@Nightwatch
Zitat:Das Prisenrecht wurde allerdings schon im ersten Weltkrieg in althergebrachter Form buchstäblich torpediert und kam in den letzten 100 Jahren nicht mehr zur Anwendung. Insofern kann man hier IMO nicht mehr von Allgemeiner Übung sprechen. "Das wurde mal vor hundert Jashren so gemacht" konstituiert jedenfalls kein Völkergewohnheitsrecht.
Naja, torpediert nicht unbedingt, aber irgendwo doch wieder. Genau genommen hat man versucht, sich in den Anfangsphasen des Krieges durchaus daran zu halten. Das gilt für deutsche U-Boote und Hilfskreuzer, aber auch für Entente-Schiffe, die deutsche Schiffe und Blockadebrecher abfingen. Übrigens lässt sich das auch im Zweiten Weltkrieg beobachten, es kam dabei aber auch stark auf den Kommandanten an, manche führten noch zu dem Zeitpunkt, als bereits der uneingeschränkte U-Boot-Krieg tobte, im Atlantik wie auch im Pazifik (auch die Navy führte einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg gegen Japan), den Tonnagekrieg nach Prisenrecht und hielten Schiffe brav an und durchsuchten sie, ehe sie sie versenkten. Diese Verhalten nahm aber im Laufe des eskalierenden Krieges ab.
@alphall31
Zitat:Frage : Spanien hat die für die Ukraine bestimmten Leopard 2 Panzer per Schiff auf den Weg nach Polen geschickt um von dort aus weiter in die Ukraine . Laut Prisenrecht dürfte Rußland das Schiff in neutralen Gewässern doch aufbringen und versenken als Kriegspartei ohne das sie rechtlich zu belangen wären ? Lieg ich da richtig ?
Richtig seevölkerrechtlich verboten ist eigentlich nur die reine Kaperei (seit der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856). Das Prisenrecht selbst hingegen ist einer latenten Auslegung eines jeden Staates unterworfen und hat keine allgemeine Gültigkeit, wie Nightwatch schon schrieb - eben Völkergewohnheitsrecht.
Aber: Dieses Völkergewohnheitsrecht bezogen auf das Prisenrecht gilt nur außerhalb der neutralen Hoheitsgewässer. Wenn Spanien nun ein Schiff nach Polen schickt, so wird dieses ohne Probleme sich nur in Hoheitsgewässern von NATO-Staaten aufhalten können, somit also in "neutralen" oder internationalen Gewässern gar nicht unterwegs sein müssen.
Zudem säße die NATO bzgl. Geographie und maritimen Befähigungen am deutlich längeren Hebel. Würde Russland z. B. ein solches Schiff in der Ostsee abfangen, könnte die NATO dies als Blankoscheck verstehen, russische Schiffe nach Gutdünken ebenso abzufangen. (Oder besser: Südafrikanische Schiffe, die Waffen für die Russen an Bord haben - gab da ja vor einigen Tagen etwas Wirbel in Südafrika.)
Insofern: Es würde sich nicht mal "lohnen" für Moskau. Es wäre also ein Eigentor sondersgleichen.
Schneemann