(Land) Radhaubitze KNDS/KMW RCH 155
#16
(20.10.2023, 15:16)Pmichael schrieb: Caesar ist schlicht nicht geeignet für die Bildung von lokaler Feuerüberlegenheit bei voller Manövrierbarkeit der Kräfte.
Und da stellt sich dann die Frage das Konzeptes, in das die Artillerie eingebunden wird. Braucht man dabei diese manövrierbare Feuerüberlegenheit überhaupt? Bei reiner Brigadeartillerie zur Unterstützung von motorisierter Infanterie kann man das durchaus in Frage stellen, wie von Quintus getan. Jedoch mMn keinesfalls, wenn es um Divisionsartillerie oder das Gefecht in überdehnten Räumen geht. Und für beides soll die Radhaubitze bei der BW eingesetzt werden.
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#17
(20.10.2023, 15:28)Broensen schrieb: Und da stellt sich dann die Frage das Konzeptes, in das die Artillerie eingebunden wird. Braucht man dabei diese manövrierbare Feuerüberlegenheit überhaupt? Bei reiner Brigadeartillerie zur Unterstützung von motorisierter Infanterie kann man das durchaus in Frage stellen, wie von Quintus getan. Jedoch mMn keinesfalls, wenn es um Divisionsartillerie oder das Gefecht in überdehnten Räumen geht. Und für beides soll die Radhaubitze bei der BW eingesetzt werden.

Da die Bundeswehr grundsätzlich die Artillerie als Kampfunterstützung begreift und selbst niemals isoliert agieren soll, muss sie in der Tat die selbe Manövrierbarkeit verfügen wie die direkt agierenden Kräfte und genügend Schutz besitzen, da sie selbst bekämpft werden kann. Das steht durchaus im krassen Gegensatz zur russischen bzw. sowjetische Prinzipien, hier macht sich die fehlende Aufklärung, Autonomie und Verbindungen zwischen den Verbände in ganz krasser Weise in Ukraine momentan bemerkbar.
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#18
Zitat: Das einzige System (RohrArtillerie) dass sich dort zu 100% bewährt ist die PZH2000 und nichts anderes!

Das sagt wer ? Oder war das als Scherz gedacht ?


Zitat:Soweit ich weiß, hat das 203 -und nur von dem sprach ich- gar keine Panzer mehr, nach den Abgaben an die Ukraine und die Truppenstellung für Litauen.

Pzbtl 104 musste seine Pz am Jahresanfang zur VJTF abgeben . Inwieweit da schon was zurück ist weis ich nicht. Und ein Pzgrenbtl müsste da auch ohne dastehen
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#19
Pmichael:

Zitat:Caesar ist schlicht nicht geeignet für die Bildung von lokaler Feuerüberlegenheit bei voller Manövrierbarkeit der Kräfte.

Könntest du dies noch ein wenig ausführen ? Denn vielleicht verstehe ich dich da falsch.

Im Gegenzug möchte ich anmerken, dass die RCH meiner Meinung nach (wenn ich dieses Konzept richtig verstehe) auch nicht dafür geeignet ist. Darüber hinaus muss nicht alle Artillerie dafür geeignet sein - es wäre sogar falsch alle Artillerie dafür auszulegen - und da wir hier bei den Mittleren Kräften sind: diese sind ebenfalls nicht voll manövrierbar und können systeminhärent so gar nicht eingesetzt werden.


Allgemein:

Statt jedem einzeln zu antworten gehe ich mal zusammen gefasst auf einige der Aspekte ein:

Produktionskapazität: Diese wird gerade zur Zeit für CAESAR massiv gesteigert. Im Gegensatz zur RCH könnte man daher zeitnah erhebliche Zahlen dieses Systems beschaffen.

Preisunterschied: der Preisunterschied ist deutlich größer als 2 zu 1 wie hier kolportiert. Es macht auch keinen Sinn hier Preise welche die Ukraine zahlt mit einem etwaigen Preis für die NG Version für uns zu vergleichen, denn ich nehme ja auch nicht den Preis für CAESAR mit 3 Mio an oder 3,5 Mio den andere schon dafür bezahlt haben. Tatsächlich könnte der Preisunterschied 4 bis 5 zu 1 betragen.

Schutz gegen Luftangriffe: man benötigt im modernen Krieg so oder so eine ständig die Artillerie abdeckende Luftraumverteidigung. Es geht gar nicht anders, und von daher hat die RCH hier keinen wesentlichen Vorteil, weil man ohnehin zusätzliche Luftraumverteidigung auch für sie permanent abstellen muss. In diesem Kontext:

Panzerung: die Stanag Level 4 sind für eine Radpanzerhaubitze mehr ein Problem als eine Lösung, erhöhen sie doch drastisch das Gewicht und senken damit drastisch die Querfeldeinbeweglichkeit. Tatsächlich dürfte CAESAR NG eine höhere Querfeldeinbeweglichkeit haben als die RCH. Darüber hinaus bringt diese Panzerung praktisch aber auch gar nichts bis wenig, weil die Angriffe von oben erfolgen (Drohnen / zielsuchende Munition) und entsprechende Loitering Munition eine RCH von oben her ganz genau so zerstört wie eine CAESAR, die RCH hat gerade eben gegenüber dieser Bedrohung keinen zusätzlichen Vorteil aus der schwereren Panzerung. Womit wir zur Frage kommen wie man so ein System ansonsten schützt:

Signatur: die CAESAR NG hat insgesamt gesehen eine geringere Signatur, sie kann auch besser getarnt werden. Und in Bezug auf schnelle Stellungswechsel ist die RCH zwar überlegen, die CAESAR aber ausreichend schnell. Darüber hinaus aber hat die CAESAR in Wahrheit die größere Querfeldeinbeweglichkeit und kann sich damit immer besser tarnen weil sie das Gelände besser nutzen kann.

Beweglichkeit: Die Querfeldeinbeweglichkeit ist bei der CAESAR größer (Gewichtsfrage), die Reichweite aber ist praktsich gesehen gleich. Die 100 km mehr für die RCH auf der Straße sind praktisch irrelevant und im Gelände (!) ist die Reichweite Gewichtsbedingt deutlich geringer.

