Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg
#91
Was man auf jeden Fall beachten sollte.
Artillerie.
Artillerie (und Luftüberlegenheit, diese Symbiose ist top).
Nimmt man sich als Bsp mal die Schlacht in der Normandie vor.
Da haben sich teilweise hochqualitative Landtruppen (Deutsche) gegen überversorgte, mit Artillerie und bei gegebenen Wetterverhältnissen 24/7 durch die Luftwaffe unterstützte - im Vergleich zu deutschen Formationen - oft "medicore" Einheiten langsam aber sicher abgekämpft bzw. wurden stets niedergekämpft.
Die Deutschen fürchteten amerikanische 105er und 155er.
Ami-Ari war schnell, genau und langanhaltend.
Im Prinzip muss ich nur sicherstellen das ich die Lufthoheit besitze und mit meiner Artillerie ersticke ich jeglichen feindlichen Widerstand, wie eine unaufhaltbare Naturgewalt, also muss ich dafür Sorge tragen das meine Arti geschützt ist (wie deren Nachschub gesichert ist), dann zerberste ich dir auch qualitativ höherwertige Formationen mit eigentlich schlechteren Einheiten.
Nichtsdestotrotz bin ich dafür das deutsche Einheiten im "klassischen 1vs1" die höchste Qualität aufweisen nur muss man diesen Standard eben auch auf deren Unterstützung ansetzen.
Es gibt keine Axiome im Krieg.
Aber so wie es damals schon Kolonialscharmützel und Großkriege gab so gibt es diese heute auch.
Man darf seine Streitkräfte aufgrund von temporären Ereignissen nicht "afghanisieren", "malisieren" oder "wasweißichwelchestanisieren".
Alleine der Körperschutz und das Sanitätswesen wird vollkommen überbewertet wenn man es auf einen realen GROSSkrieg projiziert. Da sterben Soldaten, unweigerlich und zwar verdammt viele.

Jetzt kann man es niemanden übel nehmen wenn er nicht durch eine rostige 7.62x39 oder 7.62x54mmR in einem "Hilfdirselbistan" verrecken will... hat eben nur nix mit einem möglichen Großkrieg zu tun.
Man braucht keine Sanitätswehr sondern eine Armee die "Krieg kann", ihn nicht will aber ihn führen kann, sobald die Notwendigkeit eintritt.
Und ALLES was dahingehend behindert oder schwächt ist abzulehnen.
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#92
Zitat:Jetzt kann man es niemanden übel nehmen wenn er nicht durch eine rostige 7.62x39 oder 7.62x54mmR in einem "Hilfdirselbistan" verrecken will... hat eben nur nix mit einem möglichen Großkrieg zu tun.
Man braucht keine Sanitätswehr sondern eine Armee die "Krieg kann", ihn nicht will aber ihn führen kann, sobald die Notwendigkeit eintritt.
Und ALLES was dahingehend behindert oder schwächt ist abzulehnen.


Ich habe es ja schon mit @QF versucht, aber ich kann einfach nicht das Problem verstehen.

Ein Soldat hat das recht auf die bestmögliche Versorgung (auch medizinische), mit Betonung auf "best mögliche".
Und je nach der taktischen Situation kommt dann "Triage", dann wird entschieden was möglich ist und was nicht.
"Best möglich", kann bedeuten mit einem Helico ausgeflogen zu werden, kann aber in Extremfällen bedeuten (wie in Indochina in den 50er Jahren), mit Munition und Defensifgranaten ausgerüstet, den Rückzug der Kameraden zu decken .

In der Ukraine können Soldaten wahrscheinlich mit dem unteren Teil der gesamten Bandbreite konfrontiert werden. Ist halt Berufsrisiko.
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#93
(24.07.2022, 14:09)reflecthofgeismar schrieb: Was man auf jeden Fall beachten sollte.
Artillerie.
Artillerie (und Luftüberlegenheit, diese Symbiose ist top).
Nimmt man sich als Bsp mal die Schlacht in der Normandie vor.
Da haben sich teilweise hochqualitative Landtruppen (Deutsche) gegen überversorgte, mit Artillerie und bei gegebenen Wetterverhältnissen 24/7 durch die Luftwaffe unterstützte - im Vergleich zu deutschen Formationen - oft "medicore" Einheiten langsam aber sicher abgekämpft bzw. wurden stets niedergekämpft.
Die Deutschen fürchteten amerikanische 105er und 155er.
Ami-Ari war schnell, genau und langanhaltend.
Im Prinzip muss ich nur sicherstellen das ich die Lufthoheit besitze und mit meiner Artillerie ersticke ich jeglichen feindlichen Widerstand, wie eine unaufhaltbare Naturgewalt, also muss ich dafür Sorge tragen das meine Arti geschützt ist (wie deren Nachschub gesichert ist), dann zerberste ich dir auch qualitativ höherwertige Formationen mit eigentlich schlechteren Einheiten.
Nichtsdestotrotz bin ich dafür das deutsche Einheiten im "klassischen 1vs1" die höchste Qualität aufweisen nur muss man diesen Standard eben auch auf deren Unterstützung ansetzen.
Es gibt keine Axiome im Krieg.
Aber so wie es damals schon Kolonialscharmützel und Großkriege gab so gibt es diese heute auch.
Man darf seine Streitkräfte aufgrund von temporären Ereignissen nicht "afghanisieren", "malisieren" oder "wasweißichwelchestanisieren".
Alleine der Körperschutz und das Sanitätswesen wird vollkommen überbewertet wenn man es auf einen realen GROSSkrieg projiziert. Da sterben Soldaten, unweigerlich und zwar verdammt viele.

Jetzt kann man es niemanden übel nehmen wenn er nicht durch eine rostige 7.62x39 oder 7.62x54mmR in einem "Hilfdirselbistan" verrecken will... hat eben nur nix mit einem möglichen Großkrieg zu tun.
Man braucht keine Sanitätswehr sondern eine Armee die "Krieg kann", ihn nicht will aber ihn führen kann, sobald die Notwendigkeit eintritt.
Und ALLES was dahingehend behindert oder schwächt ist abzulehnen.

Bin nicht sicher darin zustimmen zu können.
Wovon du hier sprichst ist , zumindest meiner Lesart nach, die russische Feuerwalze, in präziser Form.
Aber selbst dann benötige ich immer noch 3 oder vier Salven aus jeweils 6 Geschützen um nur halbwegs mein Ziel zu erreichen.
Meine Vorstellung moderner Artillerie ist ein Schuss, ein Treffer. Nicht auf Grabensysteme, oder einzelne Panzer, sondern auf Straßenkreuzungen in Gegenden die nur schwer außerhalb dieser Kreuzung zu umfahren sind, Kommandoposten, Munitions und Treibstofflager, Kommunikationszentren( Richtfunk u.ä. ), Feldreparaturstrukturen.
Alles in der Art von Feldbefestigung ist Aufgaben von 30 mm Sprengpunkt, PELE, oder Mörsern.
Nebenbei wiederspricht sich deine Ausführung über die Normandie selbstWink
Nur um dies zu verdeutlichen, sieh dir Bilder aus der Ukraine an, um Stellungen herum liegen teilweise 30/40 Granateinsschläge, 2/3 der Stellung selbst ist intakt. Deshalb wurde der Panzer erfunden, kann nach so einem Beschuss , aufgrund der Trichter , aber nicht einmal mehr in die Stellung reinpreschen.
Die einzige klassische Artillerie die vielleicht noch Sinn machen kann, wäre sowas wie die Miniceasar der Amis mit 10,5 auf hmmv, auf Bataillonsebene. Meiner Meinung nach aber eher um den Rückzug des Gegners zu stören, oder den Bataillonsstand oder ähnliches zu stören.
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#94
(24.07.2022, 14:40)voyageur schrieb: Ich habe es ja schon mit @QF versucht, aber ich kann einfach nicht das Problem verstehen.

Ein Soldat hat das recht auf die bestmögliche Versorgung (auch medizinische), mit Betonung auf "best mögliche".
Und je nach der taktischen Situation kommt dann "Triage", dann wird entschieden was möglich ist und was nicht.
"Best möglich", kann bedeuten mit einem Helico ausgeflogen zu werden, kann aber in Extremfällen bedeuten (wie in Indochina in den 50er Jahren), mit Munition und Defensifgranaten ausgerüstet, den Rückzug der Kameraden zu decken .

In der Ukraine können Soldaten wahrscheinlich mit dem unteren Teil der gesamten Bandbreite konfrontiert werden. Ist halt Berufsrisiko.

Hallo Voyageur!
Du hast mich missverstanden!
In den klassischen Kolonialscharmützeln ist es doch eh ok, wenn diese "Überversorgung" gewährleistet ist.
Ich bezog mich darauf das der klassische, große Krieg, sowas nicht erlaubt.
Nachtrag:
Jeder von euch kennt Ego-Shooter Big Grin
In diversen Shootern gibt es ja "extra gepanzerte" Gegner.
So, da heute auch solche Extremformen von Schutzwesten mit allerei Zusätzen, Helmen mit ballistischen Visieren usw. tatsächlich existieren kann ich mir sowas natürlich für REINES Wachpersonal vorstellen.
Nehmen wir anders ausgestatte Objektschutzregimenter.
(Moduläre Flugplätze) Die kennen das Terrain wo sie sind, haben klar definiertes Aufgabenspektrum usw.
Wenn die da nicht durch das afghanische Gebirge oder malische Dünen rumjantern, dann ist dieser Überschutz iwo noch zu rechtfertigen.
Will einer die Wache mit nem klassischen DMR erschießen, muss er jetzt auf den Hals schießen da er wien "Ritter" in nem Ganzkörperharnisch gepanzert ist und es gibt heute Westen/Zusätze die auf klassische Entfernung 7.62x51mm/7.62x54mmR AP aushalten...
Oder wenn in Afghanistan iwo ein Sperrbezirk ist, da wo man EXTRA nen dicken MBT hinstellt damit die Taliban wissen, ohoh Sperrzone.
Da an den Wachpunkten/Checkpoints auch solche überschwere Infanterie, die das MG bemannt und nen Schirm/Tarn/Sonnenschutznetz über der ausgebauten Stellung hat. Big Grin
Bin nicht prinzipiell gegen Panzerungen, ganz im Gegenteil, Torso sollte geschützt sein, Helm auch mit dabei. Stabile Handschuhe sowie Ellebogen und Knieschützer sind Standard.
Aber wie der weise QF schon so oft sagte, infanterisch-kämpfende Infanterie hat die Deckung und ihren Kampfstil als besten Schutz und dann darf man DIESE echte leichte Infanterie auch net zweckentfremden.
Im Prinzip sollte QF der Leiter für die Ausbildung leichter Infanterie sein.

(24.07.2022, 14:51)Falli75 schrieb: Bin nicht sicher darin zustimmen zu können.
Wovon du hier sprichst ist , zumindest meiner Lesart nach, die russische Feuerwalze, in präziser Form.
Aber selbst dann benötige ich immer noch 3 oder vier Salven aus jeweils 6 Geschützen um nur halbwegs mein Ziel zu erreichen.
Meine Vorstellung moderner Artillerie ist ein Schuss, ein Treffer. Nicht auf Grabensysteme, oder einzelne Panzer, sondern auf Straßenkreuzungen in Gegenden die nur schwer außerhalb dieser Kreuzung zu umfahren sind, Kommandoposten, Munitions und Treibstofflager, Kommunikationszentren( Richtfunk u.ä. ), Feldreparaturstrukturen.
Alles in der Art von Feldbefestigung ist Aufgaben von 30 mm Sprengpunkt, PELE, oder Mörsern.
Nebenbei wiederspricht sich deine Ausführung über die Normandie selbstWink
Nur um dies zu verdeutlichen, sieh dir Bilder aus der Ukraine an, um Stellungen herum liegen teilweise 30/40 Granateinsschläge, 2/3 der Stellung selbst ist intakt. Deshalb wurde der Panzer erfunden, kann nach so einem Beschuss , aufgrund der Trichter , aber nicht einmal mehr in die Stellung reinpreschen.
Die einzige klassische Artillerie die vielleicht noch Sinn machen kann, wäre sowas wie die Miniceasar der Amis mit 10,5 auf hmmv, auf Bataillonsebene. Meiner Meinung nach aber eher um den Rückzug des Gegners zu stören, oder den Bataillonsstand oder ähnliches zu stören.

Bei westlicher heutiger Ari-Muni gehe ich von gelenkter Munition aus.
Höchste Trefferquote, nur eben in Masse. Sicherlich nicht in der Masse wie billigste sowjetisch/russische Ari-Mun aber ja, schon deutlich mehr Quantität IN der Qualität.
Krieg ist teuer (in jeglicher Hinsicht), da sollte man nicht wegen den Kosten jammern.
Über kleinere, nervige eigentlich von anderen Einheiten zu bekämpfenden Ministellungen etc. bezog ich mich nicht, da sollte Ari nur reinholzen wenn sie gerade woanders nicht gebraucht wird und mal die Kapazitäten dahingehend frei sind.
Aber da wo es dem Gegner schmerzt, man massiven Primär und Sekundärschaden verursacht muss sie wüten ob es kein Morgen gäbe weil der Himmel über den feindlichen Truppen brennt - wenn notwendig.
PS: Gerade die 30x173mm ist deutlich schwächer wie die 35x228mm in ihrer HE-Wirkung...
Jetzt kann man wieder wegen mehr mitführbarer Munition usw. diskutieren aber ja...
Big Grin
LG!
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#95
Zur Sanitäts-Überversorgung:

Im IKM-Einsatz ist das für eine Demokratie wie unsere zwingend erforderlich, um die Unterstützung der Bevölkerung zu bewahren und auch um überhaupt Soldaten zu finden, die den Job machen wollen.

In einer ernsthaften Kriegssituation kann man das zwar nicht aufrecht erhalten, aber durch die extrem viel höheren Verlustzahlen ist dann die von uns derzeit vorgehaltene Sanitätsversorgung quantitativ trotzdem wieder angemessen, wenn auch dann auf einem qualitativ anderen Niveau, dessen muss man sich einfach bewusst sein.
Aber wichtig ist sie auch in diesem Szenario, alleine schon aufgrund unserer geringen Truppenstärke. Da muss zwangsläufig alles dafür getan werden, die wenigen gut ausgebildeten Soldaten am Leben zu erhalten.
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#96
Ergänzend:

voyageur will ja explizit nicht auf eine Überversorgung hinaus, sondern auf die Best-Mögliche, welche sich also aus den Umständen ergibt. Nun muss man das ganze von da aus etwas aufdröseln, was Broensen hier ja schon anreißt: die real existierende Sanitätstruppe kann im IKM Fall eine schier unfassbar gute Versorgung von Verwundeten leisten. Dies ist im großen konventionellen Krieg aus vielen Gründen so nicht aufrecht erhaltbar. Darin sind wir uns sicher alle einig und auch voyageur schreibt ja nichts anderes.

Der primäre Vorteil einer best-möglichen Versorgung liegt vor allem in seiner Wirkung auf die Kampfmoral der Truppe. Querschnittlich senkt eine schlechte medizinische Versorgung die Kampfmoral der unverletzten Soldaten und primär auf das zielt diese Versorgung in Wahrheit auch ab.

Nun hat für die IKM Einsätze das Sanitätswesen rein quantiativ ein Ausmaß angenommen, dass ungesund ist, um mich vorsichtig auszudrücken. Das Problem welches ich nun spezifisch damit habe ist, dass die schiere Quantität des Sanitätswesens so groß ist, dass in einem großen konventionellen Krieg - in dem ja auch andere Faktoren als nur die Frage der Arbeitskapazität das Sanitätswesen einschränken ! - Anteile dieser Quantität sozusagen brachliegen, also gar nicht arbeiten können.

Das ist das Problem welches ich auch schon früher voyageuer kommunizieren wollte.

Einfacher:

Wenn ich 100 Einheiten habe, welche 100 Verwundete versorgen könnten (rein theoretisch), aber diese Quantität nicht abgegriffen werden kann, weil andere Umstände und andere Faktoren als die bloße Zahl der Einheiten es verunmöglichen mehr als 50 Verwundete zu versorgen, dann reichen 50 Einheiten.

Und deshalb ist es meiner Meinung nach auch nicht ganz korrekt, wenn Broensen hier schreibst, dass die real vorhandene Kapazität für einen großen konventionellen Krieg dann quantiativ angemessen wäre. Exakt das ist nicht der Fall. Es sind zu viele Sanitäter im Vergleich zur Kampftruppe. Die Verlustzahlen steigen, aber die Menge der Verluste kann von dieser Santitätstruppe so nicht bearbeitet werden, und zwar nicht nur von der Qualität her, sondern auch von der Quantität her, und zwar nicht weil die Sanitätstruppe quantiativ zu klein wäre, sondern weil andere Faktoren die Menge der bearbeitbaren Verwundeten begrenzen.

Entsprechend gehen die ganzen Konzepte zur Verwundetenversorgung nicht auf, und insbesondere die Verbringung von Verwundeten aus dem Kampfgebiet ist in den zu erwartenden Größenmengen einfach praktisch real nicht bewerkstelligbar und dass liegt eben nicht an der Frage der bloßen Quantität der Sanitäter.

Aber meiner Einschätzung nach ist das voyageur durchaus völlig klar, entsprechend schreibt er hier ja völlig korrekt als Beispiel über Indochina in den 50ern. Was damals halt auch das bestmögliche war und heute als undenkbar bezeichnet wird. Und da sind wir beim entscheidenden Punkt meiner Kritik am Sanitätswesen der Bundeswehr:

Sehr vieles was real auftreten kann, ist hier und heute für die Führungskräfte in der Bundeswehr, insbesondere aber für die Sanitäter UNDENKBAR. Während voyageur immerhin solche Extremsituationen berücksichtigt. Es ist dieser Mangel an Vorstellungskraft und geistiger Flexibilität in der Sanitätswehr, welcher hier das Problem darstellt.

Man will da stattdessen spezifische Konzepte auf eine spezifische Weise durchführen, und dies selbst dann, wenn denkbare Umstände dies definitiv verhindern werden. Was aber dann alternativ getan werden muss, dafür hat man keinen Plan und keine Vorstellung. Das ist das zweite Problem der Sanitätswehr, mal abgesehen davon, dass der Mittelansatz in der Bundeswehr in diesem Bereich meiner Überzeugung nach dem Pareto-Prinzip widerspricht und man weit über das tatsächlich real notwendige (weil einzig real mögliche) hinaus Quantität vorhält.
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#97
(28.07.2022, 18:56)Quintus Fabius schrieb: Wenn ich 100 Einheiten habe, welche 100 Verwundete versorgen könnten (rein theoretisch), aber diese Quantität nicht abgegriffen werden kann, weil andere Umstände und andere Faktoren als die bloße Zahl der Einheiten es verunmöglichen mehr als 50 Verwundete zu versorgen, dann reichen 50 Einheiten.

Dann haben wir halt 50 Einheiten frei für die Unterstützung von Verbündeten, die über keine derart leistungsfähige Sanitätsversorgung verfügen wie wir. Oder zur Versorgung der Zivilbevölkerung vor Ort.
Aber es ist ja in der real existierenden Bundeswehr nicht so, dass 50 Sani-Einheiten weniger gleichzeitig auch 50 Kampfeinheiten mehr bedeuten würden. Es wären einfach nur 50 Einheiten weniger.

Maßgeblich für die Bemessung der Sanitätstruppe sollte daher mMn - zusätzlich zur regulären Truppenversorgung - die optimale Versorgung des unter regulären Umständen maximal denkbaren IKM-Einsatzes sein. Inwieweit das aktuell passt, kann ich nicht beurteilen.
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#98
Zitat:dass die schiere Quantität des Sanitätswesens so groß ist, dass in einem großen konventionellen Krieg

bei dem heutigen (gesellschaftlichen) Mangel an Ärzten und Pflegern sehe ich das nicht für Frankreich

Zitat: dass die real vorhandene Kapazität für einen großen konventionellen Krieg dann quantiativ angemessen wäre.

kann ich für Deutschland nicht beurteilen, für Frankreich werden ich diesen Strang in den nächsten tagen vervollständigen

Zitat:Sehr vieles was real auftreten kann, ist hier und heute für die Führungskräfte in der Bundeswehr, insbesondere aber für die Sanitäter UNDENKBAR. Während voyageur immerhin solche Extremsituationen berücksichtigt. Es ist dieser Mangel an Vorstellungskraft und geistiger Flexibilität in der Sanitätswehr, welcher hier das Problem darstellt.


Das erinnert mich an den Anfang der 1°Covid Welle. Ein (französischer) Arzt im Elsass hat vor deutschen Journalisten das Wort Triage erwähnt. Und es gab starken Wind im deutschen Blätterwald, von Bild bis Zeit.

Zitat:Bei der medizinischen TriageWikipedia (französisch) wird, wenn die Anzahl der zu behandelnden Patienten die Pflegekapazität übersteigt, festgelegt, welche Patienten Vorrang haben und in welcher Reihenfolge sie behandelt und evakuiert werden, mit dem Ziel, so viele Menschen wie möglich zu retten1.
Ursprung und historische Entwicklung

Der Begriff Sortieren stammt aus dem Wortschatz der Landwirtschaft und wurde auf Wolle und Kaffee angewendet; er bezeichnet sowohl das Sortieren (engl. to sort) als auch das Ergebnis, die Vorrichtung und den Ort, an dem sortiert wird2.

In seiner medizinischen Bedeutung taucht der Begriff Triage in den 1880er Jahren in französischen Abhandlungen über Militärmedizin auf. Das militärische Ziel lautete damals "Erhaltung der Truppenstärke", d. h. es sollten zuerst die Soldaten behandelt werden, die schnell wieder in den Kampf zurückkehren konnten, und sie sollten nach Dringlichkeit und Transportfähigkeit kategorisiert werden.

Die Erfahrungen, die der Gesundheitsdienst der französischen Armee während des Ersten Weltkriegs sammelte, stellen den Gründungsmoment der modernen medizinischen Triage dar. Es handelt sich dabei um ein System von Bewertungen und Entscheidungen, die in der Kette der Evakuierung von Verwundeten nach hinten zu treffen sind. Der Begriff "Triage" spielt übrigens auf die Verwaltung von Zügen an (Triagebahnhof), wobei die "Triageposten" eine ähnliche Rolle beim Transport von Verwundeten spielen2.

Der Begriff Triage (medizinische Triage) ist im medizinischen Englisch zu einem Gallizismus geworden, auch in Form des Verbs to triage in der technischen Bedeutung des Sortierens von Opfern in einem militärmedizinischen oder katastrophenmedizinischen Kontext2.


Bloss in den 90 Jahren gingen viele junge Mediziner in Hilfsaktionen wie MsF etc, und "mussten" einen "Crash Kurs" Katastrophenmedizin in einem Militärkrankenhaus machen, Und "peu a peu" hat sich das normalisiert , jetzt ist es wohl Bestandteil der medizinischen Grundausbildung, und es ist Bestandteil des täglichen Lebens vor allem in der Notaufnahme der Krankenhäuser.
Triage ist eine (soweit wie möglich) kollektive Entscheidung (Ärzte und Pfleger)

Triage will nicht sagen jemanden zum Sterben in die Ecke zu schieben (selbst wenn das in Extremfällen passieren könnte)

Triage will nur sagen das jedem Verletzten/Kranken die lokal best mögliche Versorgung zugeteilt wird.

Triage ist die reelle Welt, und egal ob Militär oder Zivilmedizin keiner kommt daran vorbei unangenehme Entscheidungen zu treffen und zu verantworten.

Es ist natürlich viel einfacher (virtuell) in einer Scheinwelt zu "leben" eher zu theoretisieren und große Reden zu schwingen, und zu hoffen nie von der Realität eingeholt zu werden.
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#99
Broensen:

Das setzt aber dann voraus, dass wir die überzähligen "50 Einheiten" welche du nun für unsere Verbündeten einsetzen willst auch dort zu diesen verbringen, dort unterhalten und einsetzen kannst. Und diese haben wiederum ebenfalls eigene Sanitätskräfte usw.

Im übrigen ist das ja tatsächlich eine der ständig seit Jahren wiederkehrenden Aussagen und primären Begründungen für die absurd überblähten Sanitätskräfte: dass man diese ja dann den Verbündeten zur Verfügung stellen kann und die Bundeswehr halt eben Führung, Sanitätspersonal usw stellt, während die Kampftruppe von anderen Ländern kommt etc

Zitat:Maßgeblich für die Bemessung der Sanitätstruppe sollte daher mMn - zusätzlich zur regulären Truppenversorgung - die optimale Versorgung des unter regulären Umständen maximal denkbaren IKM-Einsatzes sein. Inwieweit das aktuell passt, kann ich nicht beurteilen.

Meiner rein privaten Ansicht nach sind die Sanitätskräfte auch dafür überbläht und zu groß. Wobei die allermeisten Soldaten und Leute die sich auskennen mir da grundsätzlich widersprechen und erklären, ich unterläge da einem grundsätzlichen Irrtum. Aber selbst wenn man von einem größeren IKM Szenario ausgeht, ist die Zahl der Sanitäter meiner Überzeugung nach immer noch zu groß und geht zu Lasten der anderen Truppenteile und zwar vor allem deshalb, weil das Personal begrenzt ist:

Zitat:Aber es ist ja in der real existierenden Bundeswehr nicht so, dass 50 Sani-Einheiten weniger gleichzeitig auch 50 Kampfeinheiten mehr bedeuten würden. Es wären einfach nur 50 Einheiten weniger.

"50 Einheiten" Sanis weniger bedeutet freiwerdendes Personal für andere Einheiten. Ein praktisches Beispiel: ich spare ein Bataillon Sanis ein und habe Personal für ein Bataillon Kampfpanzer. Das ist natürlich jetzt gröbst vereinfacht, aber als Grundprinzip sollte es eben exakt darauf hinaus laufen.

Unser primäres Problem vor allem anderen ist das Personalproblem! Daher muss jeder MANN möglichst effektiv verwendet werden. Daher muss jeder Posten der nicht zwingend absolut notwendig ist für die Erzeugung von mehr Kampfkraft in Frage gestellt und falls nötig anders verwendet werden. Das geschieht viel zu wenig.

voyageur:

Zitat:Triage will nicht sagen jemanden zum Sterben in die Ecke zu schieben (selbst wenn das in Extremfällen passieren könnte)

Triage will nur sagen das jedem Verletzten/Kranken die lokal best mögliche Versorgung zugeteilt wird.

Triage ist die reelle Welt, und egal ob Militär oder Zivilmedizin keiner kommt daran vorbei unangenehme Entscheidungen zu treffen und zu verantworten.

Es ist natürlich viel einfacher (virtuell) in einer Scheinwelt zu "leben" eher zu theoretisieren und große Reden zu schwingen, und zu hoffen nie von der Realität eingeholt zu werden.

Perfekt formuliert! Exakt das meine ich. Wenn man, wie es in der real existierenden Bundeswehr der Fall ist, ganz grundsätzlich so etwas wie Triage nicht zulassen will, sondern diese in jedem Fall und mit allen Mitteln vermeiden will, dann ist eine überblähte Sanitätstruppe die zwingende Folge. Und damit ist diese eben der Ausfluss einer Scheinwelt die zwingend in einem großen konventionellen Krieg von der Realität eingeholt werden wird.
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(29.07.2022, 22:16)Quintus Fabius schrieb: "50 Einheiten" Sanis weniger bedeutet freiwerdendes Personal für andere Einheiten.
Und genau das bestreite ich. Es werden von den 50 Mann, die nicht in den SanDienst gehen, sicher nicht alle 50 dann trotzdem überhaupt zur Bundeswehr gehen. Das würden vielleicht 10. Also hättest du für 50 Sanis weniger nur 10 Dienstposten woanders mehr besetzt.
Man kann zwar idealisiert sagen, dass auch jeder Sanitäter zu allererst Soldat sei, aber in der deutschen Realität werden die meisten potentiellen SanDienst-Kandidaten gar nicht erst zur Truppe gehen, wenn sie nicht in den SanDienst können. Also hast du dann einfach insgesamt weniger Soldaten, weil du von den 50 verschobenen Dienstposten eben nur 10 besetzen kannst mangels Bewerbern.
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Ich befürchte dass du Recht hast. Oder schlimmer noch: auf diese deine These hin befragte ich heute einen Sani und dieser sagte, dass er sich einer Versetzung in die Kampftruppe wiedersetzen würde, denn dafür sei er ja nicht Soldat geworden......

ich streiche einfach die Segel und kapituliere ......
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Ein paar sehenswerte Filme von Perun:

Haben Helikopter eine Zukunft?

https://www.youtube.com/watch?v=qnoKpXvj41A

Über Marschflugkörper:

https://www.youtube.com/watch?v=_F7mt4rNVY0

Über die Bedeutung des Kampfwillens, der gesellschaftlichen und kulturellen Bereitschaft zum Krieg, also über die Kriegsfähigkeit einer Gesellschaft und was diese am meisten befördert:

https://www.youtube.com/watch?v=cVx3Nlifo4Q
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Sind wir wieder zurück bei der von Clausewitz propagierten Überlegenheit der Defensive?!

Ein Thema dass vor allem die Militärwissenschaft seit Jahren schon auf dem Schirm hat ist, wie sich Offensive und Defensive jeweils als überlegene Kampfform abwechseln: stehen wir vor einem solchen Wechsel?

Ending the Ideology of the Offense, Part I

https://warontherocks.com/2022/08/ending...se-part-i/

Ending the Ideology of the Offense, Part II

https://warontherocks.com/2022/08/ending...e-part-ii/

Die meiner Ansicht nach wichtigste Erkenntnis des Artikels ist zum Schluss hin, dass man eine sehr starke konventionelle Abschreckung benötigt, die - wenn sie Defensiv ausgerichtet ist - den Gegner davon abhält überhaupt einen Krieg anzufangen. Dazu benötigt man ein gewisses Übermaß von der Kampfkraft und von der Quantität her über das eigentlich benötigte hinaus. Die konventionellen Streitkräfte müssen also sogar stärker sein als dies rein militärisch gesehen notwendig wäre. Wenn solche überlegenen Streitkräfte aber zu offensiv ausgerichtet sind, erzeugt dies eine entsprechende Bedrohungslage mit all ihren Folgen. Entsprechend wäre es sinnvoller, eine sehr starke defensive Quantität vorzuhalten.

Desweiteren gibt es die klare Trennung von Systemen und Strukturen für die Offensive und für die Defensive so gar nicht, es sei denn man würde seine Streitkräfte sehr extrem ausrichten (beispielsweise mit einem Übermaß leichter Infanterie die de facto als Guerilla in einer Art Netzstruktur ohne Fronten kämpft etc). Die meisten Systeme welche für die Offensive gedacht sind, zeigen sich in der Defensive teilweise noch schlagkräftiger.

Meine Kritik an den Artikeln wäre, dass sie zu einseitig die rein militärische Lage aufgreifen, und die dahinter stehende Gesellschaft und Kultur zu weit außer Acht lassen. Damit laufen sie Gefahr die Sache zu sehr nur von der rein militärisch-strategischen Seite aus zu betrachten.
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Über leichte Infanterie und Drohnen in der Ukraine:

https://mwi.usma.edu/how-ukraines-roving...e-us-army/

https://mwi.usma.edu/will-the-drone-war-...al-drones/

Zur leichten Infanterie (so wie ich sie mir ebenso vorstelle):

Zitat:Flexibility, coordination, and synchronization between mobile light infantry units are required. Simple and reliable communication is a critical capability to support dispersal and concentration, allowing the roving bands of marauding light infantry to act in a similar manner to German U-boat operations during the Battle of the Atlantic. As land-based wolfpacks, communications enable the dispersal of forces to support survivability and counterreconnaissance while also ensuring the ability to concentrate to exploit identified opportunities before dispersing once again.

Deshalb ist das Mutterschiff-Konzept falsch:

Zitat:The current composition of armored brigade combat teams and even Stryker brigades lacks the number of infantry dismounts needed to organically conduct the deliberate and sustained roving aspect of the hedgehog defense to the degree effectively demonstrated in Ukraine. The demands placed on their infantry for platform operation and support, and signatures from these vehicles, preclude them from achieving the mobility and survivability that small, hunter-killer, light infantry teams need to operate.

Zitat:Even Stryker infantry units still emit a large signature limiting their mobility and survivability in the face of an enemy combined arms attack. Such units are better employed in direct support to the strongpoints, while light infantry roam between them or concentrate temporarily as a counterattack or exploitation force. A study to validate the current force structure of US armored formations for methods to increase infantry dismounts in US armored and Stryker formations could yield important insights, and it might also prove effective to return to a cross-organization method of mixing light infantry with Stryker infantry and armor. Optimizing light infantry for this purpose is key. To that end, equipping strictly light infantry forces with platforms like the Infantry Squad Vehicle to enhance mobility holds promise, but even this raises questions. How much is too much, how big is too big, and where should the mobility requirement lie? These are all important discussions. However, the most important factor for this analysis is that light infantry need mobility to conduct this sort of defense.

Und sie benötigt vor allem anderen die Befähigung der INFILTRATION und der MAXIMALEN QUERFELDEINBEWEGLICHKEIT. Beides hängt zudem direkt zusammen. Eine mögliche Antwort auf die genannte Problemstellung ist die Verwendung ziviler Fahrzeuge. Und eine Kampfweise die sich entlang und etwaig etwas über der Grenze des "erlaubten" bewegt.

Zitat:Mobility, survivability, and lethality are foundations to successful close combat actions and cannot be taken for granted on the future battlefield. Likewise, fighting in the defense on a linear front against an enemy force cannot be assumed in a sustained, high-intensity, large-scale combat operation.

Streifscharen die unbeschränkt zur Infiltration und Exfiltration fähig sind, könnten eine Antwort sein.
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Air denial over supremacy: lessons from Ukraine

Nachfolgen zwei interessante Aufsätze zum Luftkrieg über der Ukraine und den Folgen / Herleitungen daraus.

Quelle naval-technology

https://www.naval-technology.com/analysi...m-ukraine/

Quelle Atlantic Council: Air denial: The dangerous illusion of decisive air superiority

https://www.atlanticcouncil.org/content-...periority/

Der erste Text fußt (Anlyse bzw. Zusammenfassung dessen) im wesenltichen auf dem Konzept des Atlantic Council.

Ich bin jetzt leider nicht der Experte für die Luftwaffe aber die getroffenen Schlussfolgerungen halte ich trotzdem für beachtenswert.

Was ist die Meinung der Experten im Forum für dieses Thema und die Schlussfolgerung / Handlungsempfehlung für die Bundeswehr daraus, wenn das Geschriebene auch zutreffen solte?
Das würde mich wirklich interessieren. Passt die heutige Bundeswehrplaung darauf?
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