Europe still needs America (Meinung von AKK)
#16
Meiner Ansicht nach wird eine der wesentlichsten Fragen in dieser ganzen Diskussion ausgespart, nämlich die kulturelle Frage. Die gegenwertigen west- und mitteleuropäischen Kulturen sind in ihrer jetzigen Verfasstheit meiner Ansicht nach derart gestaltet, dass sie drei für die Kriegsführung sehr negative Entwicklungen befördern: Zum einen die immer weiter gehende de facto Ritualisierung der Kriegsführung (in Form eines Primat des Legalismus über die Notwendigkeit), zum anderen eine völlige Dividierung des Gros der Bevölkerung (einschließlich von Teilen des Militärs selbst) von ernsthafter organisierter Gewaltanwendung. Und Drittens eine zunehmende Übersozialisierung, durch welche die Werte welche propagiert werden in überhöhter, überspitzter Form von einer Mehrheit zunehmend real eingefordert werden.

Das kann man moralisch / ethisch gesehen nur gutheißen, da es zweifelsohne von dieser Warte aus gesehen richtig ist, aber ein Gros der Menschheit macht diese Entwicklung aktuell nicht mit. Wir gehen also einen Sonderweg, der meiner Überzeugung nach uns militärisch immer weiter gehend kriegsunfähig macht.

Ich möchte diese Aussagen nicht im Sinne Crefelds et al als einen Vorwurf von Schwäche, Feigheit, Weichlichkeit etc von den hier lebenden Menschen verstanden wissen. Die Gesellschaft und die Menschen die hier leben sind nicht schwächlich und feige, sie sind in zu großen Anteilen aus einem ganzen Faktorenbündel heraus unfähig zur Kriegsführung.

Nicht mal in einem Verteidigungskrieg würde eine Mehrheit der hier lebenden Menschen militärische Gewalt gegen die Angreifer anwenden !

Was hat das nun alles mit Amerika zu tun ?! Gerade deshalb benötigen wir leider Amerika, da wir selbst aufgrund unserer vorherrschenden sozialkulturellen Grundströmung nicht im Ansatz in der Lage sind ernsthaft Krieg zu führen ! Die Einwohner im Gebiet dieser Bundesrepublik haben nicht die dafür notwendigen kulturellen und sozialen Grundvoraussetzungen. Dazu tritt noch der zunehmende Verfall der Gesellschaft und ihrer Kohäsion an sich, die Multikulturelle Nicht-Gesellschaft welche sich stattdessen zur Zeit etabliert und vor allem der materialistische alle ideelen Werte ablehnende Hyperindividualismus. Das Weltnetz, die sogenannten sozialen Medien und die Netztelefone wirken dabei in dieser Fehlentwicklung (vom militärischen Standpunkt aus gesehen) noch als Brandbeschleuniger.

Die Inkompetenz, militärische Schwäche und Kriegsunfähigkeit in vielen westeuropäischen Streitkräften / Gesellschafften, zuvorderst in der Bundeswehr ist daher ein Symptom einer noch dahinter stehenden Ursache (sozialkulturelle Grundströmung). Es nützt daher nichts an den Symptomen herum zu doktern, eine europäische Armee aufzustellen, ja nicht einmal würde es nützen mehr Geld für das Militär auszugeben, solange die Kultur so bleibt wie sie ist und solange die kulturelle Evolution sogar noch weiter in diese Richtung geht.

Es nützt daher auch rein gar nichts auf die Zahlen von Systemen und Soldaten zu blicken. Die dahinter stehende Einstellung genügt nicht um damit siegreich zu sein. Gesellschaften die in dieser Art nicht mehr ernsthaft Krieg führen können, weil sie ihn nicht mehr ernsthaft führen können, werden auch von technologisch - wie zahlenmässig eigentlich unterlegenen Gegnern vernichtend geschlagen.

