Theorie einer Territorialmiliz
#16
In Österreich sind wir natürlich samt und sonders Apologeten der Spannocchi-Doktrin. Diese Doktrin bietet und verlangt Interpretationen und Improvisationen, die sich ableiten aus:

• den Prinzipien
• den vorausgehenden Einschätzungen
• den Anforderungen der Umstände und des gegebenen Augenblicks

Adressat einer Doktrin ist die Truppe, die Mannschaft, der Mann. Und in Österreich verschiebt sich der taktische Wert von Verbänden auf das "dynamische Molekül".

Jeder Unteroffizier der kämpfenden Truppe ist ausgebildet und hoffentlich befähigt Personal zu organisieren, zusammenzuhalten und anzuführen - unter Bedingungen ... siehe Spannocchi-Doktrin. Was fehlt, ist aus dem Nichts heraus zu beschaffen. Aus dem Nichts heraus ist anzugreifen. Und aus dem Nichts heraus sollen Möglichkeiten entstehen.

Das Miliz-System ist hierbei sakrosankt. Die Schweizer sind entschieden konsequenter milizioniert. Ja, selbst das Fürstentum Monaco könnte uns ein Vorbild sein, denn wer dort bei der Feuerwehr ist, ist bei den Streitkräften.

Eine Miliz-Lastigkeit hat ihre eigenen Bedingungen, etwa geringer notwendiger Übungsaufwand. Von daher haben Waffen, Waffensysteme und überhaupt jede Art von Beschaffung einer breiten Masse angemessen zu sein. Der kritische Punkt ist nicht die Möglichkeit eines Systems (Potentialität), sondern die tatsächliche breite Anwendbarkeit (Limitierung). Die Einschränkung liegt in der machbaren Ausbildung der Breite.

Aus der gesamten Breite diffundiert das dynamische Molekül heraus. Der Zug —> die Gruppe —> der Trupp.

Träger des Kampfes ist der Zug. Alles in der kämpfenden Truppe, das direkten Feindkontakt hat, fällt in diesen Lupenkreis. Gefechte werden durch Züge gewonnen. Zu diesem endgültigen Resümee kommen die Israelis, die Finnen, die Schweizer, die Österreicher. Das dynamische Molekül hat demnach eine elastische Form, die von Truppgröße bis zu Zuggröße reicht.

Struktur und Bewaffnung stehen in einer wechselseitigen Abhängigkeit zueinander. Und wegen dieser wechselseitigen Abhängigkeit habe ich die richtungsgebenden Betrachtungswinkel hinsichtlich Struktur vorangestellt.

Das lässt nun schon die ersten robusten Aussagen zu:
¹ Das elastische Molekül sollte Waffenautark sein.
² Die Unterstützungswaffen sind auf Kompanieebene zu massieren.
³ In Logistik ist erst ab Battalionsebene zu investieren.

In näherer Ausführung:

¹ Ein Zug hat mit einer Waffenausstattung zu kämpfen, die ihn - auf sich gestellt - zu allen Kampfarten befähigt. Dies gestattet kein Munitionspotpourri.
² Unterstützungswaffen sind keine Sättigungsbeilage im Waffenarsenal, deshalb sollen diese in massierter Form das Bedrohungs und Vernichtungspotenzial auf XL Niveau halten.
³ Trupp, Gruppe, Zug und darüber hinaus noch die Kompanie sind die puristischsten Kampforganisationen. Erst ab Bataillon aufwärts sind die Randbedingungen zu erfüllen (Versorgung, Nachschub, Instandsetzung etc.).

Gute Leute und gute Ausbildung vorausgesetzt, könnte man zu deren individueller Bewaffnung die MAS 49/56 austeilen und sie wären definitiv nicht unterbewaffnet. Gute Leute und gute Ausbildung liegen zwischen Realität und Ideal jedoch näher bei zweiterem. Das heißt, wenn wir dieselbe Kampfkraft erreichen wollen mit nicht ganz so guten Leuten und nicht ganz so guter Ausbildung, dann ist der technische Einsatz zu erhöhen. Von den Sturmgewehren halte ich von der AK in jeder beliebigen Machart ebensoviel wie von unserem formidablen StG 77 oder was auch immer irgendein Rekrut auf dieser Welt gerade in die Hand gedrückt bekommt. Die wirklich guten sind gar nicht so viel besser als die wirklich schlechten. Ich halte sie weitgehend für austauschbar.

Maschinenpistolen sind Pistolen und damit Priorität Nummer 527.

