Forum-Sicherheitspolitik

Normale Version: Pakistan
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Halte ich für ziemlich überzogen. Von einem echten Bürgerkrieg und einer durchgehenden Talibanisierung von ganz Pakistan sind wir weit entfernt.
Der Anschlag auf das Cricket-Team Sri Lankas sollte man nicht im Terrorrismuskontext Pakistans, sondern im Kontext des srilankischen Bürgerkrieges sehen. Einen anderen Täter als die Tamil Tigers kann ich mir daher nicht vorstellen. Die LTTE sind bekannt für spektakuläre Anschläge. Weder scheuen sie sich vor dem Einsatz von Selbstmordattentäter (auch wenn sie keine Moslems sind), noch scheuen sie vor Angriffen im Ausland zurück, wenn dies ihnen ihrer Meinung nach helfen würde. Selbst ein ehemaliger indischer Ministerpräsident und Mitglied der Ghandi-Familie ist schon einem LTTE-Anschlag zum Opfer gefallen. Daher hätte der Anschlag genauso gut auch in Indien oder auch London passieren können, zentral war aber eben nicht der Ort, sondern das Ziel: Die Cricket-Mannschaft Sri Lankas und einem damit einem weiteren symbolträchtigen Schlag gegen den Staat.

Ansonsten ist eben Pakistan ein typisches Transformationsland: Viele Probleme und Krisenherde. Aber derzeit sehe ich strukturell noch keinen echten Bürgerkrieg oder einen völligen Staatszusammenbruch. Dagegen steht immer noch die Armee, die sich entwickelnde Mittelschicht und die mehrheitlich moderat gesinnte Regierung. Bei den letzten Wahlen haben die Islamisten, selbst in der Nordwestprovinz, herbe Niederlagen hinnehmen müssen.
Daher halte ich die Schlagzeilen des Artikels für etwas überzogen, wenn natürlich auch immer viel Konfliktpotential in Pakistan vorhanden ist.
Thomas Wach schrieb:Der Anschlag auf das Cricket-Team Sri Lankas sollte man nicht im Terrorrismuskontext Pakistans, sondern im Kontext des srilankischen Bürgerkrieges sehen.
Man weiss doch noch gar nicht, wer die Attentäter waren? Jedenfalls würde ich mit Spekulationen warten, bis darüber mehr bekannt ist. Das gilt natürlich auch für jede Behauptung, dass die Taliban/Al Kaida/muslimische Terroristen dahinterstecken, nicht nur für die Behauptung, dass es die LTTE war. Motive gäbe es für verschiedene Akteure.
Stimmt natürlich. Man sollte in solchen Sachen immer vorsichtig sein.

Allerdings hab ich eben als Erwiderung von Ingenieurs Post und dem von ihm geposteten Artikel eine kurze Gegenposition verfasst, die eben auch meine Spekulation zum Anschlag in Karachi enthält. Und die sieht derzeitig eben so aus, dass die Urheberschaft der LTTE bei diesem Ziel sehr viel wahrscheinlicher ist als von Mehsud, Fazlullah und Co....

Ich hab ja auch versucht, dies als meine Spekulation darzustellen und dies eben auch zu begründen kurz.
Zitat:Pakistan: 8 policemen killed in firefight

ISLAMABAD, Pakistan (CNN) -- Suspected Taliban militants killed eight tribal police officers in a village near the Afghan border Saturday, officials said. The officers were killed during an exchange of fire between the militants and tribal police in a village in the Mohmand Agency, military officials said.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.cnn.com/2009/WORLD/asiapcf/03/08/pakistan.police.killed/index.html">http://www.cnn.com/2009/WORLD/asiapcf/0 ... index.html</a><!-- m -->

Schneemann.
Der Economistzeigt sich ebenfalls besorgt über die Lage in Pakistan...

Zitat:Pakistan
In the face of chaos

How Pakistan’s army is failing, and what America must do, to crack down on rampant Islamist insurgencies in the region

Edith:
@Thomas
Die Armee war nicht fähig im Swat-Tal für Ordnung zu sorgen und die Wahlergebnisse helfen nicht darüber hinweg. Wahlen sind geheim und für die Taliban nicht kontrollierbar, das öffentliche Leben allerdings schon. Die Mittelschicht wird zudem wirtschaftlich unter Druck kommen durch die Krise und so anfälliger für radikale Parolen und Armee sowie Geheimdienst zeigen Mängel bei Fähigkeit bzw. Willen die Taliban klein zu halten - wie es scheint. Und dass die Zentralregierung laut TP-Artikel in bisher zwei Provinzen nur noch minimales Ansehen und Einfluss hat, ist bei der Verhinderung eines Auseinanderbrechen des Landes auch nicht wirklich hilfreich.
ich frage mich, ob ein "Auseinanderbrechen des Landes" entlang der ethnischen Grenzen zwischen dem aufgeschlossenen Industal und den Gebirgstälern zu Pakistan und Iran nicht langfristig besser wäre, für das Land - und für die Welt, die derzeit Gefahr läuft, das radikale Islamisten aus den Bergen mit ihren steinzeitlichen Systemen der Konfliktbewältigung den Zugang zu Atomwaffen erhalten;
@Erich
Dann müsste man aber berücksichtigen, wie fragmentiert die pakistanische Gesellschaft schon ist. Ich weiss ja nicht, wie viele Taliban-Sympathisanten zum Beispiel schon in Karachi und Islamabad leben. Die müsste man dann ausweisen, bzw., um es weniger nett, dafür realistisch zu formulieren: die beiden neuen Staaten würden ideologisch gesäubert. Und wer sich nicht Umerziehen lässt, dem wird es aufgezwungen.

Was wäre dann die Konsequenz? Ein aufgeklärtes und ein stockkonservatives Pakistan? Das aufgeklärte wäre dann ja wahrscheinlich demokratisch, also mit islamischen Parteien. Die Möglichkeit einer Islamisierung des aufgeklärten Teiles wäre also auch wieder gegeben, vor allem wenn im konservativen Nachbarstaat internationale Jihad-Gedanken aufkeimen.

Dann kommt das nationale Trauma (für die aufgeklärten Pakistanis) dazu, dass man die eigene Ideologie nicht durchsetzen konnte, die Zweistaatenlösung wird so zur symbolischen Niederlage.

Und ganz nebenbei, als Analogie: Überall dort, wo Völker getrennt werden mussten, weil sie nicht miteinander können, wird das von sog. aufgeklärten Leuten als Katastrophe empfunden. Siehe Apartheid, Deutschland, Israel, Korea. Die Gründe dafür waren zwar in allen vier Beispielen anders, das Resultat, nämlich die Ablehnung dieses Zustandes durch grosse Teile der (aufgeklärten) Weltbevölkerung, dasselbe.

Ich halte es für das Sinnvollste, im Falle von Pakistan einen Plan auszuarbeiten, der die Atomwaffen vor den Islamisten schützt (Oh Mann, was für ein Satz, jetzt müssen Atomwaffen schon vor Menschen geschützt werden, und nicht nur umgekehrt...)
@ Ingenieur

Die Lage ist etwas komplexer, als in den meisten Medien dargestellt wird. Überdies sind schwache Regierungen und beschränkte Autorität von Regierungsstellen auch kein Phänomen, was auf Pakistan beschränkt ist, sondern oft zu finden ist in vielen Ländern. Schaut man sich den Brookings Index für Failed States an, so liegt Pakistan um den 40. Platz herum; kein Grund für Entwarnung, aber eben auch kein Grund für Panik.
Das Verhältnis zwischen Islamisten und Armee/Geheimdiensten ist ein ganz besonderes, zwiespältiges. Wichtig ist aber eins und das ist sicher gewöhungsbedürftig aus westlicher Perspektive: Der Hauptfeind des Militärs ist und bleibt immer noch Indien, nicht die Taliban. Die pakistan. Armee ist im Swat-Tal mit ihren gut 12.000 Mann sehr unmotiviert und einer völlig falschen Strategie vorgegangen. Da sich der pakist. Generalstab eben auch heute noch viel mehr vor einer indischen Invasion fürchtet, denkt man in der Militörführung erst gar nicht daran, auch nur ansatzweise COIN-Einheiten und COIN-Kampfweisen in der Armee zu schulen. Sowas fehlt schlicht und ergreifend und bislang macht die pakistan. Armee bei ihrem Fokus auf Indien und große Schlachten wenig Anstalten, daran etwas zu ändern. Man geht viel mehr in bestimmte Gebiete, bombt, bombardiert und ist dann wieder weg. Und so können sich die Aufständischen im Untergrund natürlich behaupten.

Dennoch bleibt eine funktionsfähige Armee, wenn auch mit den falschen Prioritäten, dennoch bleiben Mittelschichten und in der Mehrheit moderate Moslems. In einigen Provinzen des Nordens haben sogar auch schon Stammesmilizen relativ erfolgreich gegen Taliban und taliban-artige Milizen gekämpft, nur davon hört oder liest man in Deutschland eben nicht so viel. Die Lage ist eben relativ diffus. Zudem muss man abwarten, wie sich die Lage im Swat-Tal weiter entwickelt...


@ Erich
Ich denke, du ziehst die Grenzlinie "falsch". Die Taliban, Leute wie Mehsud, Fazlullah sind keine klassischen konservativen Moslems. Sie sind vielmehr Neofundamentalisten, die einer nie dagewesen Reinform des Islams nachjagen und dabei auch vor lokaler Kultur und Stammesstrukturen keinen Respket haben. Es heißt ja gerade Taliban, Talibs, Koranschüler und nicht Malis, Stammesälteste. Es gibt durchaus auch Regionen und Bezirke, wo wie oben geschildert, lashkars, Stammesmilizen den Kampf gegen Aufständische aufgenommen haben. Die Nordwestprovinz als ganzes hat sich letztes Jahr auch eine säkular-nationale Partei, die Awami-National-Party als Regieurng gewählt.
Was wir sehen, sind radikale Bewegungen, zumeist aus jüngeren Leuten, die versuchen der Modernisierung im ihrem Lebensumfeld einen eigenen, islamistischen Stempel aufzudrücken - und diese Leute gibt es eben leider überall, auch in den modernen Gebieten Pakistans (man erinnere sich an die Moschee-Geschichte in Ismlamabad). Der Unterschied ist nur, dass diese radikale Minorität in den entwickelten Gebieten natürlich nur sehr viel schwieriger die Macht erringen kann, als in den traditionell "gesetzloseren" Gebieten der Stämme im Norden.
Letztlich sind das eben die Geburtsschmerzen der Transformation, des sozialen Wandels. Sowas gibt es überall und jedes Land muss da hindurch, egal wie.
Und es gärt weiter...
Zitat:Regierung verbietet Kundgebungen der Opposition

Hunderte Festnahmen vor Protestmarsch in Pakistan

Einen Tag vor dem heute beginnenden fünftägigen Protestmarsch gegen die Regierung sind in Pakistan hunderte Anhänger der Opposition festgenommen worden. Allein in Lahore, der Hauptstadt der Provinz Punjab und politischen Heimat von Oppositionsführer Nawaz Scharif, seien etwa 350 Menschen in Gewahrsam genommen worden, sagte Innenminister Rao Iftikhar Ahmad. In Islamabad wurden nach Angaben aus Polizeikreisen 35 politische Aktivisten und Juristen im Zuge nächtlicher Razzien festgesetzt.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/pakistan776.html">http://www.tagesschau.de/ausland/pakistan776.html</a><!-- m -->

Schneemann.
Zitat:Pakistan: 11 killed in suspected U.S. drone attack

KARACHI, Pakistan (CNN) -- A suspected U.S. missile attack killed 11 people Thursday in northwest Pakistan, an official said. Six others were wounded, according to Arshad Majeed, an official in the Kurram region, where the attack occurred.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.cnn.com/2009/WORLD/asiapcf/03/12/pakistan.airstrike.drone/index.html">http://www.cnn.com/2009/WORLD/asiapcf/0 ... index.html</a><!-- m -->

Schneemann.
ThomasWach schrieb:...


@ Erich
Ich denke, du ziehst die Grenzlinie "falsch". ....
Du könntest Recht haben :oops:
Zitat:PAKISTAN

Viele Tote bei Raketenangriff auf Taliban-Trainingscamp

Zahlreiche Tote wurden unter den Trümmern geborgen: Bei einem mutmaßlichen US-Raketenangriff auf ein Trainingscamp der Taliban in Pakistan sind mindestens 24 Menschen ums Leben gekommen - 50 weitere wurden verletzt.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,613062,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 62,00.html</a><!-- m -->

...und...
Zitat:PAKISTAN

Regierung will Protestzug mit Massenfestnahmen verhindern

Aufruhr auf den Straßen Pakistans: Hunderte Oppositionelle demonstrieren für die Wiedereinsetzung des ehemaligen Obersten Richters Chaudhry. Sie sind zu einem Sternmarsch aufgebrochen, doch die Regierung will den Protestzug mit allen Mitteln verhindern.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,613106,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 06,00.html</a><!-- m -->

Schneemann.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~ED5648BF9678F4E5DA994C71BF288E8D8~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Pakistan
Was stimmt? Wer lügt?

Von Jochen Buchsteiner
DruckenVersendenSpeichernVorherige Seite
linkfurloneviewyiggwebnewsfacebookwongdeliciousdigg

15. März 2009 Die Wahrheit hat in Pakistan mehrere Gesichter.
....

Was stimmt? Wer lügt?
...

Bewusste Falschinformationen gehören in Pakistan zum Alltag, aber in diesen Wochen der politischen Eskalation werden sie zur Hauptwaffe der Auseinandersetzung. Über all den doppelten Böden, die sich bei den Konfliktparteien auftun, herrscht nur noch eine Gewissheit: Im zweitgrößten islamischen Land ist ein Machtkampf ausgebrochen, dessen Folgen unabsehbar sind.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:Schlagst%F6cke-und-Tr%E4nengas-Gewalt-in-Pakistan-eskaliert/487596.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 87596.html</a><!-- m -->
Zitat:Schlagstöcke und Tränengas
Gewalt in Pakistan eskaliert

Blutige Straßenschlachten prägen seit Tagen die politische Auseinandersetzung in dem Atomstaat. Tausend Menschen wurden inzwischen festgenommen. Ex-Premier Sharif plant für Montag einen "Langen Marsch" gegen die Regierung. Sicherheitskräfte haben Straßen in die Hauptstadt abgesperrt.
...

dpa, 17:40 Uhr
Zitat:USA erwägen Ausweitung geheimer Angriffe in Pakistan

Washington (Reuters) - US-Präsident Barack Obama erwägt einem Zeitungsbericht zufolge eine Ausweitung der geheimen Raketenangriffe im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan.

In zwei Berichten an das Präsidialamt über den Militäreinsatz in Afghanistan und Pakistan werde dafür plädiert, Ziele in und nahe der Stadt Quetta in der pakistanischen Provinz Baluchistan zu bekämpfen, berichtete die "New York Times" am Mittwoch auf ihrer Internetseite unter Berufung auf Regierungsvertreter. Bislang beschränkten sich die vom US-Geheimdienst CIA gesteuerten Angriffe mit unbemannten Flugkörpern auf die Stammesgebiete Pakistans, in denen die Regierung kaum Einfluss hat. Unterdessen seien wegen der Raketenangriffe jedoch viele Taliban und andere Extremisten aus diesen Gebieten nach Baluchistan gekommen.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE52H0AB20090318">http://de.reuters.com/article/worldNews ... AB20090318</a><!-- m -->

Schneemann.
Es gibt seit einiger Zeit interne Debatten in der US-Regierung, dass man in Pakistan einige blinde Flecke hat, in denen sich die Islamisten der Taliban einnisten konnten. Bislang fokussiert sich das US-Militär und die CIA nur auf die halbautonomen Stammesgebiete und die angrenzende Nordwestprovinz. Seit langem aber haben die Taliban auch im östlichen und grenznahen Belutschistan rund um die Stadt Quetta ihre Verstecke und Rückzugsgebiete eingerichtet. Belutschistan selbst ist auch eine Unruheprovinz, hier allerdings geht es um die nach Autonomie strebenden nationalistischen Belutschen. Religion spielt da nicht die Rolle. Aber in Quetta um Umgebung gibt es seit den 1980er Jahren aufgrund der Grenznähe zu Afghanistan größere Paschtunenansiedlungen, in denen sich die Taliban bewegen. Angeblich soll sich die Führung der Taliban, auch Mullah Omar, schon seit dem Sturz der Taliban 2001 in Quetta und Umgebung aufhalten.
Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36