristig hast du hier sicher recht. Ich vermute aber sogar, dass der aktuelle Zustand auch zumindest in Teilen des Westen gar nicht so ungern gesehen wird, weil er eben verhindert dass die Ukraine sich irgendwie in die NATO drängen könnte. Die Ukraine in dem aktuellen Zustand zu halten ist in Wahrheit eigentlich für NATO wie Russland eine förderliche Situation und deshalb wird man natürlich diesen Status Quo aufrecht erhalten wollen.

Die aktuellen russischen Truppenbewegungen kann man daher auch in diesem Sinne verstehen, dass der Status Quo bestehen bleiben soll. Den die ukrainische Armee wird ja fortwährend stärker und damit wären die Rebellengebiete im Osten von einer ukrainischen Rückeroberung bedroht. Die russische Truppendislozierung erzwingt eine andere Positionierung der ukrainischen Streitkräfte und nimmt daher Druck von den Rebellen bzw. sichert diese gegen eine Rückeroberung ab. Den sobalb der Osten wieder fest unter ukrainischer Kontrolle wäre, könnte die ganze NATO Aufnahmegeschichte weiter gehen.

Zitat:Denn durch den russischen Einmarsch wurde der Vertrag über die Unveränderbarkeit der europäischen Grenzen gebrochen.

Einen solchen Vertrag gibt es nicht. Wie ich es schon beschrieben habe ist Völkerrecht etwas fließendes und nichts festes und es wird als Recht im Laufe der Zeit durch die Umstände geformt.

Wogegen Russland verstoßen hat ist der Vertrag den es selbst bilateral mit der Ukraine geschlossen hatte. Russland garantierte die Grenzen der Ukraine, dafür gab diese ihre Atomwaffen auf. Das ist also ein Verstoß gegen einen bilateralen Vertrag zweier Staaten, der damit auch hinfällig und im weiteren ungültig ist.

Man kann sich ja nicht auf einen Vertrag berufen, der so vollständig von einer Seite gebrochen und aufgehoben wurde. Umgekehrt wäre die Ukraine aufgrund des Vertragsbruches durch Russland nun berechtigt wieder Atomwaffen zu beschaffen, (rein theoretisch !) da der Vertrag für sie ja ebenso nicht mehr gültig ist. Praktisch würde das natürlich eine weitere sofortige russische Aggression nach sich ziehen.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 01.02.2022

Verhandlungen im Sicherheitsrat:

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-krise-usa-gegen-russland-im-un-sicherheitsrat-17771392.html

https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-konflikt-russland-usa-blinken-lawrow-1.5519308


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 02.02.2022

Mal eine Darstellung der vorliegenden Optionen wie weiter verfahren werden könnte aus russischer Sicht:

https://valdaiclub.com/a/highlights/ukraine-three-scenarios/

Zitat:The first scenario is obviously fraught with significant risks for Russia. For the West, it is also undesirable, but it also has some advantages in the form of an accelerated consolidation of NATO and the exhaustion of one of the major global adversaries. The second scenario is quite acceptable for the West. For Russia, it has fewer risks, but the benefits are limited. Its main danger is the gradual build-up of Western pressure. There is such a danger in the third scenario. The West also feels quite comfortable in it, but Russia’s success is not predetermined and will depend on strategic patience, the ability to manage limited resources and use the opponent’s energy in their own interests. The main task for the West will be to “calm down” Russia and bring the competition into a sluggish mode that is convenient for itself. The main task for Russia is to avoid excessive overexertion and, at the same time, not get bogged down in a costly confrontation, maintaining and using levers of pressure on the West where its own interests require it.



RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Quintus Fabius - 02.02.2022

Die USA verlegen tausende Soldaten nach Europa. Genau genommen werden 300 nach Deutschland verlegt, und von Deutschland 1000 nach Rumänien und schließlich 1700 nach Polen.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/joe-biden-schickt-tausende-us-soldaten-nach-deutschland-und-osteuropa?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F

So weit man es weiß wird aktuell das 2 Cavalry Regiment nach Rumänien abgehen (aus Vilseck), 1700 Mann der 82nd Airborne gehen nach Polen und 300 Mann der 18th Airborne Corps werden nach Deutschland verlegt.

Tatsächlich dürften solche leichten Verbände wie Fallschirmjäger bei einem Aufprall auf russische Großkampfverbände allenfalls ein paar Stunden überleben, und dass ist äußerst optimistisch. Es ist daher geradezu absurd, dass man das als ein starkes Signal wertet und ebenso absurd ist das russische Schauspiel und lächerliche Theater deswegen.


RE: USA und EU-Staaten vs. Russland - Helios - 02.02.2022

Von Deutschland aus werden Teile des 2nd Cavalry Regiment nach Rumänien verlegt, von den USA aus Teile der 82nd Airborne Division nach Polen und Deutschland. Bei der Verlegung nach Rumänien geht es um die Sicherung der Aegis-Anlage (AABMDS) in Deveselu, heißt es.