(Land) RCH155 im Vergleich mit CAESAR
Für die Pzh waren ja nicht die abgegebenen Schüsse das Problem , sondern die die am Stück hintereinander erfolgten feuerkommandos. Die Pzh kann ohne Probleme mehrere Hundert Schuss am Tag abgeben , man muss halt die Zeit zum abkühlen geben oder man nimmt den eingeschränkten notbetrieb der in verschiedenen Stufen möglich ist in Kauf. Dieser ist in rch155 nicht mehr möglichen auch nicht vorgesehen . Wäre durch die fehlende Besatzung auch nicht durchführbar. Die Probleme hat man aber auch nicht in Griff bekommen. Das die Technik keinen dreck oder Feuchtigkeit verträgt war bekannt . Darum sieht Man die Ukrainer selten mit Schuhen in der pzh.
Wenn uns die über Nacht entstehende Feuchtigkeit oder der Schmutz von Stiefeln dazu zwingt auf Fähigkeiten in einem System zu verzichten die uns eigentlich einen Vorteil gegenüber einem Gegner bringen sollten oder uns Munition in der Reichweite beschränkt und wir somit in die Reichweite feindlicher Artillerie kommen kann man dann von kriegstauglich sprechen.
Auch die Einflüsse von Wetter und Temperatur auf Munition wird bei Bundeswehr völlig unterschätzt. In Afghanistan hatten wir das ein oder anderere mal mit durchfallern zu tun. Wenn so ein 155mm Geschoss 50 m vor ihnen wirkt hat so mancher ziehmlich schnell selber mit Durchfall zu kämpfen.
Inwieweit ein technischer Fortschritt überhaupt noch ein fortteil ist wird überhaupt nicht abgewogen, das begrenzt sich nicht bloß auf Artillerie . Bei Luftfahrzeugen ist das noch deutlicher zu sehen.
Zitieren
(14.05.2024, 22:18)Quintus Fabius schrieb: Und entsprechend muss man so etwas vorher mit einkalkulieren, sowohl was den Einsatz von Systemen angeht als auch schon bei der Beschaffung.

Und hier ist meine These (weiterhin), dass die RCH155 ein größeres Risiko für genau solche Friktionen hat im Vergleich zu anderen Systemen. Und ich schreibe bewusst Risiko, denn sicher ist das natürlich nicht. Aber haben wir die Zeit solche Risiken einzugehen ? Und wieviel Zeit und wieviel Mittel in diesem Zeitrahmen haben wir denn real / werden wir den real haben ?

Dem ersten Satz stimme ich vollumfänglich zu, den nachfolgenden aber aus zwei Gründen nur bedingt. Zum einen, weil sich diese Aussage nur und ausschließlich auf die Technik bezieht, dabei aber andere für unsere reale Bundeswehr relevante Friktionen beispielsweise im Personalbereich außer Acht lässt. Zum anderen, weil die Bewertung der Technik mangels detaillierter Informationen (so vermute ich jedenfalls) aus dem Bauch heraus nach Ansichten erfolgt, die ich definitiv nicht teile.
Ich stimme daher bedingt zu, weil dem Neuen inhärent immer ein höheres Risiko für Friktionen anhaftet als dem Bekannten, teile aber nicht die ja von dir häufiger vertretene Grundprämisse hinsichtlich Robustheit und Hochtechnologie. Richtig umgesetzt ist moderne Technik wesentlich robuster als frühere Generationen, und in vielen Fällen wird neue Technologie auch richtig umgesetzt, das geht nur unter, weil über den Normalzustand selten in irgendeiner Form berichtet oder geklagt wird. Was verhindert werden muss ist eine falsche Umsetzung, etwa die zu frühe Überführung von Hochtechnologie in die Serie, die von dir immer wieder kritisierte Überfunktionalität, oder auch die unnötige Verwendung von neuen Technologien unabhängig von ihrer Einsatzreife.

Konkret mit Blick auf den Vergleich zwischen RCH155 und CAESAR stellt sich auch in diesem Kontext die Frage, wie unter der gleichen Einsatzorganisation (also im realen Dienst der realen Bundeswehr) ein Vorteil für CAESAR entsteht, also welches Potenzial für geringere Friktionen dieses System bietet? Insbesondere auch unter dem Aspekt, dass hier operativ immer wieder von der "Scharfschützen-Artillerie" geschrieben wird (explizit auch von dir), was meines Erachtens nur mit modernster Technologie erreicht werden kann? Und umgekehrt natürlich auch die Gegenprobe, was müsste bei der RCH155 anders sein, um das Friktionsrisiko deiner Meinung nach signifikant zu senken?
Zitieren
Zitat:teile aber nicht die ja von dir häufiger vertretene Grundprämisse hinsichtlich Robustheit und Hochtechnologie. Richtig umgesetzt ist moderne Technik wesentlich robuster als frühere Generationen

Um meine Position dazu noch mal klar heraus zu stellen.

Ich bin nicht gegen Hochtechnologie per se, ganz im Gegenteil! Sondern ich bin dagen wie diese real umgesetzt wird. Ich teile daher in diesem Punkt die Auffassung von alphall31 in keinster Weise, dass Hochtechnologie in sich selbst ein Problem wäre.