Maschinengewehre scheinen spirituellen Charakter gewonnen zu haben. Selten, daß mit bodenständigen Argumenten ein Für und Wider abgewogen wird. Nach meinem Dafürhalten ist ein Maschinengewehr für das Gefecht wichtiger als ein Sturmgewehr. Maschinengewehre haben aber einen immensen Munitionsverbrauch, verglichen mit Sturmgewehren. Und es ist der Munitionsverbrauch, der das Maschinengewehr zeitlich limitiert. Das ist vergleichbar mit einem Kampfpanzer mit Minitank: so stark er ist, er macht's nicht lang. Das Maschinengewehr sollte um jene Patrone gebaut sein, die es am längsten am Gefecht teilnehmen lässt. Ich sehe das im Bereich der 6mm Familie.

Waffengewicht frißt Munitionsausstattung. Je größer das Kaliber (und größer ist ja nicht dasselbe wie stärker), desto höher zwangsläufig das Waffengewicht. Und das bedeutet im Ergebnis zweimal Punkteabzug für die Munitionsausstattung: Einmal wegen des höheren Waffengewichtes, um dieses kann man weniger Munition mitführen. Zum zweiten wegen des hohen Eigengewichts größerer Kaliber, wiederum verbunden mit geringerer Munitionsmenge, die überhaupt getragen werden kann.

Wer kennt nicht die verquere Situation mit Essen und Trinken für 3 Tage ausgestattet zu sein, aber mit Munition für 30 Minuten ...?!

Womit ich meine Leute wahrhaft generös ausstatten würde, und der Feind geradezu durchwaten müsste, sind MINEN, MINEN, MINEN!!
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#17
Hier ein unkonventionelles Schema, das sich durch Fazilität auszeichnen soll. Achtung: Die Benamung soll den so häufigen Mißverständnissen mit konventionellen Schemata von Gruppe, Zug, Kompanie etc. vorbauen.

Eine Fahne zu 220 Mann.
Eine solche Fahne besteht aus 3⅔ Lager.
Ein kämpfendes Lager besteht aus 60 Mann.
Eine Fahne hat drei solche kämpfende Lager zu je 60 Mann.
Und es gibt ein Basislager (Stabs-, Unterstützungs-, Hilfsdienste) mit einer Stärke von ⅔ = 40 Mann.
3 x 60 Mann Lager + ein ⅔ Lager mit 40 Mann = 220 Mann für die ganze Fahne.

Aufbauprinzip:
Mit jeder höheren Befehlsebene soll eine Unterstellung mehr geführt werden können. Also ein Truppkommandant führt seinen Trupp. Ein Gruppenkommandant führt seinen Trupp plus einen weiteren. Ein Zugskommandant führt selbst eine Gruppe plus zwei weitere.

Ein Kampflager im Detail:
3 Mann Trupps (à la Trimarcisia)
6 Mann Lanzen
18 Mann Brigaden

Der Anführer einer Brigade führt seine eigene Lanze plus zwei weitere Lanzen. Drei solcher Brigaden bilden ein Lager, zu dem noch eine HQ-Lanze von sechs Mann hinzukommt.
3 x 18 Mann Brigaden plus eine HQ-Lanze mit 6 Mann = 60 Mann für ein Lager.
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#18
Bewaffnung im konkreten:

Vorweg, die Grundlinie der gewählten Bewaffnung folgt der Forderung eine vollständige Bewaffnung (und das inkludiert die Unterstützungssysteme) so weit wie möglich nach vorne (in unserem Modell die 6 Mann Lanze) verschoben zu sehen - von Anfang an. Die natürliche Limitierung hierbei ist das "pragmatische Maß".

👉🏻 Jede Lanze ist mit einer 30mm Variante eines Granatgewehrs auszustatten. Typ und Modell kann alles sein entlang der amerikanischen M79, der ukrainischen RGSh-30 oder der russischen GM-94 (mein Favorit). Das Nonplusultra ist Einfachheit und Robustheit, die Reduktion technischer (ohnehin oft nur designtechnischer) Features ist gewollt.

👉🏻 Hinzugefügt wird ein Maschinengewehr im Kalibererspektrum 6.17mm bis 6.8mm. Ich wähne das Optimum hier im kleineren Durchmesser.

👉🏻 Der Rest ist mit Sturmgewehren, beispielhaft das StG 77, im besagten 6mm Spektrum bewaffnet.