Besatzung: wie schon beschrieben gibt es im Krieg eine Menge Aufgaben die sich nicht um das Abfeuern der Hauptwaffe drehen. Demzufolge ist eine größere Besatzung hier enorm vorteilhaft. Ein Beispiel um den vorherigen Punkt aufzugreifen wäre die Befähigung sich selbst abzutarnen. Darüber hinaus bedeutet mehr Besatzung, dass man das System selbst technisch einfacher halten kann und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für Störungen / Fritkionen. Die Ukrainer loben bei CASAR beispielsweise besonders immer die absolute Zuverlässigkeit, dass viel weniger Wartung / Reperaturen notwendig werden und dass die Systeme viel länger am Stück im Kampfeinsatz verbleiben können (höhere Durchhaltefähigkeit ist aber auch immer ein Produkt einer größeren Besatzung).

Munitionsvorrat: zu jeder CAESAR gehört immer ein zusätzliches Munitionsfahrzeug von welchem aus weitere Munition bezogen werden kann. Man steht zudem heutzutage grundsätzlich nicht mehr lange an einer Stelle, sondern muss nach wenigen Schuss schon wechseln. In der Ukraine ist dem nur nicht so, weil die Russen querschnittlich eine deutlich geringere Reichweite haben. Die CAESAR dort bleiben in Stellung weil sie querschnittlich außer Reichweite stehen. Aber auch dort wo die CAESAR hochmobil mit ständigen Stellungswechseln eingesetzt wurden war der geringere Munitionsvorrat kein praktisches Problem. Man kann auch zuviel Munition dabei haben, und schlussendlich wird dass dann auch wieder zu einer Gewichtsfrage (Querfeldeinbeweglichkeit usw)

Direktes Richten: praktisch irrelevant wenn man keine Panzerhaubitze auf Kette hat und selbst da würde ich es eher als eine Ausnahme sehen, die vom praktischen Wert her eher fragwürdig ist.

Dänemark: Mal abwarten was da noch rauskommt (Rüstungsskandal), denn die Entscheidung für das israelische System fiel tatsächlich ohne irgendeine Prüfung oder einen Vergleich beider Systeme. Zudem würde ich einen einzigen Nutzer und dessen Handlungen eher als anekdotische Evidenz betrachten und nicht derart als Argument überhöhen.

Luftverlastbarkeit: die RCH ist nicht im A400M luftverlastbar, die CAESAR NG ist dies problemlos.

Divisionsartillerie: Hier geht es ja zwar um die mittleren Kräfte, aber es stellt sich unabhängig davon schon die Frage, warum eine solche Radhaubitze nicht auch als Divisionsartillerie funktionieren sollte? Denn gerade eine Divisionsartillerie wird ja nicht mit den Kampfeinheiten gemeinsam "vorne" in einem hochmobilen Gefecht mitgehen.

Ableitungen aus dem Ukrainekrieg: auch wenn man gerne in Bundeswehrkreisen sich ach so weit überlegen dünkt, gerade in Bezug auf den Einsatz der Artillerie könnte man etliches aus dem Ukrainekrieg lernen, zumal dieser ja vor allem anderen ein Krieg der Artillerie ist. Das hat nichts damit zu tun, dass die besser wären, oder die Bundeswehr keine Ahnung hätte, sondern die Bundeswehr hat ein bestimmtes Konzept, eine bestimmte Idee wie der Krieg geführt wird, aber es ist angesichts der real vorhandenen Möglichkeiten eben höchst fragwürdig, ob dieses Konzept so von ihr überhaupt real umgesetzt werden könnte. Und besonders fragwürdig ist dies in Bezug auf die sogenannten mittleren Kräfte.

Es ist doch eine bloße Illusion zu glauben, mittlere Kräfte würden dann in überdehnten Räumen ein hochmobiles Gefecht bei voller Manövrierbarkeit aller Kräfte führen, um in schnell wechselnden Schwerpunkten lokale Feuerüberlegenheit herzustellen. Stattdessen wird man feststellen dass man gar nicht genug Pioniere hat um die zu schweren GTK Boxer aus dem schlammigen Boden in Osteuropa heraus zu ziehen und mobil zu halten. Gerade die mittleren Brigaden sollen in der Defensive vor allem Verzögerung betreiben.

Lokale Feuerüberlegenheit: diese kann man auch anders herstellen, und zwar angesichts der heute möglichen Reichweiten indem man das Feuer entsprechend dorthin richtet wo es benötigt wird, statt die Systeme dorthin zu bewegen wo sie benötigt werden. Angesichts der heute möglichen Reichweiten ist es sogar fragwürdig, ob man überhaupt eine konventionelle Brigadeartillerie benötigt, oder ob man nicht besser in den Brigaden bewusst auf Haubitzen / Artillerie im klassischen Sinne verzichten sollte. Man könnte stattdessen beispielsweise in den Verbänden mehr Panzermörser haben und diese für die Verdichtung des Feuers vor Ort einsetzen. Will man aber eine Brigadeartillere mit Haubitzen, so muss man sich fragen, ob man einen schweren Verband hat, der den Bewegungskrieg führen soll, oder einen mittleren Verband hat, welcher den Bewegungskrieg nur unter ganz bestimmten Umständen führen kann. Und was für Systeme dann für diese spezifischen Umstände ausreichend sind. Und der Bundeswehr fehlt es ganz allgemein weitgehend an einem Verständnis für den Begriff ausreichend.

CAESAR NG vs RCH155: Natürlich ist die RCH155 viel besser (aber ist sie auch 5 mal so gut?). Wesentlicher aber: im hier diskutierten Kontext wäre die CASEAR NG ausreichend (sieh vorheriger Punkt). Und Quantität ist eine Qualität für sich, welche der Bundeswehr zunehmend verloren geht, weil man nicht begreifen will welche Umstände real praktisch vorliegen. Stattdessen greint man herum, dass die Politik halt mehr Geld geben soll, und noch mehr Geld, und noch mehr Geld, aber noch so viel Geld würde diese dysfunktionalen Strukturen nicht funktionsfähig bringen, weil das Grundproblem damit nicht gelöst wird.

Personalproblematik: es gibt in dieser Bundeswehr genug Personal. Dieses wird nur nicht richtig eingesetzt und nicht richtig verteilt. Bei geringeren Anforderungen pro Soldat (bei CAESAR möglich, bei der RCH nicht) wäre es zudem machbar, auch weniger qualifizierte / befähigte Soldaten für diese Verwendung einzustellen. Aber auch beim Personal will die Bundeswehr nicht begreifen, was ausreichend wäre.
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#20
Ich widerspreche dir hier bei fast allem…

bzgl der Kosten…
die Preise für beide Systeme für die Ukraine sind sehr gut vergleichbar…
da stehen 5 Mio für CEASAR und 12 Mio für Boxer RCH155
das ist ein Verhältnis von ca 1 zu 2,5
und nicht 1 zu 5

bzgl geringerem Personaleinsatz…das ist für die Bundeswehr enorm wichtig.
auf dem Boxer RCH155 können auch mehr Leute eingesetzt werden…
muss aber auch nicht…in Zukunft soll dieser sogar komplett autonom eingesetzt werden können
Das Personal und Menschenleben sind das höchste Gut von westlichen Streitkräften… vor allem in Deutschland

die Panzerung ist enorm wichtig und gegen die Bedrohung von Loitering Munition und Artilleriesplitter gut geeignet…und diese Bedrohungen sind auch in großer Entfernung enorm

der zusätzliche Munitionsvorrat ist auch wichtig.. in den letzten Wochen wurde viele russische Systeme beim nachladen ausgeschaltet

Querfeldein ist die 8x8 Platform des Boxers einen einfachen LKW massiv überlegen..


Ich stimme bei folgendem zu:
das Konzept der mittleren Kräfte ist absolut noch nicht ausgereift!

Artillerie wird in Zukunft auch immer Schutz gegen Bedrohungen aus der Luft benötigen (Boxer Skyranger30)
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#21
ObiBiber:

bzgl. der Kosten: die Frage der Vergleichbarkeit von Preisen haben wir hier ja ständig.

Andere haben übrigens auch schon 6 Mio pro Einheit für CAESAR gezahlt, allerdings waren da auch weitreichende Inst, Ersatzteile und sogar Munition beinhaltet. Ebenso bei der Ukraine, die für die 5 Mio durchaus mehr bekommen hat als nur das System selbst. Umgekehrt haben andere Nationen CAESAR auch schon für 3,5 Mio gekauft.

Und ebenso ist es bei der RCH, diese geht für 13,5 Mio über den Tisch, aber auch bei der Bundeswehr jetzt für 20 Mio mindestens. Und auch hier ist dann deutlich mehr dabei als nur das System selbst. Man kann daher vom Preisvergleich her alles mögliche konstruieren:

3,5 Mio zu 22 Mio - macht 6,3 zu 1 - nicht mal meine Wenigkeit behauptet so ein Verhältnis

6 Mio zu 13,5 Mio - macht 2,25 zu 1 - und so ein Verhältnis wird für die Bundeswehr nicht erzielbar sein, weil die Preise welche die Ukraine bezahlt hat irrelevant sind für die Frage einer Beschaffung durch die Bundeswehr.

Meiner rein privaten Einschätzung nach wird man die CAESAR in jedem Fall so viel günstiger einkaufen können (zumal Frankreich ein sehr hohes politisch-wirtschaftliches Interesse an einem solchen Geschäft hätte und dadurch sicher Vorzugspreise heraus kämen wenn man selbst geschickt verhandelt), dass es sich in jedem Fall rechnet. Darüber hinaus ist die Produktionsgeschwindigkeit zu bedenken (Inflation, Verträge die jeweils nur geringe Stückzahlen beinhalten und dem folgend von Folgeverträgen gefolgt werden, ultralangsamer Zulauf der RCH durch liebevolle Manufakturfertigung, wirtschaftliche Verwerfungen (Energiepreise, Weltwirtschaftskrise usw) welche die ursprünglichen Verträge zur RCH unmöglich machen usw.

Meiner Einschätzung nach wird man daher insgesamt betrachtet (also auf die Gesamtdauer der Beschaffung und des Betriebes) durchaus 4 bis 5 CAESAR für die Kosten 1 RCH beschaffen und betreiben können. Denn bei der RCH sind auch die Unterhaltskosten höher.

bzgl. Personaleinsatz: Systeme mit weniger Leuten pro System sind immer zwingend technisch aufwendiger, autonome Systeme gleich nochmals, und dass ist in einem großen konventionellen Krieg eben kein Vorteil, sondern insbesondere auf die Zeit gerechnet ein Nachteil. Und relevant ist nicht, wie wenig Personal ein System benötigt, sondern wieviele Systeme man tatsächlich einsetzen kann. Und die Zahl der einsetzbaren Systeme wird im vorliegenden Fall nicht durch die Personalkosten oder den Personalmangel begrenzt, sondern durch die Kosten pro System.

Jetzt mal ernsthaft und mit konkreten Zahlen: hier und heute plant das Heer mit einer mittleren zweistelligen Zahl von Radhaubitzen, weil mehr nicht her geht. Also mit um die 50 Radhaubitzen. Und seien wir mal großzügigst und nehmen sogar 70 dieser Systeme an. Und seien wir mal kritisch und gehen davon aus, dass man für das gleiche Geld nur 2,5 CAESAR für 1 RCH beschaffen kann, also sehr viel weniger als von mir angenommen.

Dann beträgt der Unterschied im Personal bei 70 Systemen (also bei gleicher Anzahl) 140 Mann zu 280 Mann (CAESAR kann auch mit 4 Mann betrieben werden), man benötigt also gerade mal 140 Mann mehr. Eine Armee die intern nicht 140 Soldaten für die Artillerie frei machen kann ist so oder so verloren.

Oder man kann bei gleichen Kosten nicht weniger als 175 Artileriesysteme beschaffen anstelle der 70.

Anbei: der vom Heer genannte Bedarf liegt bei 168 Radhaubitzen im Zielbild.

Und: die Bundeswehr wird keine 70 RCH beschaffen können, es werden wohl eher 40 bis 50 sein.

