26.03.2024, 00:01
Zitat:Ist dem denn überhaupt so? Wie groß war dieses Problem denn tatsächlich auf dem Höhepunkt, wie groß ist das Problem aktuell noch?
Eine gute Frage und eigentlich der wesentlichste Punkt. Bevor man diesen nicht beantwortet hat, kann man ja genau genommen gar keine richtige Abwägung hier vornehmen. Denn man könnte ganz leicht umgekehrt erwiedern, dass du beispielsweise die real vorhandenen Fähigkeiten hier unterschätzt etc.
Natürlich wird der Blick auf die Frage wie problematisch diese Systeme sind von der Überhöhung derselben in der Propaganda, durch die Verzerrung welche allein schon durch die von diesen Systemen selbst produzierten Filme entsteht und vieles weitere schwierig beantwortbar. Und man neigt hier ganz allgemein zu Extremen, in beide Richtungen, gar keine Frage.
Meiner rein persönlichen Wahrnehmung nach sind die "Billigdrohnen" in der Ukraine immer noch ein erhebliches militärisches Problem für beide Seiten. Das heißt aber nicht , dass sie das wesentlichste System wären, oder dass ihre Wirkung revolutionär wäre wie es oft behauptet wird (ganz im Gegenteil!), noch dass sie nicht beherrschbar sind. Man kann sehr viele davon abschießen, abwehren, mit EloKa stören, sie werden vom Gegner gekapert oder man findet über die Drohne heraus wo ihr Operator sitzt und kann diesen gezielt töten. Auch in der Ukraine werden diese Billigdrohnen also größtenteils erfolgreich abgewehrt und ist ihre tatsächliche reale Wirkung nicht so hoch. Und trotzdem ! halte ich sie für ein erhebliches militärisches Problem.
Denn ihre Präsenz erzwingt fortwährende Abwehrmaßnahmen. Ihre Wirkung ist gut im Verhältnis zu ihren Kosten (Economy of Force) und sie sind wortwörtlich das Kleinvieh das auch Mist macht. Ich halte ja allgemein sehr viel vom Ikeaprinzip im Krieg: viele kleine und für sich allein bedeutungslose Vorteile summieren sich und irgendwann erzeugt dies insgesamt einen Umschwung. Gerade die Billigdrohnen sind einer dieser kleinen, für sich allein bedeutungslosen Vorteile.
Zitat:Ich sage dazu nur, dass du die real vorhandenen Fähigkeiten meiner Ansicht nach unterschätzt, vielleicht auch, weil darüber selten und wenig geredet wird.
Das kann schon sein. Aber ich habe zumindest bei der Bonsaiarmee Bundeswehr meiner rein persönlichen Ansicht nach keine ausreichende Quantität für die Größenordnungen welche da zu bearbeiten wären. Und ich halte es für recht wohlfeil zu erklären, dass man die Fähigkeiten grundsätzlich hat (die Bundeswehr hat ganz viele Fähigkeiten grundsätzlich und dann auch oft auf einem hohen Niveau), aber wenn man sie nicht in der notwendigen Quantität zeitnah bereit stellen kann ist dies recht irrelevant.
Und selbst wenn die real vorhandenen Fähigkeiten viel stärker sein sollten als von mir angenommen, sowohl qualitativ (davon gehe ich aber auch aus) als auch quantiativ (hier halte die Fähigkeiten für unzureichend) - selbst dann stellten selbst diese Billigdrohnen ein Problem dar, welches eine ständige Abnutzung erzeugt und einen ständigen Druck erzeugt und fortwährend als Kleinvieh Mist anhäuft, der sich dann im Laufe der Zeit ordentlich anhäuft.
Man muss das meiner Meinung nach eher analog zu einfachen Infanteriemörsern und Schützenwaffen sehen. Die reißen auch nicht viel, gerade die Kugelwaffen nicht. Und trotzdem wird niemand erklären, dass Maschinengewehre nicht sinnvoll sind, weil Panzerfahrzeuge gegen das MG Feuer immun sind.
Es geht mir also nicht darum, dass Drohnen jetzt hier und heute der große Reißer und Umschwung wären, sondern dass man nicht aus Hybris gerade eben weil sie das nicht sind sie unterschätzt und zu weitgehend ignoriert als Problem.
Zitat:du schwankst halt gern zwischen den Extremen
Dazu noch ein Punkt: meiner Meinung nach sind Hochtechnologie und primitive Technologie kein Widerspruch, sondern sie ergänzen einander perfekt. Gerade eben indem man beide zugleich anwendet, stellt man den Gegner vor weitere Probleme und erlangt dadurch Vorteile. Ich würde daher eine Mischung aus Hochtechnologie und primitiver Technologie einem Einheits-Standard in der Mitte sogar vorziehen. Je mehr Widersprüche man erzeugt, desto vorteilhafter, weil der Gegner dann dadurch weniger dazu in der Lage neue Abwehrmöglichkeiten zu finden als wenn er es mit einem einheitlicheren Standard zu tun hat.
Desweiteren kann man so eine insgesamt größere Quantität erzeugen und das ist wesentlich da es oft die Quantität / Simultanität und weil man nicht weiß welches technologische Niveau man gerade vor sich hat ist, welches die Abwehr leicht überfordert.
Zitat:Es sollte nicht überraschen, dass ich das etwas differenzierter sehe
Man kann auch Sachen zu differenziert betrachten