Die große Forderung ist es Pfeile an den Feind ranzubringen, nicht Bögen. Deshalb ist im Zweifelsfalle das leichtere (nicht unbedingt das kleinste) Kaliber zu wählen, da dies so gut wie immer ein leichteres Systemgewicht mit sich bringt. Die damit gewonnene Ersparnis wird in kleinen Teilen an den Kämpfer weitergegeben (er schleppt jetzt weniger) und in größeren Teilen durch vermehrte Munition lukriert (bei gleicher Munitionslast sind jetzt mehr Schußabgaben möglich).

Und kontextuell immer noch strikt die Territorialmiliz im Auge: Minen, Minen, Minen!!!

Bei maximaler Fazilität der Struktur ist folgende Hierarchie der Systemletalität zu erwarten:

1. Minen
2. 30mm Granaten
3. 6mm Projektile (Maschinengewehr)
4. 6mm Projektile (Sturmgewehr)
5. Alles andere

Erhellende Bemerkung:
90 Prozent aller Tötungen auf dem Gefechtsfeld geschehen durch Bomben und Splitter, nicht durch Projektile.

Im Strang über die 6mm Optimum Idee habe ich folgendes beigefügt:

In einer 5-Jahres-Evaluierung (2003—2008) der US-Armee bezüglich gefechtsevozierte Verletzungen (inkl. letale Verletzungen) bei amerikanischen Truppen im Irak war zu beziffern: 76 Prozent aller Verwundungen und Tötungen geschehen durch Granate/Bombe/Rakete (insonderheit IED).
Auf der Gegenseite war dieser Anteil sogar noch höher.

Ich postuliere demnach: Spreng- und Splitterwirkung vor Kugelwirkung!



Zu guter Letzt:
Was ist nun mit Panzerabwehr, Fliegerabwehr, Drohnenabwehr, ...?

Da ist der Ausdruck "Abwehr" einfach unpassend, denn die Männer dieser Einheit sollen um nichts in der Welt irgendeine Art von Abwehrkampf führen. Das ist für die letzte Phase eines Konflikts gerne möglich, bis dahin ist jede Phase davor einzeln zu durchlaufen - in aller Leichtfüßigkeit. Das ist einem Brunnenvergifter ähnlicher als einem Schlächter. Panzerabwehrwaffen (synonym für sämtliche genannten) sind immer eine gute Option, aber eben eine Option. Alles andere wäre aufgrund der hier vorgestellten Organisationsstruktur, der Bewaffnung, der gesuchten Kampfweise und Taktik ... exzediert.
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#19
Werter Pogu,

wenn du auf 30mm Granatkaliber stehst, gefällt dir gegebenenfalls das folgende weissrussische System:

https://www.thefirearmblog.com/blog/2017...-launcher/

Ganz allgemein haben die Weissrussen ein Primat auf möglichst kompakten extrem leichten Schützenwaffen (mit entsprechendem Rückstoß und Verschleiss....) - oder auch ohne Rückstoß wie der folgende ultraleichte Raketenwerfer mit gerade mal 4 kg in seiner neuesten Version:

https://www.armyrecognition.com/april_20...ncher.html

Können sogar zu einem Mehrfachwerfer zusammen geklippst werden der dann alle Rohre auf einmal abfeuert (überwindet Hardkillsysteme auf leichten Fahrzeugen etc)

Unabhängig davon:

Wären Gewehrgranaten im Sinne deiner Zielsetzung nicht wesentlich besser als 30mm Granatwerfer? Insbesondere Gewehrgranaten welche man auch von Hand werfen kann? Jeder Schütze also zugleich ein Grenadier ?
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#20
(15.02.2021, 19:24)Quintus Fabius schrieb: ... wenn du auf 30mm Granatkaliber stehst, gefällt dir gegebenenfalls das folgende weissrussische System:

30mm kommt am anderen Ende des Trichters heraus, den ich mit meinen Forderungen und heimlichen Wunschträumen gebaut habe. Und ich steh nicht einfach auf das Kaliber, da gehören noch Pulverschmauch und Waffenöl dazu. 😄

Zitat:Können sogar zu einem Mehrfachwerfer zusammen geklippst werden der dann alle Rohre auf einmal abfeuert ...

Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Zitat:Wären Gewehrgranaten im Sinne deiner Zielsetzung nicht wesentlich besser als 30mm Granatwerfer? Insbesondere Gewehrgranaten welche man auch von Hand werfen kann? Jeder Schütze also zugleich ein Grenadier?