Diese völlige Hilflosigkeit gegenüber selbst den Schwächsten ist folgerichtig auch das was wir in dieser Bundesrepublik seit Jahren beobachten. Ohne Amerika hat (West) Europa militärisch gesehen daher keine Chance, nicht mal gegen drittklassige Gegner. Eine Chance läge in den Völkern Osteuropas, diese aber verachten die Westeuropäer und sind in Wahrheit nur deshalb in der EU um auf diese Weise Leistungen abzugreifen. Wenn es zur Nagelprobe kommt ist es sehr fraghaft, ob sie bereit wären auch tatsächlich etwas zu leisten. Die Zaungäste werden daher abseits stehen bleiben. Und warum sollten sie auch etwas anderes tun ? Kampfunfähigkeit ist nicht etwas was andere davon überzeugt sich einem anzuschließen.

Verbleibt die Frage wie lange die USA diese europäische Kriegsunfähigkeit noch mit ihren Streitkräften decken werden. Auch ein Biden wird hier nicht unbegrenzt weiter unsere Unfähigkeit zum Krieg auf Kosten Amerikas auffangen.
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#17
@Quintus
Zitat:Ohne Amerika hat (West) Europa militärisch gesehen daher keine Chance, nicht mal gegen drittklassige Gegner. Eine Chance läge in den Völkern Osteuropas, diese aber verachten die Westeuropäer und sind in Wahrheit nur deshalb in der EU um auf diese Weise Leistungen abzugreifen. Wenn es zur Nagelprobe kommt ist es sehr fraghaft, ob sie bereit wären auch tatsächlich etwas zu leisten.
Jein. Westeuropa hat sicherlich mehr Potenzial als vielleicht auf den ersten Blickt vermutet. Es mag sicher so sein, dass die west- und mitteleuropäischen Gesellschaften sich derzeit teils in einer seltsamen Mischung aus Selbstzerfleischung, einem überbordenden und personifizierten Selfie-Individualismus, Populismus, Protest-Popkultur und Finanzstreitigkeiten verfangen und alles entnervend wirkt, aber dies ist auch nur deswegen möglich, weil die gegenwärtigen Krisen zwar sicherlich herausfordernd sind, aber keinesfalls die politischen und kulturellen Strukturen der Mitglieder selbst in den Grundfesten gefährden, sie somit also die relativ kleinlichen Streitigkeiten noch erlauben. Sollte sich jedoch eine (theoretische) Gefahr abzeichnen, die wirklich alles in Frage stellt, so werden sich die Europäer auch wieder zusammenraufen - notfalls auch mit dem Wissen, dass man den größten Wirtschaftsraum der Welt hinter sich hat (und einen Wirtschaftsraum, in dem die sich befindlichen Staaten ihre Identität und Souveränität noch bewahren können - im Gegensatz zu anderen Räumen). Europa war aber im Vorfeld schon immer zerstritten, auch in der Vergangenheit schon - egal ob ich nun in den Kalten Krieg blicke oder bis zu den Türkenkriegen zurückgehe -, hat sich aber in entscheidenden Situationen dann doch wieder zusammengefunden.

Was nun die osteuropäischen bzw. ostmitteleuropäischen Staaten angeht - es wird hier gerne auch auf Polen gezeigt -, so bin ich auch hier verhalten optimistisch. Zwar gehen einem manche Allüren auf den Keks, auch z. B. was Ungarn angeht, aber wenn das polnische Außenamt betont, man wünsche sich ein starkes Deutschland, so wirkt dies auf mich nicht so, als wenn man sich in Warschau vor einem starken Deutschland fürchtet, sondern dass man eher auf ein starkes Deutschland setzt. (Es müssen das nur noch die Deutschen auch richtig wollen.) Dass Polen zeitweise sich bis nach Washington orientiert hat - wobei man dort eher spröde empfangen wurde -, lag auch daran, dass man in Warschau nicht wusste, was Deutschland überhaupt im Sinn hat bzw. was die Deutschen eigentlich wollen. Eine Verachtung für Westeuropa war dies indessen nicht, eher eine Verunsicherung bzgl. des Westens und Bedenken hinsichtlich einer russischen Bedrohung (die in Polen - und auch in Ungarn - historisch bedingt sehr gewichtig ist). Insofern gehe ich in der Annahme, dass Polen und Deutschland bei einer gravierenden Bedrohung sehr schnell zusammenfinden werden.

Schneemann.
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#18
Schneemann:

Zitat:Sollte sich jedoch eine (theoretische) Gefahr abzeichnen, die wirklich alles in Frage stellt, so werden sich die Europäer auch wieder zusammenraufen ......Europa war im Vorfeld schon immer zerstritten, auch in der Vergangenheit schon - egal ob ich nun in den Kalten Krieg blicke oder bis zu den Türkenkriegen zurückgehe -, hat sich aber in entscheidenden Situationen dann doch wieder zusammengefunden.

Ich habe mich ja ein wenig mit Geschichte beschäftigt und eine Erkenntnis daraus war für mich, dass es keine Axiome in Entwicklung und dem Verhalten von Gesellschaften gibt. Weil früher etwas so war, muss es keineswegs so bleiben. Speziell in Bezug auf die Westeuropäischen Länder der EU wird sich meiner Ansicht nach nichts am Niedergang und der zunehmenden Schwäche der Gesellschaft ändern, wenn die Sozialkultur dieser Länder sich nicht weitgehend ändert. Danach sieht es aber nicht aus, im Gegenteil. Unsere derzeitige sozialkulturelle Grundströmung in Westeuropa unterscheidet sich drastisch von allem was bisher in Europa in der Geschichte seit dem Frühmittelalter so vorhanden war. Das reicht vom Niedergang der Religiösität, über den Niedergang des Nationalstaates als Verkörperung der Nation hin zum vorherrschenden linken Postliberalismus, dem Verlust der Kohäsion in der Gesellschaft, der Unfähigkeit Gewalt auszuüben oder zu ertragen und der immer weiter gehenden Entfremdung von den natürlichen Prozedere des Lebens an sich durch die Phantasiewelt des Weltnetzes.

Zitat:aber wenn das polnische Außenamt betont, man wünsche sich ein starkes Deutschland, so wirkt dies auf mich nicht so, als wenn man sich in Warschau vor einem starken Deutschland fürchtet, sondern dass man eher auf ein starkes Deutschland setzt.

Und mit stark meinen sie finanzstark und fürchten tut uns niemand mehr in Wahrheit, aber finanziell nützen will uns jeder. Jeder will so viel deutsches Geld wie möglich abgreifen, uns aber so wenig wie möglich dafür zugestehen.

Zitat:Es müssen das nur noch die Deutschen auch richtig wollen......lag auch daran, dass man in Warschau nicht wusste, was Deutschland überhaupt im Sinn hat bzw. was die Deutschen eigentlich wollen.

Eine der Grundkrankheiten der EU ist, dass die Franzosen dringend wollen, aber nicht können, und deshalb praktsich unfähig dazu sind - und die Deutschen theoretisch könnten, aber nicht wollen und daher ebenfalls praktisch unfähig dazu sind. Diese Nicht-Gesellschaft von Schlafwandlern hat den Zeitpunkt verpasst wo sie noch als Führungsnation hätte geachtet werden können. Heute werden wir (mit Einschränkungen zu Recht) mehr verachtet als geachtet.

Zitat:Insofern gehe ich in der Annahme, dass Polen und Deutschland bei einer gravierenden Bedrohung sehr schnell zusammenfinden werden.

Meine Annahme ist, dass die Polen sich tatsächlich uns zuwenden würden und wir uns von ihnen trotzdem abwenden würden. Die Inkompetenz dieser Bundesrepublik, der aktuelle linke Moralismus den von hier aus allen aufgedrückt werden soll und die negativen Tendenzen in unserer Sozialkultur wie in der weiteren Entwicklung dieser Gesellschaft gefährden nicht nur Europa, sie verhindern vor allem anderen dass Europa sich als von den USA unabhängige Weltmacht etablieren kann.

Diese Schwäche Europas gefährdet aber durchaus auch die Bundesrepublik mehr als andere EU Staaten, von daher sind wir selbst auch die ersten Opfer unserer eigenen Fehler.
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#19
@Quintus
Zitat:Ich habe mich ja ein wenig mit Geschichte beschäftigt und eine Erkenntnis daraus war für mich, dass es keine Axiome in Entwicklung und dem Verhalten von Gesellschaften gibt. Weil früher etwas so war, muss es keineswegs so bleiben. Speziell in Bezug auf die Westeuropäischen Länder der EU wird sich meiner Ansicht nach nichts am Niedergang und der zunehmenden Schwäche der Gesellschaft ändern, wenn die Sozialkultur dieser Länder sich nicht weitgehend ändert. Danach sieht es aber nicht aus, im Gegenteil.
Eine 1-zu-1-Übertragung eines sich ähnelnden Umstandes, einer Entwicklung etc. wird es historisch betrachtet natürlich nicht geben, hierzu haben sich die Länder und die Gesellschaften Europas im Laufe der Jahrhunderte zu sehr verändert (Feudalismus, Monarchien, Republiken etc.). Aber in der Tendenz verhalten sich Gesellschaften immer noch ähnlich, wenngleich auch nicht mehr mit den extremen Ausbildungen, d. h. man muss den Gesellschaften zugestehen, dass sie im Rahmen der aktuellen Entwicklung Eigenheiten pflegen - das war immer schon so -, aber sich dennoch auch auf einen gemeinsamen Nenner einigen können. Und dies ist in Europa immer noch ausgeprägter als in anderen Regionen - namentlich auch Asien. Darüber hinaus bin ich mir nicht sicher, dass das Problem in der Sozialkultur liegt.
Zitat:Und mit stark meinen sie finanzstark und fürchten tut uns niemand mehr in Wahrheit, aber finanziell nützen will uns jeder. Jeder will so viel deutsches Geld wie möglich abgreifen, uns aber so wenig wie möglich dafür zugestehen.
Das ist nun eine ziemlich deutsche Sichtweise, die allerdings der Sache nicht immer gerecht wird. Es ist durchaus in Teilen so, dass manche Staaten - vor allem im Süden - gerne von der deutschen Finanzkraft bzw. Kreditwürdigkeit profitieren möchten. (Wobei das Daraufherumreiten deutscherseits während der Finanzkrise die Sache nicht besser gemacht hat.) Im Falle Polens trifft dies aber m. M. n. nicht zu. Man nimmt sicher gerne Hilfen der EU an, aber will zugleich eigenständig auch einen entsprechenden Aufbau und eine Eigenleistung erbringen. Hier greift auch durchaus der polnische Ehrgeiz, es "alleine zu schaffen". Wenn man nun den Polen mal einen überbordenden Nationalismus unterstellen mag, so wäre es für gerade diese Kreis kaum erträglich, wenn man wissen würde, man hinge ja am Tropf der Deutschen.