Aber nehmen wir nun mal mein Verhältnis an: dann kann die Bundeswehr anstelle von 40 bis 50 RCH nicht weniger als 200 bis 250 CAESAR beschaffen. Aber ja ich vergass: die unlösbare Personalfrage: das wären dann statt 100 Mann in den Systemen selbst (mehr Techniker, Inst usw mal außen vorgelassen, weil die RCH davon mehr benötigt) dann nicht weniger als 800 bis 1000 Mann. Woher sollen also die Soldaten kommen? Völlig unmöglich?! Wir haben also eine Armee die für eine der wesentlichsten Waffengattungen, für die wesentlichste überhaupt keine 800 Mann zusätzlich aufbringen kann, die aber dauerhaft eine Brigade in Litauen stationieren kann, die mehr Offiizere pro Soldat und mehr Sanitäter pro Soldat hat als jede andere Armee. Die zehntausende in der Verwaltung festhängen hat und zehntausend im Ministerium und den nachgeordneten Dienststellen. Aber 700 Mann mehr für die Artillerie, das geht natürlich gar nicht Wink Lieber 700 Mann mehr für das Ministerium, und die Personalgewinnung (und tatsächlich wurden diese erst vor kurzem um entsprechende Größenordnungen verstärkt).

Am besten aber natürlich 700 mehr Sanitäter. Schließlich fallen von unseren Brigaden ja um die 4% pro Tag aus, und die müssen alle bestmöglichst versorgt werden und so. Weil das ja praktisch auch genau so laufen wird.....

Aber um einen der wesentlichsten Punkte nochmal hervor zu heben: bei einer CAESAR Besatzung kann ein Teil der Besatzung wesentlich weniger qualifziert sein. Entsprechend kann man günstigeres Personal einsetzen ! Und dieses auch viel leichter ersetzen. Die Ukrainer konnten beispielsweise beim CAESAR System ihre Soldaten sehr viel schneller daran ausbilden als an den PzH2000 Systemen. Die waren sehr viel schneller einsatzbereit (mehrere Wochen Unterschied!).

bzgl. Panzerung: die Panzerung der RCH schützt nicht gegen Loitering Munition von Oben. So einfach ist das. Sie ist daher in Bezug auf diese Gefahr nur eine Hürde, eine Gewichtsmehrbelastung ohne praktischen Nutzen, dafür aber mit praktischen Einschränkungen (Signatur, Tarnung, Querfeldeinbeweglichkeit, Treibstoffverbrauch bei Geländefahrt usw usw)

bzgl. Gefährdung beim Nachladen: Die Russen leider aktuell unter dem Problem, dass ihre Artillerie immer näher am Feind stehen muss. Da steht selbst Divisionsartillerie inzwischen ca 10 km hinter der Front. Das hat viele Gründe (wurden schon an anderer Stelle erläutert) - aber das führt eben auch dazu, dass sie beim Nachladen erledigt werden, weil sie dazu ihre sehr gut getarnten Stellungen verlassen oder diese durch die Nachladefahrzeuge aufgedeckt werden. Das sollte natürlich kein Beispiel für irgend etwas sein.

bzgl. Querfeldeinbeweglichkeit: Nein ist er nicht. Und zwar höchst einfach wegen des Gewichts. Und es gibt eine ganze Reihe Lkw die durchaus deutlich geländegängiger sind als ein GTK Boxer, das nur mal am Rande. ES gibt auch etliche die deutlich geländegängiger sind als ein CAESAR System. Die Frage der Plattform und der Anzahl der Achsen ist hier nicht der einzige Faktor.

Und um beschließend noch mal das wesentlichste zu betonen:

Die Entscheidung für die sehr viel bessere RCH155 wird in der real existierenden Bundeswehr dazu führen, dass sie viel zu langsam, viel zu spät, viel zu wenig Radhaubitzen haben wird. So einfach ist das.
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#22
(21.10.2023, 08:10)Quintus Fabius schrieb: Pmichael:


Könntest du dies noch ein wenig ausführen ? Denn vielleicht verstehe ich dich da falsch.

Im Gegenzug möchte ich anmerken, dass die RCH meiner Meinung nach (wenn ich dieses Konzept richtig verstehe) auch nicht dafür geeignet ist. Darüber hinaus muss nicht alle Artillerie dafür geeignet sein - es wäre sogar falsch alle Artillerie dafür auszulegen - und da wir hier bei den Mittleren Kräften sind: diese sind ebenfalls nicht voll manövrierbar und können systeminhärent so gar nicht eingesetzt werden.

Je elastischer und größer ich mir das potenzielle Schlachtfeld bzw. Kriegsgebiet vorstelle desto mobiler muss meine Artillerie sein. Hier ist nicht nur die Größe des Schlachtfelds entscheidend sondern auch das Ausführen von Feueraufträge.
Und gerade die Mittlere Kräfte müssen hier hochmobil sein.
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#23
Danke für die weitere Ausführung.

Allgemein:

In Bezug auf die Beschaffung der RCH sollte man noch betonen, dass diese ja in Konkurrenz zu einer Radhaubitze auf HX geprüft wurde. Das sollte man mal hervor heben, denn auf HX wäre es auch nur eine Haubitze auf einem Lkw geworden.

Und der Grund warum man sich gegen die Lösung auf HX und für die RCH entschieden hat war nicht, was hier Pmichael und andere richtigerweise anführen, sondern nur und ausschließlich, dass der technologische Reifegrad des Systems auf HX nicht ausreichend gegeben war. Man nimmt also das deutsche System, welches technisch schon ausgereifter ist.

Wenn aber die Bundeswehr selbst RCH mit HX vergleicht, und sich für die RCH aus ganz anderen Gründen als den hier genannten entscheidet, also nicht aufgrund Panzerung, direktes Richten usw. dann stellt sich die Frage wie man eigentlich CAESAR NG und eine neue Haubitze auf HX miteinander vergleichen kann und warum sich dann ein Vergleich von CAESAR und RCH verbietet?! Denn offenkundig teilt die Bundeswehr nicht die Auffassungen von der Notwendigkeit der Erzeugung lokaler Feuerüberlegenheit bei voller Manövrierbarkeit der Kräfte, wenn die Beschaffung eines Systems auf HX hier als gleichauf mit der RCH betrachtet wurde und lediglich der Mangel an technischer Reife das Problem für die Bundeswehr darstellte.

AGM auf HX ist nun aber definitiv ebenso nicht für den Einsatz mittlerer Kräfte geeignet, wie er hier von einigen skizziert wurde. Tatsächlich wäre AGM auf HX sogar der CAESAR NG in dieser Konzeption unterlegen. Und dennoch hat die Bundeswehr AGM auf HX mit der RCH gleichauf gestellt und beide miteinander verglichen. Die Bundeswehr selbst verfolgt also anscheinend nicht genau das Konzept bezüglich der Vorgehens- und Einsatzweise, dass manche sich hier in Bezug auf die mittleren Kräfte vorstellen.

