Lieferung Leopard Spanien / Prisenrecht
#1
Frage : Spanien hat die für die Ukraine bestimmten Leopard 2 Panzer per Schiff auf den Weg nach Polen geschickt um von dort aus weiter in die Ukraine . Laut Prisenrecht dürfte Rußland das Schiff in neutralen Gewässern doch aufbringen und versenken als Kriegspartei ohne das sie rechtlich zu belangen wären ? Lieg ich da richtig ?
Zitieren
#2
Torsten Heinrich ? Shy

Eher schwierig, Prisenrecht ist nicht kodifiziert sondern wird dem Völkergewohnheitsrecht zugerechnet.

Völkergewohnheitsrecht bedingt die Allgemeine Übung, sprich der fragliche Akt sollte schon wenigstens grundsätzlich / allgemein / gewöhnlich zwischen Völkerrechtsubjekten so gehandhabt werden damit sich daraus ein Rechtscharakter ergibt -> "machen wir alle so weil wir es für richtig halten, halte dich gefälligst auch dran"

Das Prisenrecht wurde allerdings schon im ersten Weltkrieg in althergebrachter Form buchstäblich torpediert und kam in den letzten 100 Jahren nicht mehr zur Anwendung. Insofern kann man hier IMO nicht mehr von Allgemeiner Übung sprechen. "Das wurde mal vor hundert Jashren so gemacht" konstituiert jedenfalls kein Völkergewohnheitsrecht.

Und außerdem führt Russland doch überhaupt keinen Krieg.
Zitieren
#3
Ja genau , das Thema wurde dort angesprochen .
Das müsste ja unter banngutrecht fallen
Zitat: Banngutrecht
Auf neutralen Schiffen darf Banngut, soweit es für den Feind bestimmt ist, beschlagnahmt und eingezogen werden. Das Schiff unterliegt ebenfalls der Einziehung, wenn mehr als die Hälfte der Ladung Banngut ist. Darüber hinausgehende Maßnahmen sind gegen Neutrale nur in Ausnahmefällen zulässig

Aber heute nicht mehr anwendbar wie im Post drüber beschienen . Ok danke .

Das lässt mich zu meiner zweiten Frage kommen . Im Frühjahr 2015 hat das ukrainische Parlament in abstimmung beschlossen Teile der Menschenrechte bis zur Beendigung des Krieges auszusetzen( link folgt) .
Das ganze scheint garnicht selten zu sein aber wenn ich diese Rechte für mein handeln außer Kraft setze mir das ganze dann aber wiederfährt durch meinen kriegsgegner zum Beispiel sieht es doch für mich eigentlich ziehmlich schlecht aus

http://https://www.bpb.de/themen/europa/...r-ukraine/
Zitieren
#4
(16.05.2023, 18:16)Nightwatch schrieb: Torsten Heinrich ? Shy

Eher schwierig, Prisenrecht ist nicht kodifiziert sondern wird dem Völkergewohnheitsrecht zugerechnet.

Völkergewohnheitsrecht bedingt die Allgemeine Übung, sprich der fragliche Akt sollte schon wenigstens grundsätzlich / allgemein / gewöhnlich zwischen Völkerrechtsubjekten so gehandhabt werden damit sich daraus ein Rechtscharakter ergibt -> "machen wir alle so weil wir es für richtig halten, halte dich gefälligst auch dran"

Das Prisenrecht wurde allerdings schon im ersten Weltkrieg in althergebrachter Form buchstäblich torpediert und kam in den letzten 100 Jahren nicht mehr zur Anwendung. Insofern kann man hier IMO nicht mehr von Allgemeiner Übung sprechen. "Das wurde mal vor hundert Jashren so gemacht" konstituiert jedenfalls kein Völkergewohnheitsrecht.

Und außerdem führt Russland doch überhaupt keinen Krieg.

Aktuell liefern sich doch zum Beispiel die USA und Iran ein Duell im Beschlagnahmen von Öltankern und dies ohne überhaupt Krieg zu führen.
Zitieren
#5
@Nightwatch
Zitat:Das Prisenrecht wurde allerdings schon im ersten Weltkrieg in althergebrachter Form buchstäblich torpediert und kam in den letzten 100 Jahren nicht mehr zur Anwendung. Insofern kann man hier IMO nicht mehr von Allgemeiner Übung sprechen. "Das wurde mal vor hundert Jashren so gemacht" konstituiert jedenfalls kein Völkergewohnheitsrecht.
Naja, torpediert nicht unbedingt, aber irgendwo doch wieder. Genau genommen hat man versucht, sich in den Anfangsphasen des Krieges durchaus daran zu halten. Das gilt für deutsche U-Boote und Hilfskreuzer, aber auch für Entente-Schiffe, die deutsche Schiffe und Blockadebrecher abfingen. Übrigens lässt sich das auch im Zweiten Weltkrieg beobachten, es kam dabei aber auch stark auf den Kommandanten an, manche führten noch zu dem Zeitpunkt, als bereits der uneingeschränkte U-Boot-Krieg tobte, im Atlantik wie auch im Pazifik (auch die Navy führte einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg gegen Japan), den Tonnagekrieg nach Prisenrecht und hielten Schiffe brav an und durchsuchten sie, ehe sie sie versenkten. Diese Verhalten nahm aber im Laufe des eskalierenden Krieges ab.

@alphall31
Zitat:Frage : Spanien hat die für die Ukraine bestimmten Leopard 2 Panzer per Schiff auf den Weg nach Polen geschickt um von dort aus weiter in die Ukraine . Laut Prisenrecht dürfte Rußland das Schiff in neutralen Gewässern doch aufbringen und versenken als Kriegspartei ohne das sie rechtlich zu belangen wären ? Lieg ich da richtig ?
Richtig seevölkerrechtlich verboten ist eigentlich nur die reine Kaperei (seit der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856). Das Prisenrecht selbst hingegen ist einer latenten Auslegung eines jeden Staates unterworfen und hat keine allgemeine Gültigkeit, wie Nightwatch schon schrieb - eben Völkergewohnheitsrecht.

Aber: Dieses Völkergewohnheitsrecht bezogen auf das Prisenrecht gilt nur außerhalb der neutralen Hoheitsgewässer. Wenn Spanien nun ein Schiff nach Polen schickt, so wird dieses ohne Probleme sich nur in Hoheitsgewässern von NATO-Staaten aufhalten können, somit also in "neutralen" oder internationalen Gewässern gar nicht unterwegs sein müssen.

Zudem säße die NATO bzgl. Geographie und maritimen Befähigungen am deutlich längeren Hebel. Würde Russland z. B. ein solches Schiff in der Ostsee abfangen, könnte die NATO dies als Blankoscheck verstehen, russische Schiffe nach Gutdünken ebenso abzufangen. (Oder besser: Südafrikanische Schiffe, die Waffen für die Russen an Bord haben - gab da ja vor einigen Tagen etwas Wirbel in Südafrika.)

Insofern: Es würde sich nicht mal "lohnen" für Moskau. Es wäre also ein Eigentor sondersgleichen.

Schneemann
Zitieren
#6
Zitat:Zudem säße die NATO bzgl. Geographie und maritimen Befähigungen am deutlich längeren Hebel. Würde Russland z. B. ein solches Schiff in der Ostsee abfangen, könnte die NATO dies als Blankoscheck verstehen, russische Schiffe nach Gutdünken ebenso abzufangen. (Oder besser: Südafrikanische Schiffe, die Waffen für die Russen an Bord haben - gab da ja vor einigen Tagen etwas Wirbel in Südafrika.)

Auf welcher Rechtsgrundlage sollte das die Nato dürfen . Die Nato ist weder ein Land noch ist sie kriegspartei
Zitieren
#7
Sobald Russland das Schiff eines NATO-Landes aufbringt, wäre das rein technisch eine kriegerische Handlung, so lange es ein Opposed Boarding gibt.

Optional kann man aber auch einfach sagen: Es gibt keinen Krieg und keine Kriegspartei. Insofern wäre das kapernde russische Schiff nicht mehr als Schiff einer Kriegspartei, sondern als Pirat anzusehen und dürfte von jedem bekämpft werden. Dann könnte man das Problem als Anti-Piraterie-Mission lösen.

Schneemann
Zitieren
#8
Zitat:In Deutschland ist die Prisenordnung und die Prisengerichtsordnung aus der Zeit des Nationalsozialismus, wie sie am 28. August 1939 im Reichsgesetzblatt verkündet wurden, bis heute gültig

Die letzte Neufassung erfolgte August 1959.
Zitieren
#9
Nun ja, dann ist ja alles völlig einwandfrei. Finger weg von "unseren" Schiffen... Wink

Schneemann
Zitieren


Gehe zu: