Bürgerkrieg in Syrien
#1
Seit einigen Monaten gab es keine größeren Kampfhandlungen mehr. Die Gebiete der verschiedenen Akteure scheinen abgesteckt. Assad scheint entweder nicht mehr die Kräfte zu haben weiter vorzudringen oder vielleicht sogar gar nicht mehr die Absicht, die abgespaltenen Teile sich wieder einzuverleiben. Entweder weil die Russen dies nicht unterstützen würden oder aber weil er vielleicht "lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach" hat. Sein Herrschaftsgebiet ist zwar signifikant kleiner geworden, aber dafür ist innerhalb dieses Kerngebietes nicht mehr mit viel Opposition zu rechnen. Die Kurden werden froh sein dass sie nun quasi ihren eigenen Staat haben. In Idlib dürfen vornehmlich islamistische Gruppen ihre gesellschaftlichen Ansichten umsetzen und in Afrin haben sich die loyal zu Erdogan stehenden Milizen niedergelassen. Mit diesem Status Quo scheinen sich alle mehr oder weniger abgefunden zu haben. Mit einem offiziellen Friedensschluß ist sicher nicht zu rechnen, aber vielleicht wird sich dieser einfach durch die geschaffenen Fakten manifestieren.
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#2
Die Frage ist halt, ob die USA und die Golfaraber diesen Status Quo nun in Ruhe lassen, oder ihn jetzt wieder aufrühren wollen. Aktuell verlegen die USA wieder Material und Kräfte an die Syrisch-Irakische Grenze und auch kleinere Eingriffe können dort die Lage wieder in Bewegung setzen. Andererseits ist Syrien ausgeblutet und am Ende, keine der Fraktionen dort kann noch aus eigener Kraft weiter kämpfen, dass läuft alles nur noch mit ausländischem Geld, ausländischem Material und ausländischen Söldnern. Solange also die Drittmächte nicht wieder eingreifen wird es zumindest nicht mehr von selbst weiter gehen.
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#3
Wobei es sicherlich so sein dürfte, dass der Konflikt zwar an Intensität verliert und Assad seinen befriedeten Friedhof als befriedet definieren wird können, aber vermutlich wird es weiterhin eine Art low intensity conflict bleiben, faktisch ein failed state, der sich wie ein Kongo mit halbwegs funktionierender Zentralregierung darstellt, wo ab und an lokale Gefechte ausbrechen. Zumal nicht sichergestellt sein wird, ob die diversen Rebellen- und Terrorgruppen nicht doch wieder irgendwann aktiv werden (der IS hat ja aktuell anscheinend wieder eine Regruppierungsphase durchlaufen). Weiterhin bleibt offen, was denn passiert, wenn die Assad-Clique irgendwann abtritt? Faktisch ist Syrien nur noch ein künstlich zusammengehaltenes, halbstaatliches Konstrukt auf Abruf...

Und zum Thema: Der Krieg ist vorbei...
Zitat:Syrien

Biden ordnet Luftangriff auf Milizionäre an

Zum ersten Mal unter dem neuen Präsidenten Biden haben die USA einen Militärschlag durchgeführt. Verlässliche Zahlen zu den Opfern in Syrien gibt es bisher nicht. Das Pentagon bezeichnete den Angriff als "verhältnismäßige Antwort." [...] Das Pentagon erklärte, es handele sich um einen Vergeltungsschlag für eine Raketenattacke im Irak, bei der ein Mitarbeiter eines US-Unternehmens getötet und ein US-Soldat sowie Einsatzkräfte von Verbündeten verletzt worden seien. Es ist der erste Militärangriff unter der neuen US-Regierung. [...] Die Syrische Bobachtungsstelle für Menschenrechte spricht dagegen von mindestens 22 getöteten Kämpfern. Sie sollen überwiegend den Kataib Hisbollah angehört haben, den irakischen Hisbollah-Brigaden. Die Zahl der Todesopfer könnte steigen, es gebe viele Schwerletzte. Der Angriff soll zu einer Zeit stattgefunden haben, als drei Lastwagen mit Munition für Milizen, die in Syrien kämpfen, die irakisch-syrische Grenze passiert hatten.
https://www.tagesschau.de/ausland/amerik...n-101.html

Schneemann.
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#4
(26.02.2021, 13:47)Schneemann schrieb: Wobei es sicherlich so sein dürfte, dass der Konflikt zwar an Intensität verliert und Assad seinen befriedeten Friedhof als befriedet definieren wird können, aber vermutlich wird es weiterhin eine Art low intensity conflict bleiben, faktisch ein failed state, der sich wie ein Kongo mit halbwegs funktionierender Zentralregierung darstellt, wo ab und an lokale Gefechte ausbrechen. Zumal nicht sichergestellt sein wird, ob die diversen Rebellen- und Terrorgruppen nicht doch wieder irgendwann aktiv werden (der IS hat ja aktuell anscheinend wieder eine Regruppierungsphase durchlaufen). Weiterhin bleibt offen, was denn passiert, wenn die Assad-Clique irgendwann abtritt? Faktisch ist Syrien nur noch ein künstlich zusammengehaltenes, halbstaatliches Konstrukt auf Abruf...

Und zum Thema: Der Krieg ist vorbei...
https://www.tagesschau.de/ausland/amerik...n-101.html

Schneemann.

Luftschläge gegen Hisbollah-Milizen gab es doch schon die letzten Jahrzehnte immer wieder. Meist allerdings aus Israel. Ich denke nicht dass man diese in Bezug zum syrischen Bürgerkrieg bringen kann. Palästinensische Milizen haben in Syrien auch vorher schon Unterschlupf gefunden, abgesegnet von der Regierung.
Auch stellt sich die Frage ob die syrische Armee wirklich ausgeblutet ist. Schließlich hat man Regelungen dass der 1. Sohn einer Familie, Studenten usw. vom Wehrdienst/Kampfeinsätzen freigestellt werden bis heute beibehalten. Hunderttausende junge Männer haben sich der Wehrpflicht zwar durch Flucht entzogen, allerdings muss man doch bei der sehr hohen Geburtenrate in Syrien davon ausgehen dass trotzdem genügend "rekrutierungsfähiges Material" vorhanden war und ist. Hinzu kommt dass die Verluste auf ein Jahr gerechnet nicht wirklich besonders hoch waren.
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#5
Schneemann:

Die Zahl der Syrer (als syrische Staatsangehörige gezählt) hat seit Kriegsbeginn insgesamt zugenommen und innerhalb der Gebiete welche Assad sicher im Griff hat ist keineswegs eine Friedhofsatmospähre, sondern da leben die Menschen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in Frieden und versuchen das was primär durch ausländische Mächte verursacht zerstört wurde wieder aufzubauen.

Genau genommen hat man in Syrien nur im Rahmen der kompensatorischen Sterblichkeit getötet.

Es handelt sich also keineswegs um einen Failed State, sondern der syrische Staat unter Assad existiert einfach weiter, nur halt mit einem etwas verringertem Staatsgebiet, mit besserer Kontrolle über die Bevölkerung als vor dem Krieg und mit mehr interner Stabilität als vor dem Krieg.

Den Flüchtlingen wird ihr zurückgelassener Besitz weggenommen und an die Treu gebliebenen verteilt, dass Land ist teilweise ethnisch gesäubert (was immer stabilisierend wirkt) und der beste Vergleich ist nicht so sehr der Kongo, sondern eher Serbien nach dem Jugoslawischen Bürgerkrieg. Kleiner aber weiterbestehend und stabiler.

Abschließend:

Der IS wurde primär auch durch Assad gezielt geschaffen und vor allem gezielt gefördert, er ist im Endeffekt das politische Meisterstück Assads überhaupt. Durch die aktive (direkte wie indirekte) Förderung des IS hat Assad überhaupt erst überlebt und wird heute nun wieder hingenommen.
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#6
(27.02.2021, 11:48)Quintus Fabius schrieb: Schneemann:

Die Zahl der Syrer (als syrische Staatsangehörige gezählt) hat seit Kriegsbeginn insgesamt zugenommen und innerhalb der Gebiete welche Assad sicher im Griff hat ist keineswegs eine Friedhofsatmospähre, sondern da leben die Menschen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in Frieden und versuchen das was primär durch ausländische Mächte verursacht zerstört wurde wieder aufzubauen.

Genau genommen hat man in Syrien nur im Rahmen der kompensatorischen Sterblichkeit getötet.

Es handelt sich also keineswegs um einen Failed State, sondern der syrische Staat unter Assad existiert einfach weiter, nur halt mit einem etwas verringertem Staatsgebiet, mit besserer Kontrolle über die Bevölkerung als vor dem Krieg und mit mehr interner Stabilität als vor dem Krieg.

Den Flüchtlingen wird ihr zurückgelassener Besitz weggenommen und an die Treu gebliebenen verteilt, dass Land ist teilweise ethnisch gesäubert (was immer stabilisierend wirkt) und der beste Vergleich ist nicht so sehr der Kongo, sondern eher Serbien nach dem Jugoslawischen Bürgerkrieg. Kleiner aber weiterbestehend und stabiler.

Abschließend:

Der IS wurde primär auch durch Assad gezielt geschaffen und vor allem gezielt gefördert, er ist im Endeffekt das politische Meisterstück Assads überhaupt. Durch die aktive (direkte wie indirekte) Förderung des IS hat Assad überhaupt erst überlebt und wird heute nun wieder hingenommen.

Der IS ist im Irak entstanden und zwar begünstigt durch das Machtvakuum welches nach dem Sieg über Saddam entstanden ist. Wie da Assad beteiligt gewesen sein soll ist mit schleierhaft, vor allem weil Saddam einer seiner engsten Verbündeten war und beide eher säkulär sozialistisch eingestellt waren.
Diese Verschwörungstheorie der IS wurde geschaffen gibt es ja in verschiedenster Ausprägung Assad, USA, Israel, Iran, Türkei usw. alle stehen bzw. standen mal im Verdacht den IS quasi mitbegründet zu haben. Wenn ich davon überhaupt irgendeinen Akteur in die engere Wahl schließen würde dann wohl den Dunstkreis um Erdogan, aber fakt ist eben dass ein großer Teil der Ideen des IS eben auch in den fundamentalistischen sunnitischen Gemeinden weit verbreitet ist. Insofern fehlte eigentlich nur das Initial so eine Organisation zu gründen. Sympathisanten, Spender und Mitmacher haben sich ja dann wie man sah leider ganz schnell eingefunden.
Und direkt auf Syrien bezogen muss man konstatieren dass eben nicht nur die Kurden (SDF) den IS besiegt haben, sondern dies zu großen Teilen auch der syrischen Armee und ihren Verbündeten zu verdanken war. Man denke da an die jahrelange Belagerung von Deir ez-Zor. Eine syrische Enklave von Assad-Loyalisten die sich völlig umzingelt und nur über Luftbrücke versorgt gegen fortwährende IS-Angriffe erfolgreich verteidigt hat. Eine strategische Meisterleistung, die ohne einen sehr fähigen entschlossenen General vor Ort und tausenden standhaften Soldaten nicht möglich gewesen wäre. Natürlich muss man dabei bedenken dass jeder Soldat bzw. jeder Mann in dieser Provinz wusste dass er vom IS gefoltert und massakriert würde und seine Frau/Kindern vergewaltigt und/oder auf dem IS-Skavenmarkt gelandet wären, wenn der IS die Provin eingenommen hätte. Insofern waren sie hochmotiviert und nahezu zu Allem bereit dies zu verhindern.
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#7
lime:

Assad hat nachweislich de facto alle islamistischen Gefangenen gezielt frei gelassen, welche besonders radikal waren und dafür gesorgt dass diese in das wachsende Gebiet des IS gelangten. Darüber hinaus hat die syrische Regierungsarmee nachweislich Gruppen welche Gegner des IS waren (aber zugleich eben auch Gegner des Assad Regimes) konzentriert angegriffen, aber gerade in der Anfangsphase des IS diesen sehr weitgehend in Ruhe gelassen und den IS Einheiten gegenüber eine offenkundig rein defensive Strategie gefahren. Da der IS auch gegen Anti-Assad Gruppen vorging konnten diese dadurch weitgehend ausgeschaltet werden und es blieben nur die Radikalsten Islamisten übrig. Damit trieb Assad de facto gezielt den Widerstand gegen sein Regime und die westlichen Unterstützer dieses Widerstandes auseinander, bis sein Regime und der IS als größte Einheiten übrig blieben. Das führte zwingend dazu, dass sich der Westen dann gegen den IS wandte und nun griff Assad ebenfalls den IS an und konnte zugleich noch verbliebene Widerstandsnester anderer Islamisten in Syrien in aller Ruhe und unbehelligt vom Westen ausräumen.

Zu der von dir erwähnten Belagerung sei erwähnt, dass diese Position deshalb so verbissen gehalten wurde, weil sie strategisch immens wichtig war und später für die Rückeroberung von Ost- und Nordostsyrien relevant war. Zudem war die Strategie Assads gegenüber dem IS keineswegs im alles Land einfach kampflos zu überlassen, sondern seine Kräfte an bestimmten Fronten / Stellungen zu binden, damit sich der IS nicht zu sehr in das Restgebiet des Regimes hinein ausbreitete. Er fuhr daher eine defensive Strategie gegen den IS, und eine offensive gegen andere syrische Kräfte.

Und die Nusairier mussten in diesem Bürgerkrieg immer um alles kämpfen, den der vollständige Völkermord an allen Nusairiern war von Kriegsbeginn an das Ziel der sunnistischen Aufständischen. Die haben auch immer und überall alle Frauen und Kinder dieser Minderheit systematisch ermordet, von daher kämpften die von Kriegsbeginn an immer um alles, also um ihre Existenz. Das hat die Kampfmoral während der sehr schwierigen Jahre aufrecht erhalten. Es gab ja nicht mal die Möglichkeit ins Ausland zu fliehen, man stand mit dem Rücken zur Wand.
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#8
Zitat:Schneemann:

Die Zahl der Syrer (als syrische Staatsangehörige gezählt) hat seit Kriegsbeginn insgesamt zugenommen und innerhalb der Gebiete welche Assad sicher im Griff hat ist keineswegs eine Friedhofsatmospähre, sondern da leben die Menschen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in Frieden und versuchen das was primär durch ausländische Mächte verursacht zerstört wurde wieder aufzubauen.

Genau genommen hat man in Syrien nur im Rahmen der kompensatorischen Sterblichkeit getötet.

Es handelt sich also keineswegs um einen Failed State, sondern der syrische Staat unter Assad existiert einfach weiter, nur halt mit einem etwas verringertem Staatsgebiet, mit besserer Kontrolle über die Bevölkerung als vor dem Krieg und mit mehr interner Stabilität als vor dem Krieg.

Den Flüchtlingen wird ihr zurückgelassener Besitz weggenommen und an die Treu gebliebenen verteilt, dass Land ist teilweise ethnisch gesäubert (was immer stabilisierend wirkt) und der beste Vergleich ist nicht so sehr der Kongo, sondern eher Serbien nach dem Jugoslawischen Bürgerkrieg. Kleiner aber weiterbestehend und stabiler.
@Quintus

Also die Zahl der Syrer an sich dürfte abgesunken sein. Es gibt zwar keine sicheren Erhebungen (wie auch), aber man schätzt grob, dass die Zahl der Bevölkerung in Syrien von ca. 21 Mio. zu Kriegsbeginn auf aktuell irgendwo zwischen 17 und 18 Mio. gesunken ist.

Der Knackpunkt dürfte sein, dass ein Großteil jener, die geflohen sind, sich die Flucht leisten konnten oder zumindest vor dem Krieg zu den besser gestellten Personen gezählt werden können. D. h. der "brain drain" wird für das Land nicht von der Hand zu weisen sein. Stellt man voran, dass das Land befriedet ist, was ich sehr skeptisch sehe, so wäre es angesichts der Verwüstungen schon schwierig genug, einen Wiederaufbau zu stemmen. Mit dem Verlust eines nicht unwichtigen Teils der Menschen stellt sich dies jedoch nochmals schwieriger dar. Rechnet man nun die Faktoren hinzu wie bspw. schwelende Konfliktherde im Inneren, Kriegszerstörungen oder Belastungen durch Landminen etc., so werden Bemühungen in die Richtung Wiederaufbau schwer behindert. Selbst eine demokratische Struktur mit halbwegs wohlwollenden Besatzungsmächten (oder Alliierten) hätte hier enorme Probleme.

Es mag sicher so sein, dies muss man zugestehen, dass manche Gebiete im Westen des Landes (inkl. auch Damaskus) eine gewisse Normalität, ja Stabilität wieder ausgepägt haben, aber andere Gebiete oder Städte wie z. B. Rakka, Aleppo oder Homs sind schwer verwüstet, der Aufbau wäre eine Herkulesaufgabe. Da nicht von auszugehen ist, dass hier Iraner oder Russen helfen werden, zumal die Iraner ihre eigenen Probleme mit Sanktionen und anderen Stellvertreterkriegen haben und die Russen sicher auch nicht Milliarden investieren wollen - es gab ja schon Spekulationen, wonach sie bereits ohne Assad planen (?) -, wird vieles eingeschränkt auf internationale Organanisationen zurückfallen. Diese sind aber vom Assad-Regime wiederum nicht gerade geliebt und werden finanziell allenfalls Hungerhilfe betreiben können. Kurzum: Die in Trümmern liegenden Gebiete werden noch lange in Trümmern liegen. Und damit auch die Infrastruktur und die Versorgungswirtschaft, was zwangsläufig zu einer weiteren Abwanderung führen wird.

Im schlimmsten Fall haben wir also ein vom Ausland stabilisiertes Regime, dass in ca. einem Drittel des Landes relativ stabil-repressive Verhältnisse schaffen könnte, während die restlichen Landesteile entweder teils von ausländischen Mächten kontrolliert werden (ich denke auch an die Türkei im Norden), Wüsteneien sind oder ein Quasi-Somalia für irrlichternde Fundamentalisten-Milizen bilden.

Schneemann.
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#9
Mal was zum Bildungsstand der Flüchtlinge. Hierzulande werden in den Medien gerne die gezeigt die es geschafft haben. Die inzwischen integriert sind und meist einen akademischen Abschluß haben bzw. erworben haben oder gerade ihr Abitur mit "sehr gut" zu Ende brachten. Für die Mehrheit stehen diese aber nicht. In Mitteleuropa mag es einen beträchtlichen Teil von Flüchtlingen geben die überdurchschnittlich gebildet sind, aber die Meisten sind eben gar nicht in unsere Breitengrade geflüchtet, sondern leben vor allem in Flüchtlingslagern im Libanon oder in der Türkei. Ein guter Bekannter von mir war im Libanon für eine Hilfsorganisation Monate lang vor Ort und dort ist das genaue Gegenteil der Fall. Die Zahl der Analphabeten in verschiedenen Ausprägungen ist sehr hoch und islamischer Fundamentalismus weit verbreitet. Die Flüchtlinge dort werden zu großen Teilen sicher nicht in Assads Syrien zurückkehren, weil sie meist Assadgegner und Sympathisanten verschiedenster islamistischer Milizen sind. Die wird Assad sicher nicht mehr zurücknehmen selbst wenn der Libanon wollte, außer vielleicht er bekommt große Mengen Hilfsgelder dafür aber selbst dann glaube ich nicht daran, denn damit würde er sich ja wieder Destabilisierungsfaktoren ins Land holen. Ähnlich aber nicht ganz so ausgeprägt soll es auch in den türkischen Flüchtlingslagern sein. Wobei man in der Türkei inzwischen versucht die Flüchtlinge wieder zu ermuntern nach Syrien (Afrin oder Idlib) zu gehen, weil die Stimmung in der türkischen Bevölkerung inzwischen umgeschlagen ist und die große Mehrheit der Türken einen Verbleib der syrischen Flüchtlinge in der Türkei ablehnt.

Und zum Wiederaufbau: Ein mir bekannter Syrer der schon mindestens 20 Jahre hier lebt und sehr gut integriert ist hat mir Bilder vom Wiederaufbau gezeigt, unter Anderen aus der Stadt Homs. Dort geht es scheinbar gut voran. Allerdings muss ich sagen dass der Mann ein Anhänger von Assad ist. Also dürften seine Aussagen nicht unbedingt objektiv sein. In einigen Regionen sollen dem Wiederaufbau aber auch bürokratische Hürden im Weg stehen. Die Häuser/Grundstücke gehören dann zum Beispiel Flüchtlingen die bisher keine Ansprüche im Land gestellt haben und so wohl ihr Eigentum verlieren werden bzw. schon verloren haben. Dies wird wohl eingezogen und aktuell weitergegeben bzw. verkauft, damit es dann durch die neuen Eigentümer saniert werden kann.
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#10
Schneemann:

Zitat:Also die Zahl der Syrer an sich dürfte abgesunken sein. Es gibt zwar keine sicheren Erhebungen (wie auch), aber man schätzt grob, dass die Zahl der Bevölkerung in Syrien von ca. 21 Mio. zu Kriegsbeginn auf aktuell irgendwo zwischen 17 und 18 Mio. gesunken ist.

Die Zahl der Syrer in Syriern ist gesunken, die Zahl der Syrer insgesamt aber ist gestiegen. Es gibt heute mehr Syrer als vor dem Krieg - deshalb töten im Rahmen der kompensatorischen Sterblichkeit.

Es sind ja gerade mal ca. 500.000 bis 600.000 Menschen getötet worden. In Syrien selbst aber liegt die Fertilitätsrate trotz des Krieges aktuell immer noch bei knapp über 3 und bei den Flüchtlingen in den Lagern ist sie ebenfalls nirgends unter 2, eher im Bereich um die 2,5. Die syrische Bevölkerung wächst also.

Damit man sich dass etwas besser vorstellen kann und einen Vergleich hat:

Hier und heute kommen in Syrien auf 1000 Personen 24 Geburten. In Deutschland kommen hier und heute auf 1000 Personen nur 9,4 Geburten.

Oder um es noch mehr zu verdeutlichen:

2011 als der Krieg so richtig losging hatte Syrien ca 21 Millionen Einwohner. Heute beträgt die Einwohnerzahl ca. 17 Millionen wie von dir richtig angemerkt. Aber es haben 7 Millionen Syrer das Land verlassen. 21 - 7 = 14 ! und nicht 17. Dazu 0,5 Mio Tote - die Bevölkerung Syriens stieg also während des Krieges um 3,5 Millionen.

Es gibt also heute trotz des Krieges 3 Millionen Syrer mehr als bei Kriegsbeginn.

Zitat:Der Knackpunkt dürfte sein, dass ein Großteil jener, die geflohen sind, sich die Flucht leisten konnten oder zumindest vor dem Krieg zu den besser gestellten Personen gezählt werden können. D. h. der "brain drain" wird für das Land nicht von der Hand zu weisen sein.

Das hängt davon ab, von welcher Ethnie du sprichst. Die Nusairier sind im Vergleich beispielsweise wenig geflohen, da ist der Brain Drain sehr gering, ebenso bei den Kurden. Während die Sunnitischen Araber einen erheblichen Brain Drain hatten. Der Verlust der sunnitischen Eliten durch Flucht, Ermordung, sonstige Ausfälle wird nachhaltig die Macht der Nusairier in Syrien stabilisieren und ist meiner Meinung nach durchaus ein Grund für die jetzt zunehmende Stabilität des Regimes dort.

Zitat: Stellt man voran, dass das Land befriedet ist, was ich sehr skeptisch sehe, so wäre es angesichts der Verwüstungen schon schwierig genug, einen Wiederaufbau zu stemmen. Mit dem Verlust eines nicht unwichtigen Teils der Menschen stellt sich dies jedoch nochmals schwieriger dar.

Zerstörung im Krieg führt zu einer gleichmäßigeren Verteilung von Vermögen und ist volkswirtschaftlich gesehen insgesamt gut. The Great Equalizer heißt ein Buch zu diesem Thema. Ob ein Wideraufbau gelingt oder gar daraus eine wirtschaftliche Blütezeit entsteht hängt von diversen äußeren Rahmenbedingungen ab (also Sanktionen, Fremdmächten usw) und weniger von der Frage wieviel im Land zerstört wurde oder wieviele Menschen zur Verfügung stehen.

Die übrig gebliebenen Syrer konnten sich ja das Vermögen und das Land etc von 7 Millionen Flüchtlingen aneignen. Das hat die soziale Ungerechtigkeit in Syrien (trotz aller Korruption und Bevorteilung des Regimes) insgesamt im Vergleich zum Vorkriegszustand vermindert. Auch das wirkt systemstabilisierend und ist einer der Gründe warum Assad sich durchsetzen konnte.

Nehmen wir mal an, es wird nicht wieder von außen gezündelt (Biden, Golfaraber, Türken) und das Land erhält freien Handel und es werden keinerlei Sanktionen / Einschränkungen verhängt, würde in Syrien sehr sicher ein Wirtschaftswunder geschehen und ein immenser Aufstieg der syrischen Wirtschaft.

Zitat:Kurzum: Die in Trümmern liegenden Gebiete werden noch lange in Trümmern liegen. Und damit auch die Infrastruktur und die Versorgungswirtschaft, was zwangsläufig zu einer weiteren Abwanderung führen wird.

Der Schuldige daran wären dann primär wir, weil wir Syrien durch Sanktionen und Einschränkungen die Wirtschaft abwürgen. Wenn wir stattdessen dem Assad Regime freien Handel ohne jede Einschränkung ermöglichen würden, würde das nicht so laufen und dass wäre dann ein starker Anreiz zu bleiben bzw. zurück zu kehren.

An dieser Stelle sollte ich einfügen, dass dies Überlegungen frei von jeder moralisch/ethischen Beurteilung der ganzen Sache sind. Unabhängig davon also könnten wir durchaus die Weichen so stellen, dass Syrien erfolgreich wird.

Zitat:während die restlichen Landesteile entweder teils von ausländischen Mächten kontrolliert werden (ich denke auch an die Türkei im Norden), Wüsteneien sind oder ein Quasi-Somalia für irrlichternde Fundamentalisten-Milizen bilden.

Die Erwähnung von Wüsteneien ist hier recht gut: denn schon vor dem Krieg waren weite Teile des Landes einfach nur Wüsteneien. Diese Gebiete spielen einfach praktisch keine Rolle, sie sind irrelevant. Wenn man Syrien nachhaltig lösen wollte müsste man jetzt dem Assad Regime die Herrschaft zugestehen und es stabilisieren, indem man vor allem anderen die anderen ausländischen Mächte (durch Diplomatie etc) heraus drängt, damit Assad sich der irrlichternden Islamisten annehmen kann. Dann würde dort tatsächlich echter Frieden einkehren.

Da wir aber an unsere eigene Propaganda glauben, sehe ich für eine solche realistische und sinnvolle Lösung kaum Chancen.
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#11
@Quintus

Okay, das mit der Bevölkerungsreduzierung hatte ich dann missverstanden. Ich ging von der Bevölkerung im Land aus. Bei einer "Verlustquote" von rund einer halben Million und einem Zeitfenster von zehn Jahren zum "Nachwachsen" dürften wir tatsächlich heute mehr Syrer weltweit haben.
Zitat:Das hängt davon ab, von welcher Ethnie du sprichst. Die Nusairier sind im Vergleich beispielsweise wenig geflohen, da ist der Brain Drain sehr gering, ebenso bei den Kurden. Während die Sunnitischen Araber einen erheblichen Brain Drain hatten. Der Verlust der sunnitischen Eliten durch Flucht, Ermordung, sonstige Ausfälle wird nachhaltig die Macht der Nusairier in Syrien stabilisieren und ist meiner Meinung nach durchaus ein Grund für die jetzt zunehmende Stabilität des Regimes dort.
Ja, es ging vornehmlich um diese. Aber...
Zitat:Zerstörung im Krieg führt zu einer gleichmäßigeren Verteilung von Vermögen und ist volkswirtschaftlich gesehen insgesamt gut.
Selbst wenn das Vermögen derart verteilt werden würde, bleiben unabsehbare Folgen, die die Neuentwicklung des Landes im Kontext der Abwanderung schwächen. Man muss z. B. zugestehen, dass das Schulsystem in Syrien relativ gut ausgeprägt war vor dem Krieg. Rund 95% aller Syrer hatten einen mehr oder minder guten Schulbesuch (mal die Propaganda des Regimes innerhalb der Schulen hierbei außen vor gelassen). Aktuell wird geschätzt, dass alleine durch die Flucht der "Intelligenz" - also auch Lehrer - die Quote der jungen Menschen im Land, die eine Schule besuchen (können), auf unter 40% gesunken ist. Das ist mehr als besorgniserregend und Schwarzafrika-Niveau. Es steht also zu befürchten, dass es in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird, Menschen heran- und auszubilden, die einen Wiederaufbau umsetzen könnten.

Gleiches gilt auch für die medizinische Versorgung. Auch diese war vor dem Krieg relativ gut (im nahöstlichen Vergleich gesehen - Israel und reiche Golfstaaten mal nicht berücksichtigt) bzw. deckend aufgestellt. Derzeit ist die Lage katastrophal, d. h. nicht nur wird die medizinische Grundversorgung quasi nicht mehr realisiert, sondern es breiten sich in den verwüsteten Regionen wieder Krankheiten aus, die man eigentlich als besiegt ansah (z. B. Polio oder Masern, auch Typhus grasiert in einigen Gebieten), was entsprechend den möglichen Wiederaufbau zudem hemmt. Ich sehe keine Anzeichen, dass sich diese Probleme entspannen.

Da von auszugehen ist, dass die genannten Vermögensverschiebungen in erster Linie dem Regime und seiner blühenden Vetternwirtschaft zugute kommen, es also kein Investment in die Infrastruktur geben wird, sondern vermutlich eher irgendwo gebunkerte Reichtümer, bleibt zu befürchten, dass es keine landesweiten Verbesserungen geben wird.
Zitat:Der Schuldige daran wären dann primär wir, weil wir Syrien durch Sanktionen und Einschränkungen die Wirtschaft abwürgen.
Die Frage wäre, ob wir denn, wenn wir die Sanktionen aufheben, tatsächlich eine Entwicklung des Landes sehen werden. Oder aber, ob sich eben nichts tut, dafür aber die Apparatschiks des Regimes Gelder nach der Schweiz verschieben. Nun ja, vielleicht denke ich aber hier auch zu negativ...

Schneemann.
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#12
https://warisboring.com/white-house-open...-in-syria/

Es wird immer eigentümlicher:

Zitat:White House open to changing war powers authority following rocket attack in Syria

Soldiers with Alpha Troop, 1st Battalion, 6th Infantry Regiment, 2nd Armored Brigade Combat Team, 1st Armored Division, make their way to a oil production facility to meet with its management team.

A U.S. civilian contractor died of a heart attack during the attack, and the Biden administration warned of possible retaliation.

Schneemann:

Zitat:Selbst wenn das Vermögen derart verteilt werden würde, bleiben unabsehbare Folgen, die die Neuentwicklung des Landes im Kontext der Abwanderung schwächen. Man muss z. B. zugestehen, dass das Schulsystem in Syrien relativ gut ausgeprägt war vor dem Krieg. Rund 95% aller Syrer hatten einen mehr oder minder guten Schulbesuch (mal die Propaganda des Regimes innerhalb der Schulen hierbei außen vor gelassen). Aktuell wird geschätzt, dass alleine durch die Flucht der "Intelligenz" - also auch Lehrer - die Quote der jungen Menschen im Land, die eine Schule besuchen (können), auf unter 40% gesunken ist. Das ist mehr als besorgniserregend und Schwarzafrika-Niveau. Es steht also zu befürchten, dass es in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird, Menschen heran- und auszubilden, die einen Wiederaufbau umsetzen könnten.

Die Menschen welche den Aufbau planen, organisieren und bewerkstelligen müssen haben aber noch das gute Schulsystem besucht. Das Problem wird also erst mit der nächsten Generation eklatant werden, wobei Defizite hier erneut ethnisch extrem ungleich verteilt sind. Primär Sunniten besuchen keine Schule mehr, während andere Gruppe in Syrien weiterhin eine deutlich bessere Schulquote hatten und haben. Auch das schwächt die Sunniten nachhaltig und stabilisiert ungeachtet sonstiger negativer Folgen für das Gesamtsystem die Herrschaft der Minderheit, welche sich dadurch noch weiter absetzen kann.

Zitat:Gleiches gilt auch für die medizinische Versorgung. Auch diese war vor dem Krieg relativ gut (im nahöstlichen Vergleich gesehen - Israel und reiche Golfstaaten mal nicht berücksichtigt) bzw. deckend aufgestellt. Derzeit ist die Lage katastrophal, d. h. nicht nur wird die medizinische Grundversorgung quasi nicht mehr realisiert, sondern es breiten sich in den verwüsteten Regionen wieder Krankheiten aus, die man eigentlich als besiegt ansah

Das gleiche gab es auch in Deutschland 1945. Was sich im Weiteren daraus entwickelt ist daher wie in unserem Fall vor allem eine Frage der äußeren Umstände. Wenn der Westen TM nun Syrien langfristig weiter abwürgt, dann kann ich dir nur zustimmen, dann wird das Land sich nicht mehr erholen können. Dann produzieren wir einen weiteren Failed State in welchem dann so oder über kurz oder lang islamistische Fanatiker die Macht übernehmen. Was daraus erwächst wird an uns liegen.

Zitat:Da von auszugehen ist, dass die genannten Vermögensverschiebungen in erster Linie dem Regime und seiner blühenden Vetternwirtschaft zugute kommen, es also kein Investment in die Infrastruktur geben wird, sondern vermutlich eher irgendwo gebunkerte Reichtümer, bleibt zu befürchten, dass es keine landesweiten Verbesserungen geben wird.

Die Vermögenswerte welche hier umverteilt werden sind nicht einfach so transportierbar bzw. bunkerbar. Primär wird Landbesitz und Wohneigentum umverteilt. Beispielsweise steigt die Zahl der Personen welche ein eigenes schuldenfreies Wohneigentum besitzen und steigt dadurch das Median-Vermögen deutlich etc. etc.

Zitat:Oder aber, ob sich eben nichts tut, dafür aber die Apparatschiks des Regimes Gelder nach der Schweiz verschieben.

Du hast selbst geschrieben, dass vor dem Krieg etliches in Syrien nicht so schlecht war (Schulsystem, Gesundheitsversorgung etc). Das deutet doch deutlich darauf hin, dass das Assad Regime willens und in der Lage war, diese Dinge zu organisieren und zu gewährleisten und dies auch wieder tun wird, wenn es die Möglichkeiten dazu erhält. Gelder ins Ausland verschieben wird auch nicht stattfinden, allein aus der Furcht diese könnten aufgespürt und gesperrt werden. Das Geld verbleibt schon seit Jahren in Syrien. Geld für sich allein aber ist nutzlos, also wird es investiert werden. Also investiert man es im eigenen Land, primär natürlich zum Nutzen der eigenen ethnischen Gruppe. Das findet bereits hier und heute statt, ist also keine Vermutung. Es gibt in Teilen Syriens bereits hier und heute große neue Infrastruktur-Projekte und der Wiederaufbau wird auch so gut es halt eben geht voran getrieben.

Solange der Westen aber weiter zündelt und in negativer Weise Einfluss nimmt wird es natürlich zur höheren Wahrscheinlichkeit scheitern.
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#13
Der Artikel ist meines Erachtens ziemlich einseitig beschreibt aber eine allgemeine Problematik. Das pauschal Sunniten vertrieben werden ist völliger Unsinn. Natürlich ist das Assad Regime froh darüber wenn beispielsweise islamistische Sunniten nicht mehr zurückkehren. Aber zum Beispiel die "Tiger Forces" sind die bekannteste offensive Elitetruppe der syrischen Armee und bestehen zum größten Teil aus Soldaten sunnitischen Glaubens. Diese waren auch beteiligt als Palmyra vom IS befreit wurde. Dass diese Truppen dann gezielt Sunniten vertreiben würden kann man wohl unter billiger Propaganda verbuchen.

https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/...en940.html
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#14
Sunnitische Truppen / Sicherheitskräfte vertreiben in Syrien durchaus andere Sunniten. Nur weil beide prinzipiell der gleichen Glaubensrichtung angehören heißt dass nicht, dass sie sich zwingend freundlich gegenüber stehen. Es gibt viele Sunniten auf Seite des Assad Regimes - welche äußerst hart gegen die Regime-Gegner vorgehen, auch und insbesondere wenn diese Sunniten sind. Da kommen dann oft noch ethnische Fragen hinzu, eventuell die Zugehörigkeit zu irgendwelchen Stammes- oder Clanstrukturen usw

Man könnte hier sogar anführen, dass selbst die Ehefrau von Assad eine gläubige Sunnitin ist, ein Umstand der im Westen kaum bekannt ist und dass diese sich zur Zeit an alawitischen Familien bereichert, passt auch nicht so in die aktuellen westlichen Schubladen.

Viele Sunniten auf Seiten Assads sind sehr gemäßigt und kämpfen deshalb verbissen für das Regime weil sie genau so viel durch die Fanatiker und Islamisten zu verlieren haben wie die Alawiten auch. Dazu kommt noch, dass man sich an der Vertreibung anderer Sunniten sehr berreichern kann und da werden viele zu Regime-Feinden erklärt einfach nur um sich ihre Besitztümer anzueignen.

Klare Fronten entlang von Religionslehren gibt es in Syrien also in Wahrheit nicht, die Lage ist in Wahrheit wesentlich komplexer.
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#15
(25.03.2021, 15:38)Quintus Fabius schrieb: Sunnitische Truppen / Sicherheitskräfte vertreiben in Syrien durchaus andere Sunniten. Nur weil beide prinzipiell der gleichen Glaubensrichtung angehören heißt dass nicht, dass sie sich zwingend freundlich gegenüber stehen. Es gibt viele Sunniten auf Seite des Assad Regimes - welche äußerst hart gegen die Regime-Gegner vorgehen, auch und insbesondere wenn diese Sunniten sind. Da kommen dann oft noch ethnische Fragen hinzu, eventuell die Zugehörigkeit zu irgendwelchen Stammes- oder Clanstrukturen usw

Man könnte hier sogar anführen, dass selbst die Ehefrau von Assad eine gläubige Sunnitin ist, ein Umstand der im Westen kaum bekannt ist und dass diese sich zur Zeit an alawitischen Familien bereichert, passt auch nicht so in die aktuellen westlichen Schubladen.

Viele Sunniten auf Seiten Assads sind sehr gemäßigt und kämpfen deshalb verbissen für das Regime weil sie genau so viel durch die Fanatiker und Islamisten zu verlieren haben wie die Alawiten auch. Dazu kommt noch, dass man sich an der Vertreibung anderer Sunniten sehr berreichern kann und da werden viele zu Regime-Feinden erklärt einfach nur um sich ihre Besitztümer anzueignen.

Klare Fronten entlang von Religionslehren gibt es in Syrien also in Wahrheit nicht, die Lage ist in Wahrheit wesentlich komplexer.

So ist es. Sehr gut ausgeführt!
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