Beschließend: wenn schon RCH155, dann müssten jetzt auch auf der Stelle ungefähr 175 Systeme bestellt werden, und zwar sofort und mit dieser Menge. Stattdessen läuft es aktuell auf 40 bis 50 RCH hinaus, die dann auch noch quälend langsam zulaufen.

Es ist zwar schön und gut, bestimmte miliärische Konzepte zu haben, aber wenn man die Systeme dafür nicht hat, nicht in ausreichender Menge hat, diese zu langsam zulaufen usw. dann nützen die allerbesten Konzepte rein gar nichts, sie werden dann nicht funktionieren schlicht und einfach weil man nicht das notwendige Handwerkszeug dafür hat.

Das Kriegshandwerk wie es sich die Bundeswehr vorstellt, scheitert daher an den realen praktischen Umständen. Und die Antwort der Bundeswehr darauf ist nicht ihre Vorstellungen zu hinterfragen, sondern mehr Geld zu fordern, welches sie nicht erhalten wird. Und zwar auf gar keinen Fall, dass sollte der Fall Zeitenwende mehr als deutlich bewiesen haben.

Und wird man nun eine hochmobile Artillerie elastisch und über große Distanzen hinweg weit raumgreifend einsetzen können, und zwar in ausreichender Quantität (!), wenn man nur 40 RCH155 irgendwann in etlichen Jahren dafür hat ? Oder wird die schiere Größe des Kriegsgebietes allein nicht bereits eine solche geringe Zahl völlig konterkarieren?
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#24
(21.10.2023, 08:10)Quintus Fabius schrieb: Produktionskapazität: Diese wird gerade zur Zeit für CAESAR massiv gesteigert. Im Gegensatz zur RCH könnte man daher zeitnah erhebliche Zahlen dieses Systems beschaffen.
Für die RCH wäre vergleichbares durchaus möglich. Nur will man das halt gar nicht.
Wir müssten doch nur unseren Bedarf von 168 zzgl. darauf folgend den Ersatz der PzH2k mit vorgegebenem Zeitplan beauftragen, dann wäre das überhaupt kein Problem. Die CAESAR-Produktion wird doch nur deshalb ausgebaut, weil Bestellungen vorliegen und die Regierung Zeitdruck aufbaut. Die BW will aber doch absichtlich einen langsamen Zulauf haben, um die Kosten zu strecken und Zeit für den Personalaufbau zu haben.
Zitat:Preisunterschied:
Er wird alles in allem zwischen 1:2 und 1:4 liegen. Schließlich wäre die Einführung von CAEASAR in die real existente BW ja sicher eine große Herausforderung, die immense Anpassungskosten mit sich brächte. Eine Annahme von 1:3 sollte mMn für unsere Betrachtungen hier wohl am zielführendsten sein.
Zitat:Schutz gegen Luftangriffe: man benötigt im modernen Krieg so oder so eine ständig die Artillerie abdeckende Luftraumverteidigung. Es geht gar nicht anders, und von daher hat die RCH hier keinen wesentlichen Vorteil, weil man ohnehin zusätzliche Luftraumverteidigung auch für sie permanent abstellen muss. In diesem Kontext:

Panzerung: die Stanag Level 4 sind für eine Radpanzerhaubitze mehr ein Problem als eine Lösung, erhöhen sie doch drastisch das Gewicht und senken damit drastisch die Querfeldeinbeweglichkeit.
Die starke Frontpanzerung ist bei einer Haubitze, die nicht als Sturmgeschütz eingesetzt wird, natürlich unnötig und somit beim GTK überdimensioniert. Aber es geht vielmehr um das Schutzkonzept insgesamt. Bei der CAESAR sind sowohl Waffenanlage als auch Bediener ungeschützt. Dadurch sind sie gerade für Splitter, kleinere Drohnen und LMs anfällig, gegen die ein einfacher Panzerschutz schon sehr viel ausrichten würde.
Zitat:Tatsächlich dürfte CAESAR NG eine höhere Querfeldeinbeweglichkeit haben als die RCH.
Das dürfte sehr stark davon abhängen, welche Fahrzeugbasis ausgewählt wird. In 8x8 sind wir da auch bei über 30 Tonnen auf einem weniger geländegängigen Fahrwerk als dem des GTK. Sollte sich vermutlich nicht viel tun. In 6x6 hat die NG allerdings auch schon 25 Tonnen bei einer Achse weniger. Ich glaube nicht, dass sich da signifikante Unterschiede ergeben. Für Deutschland kämen da vermutlich HX2 8x8, Unimog 6x6 oder (bitte nicht!) Trakker 6x6 in Frage.
MMn sollte man, wenn überhaupt, auf die leichteste mögliche Variante gehen, also den Unimog. Die schweren 8x8 sind sinnvoller für Streitkräfte, die nur dieses eine System führen.
Zitat:Signatur: die CAESAR NG hat insgesamt gesehen eine geringere Signatur, sie kann auch besser getarnt werden.
Da sind wir dann wieder bei der Einsatztaktik. Meiner Ansicht nach ist das manuelle Abtarnen von Haubitzen nicht mehr erforderlich, wenn man diese zeitgemäß verwendet. Denn dann stehen sie nie länger als Feuern oder Nachladen dauert, den Rest der Zeit sind sie in Bewegung. Daher widerspreche ich dir auch weiterhin bei dem Folgenden:
Zitat:Besatzung: wie schon beschrieben gibt es im Krieg eine Menge Aufgaben die sich nicht um das Abfeuern der Hauptwaffe drehen. Demzufolge ist eine größere Besatzung hier enorm vorteilhaft. Ein Beispiel um den vorherigen Punkt aufzugreifen wäre die Befähigung sich selbst abzutarnen.
Nahezu alle Aufgaben, die durch zusätzliches Personal erledigt werden könnten, werden unnötig, wenn System und Taktik das zulassen. Eine Haubitze, die nie steht, braucht weder Tarnung, noch abgesessene Sicherung. Ein automatisiertes System ermöglicht meist auch kaum manuellen Eingriff, so dass entsprechendes auch ausfällt. Einzig die aufgesessene Sicherung, insbesondere die Beobachtung und Sicherung des Luftraums ist noch von steigender Bedeutung. Da hilft aber auch kein weiteres Besatzungsmitglied, wenn dieses sich nicht einzig und allein dieser einen Aufgabe widmen kann. Also wäre es sehr viel effizienter, bspw. für die Feuerleitfahrzeuge der Züge Systeme vorzusehen wie sie für qFla geplant waren, so dass der Nächstbereichsschutz gegen sUAS etc. zentral auf Zugebene geleistet wird, ohne dafür auf jedem Fahrzeug Systeme und Bediener vorhalten oder gleich jedem RCH-Zug einen eigenen Skyranger mitgeben zu müssen.
Zitat:Darüber hinaus bedeutet mehr Besatzung, dass man das System selbst technisch einfacher halten kann und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit für Störungen / Fritkionen.
Auch Personal bietet Friktionen, vor allem, wenn es ungeschützt agieren muss. Insofern muss bei einem System wie CAESAR immer mehr Personal mitgeführt werden als minimal erforderlich.
Zitat:Munitionsvorrat: zu jeder CAESAR gehört immer ein zusätzliches Munitionsfahrzeug von welchem aus weitere Munition bezogen werden kann.
Bei CAESAR kann auch jeder beliebige Lkw einfach mitfahren und man lädt direkt von der Ladefläche ins Geschütz. Das Problem ist halt auch hier, dass das alles ungeschützt passiert. Dementsprechend ist der Munitionsvorrat nur insoweit von Relevanz, wie er auch unter Schutz verschossen werden kann, was bei CAESAR nie der Fall ist. Für eine CAESAR 6x6 bei der BW wäre ich sogar geneigt, auf dem Fahrzeug selbst nur die Treibladungen zu transportieren und für die Granaten immer je zwei Haubitzen einen Munitionslaster gleicher Bauart mitfahren zu lassen.
Zitat:Direktes Richten: praktisch irrelevant wenn man keine Panzerhaubitze auf Kette hat und selbst da würde ich es eher als eine Ausnahme sehen, die vom praktischen Wert her eher fragwürdig ist.
Ich würde das weniger von den Ketten als vielmehr von der tatsächlichen Verwendung abhängig sehen. Eine RCH155 kann sehrwohl als Sturmgeschütz im direkten Richten agieren, nur wird es in den mKr-Brigaden der BW vermutlich rein konzeptuell nicht dazu kommen können.
Zitat:Divisionsartillerie: Hier geht es ja zwar um die mittleren Kräfte, aber es stellt sich unabhängig davon schon die Frage, warum eine solche Radhaubitze nicht auch als Divisionsartillerie funktionieren sollte? Denn gerade eine Divisionsartillerie wird ja nicht mit den Kampfeinheiten gemeinsam "vorne" in einem hochmobilen Gefecht mitgehen.
Kommt drauf an. Eine hochmobile Rohrartillerie kann auch eine gewisse Feuerwehrfunktion innerhalb des Divisionsraumes bzw. zwischen den einzelnen Brigaderäumen übernehmen, wozu es sehr auf die Geschwindigkeit im Stellungswechsel ankommt. Aber vor allem kann die DAG ja durchaus im Rahmen der Schwerpunktbildung für die schnelle punktuelle Verstärkung der BAG eingesetzt werden und somit in beiden Fällen auch weiter vorne auftauchen. Ebenso für die Bekämpfung von Zielen in der Tiefe.
Zitat:Es ist doch eine bloße Illusion zu glauben, mittlere Kräfte würden dann in überdehnten Räumen ein hochmobiles Gefecht bei voller Manövrierbarkeit aller Kräfte führen, um in schnell wechselnden Schwerpunkten lokale Feuerüberlegenheit herzustellen. Stattdessen wird man feststellen dass man gar nicht genug Pioniere hat um die zu schweren GTK Boxer aus dem schlammigen Boden in Osteuropa heraus zu ziehen und mobil zu halten. Gerade die mittleren Brigaden sollen in der Defensive vor allem Verzögerung betreiben.
Weshalb in der Realität tatsächlich ein weniger bewegliches System ausreichen könnte, weil die mKr eben gar nicht das werden leisten können, was man von ihnen erwartet. Aber sollten man so Beschaffungsentscheidungen begründen? "Wir wissen schon, dass unsere eigenen Pläne gar nicht funktionieren können, also brauchen wir's auch gar nicht erst versuchen"? Undecided
Zitat:Lokale Feuerüberlegenheit: diese kann man auch anders herstellen, und zwar angesichts der heute möglichen Reichweiten indem man das Feuer entsprechend dorthin richtet wo es benötigt wird, statt die Systeme dorthin zu bewegen wo sie benötigt werden.
Stimmt. Gilt vor allem für die DAG. Hier wäre eine L60 hochinteressant, was dann aber auch nicht direkt für CAESAR, sondern eher für die HX3-Haubitze sprechen würde. Und natürlich Raketenartillerie! Gerade für die mKr in Verbindung mit leistungsfähigen Mörsern, wie du es ja auch anführst.
Zitat:CAESAR NG vs RCH155:...im hier diskutierten Kontext wäre die CASEAR NG ausreichend (sieh vorheriger Punkt). Und Quantität ist eine Qualität für sich