Darüber hinaus: Muss man uns denn fürchten? Sollten wir uns nicht eher auf gutnachbarschaftliche Beziehungen konzentrieren und eine Zusammenarbeit? Man schaue doch mal die Russen an: Die hat man zu Sowjetzeiten sicher gefürchtet, und das Ergebnis ist, dass ihnen fast alle Staaten der Peripherie inkl. ihres "westlichen Schutzzauns" ziemlich schnell abhanden kamen, als die Zeiten sich geändert haben. (Und darüber jammert man in Moskau immer noch mit Krokodilstränen.)
Zitat:Eine der Grundkrankheiten der EU ist, dass die Franzosen dringend wollen, aber nicht können, und deshalb praktsich unfähig dazu sind - und die Deutschen theoretisch könnten, aber nicht wollen und daher ebenfalls praktisch unfähig dazu sind.
Da triffst du ein Kernproblem, ja.
Zitat:Diese Nicht-Gesellschaft von Schlafwandlern hat den Zeitpunkt verpasst wo sie noch als Führungsnation hätte geachtet werden können. Heute werden wir (mit Einschränkungen zu Recht) mehr verachtet als geachtet.
Sehe ich anders. Wenn man mit jungen Menschen (naja, so alt bin ich nun auch noch nicht) aus dem nahen Ausland spricht (Polen, Italien, Spanien, Belgien), die in Deutschland arbeiten und/oder leben, so ist das Deutschland-Bild ein durchaus positives. Die Verachtung äußert sich eher über "ihre" Staaten und über die Reformstaus oder bornierte, intolerante Politiker in deren Heimat. Wir Deutsche jammern ja auch gerne über alles mögliche, aber wenn ich mit Italienern spreche und die mir sagen, dass in ihrer Heimat die Corona-Erkrankten in den Krankenhäusern nicht versorgt werden, weil diese quasi (auch bausubstanztechnisch) zu Ruinen zerspart wurden und dass es hier "viel besser" laufe, so gibt mir das zu denken. Wenn mir sogar Engländer sagen, dass die deutsche Polizei freundlicher sei als ihre Bobbies - was vor 25 Jahren wohl ein Treppenwitz der Geschichte gewesen wäre -, gibt mir das auch zu denken. Insofern: Es läuft nicht alles korrekt, sicher, aber ganz so negativ wie du es umrissen hast, ist es sicher nicht.
Zitat:Meine Annahme ist, dass die Polen sich tatsächlich uns zuwenden würden und wir uns von ihnen trotzdem abwenden würden.
Das kann durchaus möglich sein. Ich sehe (wenn auch im Stillen) durchaus Sympathien bei vielen jungen Polen für Deutschland, aber ich sehe bei vielen Deutschen noch gewisse Vorurteile, ja z. T. auch alte Überheblichkeiten. Aber es bliebe die Frage, wie eine Krise aussieht, wenn man sich denn zusammenraufen muss und wie dann die Politik reagiert.

Schneemann.
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#20
Ich halte es unabdingbar das wir uns von den USA ein Stückweit lösen. Amerika wird zwar immer der engste Verbündete von Europa bleiben, aber Europa muss unabhängig in allen Bereichen werden.

Es ist nicht mehr so wie im Kalten Krieg, das es den einen gemeinsamen Feind gibt, die Welt ist viel komplizierter.
Wenn wir abhängig von den USA sind dann werden wir auch immer in deren Konflikte mit hinein gezogen obwohl wir an diesen Konflikten vlt. kein Interesse haben. Umgekehrt hilft uns die USA nicht in den Konflikten die in unserem Interesse liegen. Konflikte in denen wir das Interesse von den USA teilen werden seltener daher ist es aus meiner Sicht so wichtig das wir unabhängig agieren können.

Da Europa das Potenzial besitzt selbständig zu sein denke ich nicht das wir die USA "brauchen", man könnte vlt. sogar provokativ fragen: Können wir uns die USA noch leisten?
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#21
(11.12.2020, 20:13)Kul14 schrieb: Ich halte es unabdingbar das wir uns von den USA ein Stückweit lösen. Amerika wird zwar immer der engste Verbündete von Europa bleiben, aber Europa muss unabhängig in allen Bereichen werden.

Es ist nicht mehr so wie im Kalten Krieg, das es den einen gemeinsamen Feind gibt, die Welt ist viel komplizierter.
Wenn wir abhängig von den USA sind dann werden wir auch immer in deren Konflikte mit hinein gezogen obwohl wir an diesen Konflikten vlt. kein Interesse haben. Umgekehrt hilft uns die USA nicht in den Konflikten die in unserem Interesse liegen. Konflikte in denen wir das Interesse von den USA teilen werden seltener daher ist es aus meiner Sicht so wichtig das wir unabhängig agieren können.

Da Europa das Potenzial besitzt selbständig zu sein denke ich nicht das wir die USA "brauchen", man könnte vlt. sogar provokativ fragen: Können wir uns die USA noch leisten?

Meines Erachtens muss man weg von der Konstellation dass Rußland quasi als Hauptfeind gesehen wird.
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#22
(11.12.2020, 20:58)lime schrieb:
(11.12.2020, 20:13)Kul14 schrieb: Ich halte es unabdingbar das wir uns von den USA ein Stückweit lösen. Amerika wird zwar immer der engste Verbündete von Europa bleiben, aber Europa muss unabhängig in allen Bereichen werden.

Es ist nicht mehr so wie im Kalten Krieg, das es den einen gemeinsamen Feind gibt, die Welt ist viel komplizierter.
Wenn wir abhängig von den USA sind dann werden wir auch immer in deren Konflikte mit hinein gezogen obwohl wir an diesen Konflikten vlt. kein Interesse haben. Umgekehrt hilft uns die USA nicht in den Konflikten die in unserem Interesse liegen. Konflikte in denen wir das Interesse von den USA teilen werden seltener daher ist es aus meiner Sicht so wichtig das wir unabhängig agieren können.

Da Europa das Potenzial besitzt selbständig zu sein denke ich nicht das wir die USA "brauchen", man könnte vlt. sogar provokativ fragen: Können wir uns die USA noch leisten?

Meines Erachtens muss man weg von der Konstellation dass Rußland quasi als Hauptfeind gesehen wird.

Es ist jetzt nicht so, als ob Russland nicht alles dafür tut um so wahrgenommen zu werden. Den Vorteil den China hat es ist am anderen Ende der Welt.
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#23
(12.12.2020, 14:11)ede144 schrieb: Es ist jetzt nicht so, als ob Russland nicht alles dafür tut um so wahrgenommen zu werden. Den Vorteil den China hat es ist am anderen Ende der Welt.
Big Grin
Gut getroffen.

Putin braucht Feinde, sonst bräuchte ihn in RU keiner mehr.
Der Mann ist eine Gefahr für unsere Gesellschaften.

Was China betrifft, hast du vollkommen Recht.

Die USA werden noch sehr lange sehr wichtig für uns sein.
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#24
Kul14:

Zitat:Da Europa das Potenzial besitzt selbständig zu sein denke ich nicht das wir die USA "brauchen", man könnte vlt. sogar provokativ fragen: Können wir uns die USA noch leisten?

Deine Frage ist wirklich interessant. Meiner Meinung nach können wir uns die USA als Verbündete de facto nicht leisten, aber es handelt sich hier um eine Situation in der es meiner Ansicht nach keine bessere Lösung gibt, sondern nur zwei verschiedene Arten des Schadens. Die Abwägung sollte daher sein, was den geringeren Schaden verursacht. Die USA als enger Verbündeter sind ein Problem und sollten wir uns von ihnen weg orientieren ist dies auch ein Problem (aufgrund unserer Unfähigkeit zu ernsthafter militärischer und außenpolitischer Stärke). Solange wir in diesen Bereichen derart unfähig und schwach sind, und so auch im Ausland wahrgenommen werden, solange sind die USA (leider) zwingend als Verbündeter notwendig. Ein notwendiges Übel wenn man so will.

Dieser Zwickmühle werden wir nur entkommen, wenn wir hier auf allen Ebenen unserer Gesellschaft uns deutlich verändern würden, insbesondere aber im Bereich des Militärs und der Wehrkraft. Wie realistisch das in dieser Bundesrepublik ist, beantwortet sich im Prinzip von selbst. Aber rein theoretisch hätten wir immens viel dadurch zu gewinnen. Statt einen Schaden gegen den anderen abzuwägen würden wir einen erheblichen Gewinn daraus ziehen, nicht nur für uns, sondern auch für unsere Europäischen Brudervölker. Weder westlich noch östlich, sondern allein Deutsch! Das wäre die einzige Politik welche Europa nachhaltig erhalten könnte.
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#25
Wir brauchen sicherheitspolitisch dringend / sogar zwingend mehr Schlagkraft. Ansonsten hat das diplomatische Korps per se schlechte Karten.

Mit "Wir" würde ich sogar Europa meinen, aber Deutschland ist nun einmal das Herzstück Europas (gemeinsam mit Frankreich).

Unter einem Kanzler Röttgen oder Merz kann ich mir das unter Umständen vorstellen. Bei Söder bin ich mir nicht sicher und Laschet kann nun wirklich gar nichts.
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#26
(13.12.2020, 12:10)Mondgesicht schrieb: Wir brauchen sicherheitspolitisch dringend / sogar zwingend mehr Schlagkraft. Ansonsten hat das diplomatische Korps per se schlechte Karten.

Mit "Wir" würde ich sogar Europa meinen, aber Deutschland ist nun einmal das Herzstück Europas (gemeinsam mit Frankreich).

Unter einem Kanzler Röttgen oder Merz kann ich mir das unter Umständen vorstellen. Bei Söder bin ich mir nicht sicher und Laschet kann nun wirklich gar nichts.
Ich habe es schon mehrfach geschrieben, wie würde das Minsker Abkommen aussehen, wenn zu der Zeit ein NATO Manöver in Divisionsstärke stattgefunden hätte?
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#27
@lime
Zitat:Meines Erachtens muss man weg von der Konstellation dass Rußland quasi als Hauptfeind gesehen wird.
Das ist unsere Perspektive, die angesichts der Denke bzw. des Empfindens in Russland nur eine geringe Rolle spielt. Viele, auch gerade in Deutschland, sagen, dass Russland eben durch den Kollaps der UdSSR und die bitteren 1990er-Jahre, als sich Oligarchen das Land unter den Nagel gerissen haben und ein besoffener Tanzbär im Kreml regierte (während 110 Mio. Russen ihre Spareinlagen verloren haben und die Lebenserwartung auf 58 Jahre sank), so stark gekränkt worden sei, dass man heute bitte doch wieder auf das Land zugehen müsse - und dass man nebenbei Geschäfte machen solle.

Dass allerdings in Moskau seit zwei Jahrzehnten ein Mann herrscht, der den Zusammenbruch der UdSSR als größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts ansieht, der die USA per se zum Feind erklärt hat, der mit seinen Geheimdienstfreunden daran arbeitet, die westlichen Demokratien zu destabilisieren (und nebenbei auch ohne mit der Wimper zu zucken Morde quer durch Europa absegnet - zumindest ist dies sehr wahrscheinlich), der massiv aufrüstet bis hin zu Awangard und Sarmat und der öffentlich verkündet, sich notfalls die Gebiete, die der UdSSR "abhanden" gekommen sind, zurückzuholen, wird dabei gerne übersehen.

Insofern: Angesichts des aktuellen Kurses im Kreml haben wir gar keine andere Wahl, als hellhörig zu sein. Alles andere wäre merkantile Selbstverleugnung - und genau genommen ist es auch das, was der nationalistische, selbstbezogene Kreml von uns "erwartet", da wir nicht gerade ein ideales Bild abgeben. Insofern sind die Europäer noch sehr wohl auf die mächtigen Schwingen der US-Luftwaffe angewiesen, und ehrlich gesagt, auch wenn in Washington gejammert wird, dass gerade doch die Deutschen bitte mal mehr für Rüstung ausgeben sollten, sind auch die Amerikaner relativ froh, dass sie ihre europäischen Verbündeten noch haben...

Schneemann.
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