Hochtechnologie ist aber ebenso nicht per se robuster, sondern es hängt davon ab, wie man sie verwendet wie du es ja selbst hier schreibst. Als einfachstes und sofort verständliches Beispiel seien hier die Materialwissenschaften genannt. Mit Hochtechnologie bei den verwendeten Materialien kann ich robustere Teile bauen, weil das Material selbst robuster ist im Vergleich zu den älteren Materialien. Völlig klar.

Entsprechend kommt es also meiner Meinung nach darauf an, wie man moderne Technik einsetzt, wie du es ja explizit im zweiten Satz hier geschrieben hast. Das ist die entscheidende Stelle, der wesentliche Punkt: die richtige Umsetzung.

Mein Problem mit heutigen Hochtechnologie-Systemen ist daher nicht die Hochtechnologie an sich, sondern ihre Umsetzung. Mein rein persönlicher Eindruck ist, dass die Umsetzung oft nicht ansatzweise dem entspricht was möglich wäre und vor allem nicht dem was sein müsste. Es fehlt die von mir häufig vertretene schlichte Eleganz und Funktionsreduzierung.

Gerade weil man heute so viel mehr kann, überlädt man alles und überfrachtet alles und dass führt im Krieg zwingend zu Friktionen. Weil heutige Rechner so immens viel größee Möglichkeiten von der Hardware her haben, programmiert man schlampiger als notwendig "weil der Platz ja da ist". Dieses Prinzip findet man überall bei den aktuellen Rüstungsgütern.

So entsteht das, was ich immer meine wenn ich von Barocken Systemen rede. Das heißt nun nicht, dass wir zur Romanik zurück kehren sollen, sondern dass wir zu einer schlichten Neu-Romanik finden sollten, bei welcher die technischen Möglichkeiten der Zukunft Anwendung finden, die aber trotzdem eben nicht dem entspricht was aktuell so gebaut wird.

Zitat: was müsste bei der RCH155 anders sein, um das Friktionsrisiko deiner Meinung nach signifikant zu senken?

Zitat:weil die Bewertung der Technik mangels detaillierter Informationen (so vermute ich jedenfalls) aus dem Bauch heraus nach Ansichten erfolgt

Da ist durchaus was dran, da ich ja gar nicht genug über die RCH155 wissen kann und auch sonst niemand genug über sie weiß, um das richtig bewerten zu können. Gerade deshalb schrieb ich ja schon mehrfach, dass man die RCH155 intensiv in der Truppe erproben sollte und dass man sie schnellstmöglich für die Ukraine bereit stellen sollte, damit sie dort im Krieg / Echteinsatz getestet werden kann.

Dessen ungeachtet erscheint es mir, dass aufgrund dessen was bekannt ist: Gewicht, Radpanzer als Plattform, zu geringe Besatzung (und damit zwingend umgekehrt Hochtechnologie zur Kompensierung der fehlenden Besatzung), hoher Grad der Automatisierung mit der Option einer unbemannten Lenkung des Systems, keine Möglichkeit eines Notbetriebes bei Ausfall / Störung der Elektronik oder Softwarestörungen, usw. dies ein System ist, dass zu abhängig vom durchgehenden funktionieren von Hochtechnologie ist. Zudem muss es meiner Meinung nach zur höheren Wahrscheinlichkeit überladen sein, weil es viele Funktionen hat die andere Artillerie so nicht hat. Einschließlich des Feuerns während der Bewegung und im direkten Schuss oder beispielsweise SEATS usw., was interessante Fähigkeiten sind, aber keine für Artillerie üblichen Fähigkeiten. Und damit stellt sich die Frage, ob man mit solchen Zusatzfähigkeiten ebne nicht per se ein höheres Risiko für Friktionen erzeugt. Statt bewusst auf solche Fähigkeiten zu verzichten, dadurch eine größere Einfachheit zu erzeugen, Komplexität rauszunehmen und zugleich dadurch die Kosten zu senken.

Was müsste anders sein, was könnte anders sein ?! Das ist schwer zu beantworten, da man ja so wenig über das System wirklich gesichert weiß. Aber um es ganz grob zu umreißen:

1. Ich würde auf die Fähigkeit während der Fahrt zu feuern verzichten (hatte DONAR ja auch nicht)

2. Das AGM muss auf Kette

3. SEATS ist mMn nicht notwendig.

4. die Fähigkeit im direkten Schuss zu wirken ist nicht notwendig und die Hunter-Killer Fähigkeit ist mal definitiv nicht notwendig

5. Es sollten Möglichkeiten vorhanden sein dass System auch bei Ausfall von für den autoamtisierten Betrieb notwendigen Komponenten weiter zu betreiben (mechaniscch also, von Hand usw.)

6. die Netzwerkbefähigung könnte eventuell vereinfacht und robuster gemacht werden

7. Ist der MRSI Modus wirklich notwendig bzw. ein derart großer Vorteil ?! Das sollte diskutiert werden.

So ungefähr in der Art, immer mit der Zielsetzung das ganze günstiger, robuster und einfacher zu gestalten.
Zitieren


Gehe zu: