Droht ein Polexit?
#46
"Und warum sind hüpfende Kinder eine Bedrohung oder Ausprägung des Verfalls?"

Kleiner Exkurs für alle, die in der besten aller Welten leben:

Fridays for Future: Schüler schwänzen den Unterricht, weil der Schutz des Klimas für sie wichtiger ist. Wir haben eine gesetzliche Schulpflicht, deren Einhaltung keine Kann-Bestimmung ist. Die obersten Vertreter der BRD, der Bundespräsident und die Kanzlerin haben den Gesetzesbruch des organisierten Schuleschwänzens ausdrücklich begrüßt. Organisiert wurde/wird FFF keineswegs von Schülern, sondern Erwachsenen, die den Grünen, der grünen Jugend und den Josos nahe stehen, bzw. dort organisiert sind. Dazu gehören die Grünen Luisa Neubauer, Jako Blasel und die Cousine von Neubauer, Carla Reemtsma. Zu den Mitorganisatoren gehören der Vizepräsident des deutschen Club of Rome, Fritjof Finkbeiner. Genau wie bei "Extinction Rebellion", entpuppt sich eine "Graswurzelbewegung" als sehr wohl strategisch organisierte und finanzierte Aktion, um politische Ziele am Parlament vorbei mit Druck durchzusetzen, wie gesagt, ausdrücklich unterstützt von der Regierung. Ist mit ein wenig Suchmaschinarbeit zu finden. Wird so in ARD und ZDF nicht recherchiert und angesprochen, und was dort nicht stattfindet, ist für manche auch nicht vorhanden.

Besides: Bestimmt gab es 360 nach Chr. auch Römer, die gesagt haben: Sollen doch die Germanen die Armee stellen. Was ist an Germanischen Legionen eine Bedrohung oder eine Ausprägung des Verfalls? Smile

Und jetzt gehe ich in Deckung, weil wohl gleich der Entrüstungs-Artillerie-Schlag erfolgt. Big Grin

@ Ottone: No Offence Angel
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#47
Ist hier ja ein kleiner Themenschwenk vom Polexit Wink

@aramiso
Das Hochhalten der idealisierten Werte geht nur um den Preis einer gewissen Abgrenzung. Ob nun altes Rom oder andere Hochzivilisationen, sie alle wurden vor allem dadurch groß weil sie flexibel waren und sich gerade nicht abgrenzten.

Ohne die massenhafte "Einbürgerung" (amica Status) von Fremden, wäre die Römische Republik schon früh untergegangen. "Römer" waren eine absolute Minderheit. Mit den Germanen haben die das gemacht was sie seit tausenden Jahren mit anderen Stämmen/Völkern in Italien, Spanien usw taten. Im übrigen ist Rom nicht an den Germanen untergegangen. Da gehörte noch viel mehr zu. Der Kollaps eines Imperiums, einer Weltmacht (siehe UdSSR) ist nicht auf eine Begebenheit zurückzuführen.
Die Übernahme des Christentums, der Wechsel von Königreich zu Republik und dann zum Kaiserreich. Die Ideen und Gedanken der Stoa standen konträr zu den tradierten römischen Auffassungen ihrer Vorfahren, stabilisierten aber das Reich und prägte auch das Neue Testament usw. All diese Brüche und Veränderungen standen im Gegensatz zu den alten Werten, waren aber notwendig, wenn man nicht untergehen wollte bzw mehr Stabilität und Sicherheit haben wollte.

Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht wo spätrömische Dekadenz, Niedergang und Verfall gesehen wird, wenn es um Gleichberechtigung bzw. des Diskriminierungsverbots von Homosexuellen usw. geht? Ganz ehrlich, das ist doch albern. Das hat nichts mit Kulturlosigkeit oder Niedergang oder Werteverfall zu tun.

Wenn hier schon das Altertum herangezogen wird, sollte man wissen das Homosexualität in Griechenland und Rom weitaus liberaler gesehen wurde. Ja selbst Sex mit Kindern sah man anders - egal ob hetero- oder homosexuell.
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#48
(25.07.2021, 14:28)aramiso schrieb: Organisiert wurde/wird FFF keineswegs von Schülern, sondern Erwachsenen, die den Grünen, der grünen Jugend und den Josos nahe stehen, bzw. dort organisiert sind. Dazu gehören die Grünen Luisa Neubauer, Jako Blasel und die Cousine von Neubauer, Carla Reemtsma.

Neubauer war Studentin, Blasel Schüler, Reemtsma ebenfalls Studentin. Die Organisation verlief Anfangs weitgehend dezentral, die Behauptung, die Freitagsdemonstrationen gingen nicht von der Schüler- oder Studentenschaft aus und wäre eine strategisch organisierte und finanzierte Aktion gewesen ist schlicht falsch. Dass entsprechende Organisationen und Parteien auf diesen Zug aufgesprungen sind ergibt sich von selbst, teilweise sind das schließlich auch Schnittmengen. Was im Verlauf der Entwicklung dann passierte, auch, wie diese Bewegung teilweise instrumentalisiert wurde ist ein anderes Thema, dass hier allerdings tatsächlich nicht hingehört und mit der Grundthematik dann tatsächlich gar nichts mehr zu tun hat. Insofern, Exkurs beendet. Wink
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#49
Broensen:

Zitat:Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit, Menschenrechte, persönliche Freiheit...
Helios hat es schon ganz gut getroffen: Die Werte der Aufklärung.

Wie Helios aber auch schon ausgeführt hat, können Demokratie und Meinungsfreiheit durchaus ganz andere Dinge hervorbringen als Menschenrechte und persönliche Freiheit. Und wie weit soll die persönliche Freiheit reichen, wo die Grenze sein? Die aus der Aufklärung resultierende Ideologie ist der Liberalismus, der aber im Kern an sich eine Anti-Ideologie Ideologie ist. Er wendet sich also als Ideologie ganz explizit gegen andere Auffassungen. Da solche anderen Auffassungen heute in Europa zu schwach geworden sind, sowohl qualitativ als auch quantiativ zu unbedeutend, hat sich meiner Auffassung nach der Liberalismus heute gewandelt. Er ist ebenfalls zu etwas neuem geworden, da nichts mehr übrig war wogegen er sich hätte wenden können. Deshalb wendete er sich im Prinzip gegen sich selbst und wurde zu dem was ich mit Postliberalismus bezeichne und diese Ideologie der Gegenwart vertritt eben nicht die Werte der Aufklärung, sondern sie zerstört diese.

Damit die Vernunft als universelle Urteilsinstanz überhaupt praktisch real funktionieren kann, ist eine vernunftorientiere Gesellschaft notwendig, deren Grundlage wiederum eine kritische Öffentlichkeit darstellt. Genau dieses Fundament einer aufgeklärten Gesellschaft wird aber hierzulande rasant erodiert. Und da diese Erosion eben nicht von anderen Ideologien herrührt, eben kein Produkt rechter oder linker oder islamischer Agitation ist, bedeutet dies dass sie aus sich selbst heraus entsteht, dass also der Liberalismus ohne Gegenwelt sich in eine negative Form seiner Selbst verwandelt hat und genau das selbst zerstört, was er vorher angestrebt hat. Weshalb wir eben nicht mehr in einer Gesellschaft der Aufklärung leben, in der Moderne also, sondern in einer Gesellschaft der Postmoderne, deren Ideologie des Postliberalismus gerade eben die Werte der Aufklärung vernichtet.

Beispielsweisei ist der aktuelle Rechtspopulismus daher keine Ursache für gesellschaftliche Spaltung oder ein Widerstand gegen die Werte der Aufklärung, sondern er ist nur ein Symptom, eine Folge der Spaltung und der Zersetzung der Werte der Aufklärung. Deren Ursache aber ist die Wandlung des Liberalismus selbst.

Das Heilsversprechen der Aufklärung ist daher gescheitert, das Projekt der Aufklärung daher unvollkommen und unbeendet zu einem Ende gekommen. Gerade die Rückbesinnung auf andere Europäische Strömungen könnte diese Fehlentwicklung beheben und daher sind solche Entwicklungen wie sie in Polen stattfinden gerade eben kein Schaden für die Aufklärung, sondern die einzige Chance dieses Projekt überhaupt noch wieder voran zu bringen. In einer dialektischen Entwicklung bedarf die Aufklärung eines Gegenmodells, dieses kann aber nur ein genuin europäisches Gegenmodell sein, da nur ein solches die dafür notwendigen geschichtlichen und kulturellen Wurzeln aufweist. Gerade deshalb waren Skeptizismus und Konservatismus als kritische Gegenbewegungen zur Aufklärung nicht zu deren Schaden, sondern ganz im Gegenteil wesentlich für die Fortführung und die richtige Entwicklung dieser Auffassung.

Aufklärung und eine durch Vernunft geleitete Gesellschaft kann es daher in einem völlig säkularen und areligiösen Staat nicht geben, da die Natur des Liberalismus ohne ausreichende Gegenmacht destruktiv wird und die Gesellschaft dann eben nicht mehr von Vernunft geleitet wird. Was exakt das ist, was wir aktuell über all im Westen TM beobachten.

Ottone:

Zitat:Manchmal wünschte ich mir, dass dieses Forum für eine Woche bestimmte Begriffe und Worte sperren könnte wie Verfall, Untergang, Verwahrlosung, zwingend, unausweichlich. Aber vielleicht liesse sich so etwas ja einmal als gemeinsames Experiment organisieren?

Das ist ein wirklich interessanter Gedanke.

Zitat:Es gibt einige Diskussionsteilnehmer, die sich eine Welt mit festeren Regeln und in Folge weniger Freiheiten wünschen.

Tatsächlich ist es so, dass die moralische Beliebigkeit der Gegenwart in dieser Bundesrepublik ein erhebliches Ausmaß an Unfreiheit erzeugt und dass diese Unfreiheit auch noch ständig zunimmt. Das erscheint auf den ersten Blick kontraintuitiv. Eine Welt mit festeren kulturellen und gesellschaftlichen Banden ist eine Welt mit mehr Freiheit. Stattdessen führt die Auflösung der Gesellschaft an sich zwingend zu einem Nanny-Staat der den Menschen die persönliche Freiheit zunehmend in einem Ausmaß beschneidet, dass früher nur in den totalitärsten Systemen so vorkam.

Zitat:Um das Christentum an sich geht es dabei weniger, mehr um konservative und klare Strukturen, die sich nicht verändern (selbst wenn sich die Welt ändert), und bei denen die Menschen eindeutig als Mitglied (drinnen) und Nichtmitglied (draussen) identifiziert und behandelt werden. Man widerspreche mir!

Es geht mir beispielsweise ganz klar und eindeutig darum, dass es eine klare Trennung von Drinnen und Draußen geben muss. Aus ganz schlichten praktischen Fragen der Funktionalität heraus. Eine solche Trennung bedingt auch Ungleichheit und Ungerechtigkeiten, zweifelsohne. Beides aber sind Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer Gesellschaft. Und dieser Erfolg ist wesentlich, da man global gesehen in einem evolutionären Wettbewerb mit anderen Gesellschaft steht und zwischen den Gesellschaften der Welt Anarchie herrscht und eine Auslese in welcher die technologische wie kulturelle Evolution es zwingend erfordern diesen Wettbewerb als einen Kampf aktiv zu führen.

Aus dem Grund bin ich auch nicht uneingeschränkt für bloße konservative Positionen. Genau genommen ist die konservative Positione wie aramiso es ja auch schon geschrieben hat unhaltbar. Zweifelsohne muss man sich weiter entwickeln, muss man sich anpassen und man muss das bestehende Verändern. Die Frage ist daher nicht ob man Veränderung benötigt, sondern was für eine Veränderung die geeignetere ist, welche also den Umständen der Zukunft eher entspricht.

Und die Entwicklungen in Polen sind beispielsweise meiner Überzeugung nach eine bessere Anpassung, die geeignetere Veränderung im Vergleich als das was hierzulande an Veränderung stattfindet.
Die ach so moderne Wertegemeinschaft dieser Bundesrepublik und ihr Wertekanon sind nämlich in Wahrheit mehr Schein als Sein, sind bloße Behauptung aus Überheblichkeit heraus. Die Realität in Deutschland ist eine andere:

Zerstörte Familien, Scheidungsraten wie noch nie, immer weniger Beziehungen, immer weniger Kinder, immer mehr Kinderfeindlichkeit, immer mehr Kindeswohlgefährdung, Vereinsamung, massive Ausbreitung psychischer Krankheiten und Sexualstörungen, Verfall von Leistungsbereitschaft, sinkende wissenschaftliche Leistung, Verlust von Fleiß und Disziplin, Verlust von Vaterlandsliebe und Gottvertrauen, sinnfreies Einräumen von unfassbaren Vorteilen und Freiheiten für zutiefst fremde und feindlich gesinnte Kulturen und Ideologien, die Ausbreitung des Islam in dieser Bundesrepublik usw usw usf - ich weiß ! - eine Mehrheit wird nun sofort lauthals etwas von rechtem Gedankengut und wie ablehnenswert dieses sei und wie sehr dies der Aufklärung wiederspricht von sich geben.

Aber mal völlig befreit von moralisch-ethischen Überlegungen und mal ohne dass man solche Werte und Normen als Rechts oder Links einstuft: völlig frei also nur für sich, kann man solche Werte und Normen auch einfach mal nur unter der Frage der Nützlichkeit und der Frage der besseren Anpassung an die Umstände betrachten. Zweifelsohne sind die genannten Werte für den Erhalt eines Staates und für das Überleben einer Gesellschaft extrem nützlich. Und sind die gegenwertigen Werte für den Erhalt des Staates und das Überleben einer Gesellschaft schädlich.

Die praktischen realen Konsequenzen der aktuellen Fehlentwicklungen in West-Europa sind ja offen sichtbar und messbar. Wo sind deutsche Nobelpreise? Wo bahnbrechende deutsche Technologie? Wo sind gesunde Familien in denen Kinder behütet und sittsam aufwachsen? Wo ist unsere militärische Stärke hin? Man könnten endlos weiter so Fragen stellen. Stattdessen verbreitet sich immer mehr systeminhärente Korruption und zerfällt diese Gesellschaft in unversöhnlich einander gegenüber stehende Gruppen von zersplitterten Radikalen und wird gerade diese Entwicklung vom Staat auch noch in jeder Weise gefördert. Zweifelsohn: Teile und Herrsche, eine zersplitterte Nicht-Gesellschaft von lauter hedonistischen materialistischen Einzelkindern wird die Eliten nie mehr stürzen können und auch sonst wird es keine Veränderung mehr aus der von oben befohlenen und angestrebten mehr geben. Eine solche Gesellschaft ist aber sehr schlecht für die Herausforderungen der Zukunft aufgestellt, und dieser Weg führt einfach in die Brasilianisierung/Mexikanisierung Europas.

Wir zerstören uns selbst und berauben uns unserer Freiheit unter dem Deckmäntelchen vermeintlicher Freiheit und vermeintlicher Menschenrechte. Und während nordafrikanische Drogenbanden unser Land dann genau wie die Niederlande auch in einen Narkostaat verwandeln werden, und der Rechtsstaat für normale Bürger aufhört zu funktionieren wird man parallel dem durch Legalisierung von Drogen noch Vorschub leisten und zugleich den Minarett-Bau weiter fördern. Dies abzulehnen hat nichts mit Rechts oder Links zu tun, es ist ein Gebot der Vernunft es abzulehnen und es ist ein Gebot der Aufklärung es abzulehnen und eine aufgeklärte Gesellschaft sollte sich anders entwickeln, woraus man im Umkehrschluss nur schlussfolgern kann, dass diese Nicht-Gesellschaft der Bundesrepublik eben keine aufgeklärte Gesellschaft mehr ist.

Abgesehen davon werde ich nach diesem Eintrag tatsächlich mal eine Woche keines der von dir angeführten Wörter mehr verwenden.
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#50
spotz:

Zitat:Wenn hier schon das Altertum herangezogen wird, sollte man wissen das Homosexualität in Griechenland und Rom weitaus liberaler gesehen wurde. Ja selbst Sex mit Kindern sah man anders

Im Königreich, der frühen und mittleren Republik sah man in Rom gleichgeschlechtlichen Beischlaf keineswegs liberal, sondern lehnte ihn scharf ab. Erst durch die Übernahme hellenistischer Kultur in der späten Republik breitete sich dass dann aus und wurde ebenso scharf kritisiert. Bezüglich der Griechen könntest du ja auch noch Sparta und das Konzept der dorischen Knabenliebe anführen - und was soll uns dies für das heutige christliche Europa sagen oder bringen? Und Sparta war beispielsweise ein Staat in dem Homosexualität und Pädophilie mehr gelebt wurden als sonst wo und der sich dennoch extrem von allen anderen abgrenzte und radikalst alle Fremden und Veränderungen ablehnte. Als ob die übertriebene Lobpreisung der Homosexualität gleich wäre mit Freiheit und einer offenen liberalen Gesellschaft, das Gegenteil kann ganz genau so der Fall sein wie gerade eben die Griechen es belegen.

Zitat:Das Hochhalten der idealisierten Werte geht nur um den Preis einer gewissen Abgrenzung. Ob nun altes Rom oder andere Hochzivilisationen, sie alle wurden vor allem dadurch groß weil sie flexibel waren und sich gerade nicht abgrenzten.

Dem muss ich mal klar wiedersprechen. Jede Großmacht wurde zu dem was sie ist, weil sie eine ausreichende eigene kulturelle Strahlkraft hatte. Weil man von sich selbst absolut überzeugt war und andere dazu brachte ebenso sein zu wollen. Nicht weil man selbst flexibel war, sondern weil man unflexibel war und gerade deshalb die anderen dazu brachte sich dem eigenen Willen zu unterwerfen und so zu werden wie man selbst. Die Stärke Roms war seine Fähigkeit der Assimiliation und der Integration. Unsere Schwäche heute ist gerade eben, dass wir nicht mehr assimilieren und die Strahlkraft unserer Kultur zur Zeit dahin ist.

Und sie ist deshalb dahin, gerade weil wir unsere eigene Kultur so weitgehend aufgegeben haben und gerade eben weil wir uns zu sehr am Selbsthass linksradikaler Minderheiten (Deutschland verrecke, Nie wieder Deutschland usw) orientieren statt an einem positiven Selbstbild das von der festen Annahme ausgeht, dass unsere Kultur, und unsere genuien Werte und Normen nicht nur schöner sind als andere, sondern auch wie von selbst und ganz natürlich überlegen. Und es ist diese grundsätzliche Annahme, welche beispielsweise Rom dazu befähigte ein Imperium zu errichten.

Erst wenn wir uns wieder uns selbst zuwenden, werden wir andere davon überzeugen können sich hier zu integrieren.
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#51
"Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht wo spätrömische Dekadenz, Niedergang und Verfall gesehen wird, wenn es um Gleichberechtigung bzw. des Diskriminierungsverbots von Homosexuellen usw. geht? Ganz ehrlich, das ist doch albern. Das hat nichts mit Kulturlosigkeit oder Niedergang oder Werteverfall zu tun."

@ Spotz: Ich habe eine solchen Zusammenhang nicht einmal andeutungsweise vorgenommen.
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#52
@Wortexperiment: Prima! Ich würde „zweifelsohne“ der Liste hinzufügen wollen. Hast Du auch Wortwünsche?
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#53
Nein. Ich werde aber entgegen meiner Natur mal darüber hinaus versuchen Dinge positiv darzustellen.

Zum Thema:

Einen "modernen" Wertekanon in einer vermeintlichen Wertegemeinschaft zu propagieren - und tatsächlich real praktisch Werte in einer Gesellschaft zu leben sind zwei verschiedene Dinge. Theoretische Werte haben keinen Wert, wenn sie nicht praktisch real in der Gesellschaft auch gelebt werden.

Und wenn man hier nun Polen betrachtet, dann hat die polnische Gesellschaft großartige Werte - und damit meine ich nicht irgendwelche theoretischen Abstrakta, sondern das was die Mehrheit der Menschen im Alltag tatsächlich lebt. Ich hatte ja die Möglichkeit Polen aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Sehr selten habe ich Menschen kennen gelernt die wie die Mehrheit der Polen derart grundanständig und hervorragend sind. Und ich war anfangs ziemlich skeptisch und diese Skepsis verflog bei mir schneller als die auf der Gegenseite mir gegenüber.

Die Polen haben hohe und edle Werte und sie leben Werte im Alltag, die hier in der Bundesrepublik leider in der praktischen Realität verloren gegangen sind. Nun gibt es einzelne Felder wo sie von unseren theoretischen Annahmen was ein moderner Wertekanon ist abweichen. Wenn man aber nur diese einzelnen Felder aus dem Kontext gerissen für sich alleine betrachtet, dann lässt das außer Acht, wie es insgesamt bestellt ist. Und insgesamt ist Polen eine der trefflichsten Nationen Europas und sollte mehr als jeder andere Staat unser allernatürlichster und engster Verbündeter und Freund sein.

Wer glaubt Polen sei keine offene rechtsstaatliche und demokratische Gesellschaft, der muss ich leider unterstellen dass er keine Ahnung von diesem Land hat. Sie nun (meiner Ansicht nach künstlich) mit Polen wegen einiger weniger Unterschied entzweien zu wollen wäre mehr als bedauerlich, den für die Zukunft der EU sind Länder wie Polen gerade wegen ihrer gelebten realen Werte von größter Bedeutung.

Ob eine Gesellschaft insgesamt anstrebenswerte Werte und Normen hat, wird nicht durch Einzelaspekt bestimmt, sondern dadurch wie es insgesamt praktisch real damit aussieht. Und in der Bundesrepublik sieht es aller Theorie zum Trotz damit schlechter aus als in Polen. Wer es nicht glaubt, der fahre selbst hin und vergleiche.

Wir könnten zudem sehr viel mehr in Polen erreichen (beispielsweise in Fragen der Gängelung der Justiz usw) wenn wir uns nicht derart arrogant gegenüber den Polen verhalten würden und uns derart auf ganz bestimmte Positionen in anderen Feldern versteifen würden, welche beispielsweise mit der Frage der Justiz eigentlich gar nichts zu tun haben.

Dann könnte man gewisse geringfügige Fehler welche in Polen gemacht wurden viel eher gemeinsam beheben und könnte Polen helfen sich auch in diesen Bereichen ebenso hervorragend zu entwickeln wie es dieses vortreffliche Volk auch sonst es geschafft hat. Und man sollte sich mal eher mit sich selbst beschäftigen als anderen genau das vorzuhalten was man selbst praktiziert, hat doch erst vor kurzem das Bundesverfassungsgericht gegen die Entscheidung des EuGH entschieden und wird deshalb gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren geführt.
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#54
Helios:

Es kann nicht der Weg sein, die Schwierigkeiten moderner Gesellschaften dadurch zu lösen, dass man längst überwundene Strukturen der Vergangenheit wieder hervorholt, den Menschen ihre erkämpften Rechte und Freiheiten nimmt und stattdessen Autoritäten wieder einsetzt, die schon Tausende von Jahren lang bewiesen haben, dass sie es auch nicht besser können.
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#55
@Broensen:
Sicher, dass du mich meinst?
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#56
Broensen:

Immerhin haben sie es überhaupt Jahrtausendelang geschafft es zu versuchen. Davon sind wir heute noch viele Jahrhunderte entfernt mit unseren erst wenige Dekade alten Ideen wie man es vorgeblich besser machen könnte. Und ich kann es immer noch nicht nachvollziehen warum die Werte der Aufklärung allein durch unsere gegenwertige bundesdeutsche Soziakultur vertreten werden und andere Ausprägungen gerade eben dieser Aufklärung weniger wert sein sollen? Und warum diese sozialkulturellen Unterschiede in Europa überhaupt ein Problem sein sollen.

Den diese Frage hast du mir genau genommen immer noch nicht ausreichend erklären können: Warum sind sozialkulturelle Unterschiede zwischen der Bundesrepublik und Polen für dich ein derartiges Problem? Warum diese Ausschließlichkeit? Siehst du darin die Kohäsion der EU gefährdet oder was für praktische realpolitische Gründe bringen dich dazu in gewissen anders verlaufenden Entwicklungen in Osteuropa ein derartiges Problem zu sehen?
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#57
(25.07.2021, 20:09)Helios schrieb: @Broensen:
Sicher, dass du mich meinst?

Nein, absolut nicht. Sorry.
War natürlich an Quintus gerichtet.

(25.07.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: Immerhin haben sie es überhaupt Jahrtausendelang geschafft es zu versuchen. Davon sind wir heute noch viele Jahrhunderte entfernt mit unseren erst wenige Dekade alten Ideen wie man es vorgeblich besser machen könnte.

Was ist das denn für eine Argument? Wer Jahrtausende lang versucht und schlussendlich scheitert, soll es ruhig noch tausend Jahre weiter versuchen, nur weil die Alternative nach viel kürzerer Zeit auch noch nicht perfekt ist? Sollen wir jetzt auch zur Monarchie zurück, nur weil die Demokratie heute teilweise absurde Früchte trägt?

(25.07.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: Und ich kann es immer noch nicht nachvollziehen warum die Werte der Aufklärung allein durch unsere gegenwertige bundesdeutsche Soziakultur vertreten werden und andere Ausprägungen gerade eben dieser Aufklärung weniger wert sein sollen?

Wer sagt das denn? Ich habe dir widersprochen, als du schriebst, die EU müsse christlich sein und würde nur auf den christlichen Werten aufbauen. Von Sozialkultur hast nur du gesprochen.

Ich bin auch mit vielen Auswüchsen unserer überzogenen "wir-machen-es-allen-recht"-Mentalität nicht einverstanden, und sicherlich gehören getrennte Toiletten für 5-9 verschiedene Geschlechtsidentitäten nicht zu den Grundwerten der europäischen Union. Rechtsstaatlichkeitsprinzipien, Pressefreiheit unter der Verzicht auf Diskriminierung aber sehr wohl. Und diese Werte werden von einigen konservativen Regierungsparteien in Ost- und Südost-Europa teilweise nicht vertreten. Und das ist tatsächlich ein Problem für eine Europäische Union, die den Anspruch hat, international für ihre Werte einzustehen. Somit stehen in meinen Augen diese Differenzen einer tiefergehenden europäischen Einigung im Weg, und die ist dringend nötig, wenn wir nicht unter die globalen Räder geraten wollen.

(25.07.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: Den diese Frage hast du mir genau genommen immer noch nicht ausreichend erklären können: Warum sind sozialkulturelle Unterschiede zwischen der Bundesrepublik und Polen für dich ein derartiges Problem? Warum diese Ausschließlichkeit? Siehst du darin die Kohäsion der EU gefährdet oder was für praktische realpolitische Gründe bringen dich dazu in gewissen anders verlaufenden Entwicklungen in Osteuropa ein derartiges Problem zu sehen?

Mir war gar nicht bewusst, dass du mir diese Frage gestellt hast. Vielleicht auch einfach deshalb, weil ich gar kein Problem habe mit sozialkulturellen Unterschieden zwischen EU-Mitgliedsstaaten.

Ich habe lediglich eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt für die wiederkehrenden diesbezüglichen Konflikte, die sich aus diesen Unterschieden ergeben und die unsere europäische Einigung unnötigerweise ausbremsen.
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#58
Okay, ich kann es mir nicht verkneifen:

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: Zerstörte Familien, Scheidungsraten wie noch nie, immer weniger Beziehungen
Stimmt. Früher hat man einfach das Bild der heilen Familie aufrecht erhalten und still vor sich hin gelitten.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: immer weniger Kinder
Gut so. Überbevölkerung und so. Du erinnerst dich?

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: immer mehr Kinderfeindlichkeit, immer mehr Kindeswohlgefährdung
Das gab es früher auch, das hieß nur anders. Man nannte das "Erziehung mit harter Hand"

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: Vereinsamung
Lass' ich gelten.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: massive Ausbreitung psychischer Krankheiten und Sexualstörungen
Das ist auch nichts neues, man hat das nur früher nicht als Krankheiten angesehen und die Leute dafür bestraft, statt sie zu behandeln.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: Verfall von Leistungsbereitschaft, ... Verlust von Fleiß und Disziplin
Das sind keine bundesdeutschen Phänomene, das ist Wohlstand und geht mit Fortschritt einher. Du nennst das Dekadenz, ich weiß.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: sinkende wissenschaftliche Leistung
Seh' ich nicht. Dass diese in einigen Bereichen zurück hängt, liegt nicht an gesellschaftlichen Entwicklungen, sondern an politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: Verlust von Vaterlandsliebe
Etwas, das sich erst infolge der Aufklärung überhaupt entwickeln konnte. Aber die Nationalismusdebatte spar ich mir hier.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: Verlust von ... Gottvertrauen
Kann ich persönlich gut drauf verzichten. Und es wird ja niemandem verboten.

(25.07.2021, 15:43)Quintus Fabius schrieb: sinnfreies Einräumen von unfassbaren Vorteilen und Freiheiten für zutiefst fremde und feindlich gesinnte Kulturen und Ideologien, die Ausbreitung des Islam in dieser Bundesrepublik
Wenn ich darauf jetzt eingehe, artet das in eine Säkularisierungs-Debatte aus, die nun wirklich nichts mehr mit der EU-Mitgliedschaft Polens zu tun hat.
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#59
Bleiben wir etwas konkreter bei Polen:

Zitat:Rechtsstaatlichkeitsprinzipien,

Wo sollen diese in Polen gefährdet sein? Um mich zu wiederholen: auch das deutsche Bundesverfassungsgericht hat direkt gegen den EuGH geurteilt und es läuft deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik. Alles rechtsstaatlich. Sowohl das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wie auch das Urteil des EuGH, wie auch die polnische Rechtsprechung. Alles genügt rechtsstaatlichen Prinzipien. Wo soll hier also Polen Defizite haben welche sich von unseren oder denen anderer unterscheiden?

Zitat:Pressefreiheit unter der Verzicht auf Diskriminierung

Wo herrscht in Polen heute keine ausreichende Pressefreiheit? Oder umgekehrt: haben wir hier in dieser Bundesrepublik tatsächlich vollständige Pressefreiheit? In einem System von durch Zwangsgebühren finanzierten Staatsmedien auf welches daher strukturell der Staat erheblichen Einfluss hat, weil er schlußendlich bestimmt wer dort welche Führungsposition einnimmt. Bevor man anderen Vorwürfe macht weil sie den Einfluss von US Medien in Polen zurück drängen wollen, sollte man sich lieber mal mit der aktuellen Gesetzgebung hierzulande beschäftigen welche die Befugnisse von Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden gegenüber der ach so freien Presse dieser Bundesrepublik extrem ausgeweitet hat. Beschäftige dich doch mal mit der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, dem sogenannten BND Gesetz, dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz und anderen solchen bundesdeutschen Stilblüten und dann unterhalten wir uns noch mal über Pressefreiheit. Natürlich wird jetzt eingewendet werden, dass hierzlande in dieser Bundesrepublik alles ach so toll und hervorragend ist und alles ja nur dem Schutz der Menschen dient. Tatsächlich ist es meiner Überzeugung nach ein zunehmendes Problem, dass das arrogante selbstgefällige aufgeblasene Selbstbild hierzulande immer weiter von der Realität abweicht und mit dem Bild was andere von uns haben noch weiter auseinander klafft.

Reporter ohne Grenzen hat die BRD sogar inzwischen herunter gestuft und das obwohl deren Ranking ja eine Frage des Verhältnis zu den Zuständen in anderen Ländern ist und in denen ist die Entwicklung ebenfalls überall negativ. Obwohl es also überall deutlich schlechter wird, sacken wir trotzdem ab - statt besser dazustehen was allein dadurch schon der Fall wäre, wenn sich nichts ändern würde.

Zitat:Und diese Werte werden von einigen konservativen Regierungsparteien in Ost- und Südost-Europa teilweise nicht vertreten.

Und diese zwei Punkte sind schon alles? Ein lediglich behaupteter Mangel an Rechtsstaatlichkeit - bei dem man einwenden muss dass diese dort genau so wie bei uns gegeben ist und ein Mangel an Diskriminierungsfreiheit in der Presse gegen ganz bestimmte Gruppen ? Wo man einwenden muss dass Diskriminierung in der Presse bei uns ganz genau so stattfindet, nur bei uns halt gegen andere ganz bestimmte Gruppen ? Wo ist da also in Wahrheit der Unterschied ?

Die simple Wahrheit ist hier meiner Ansicht nach, dass wir inzwischen in dieser Bundesrepublik von der Sozialkultur mehrheitlich linksliberal bis linksradikal sind, und damit die konservativ-christliche Kultur in Osteuropa allein aus diesem Grund heraus so scharf ablehen, weil sie der vorherrschenden Ideologie hierzulande entgegen läuft. Mit welchem Recht aber wollen wir anderen Völkern vorschreiben so zu denken, zu fühlen und zu leben wie wir?

Und das ist tatsächlich ein Problem für eine Europäische Union, die den Anspruch hat, international für ihre Werte einzustehen.

Tut die EU das den real, praktisch, in der Realität, wirlich ?! Die EU behauptet, dass sie für diese Werte einsteht, die Realpolitik der EU sieht aber ganz anders aus. Nehmen wir mal die Flüchtlingskrise an den EU Außengrenzen. Hier wird täglich von EU Staaten jedwedes EU Recht gebrochen und eiskalte Realpolitik betrieben. EU Staaten verkaufen skrupellos Waffen, Technologie und Güter an die verbrecherischsten Regime und helfen diesen. usw usf. In keinster Weise kann die EU in Wahrheit diesen lediglich behaupteten Anspruch auch wirklich für sich in Anspruch nehmen.

Und das ist es was ich mit rein theoretischen Abstrakta meinte. Man spricht von einem modernen Wertekanon, von einer Wertegemeinschaft, und dass man für diese Werte und Menschenrechte eintritt, aber in Wahrheit tut man dies nicht. In Wahrheit tritt die EU eben nicht für die von ihr lediglich theoretisch propagierten Werte ein. Was bleibt dann am Schluss noch? Die Gleichsetzung von Werten mit einer einseitigen Klientelpolitik für Homosexuelle. Was diesen nützt soll also angeblich gleich sein zu erstrebenswerten Werten und alles andere ist egal. Und während deutsche Frontexbeamte entgegen EU Recht Rückschiebungen von Flüchtlingen an der Grenze durchführen sind wir entsetzt darüber dass in Polen eine Mehrheit den CSD nicht mag. Oh nein, dass ist ja viel schlimmer als tausende Ertrunkene Flüchtlinge, viel schlimmer als Waffenverkäufe an Diktatoren und viel schlimmer als die anbiederische Politik dieser BRD gegenüber verbrecherischen Staaten. Wie kann es sein, dass Menschenrechte, dass alle Werte und Normen des christlichen Abendlandes allein von der Frage her betrachtet werden sollen, ob ein Volk aus sozialkulturellen Gründen sexuelle Abweichungen gut heißt oder nicht? Und alles andere zählt nichts ?!

Zitat:Somit stehen in meinen Augen diese Differenzen einer tiefergehenden europäischen Einigung im Weg, und die ist dringend nötig, wenn wir nicht unter die globalen Räder geraten wollen.

Was der Einheit im Weg steht ist die Ausschließlichkeit mit der seitens der Bundesrepublik eine einseitig linksradikale und postliberale politische Ausrichtung auch von allen anderen verlangt wird. Obwohl man selbst die ach so hohen moralischen Ansprüche die man da aufstellt in Wahrheit gar nicht einhält.

Das ist ja gerade eben zur Zeit das Problem der Gegenwart: dass man verschiedene voneinander abweichende Meinungen nicht mehr parallel nebeneinander vor sich hin existieren lassen will. Man weiß, dass man selbst die einzige Wahrheit vertritt und daher alle anderen genau das gleiche denken müssen. Genau das aber ist es, was in Wahrheit der eurpäischen Einigung im Weg steht. Nicht Polen ist hier das Problem, wir sind das Problem wegen unserer Ausschließlichkeit, unserer janusköpfigen Heuchelei und Scheinheiligkeit und wegen der arroganten Hybris mit der wir anderen aufzwingen wollen was diese nicht möchten und was darüber hinaus einem geeinten Europa überhaupt nicht im Weg steht.

Und verdeckt gibt es auch handfeste wirtschaftliche Interessen warum man jetzt ausgerechnet Polen so an die Kandare fährt. Beispielsweise ist die Presse in Polen hier und heute sehr viel weitgehender in ausländischer Hand als dies in der Bundesrepublik der Fall ist. Die Auflagenstärkste Zeitung Fakt wird beispielsweise vom Springer-Verlag heraus gegeben. Der größte private Fernsehsender TVN gehört den USA. Deutschen Investoren gehörten bis vor kurzem nicht weniger als 20 von 24 Regionalzeitungen. Mit entsprechender Einflussnahme auf deren Berichterstattung. 120 lokale Wochenzeitungen und nicht weniger als 450 polnische Nachrichtenportale wurden von Deutschland aus gesteuert. Also von deutschen Medienkonzernen und Medieninvestoren.

Und wenn wundert es jetzt dann noch, wenn ausgerechnet deutsche Medien gegen die Re-Polnisierung der Medienlandschaft in Polen wettern ?! Was in Wahrheit hier gerade in Polen geschieht ist nichts anderes als das war in dieser Bundesrepublik seit Jahrzehnten schon Realität ist, die Erschaffung eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf welches der Staat durch die Finanzierung und Einsetzung von Führungspersonal Einfluss hat. Bloß ohne Zwangsgebühren wie bei uns.

Das was also in der Bundesrepublik seit jeher der Fall ist, soll also nun in Polen ein Verstoß gegen die Europäischen Werte und Normen sein, gegen den modernen Wertekanon? Dann verstoßen wir schon seit jeher gegen die moderne Wertegemeinschaft. Die simple Wahrheit ist, dass die Zielsetzung des gerade entstehenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Polen eine andere ist als die hierzulande gewünschte, und dass ist schon alles. Da man dies aber genau so wenig offen erklären kann wie den Umstand, dass es um Investitionen deutscher Medienkonzerne geht und um Geld (Polen will ausländische Medieninvestoren stärker zur Kasse bitten), nöhlt man halt herum dass hier ein Verlust der Pressefreiheit vorläge und dass in Polen die Presse nicht mehr frei sei.

In Wahrheit geht es um Geld, Investitionen und teilweise um eine andere ideologische Zielsetzung. Die tatsächliche reale Pressefreiheit ist in Polen nicht einmal viel anders als hierzulande. Und wenn man das Ranking von Reporter ohne Grenzen heran zieht, dann stehen noch deutlich unter Polen beispielsweise Griechenland, Ungarn, Zypern, Malta, sowie auch Israel oder Japan und viele andere die man hierzulande entweder nicht auf diese Weise oder gar nicht kritisiert. Und wir haben auch kein Problem damit mit Ländern wie China (177 von 180) oder Saudi-Arabien (170 vo 180) das allerbeste Einvernehmen zu pflegen, wollen aber ernsthaft Polen angehen?

Die behauptete EU Wertegemeinschaft ist realpolitisch mehr Propaganda als Wirklichkeit. Und sie dann auch noch als Einigungshinderniss zu sehen und daraus folgend andere EU Länder anzugehen nur weil diese unsere sozialkulturellen Sonderwege nicht mitmachen wollen, ist realpolitisch einfach nur noch falsch.
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#60
Quintus, du siehst gerade mehr als da ist, zumindest auf meinen Beitrag zu diesem Thema bezogen.

Ich wiederhole: Ich habe mich auf deine Aussage zum christlichen Fundament der EU bezogen und meine Vorstellung von Werten, die eine EU vertreten sollte erörtert. Darauf aufbauend habe ich meinen Lösungsvorschlag dazu umrissen, wie man mit den fortwährenden Schwierigkeiten hinsichtlich der Einigkeit in der EU diesbezüglich umgehen sollte. Und mehr nicht.

(25.07.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Bleiben wir etwas konkreter bei Polen:

Nein, lieber nicht. Denn darum ging es mir nämlich überhaupt nicht. Die vermeintliche Kritik an einigen osteuropäischen Parteien war auch nur die Feststellung, dass diese einige Standpunkte vertreten, deren Übereinstimmung mit den vorgenannten Werten der EU offensichtlich zumindest fragwürdig sind. Ehrlich gesagt ist polnische Innenpolitik auch recht weit unten auf meiner Interessenskala und die Pressefreiheit ist z.B. eher Thema in Ungarn als in Polen. Ich will also überhaupt nicht auf die konkreten Entscheidungen und Positionen hinaus, sondern lediglich auf die daraus entstehenden Probleme. Und die gibt es nun mal, sonst würden wir hier ja nicht darüber diskutieren.

(25.07.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Tut die EU das den real, praktisch, in der Realität, wirlich ?! ...
Die behauptete EU Wertegemeinschaft ist realpolitisch mehr Propaganda als Wirklichkeit.

Das stimmt leider, weswegen ich ja auch nur von "Anspruch" gesprochen habe. Aber ohne eine konsequente interne Einigung auf ein verbindliches Wertegerüst (Stichwort: EU-Verfassung), wird es auch nicht möglich sein, diesen Anspruch in Realpolitik umzusetzen.

(25.07.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Die behauptete EU Wertegemeinschaft ist realpolitisch mehr Propaganda als Wirklichkeit. Und sie dann auch noch als Einigungshinderniss zu sehen und daraus folgend andere EU Länder anzugehen nur weil diese unsere sozialkulturellen Sonderwege nicht mitmachen wollen, ist realpolitisch einfach nur noch falsch.

Und nochmal: Ich gehe diese Länder nicht an. Ich erkenne Unterschiede, akzeptiere sie und suche einen Lösungsweg, mit dem diese Unterschiede nicht zu unser aller Nachteil werden.
Und nicht die Wertegemeinschaft ist das Einigungshinderniss, sondern gerade eben ihre Nicht-Existenz.
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