Die Quantität richtet sich hier aber gar nicht nach dem Systempreis. Man wählt schlicht die im Rahmen der angestrebten Struktur geringstmögliche Stückzahl, unabhängig vom gewählten System. Hätte man sich für CAESAR entschieden, wäre nicht ein Geschütz mehr beschafft worden, sondern das gesparte Geld in den zusätzlichen Personalbedarf geflossen. Man hätte also die geringere Qualität in der gleichen Quantität gehabt, dafür aber mehr Personal gebunden.
Zitat:Personalproblematik: es gibt in dieser Bundeswehr genug Personal. Dieses wird nur nicht richtig eingesetzt und nicht richtig verteilt. Bei geringeren Anforderungen pro Soldat (bei CAESAR möglich, bei der RCH nicht) wäre es zudem machbar, auch weniger qualifizierte / befähigte Soldaten für diese Verwendung einzustellen.
Du denkst da immer in die völlig falsche Richtung. weniger qualifiziertes Personal ist mit unserer real existenten Berufsarmee ein Problem. Je höher qualifiziert das Personal der Waffensysteme sein muss, desto geringer wird unser Wasserkopf, weil die bei Berufssoldaten zwangsweise durchschnittlich höheren Dienstgrade weniger in Stäben und mehr an den Waffen eingesetzt werden können.
(21.10.2023, 08:59)ObiBiber schrieb: auf dem Boxer RCH155 können auch mehr Leute eingesetzt werden…
Das würde ich anzweifeln. Soweit ich weiß, gibt es im inneren des AGM keinen Sitzplatz und können nur Fahrer und Kommandant transportiert werden. Es war ja schon eine Herausforderung, überhaupt einen Bedienerplatz zu integrieren.
(21.10.2023, 10:31)Quintus Fabius schrieb: Meiner Einschätzung nach wird man daher insgesamt betrachtet (also auf die Gesamtdauer der Beschaffung und des Betriebes) durchaus 4 bis 5 CAESAR für die Kosten 1 RCH beschaffen und betreiben können. Denn bei der RCH sind auch die Unterhaltskosten höher.
Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn man sich anschaut, welche Kosten 2-3 zusätzliche Soldaten je System über ihre Lebenszeit (Pensionen!) hinweg verursachen, inkl. der durch sie wiederum verursachten weiteren Personalbedarfe in der Versorgung, dann kommt da schon eine Menge Geld zusammen, das man stattdessen auch in bei der Anschaffung teurere heimisch produzierte Systeme (->Wertschöpfung) mit geringerem Personalbedarf stecken kann. Zumal deren Kosten jetzt anfallen und nicht in 30 Jahren, wenn der Mannschaftsdienstgrad fürs Granaten-Anreichen dann irgendwann in Pension geht, nachdem man ihn jahrelang auf einem unwichtigen Posten geparkt hatte, weil man nicht wusste, wohin mit ihm.
Zitat:bzgl. Personaleinsatz:... Und relevant ist nicht, wie wenig Personal ein System benötigt, sondern wieviele Systeme man tatsächlich einsetzen kann.
Die Zahl der Systeme ist real gleich, weil von einem günstigeren System nicht mehr beschafft werden würden, u.a. gerade wegen deren zusätzlichen Personalbedarf.
Zitat:Und die Zahl der einsetzbaren Systeme wird im vorliegenden Fall nicht durch die Personalkosten oder den Personalmangel begrenzt, sondern durch die Kosten pro System.
Nein, ich denke, da bist du vollkommen auf dem Holzweg, weil du zu logisch und sinnvoll herangehst und zu wenig die Besonderheiten der real existierenden Umstände beachtest. Anschaffungskosten sind in der Bundeswehr sehr viel weniger entscheidend als man meinen könnte.
Zitat:hier und heute plant das Heer mit einer mittleren zweistelligen Zahl von Radhaubitzen, weil mehr nicht her geht.
Nein, sie tun das, weil weniger nicht funktioniert. Mehr ist einfach aus Beschaffer-Sicht nicht zwingend erforderlich.
Zitat:Dann beträgt der Unterschied im Personal bei 70 Systemen (also bei gleicher Anzahl) 140 Mann zu 280 Mann (CAESAR kann auch mit 4 Mann betrieben werden), man benötigt also gerade mal 140 Mann mehr. Eine Armee die intern nicht 140 Soldaten für die Artillerie frei machen kann ist so oder so verloren.
"Intern freimachen" ist ja unabhängig von der Bewertung eines Systems, zumal wir auch erstmal rund 20.000 Stellen intern freimachen müssten, um überhaupt mal alle besetzt zu bekommen.
Also muss man das immer unabhängig sehen. Ein Soldat mehr ist ein Soldat mehr zu bezahlen für die gleiche Kampfkraft, zumindest bei den Geschützbesatzungen.
Und auf die Nutzungsdauer der Systeme gerechnet, kann da schon 'ne Million zusammen kommen, und das ohne Pensionen, die das dann schnell mal noch verdoppeln. Dazu kommt die langfristig absehbare Steigerung der Personalkosten je Kopf durch Inflation etc. Alles zusammen genommen, kann man mMn davon ausgehen, dass in der real existierenden Bundeswehr ein erforderliches Besatzungsmitglied weniger alles in allem zwischen 2 und 3 Mio. € einsparen kann. Und das sind Kosten, die den zukünftigen Ep14 belasten, nicht das SV.
Zitat:der vom Heer genannte Bedarf liegt bei 168 Radhaubitzen im Zielbild.
Hinzu kommt die nach aktuellem Stand geplante Ablösung der PzH2k, weswegen ein jetzt einzuführendes System auch für die BAG des sKr geeignet sein müsste. (Das wäre natürlich auch separat diskussionswürdig.)
Zitat:Aber um einen der wesentlichsten Punkte nochmal hervor zu heben: bei einer CAESAR Besatzung kann ein Teil der Besatzung wesentlich weniger qualifziert sein.
Und um dem nochmal energisch zu widersprechen: Das ist kein Vorteil, solange man nicht vorher eine grundlegende Systemreform umgesetzt bekommt, mit Trennung von Soldaten- und Beamtenbesoldung, anders ausgestalteten Laufbahnen etc. pp. Und wie realistisch ist das?
Zitat:Entsprechend kann man günstigeres Personal einsetzen ! Und dieses auch viel leichter ersetzen. Die Ukrainer konnten beispielsweise beim CAESAR System ihre Soldaten sehr viel schneller daran ausbilden als an den PzH2000 Systemen. Die waren sehr viel schneller einsatzbereit (mehrere Wochen Unterschied!).
Sollten wir die Heimatschutzverbände mit eigenen Artilleriesystemen ausstatten, könnte man darauf zurückkommen. Aber nicht in der Berufs-BW.
Zitat:bzgl. Panzerung: die Panzerung der RCH schützt nicht gegen Loitering Munition von Oben. So einfach ist das. Sie ist daher in Bezug auf diese Gefahr nur eine Hürde, eine Gewichtsmehrbelastung ohne praktischen Nutzen, dafür aber mit praktischen Einschränkungen (Signatur, Tarnung, Querfeldeinbeweglichkeit, Treibstoffverbrauch bei Geländefahrt usw usw)
Splitterschutz für die Besatzung ist also kein Mehrwert für dich? Und vergleiche doch bitte mal die Konsequenzen eines Lancet-Einschlags in das AGM mit denen eines Treffers auf die Waffenanlage der CAESAR während des Einsatzes. Bei letzterem ist nicht nur die Waffe, sondern auch deine Besatzung bis auf den Fahrer vorerst ausgeschaltet, bei der RCH ist mindestens das Überleben der Crew wahrscheinlich. Für eine Armee ohne nennenswerte Reserven ist das extrem wichtig.
Zitat:Die Entscheidung für die sehr viel bessere RCH155 wird in der real existierenden Bundeswehr dazu führen, dass sie viel zu langsam, viel zu spät, viel zu wenig Radhaubitzen haben wird. So einfach ist das.
Keiner der Punkte liegt ursächlich an der Entscheidung für die RCH155, sondern daran, dass man sich bewusst für diese Punkte entschieden hat. Man will weder früher, noch schneller, noch in größerer Stückzahl beschaffen!

(21.10.2023, 15:39)Quintus Fabius schrieb: In Bezug auf die Beschaffung der RCH sollte man noch betonen, dass diese ja in Konkurrenz zu einer Radhaubitze auf HX geprüft wurde.
Was aber nicht auf konzeptuellen Überlegungen basierte, sondern konkret darauf, dass man die Waffenanlage der PzH2k auf einer in der BW bereits eingeführten Fahrzeugbasis haben wollte. Da war es schon erstaunlich, dass überhaupt zwei Systeme zur Auswahl standen. Und defacto taten sie das ja noch nicht einmal, weil eben nur die RCH tatsächlich rechtzeitig verfügbar war.

Entsprechend kann man daraus keine Rückschlüsse auf das zugrundeliegende Konzept ziehen und alle weiteren darauf basierenden Beurteilungen sind hinfällig.
Zitat:AGM auf HX ist nun aber definitiv ebenso nicht für den Einsatz mittlerer Kräfte geeignet, wie er hier von einigen skizziert wurde. Tatsächlich wäre AGM auf HX sogar der CAESAR NG in dieser Konzeption unterlegen.
Die HX3 hätte für die mKr-BAG Nachteile gegenüber der RCH155, die Vor- und Nachteile gegenüber CAESAR wären jedoch zumindest ähnlich, weil sie vorwiegend auf dem Unterschied zwischen auf- und abgesessener Bedienung beruhen.
Zitat:Die Bundeswehr selbst verfolgt also anscheinend nicht genau das Konzept bezüglich der Vorgehens- und Einsatzweise, dass manche sich hier in Bezug auf die mittleren Kräfte vorstellen.
Diese Beschaffung folgt gar keinem Konzept über das Stichwort Radbeweglichkeit hinaus. Alles weitere ist technischer Vereinheitlichung und Verfügbarkeit geschuldet.

Man kann also allenfalls die Auslegung der RCH155 insgesamt dahingehend beurteilen, dass sie sicher anhand der durch KMW erwarteten Anforderungen seitens der BW entworfen wurde. Aber eine direkte Linie zwischen Anforderung und Produkt besteht hier nicht, mangels konkret formulierter Anforderungen.
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#25
Zitat:Bei CAESAR kann auch jeder beliebige Lkw einfach mitfahren und man lädt direkt von der Ladefläche ins Geschütz.

In der Ukraine werden sogar Zivilfahrzeuge für den Munitionsnachschub benutzt.
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#26
Das Ziel dürfte sowieso sein die RCH155 irgendwann besatzungslos einzusetzen, dafür ist die technisch bereits vorbereitet.
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#27
(21.10.2023, 18:47)Pmichael schrieb: Das Ziel dürfte sowieso sein die RCH155 irgendwann besatzungslos einzusetzen, dafür ist die technisch bereits vorbereitet.
Es ist schon äußerst fragwürdig, einen GTK BOXER komplett besatzungslos einzusetzen. Unbemannt macht die geschützte Fahrzeugbasis auch noch weniger Sinn. Die allermeiste Zeit sind die Fahrzeuge doch im Stellungswechsel begriffen, sollen die tatsächlich unbemannt kilometerweit verlegen? Das klappt doch wieder nur im Konvoi mit bemanntem Führungsfahrzeug. Halte ich gar nix von. Das einzig denkbare wäre noch, den Kommandanten einzusparen, so dass nur noch der Fahrer benötigt wird und alles weitere über Datenfunk passiert. Aber das ist mMn alles andere als sinnvoll. Also ich möchte dieses Ungetüm nicht ohne ein zweites paar Augen durchs Gelände manövrieren müssen.
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#28
(21.10.2023, 20:21)Broensen schrieb: Es ist schon äußerst fragwürdig, einen GTK BOXER komplett besatzungslos einzusetzen. Unbemannt macht die geschützte Fahrzeugbasis auch noch weniger Sinn. Die allermeiste Zeit sind die Fahrzeuge doch im Stellungswechsel begriffen, sollen die tatsächlich unbemannt kilometerweit verlegen? Das klappt doch wieder nur im Konvoi mit bemanntem Führungsfahrzeug. Halte ich gar nix von. Das einzig denkbare wäre noch, den Kommandanten einzusparen, so dass nur noch der Fahrer benötigt wird und alles weitere über Datenfunk passiert. Aber das ist mMn alles andere als sinnvoll. Also ich möchte dieses Ungetüm nicht ohne ein zweites paar Augen durchs Gelände manövrieren müssen.

Autonomes Fahren ist bei Kriegsgerät im Prinzip nur noch vom politischen Wille abhängig.
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#29
(21.10.2023, 21:54)Pmichael schrieb: Autonomes Fahren ist bei Kriegsgerät im Prinzip nur noch vom politischen Wille abhängig.
Sinnhaftigkeit spielt keine Rolle?

Ich darf mir regelmäßig blöde Sprüche anhören, wenn ich fordere, den Wiesel durch ein UGCV zu ersetzen, aber ausgerechnet jetzt beschaffte Haubitzen auf GTK-Chassis sollen für autonomes Fahren prädestiniert sein?
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#30
Das hat rein gar nichts mit dem politischen Willen zu tun, die Grenzen werden zur Zeit und absehbar durch die technischen Möglichkeiten aufgezeigt. Und diese erlauben kein tatsächlich autonomes Fahren, und werden das gerade bei militärischen Anwendungen auch in der nahen und vermutlich mittleren Zukunft nicht erlauben.
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