Das wären sie, absolut. Du bist schnell am Kern einer Sache, das imponiert. Der wundervolle deutsche General Heinrich von Brandt hat in seinem Buch "Über die Wiedereinführung der Dragoner als Doppelkämpfer" (anno 1823) mir mit dem Konzept Doppelkämpfer einiges zum Nachdenken gegeben. Das war zu meiner Zeit und in meiner Waffengattung ungeschmälert gültig. Jeder Schütze zugleich ein Grenadier, das hätte er unterstützt.
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#21
(15.02.2021, 20:42)Pogu schrieb: [quote="Quintus Fabius" pid='196061' dateline='1613409844']
... wenn du auf 30mm Granatkaliber stehst, gefällt dir gegebenenfalls das folgende weissrussische System:

Wenn man überlegt wie lange wir schon an, Cerberus hieß er glaube ich zu erinnern, unserem 40mm Werfer rumbasteln, wirklich beeindruckendes Gerät. Interessant dabei auch wieder: Ich stelle ein Gerät vor und kümmere mich schlicht und ergreifend kein Stück darum , dass an der Visierung die Brünierierung abgekratzt ist , habe ähnliches schon öfters selbst bei Großgerät wie Panzern, selbst auf Waffenmessen bemerkt. Das funktioniert und soll nicht hübsch sein.
Das Gerät selbst ist wahrscheinlich etwas wie die russische 30mm " GMW", ohne Lafette und Gedöns. Selbst die lässt sich, zugegeben von einem Bären von Mann, tragen, in Anschlag nehmen, feuern, wieder aufnehmen und weiter vorbringen.
Wenn ich mir generell, die russische Feuerkraft, auch auf der hier betrachteten Zugebene ansehe, wird mir angst und übel..
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#22
Falli75:

Das ist bei größeren (kriegserfahreren) Armeen heute eigentlich völlig normal. Zum Vergleich hier mal ein:

chinesischer Granatwerfer:

https://encrypted-tbn0.gstatic.com/image...A&usqp=CAU

Wurde auch schon fleißig exportiert:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...522%29.jpg

Südafrikanischer Werfer von Denel:

https://www.militaryfactory.com/smallarm...neopup.jpg

usw usf

Und wir hätten mit dem Hydra im Prinzip ja auch ein solches System (wenn auch in 40mm) zur Verfügung.

Wenn man sich all diese Systeme ansieht, dann stellt sich die Frage, ob man sogar nicht die meisten Infanteristen mit Granatsturmgewehren im Bereich 20mm bis 30mm (in Kombination mit einer PDW) bewaffnen sollte. Das war schon beim XM25 im Prinzip die Frage, wie man diese Waffen überhaupt in eine Gruppe bzw einen Zug einzieht und ob sie nicht als Standard/Ordonanzwaffe tauglich wären.
Die Granatsturmgewehre würden zudem den Einsatz nicht-letaler Munition bzw. ganz allgemein eine recht große Munitionsbreite zulassen.

Beim XM25 trat da auch zum ersten Mal die Kostenfrage auf. Für nur den Preis einer F 125 aber könnte man die gesamte Infanterie bereits überreich mit solchen Systemen ausrüsten. Es gäbe dann im Prinzip: Granatgewehrschützen (zwei Drittel) und Maschinengewehrschützen (ein Drittel).

Beispielsweise: Trupp mit 2 Granatsturmgewehren und 1 Maschinengewehr. Gruppe zu zwei Trupps zuzüglich Gruppenführer mit weiterem Granatsturmgewehr. Man käme so bei 7 Mann auf zwei Maschinengewehre und 5 Granatsturmgewehre / 5 PDW.

Man sollte hier meiner Meinung nach entweder das eine / oder das andere tun. Entweder verwendet man solche Granatgewehre als Ordonanzwaffe anstelle bisheriger Sturmgewehre, dann ist entsprechend die Granatmunition die Standardmunition - oder man verwendet wie bisher auch Kugelwaffen, und ergänzt diese durch Gewehrgranaten. Beides hätte Vor- und Nachteile und könnte daher je nach Art der Infanterie angedacht werden. Beispielsweise Jäger / leichte Infanterie mit Gewehrgranaten und Kommandomörsern (idealerweise mit einer modularen/skalierbaren Munition), während man Panzergrenadiere / mechanisierte Truppen mit Granatgewehren und allgemein schwereren Waffen ausrüsten könnte.

Da es hier um eine Territorialmiliz geht, welche prinzipiell leichte Infanterie wäre, so müsste diese meiner Meinung nach mit Kugelwaffen und Gewehrgranaten in ihrer Kampfweise besser zurecht kommen.
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#23
Ich kann mich der Faszination des Granatgewehr/Maschinengewehr/PDW Kompositums nicht entziehen. Schon vor bald zehn Jahren hast Du vorkämpferisch dieses Konzept hier vorgestellt:

Granatgewehre als "Massenwaffe"

Zitat:Die Granatgewehre sollten gerade eben die Massenwaffe sein, und dann um andere Waffen ergänzt werden. Es sollte durchaus noch Kugelwaffen mit Hülsenloser Munition in einem kleinen Kaliber geben, dies aber eben zur Ergänzung und nicht als Primärwaffe. Solche Kugelwaffen könnten die Form leichter Maschinengewehre haben und die primäre Aufgabe das Feuervolumen zu erhöhen bzw Deckungsfeuer zu geben, wenn dies dann doch notwendig ist.

Oder vor fünf Monaten als Ausdruck einer "rein persönlichen" Präferenz.

Eine Granatpistole und eine MP7

Zitat:Ich würde rein persönlich beispielsweise jederzeit eine Granatpistole mit ausreichend Granaten unterschiedlicher Typen und eine MP7 als Kombination einem Sturmgewehr vorziehen, gleichgültig was für ein Kaliber dieses hat.

Ich selbst habe leider, und ich bedaure das sehr, keine Erfahrung mit Granatgewehren oder Granatpistolen. Konzept, Nutzen und Kampfwert sind freilich offensichtlich. Eben deswegen empfinde ich die allerorts zu beobachtende spärliche Equipierung mit solchen Systemen als inkonsequent. Dies zwingt zur bloß episodischen Einsatzweise. Der konsequente "Aufruf" solcher Waffen wäre ohne jeden Zweifel gefechtsfeldverändernd.

Die Waffen- und Munitionsletalität ist ohnehin schnell auf dem Tisch. Die Kombattantenletalität halte ich jedoch für kritischer: Wieviele Feinde kann der durchschnittliche Soldat mit einer gegebenen Waffe in einem gegebenen Zeitfenster ... kampfunfähig machen? Granathandwaffen quadrieren die durchschnittliche Schützenleistung.

Gerade die Kombination Granatgewehr/-Pistole mit PDW erkenne ich als schlagende Kombination, gerade für eine Territorialmiliz. Allerdings nicht im Sinne einer einzelnen Kombinationswaffe, sondern als zwei getrennte Standalone-Waffen. Und dies nicht allein wegen meiner Scheu vor verzichtbaren Komplikationen. Eine Territorialmiliz hat keine belastbare Nahlogistik zu erwarten.

Ist das bei mechanischen Uhren nicht ähnlich? Beleuchtung ist für eine Uhr eine schwächende Komplikation. Nimm ein Feuerzeug oder Lampe.

Der Umstand brüchiger Nahlogistik separiert auch größere Kaliber als 30mm aus. Denn für eine annehmbare (logistische) Durchhaltefähigkeit wähne ich das passende Granatgewicht im Bereich von 200 bis 300 Gramm. Mit einem optimistischeren Blick auf die kleinere Zahl. Leichter als 200 Gramm und man bezahlt mit zuviel Wirkungsabfall. Mehr als 300 Gramm und die individuelle Einsatzfähigkeit sinkt. Abhängig von der Munitionslast ist die Kombination, obig am Beispiel einer 7 Mann Gruppe dargestellt, selbst für Einzelkämpfer "zündend".
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#24
Zehn Jahre schon wieder her, wie die Zeit vergeht. Meiner rein persönlichen Ansicht nach wären solche Granatgewehre vor allem anderen die bestmögliche Bewaffnung von Panzergrenadieren und sollten daher deren Ordonanzwaffen sein - und dass wäre dann auch der wesentliche Unterschied zu leichter Infanterie. Der Grund dafür ist vermutlich, dass mir in Bezug auf Jäger halt immer noch der ursprüngliche Gedanke des Präzisionsschützen / Scharfschützen im Kopf herumspukt und Kugelwaffen bei gleichem Gewicht (wenn man die Munition für gezielte Einzelschüsse aus dem Hinterhalt einsetzt) eine größere Durchaltefähigkeit bedeuten. Um aber dennoch für den Fall der Fälle genug Flächenwaffen/Flächenwirkung zu haben eben Gewehr(hand)granaten. Womit jeder Jäger zugleich auch als Grenadier wirken kann - mit gleicher Wirkung im Ziel, aber geringerer Reichweite und geringerer Ausdauer im Feuer. Da Jäger aber in anderem Gelände agieren, ist eben die größere Reichweite der Granatgewehre eben nicht notwendig und da sie einen länger andauernden Kampf gar nicht führen können ohne feindlichen Flächenwaffen zum Opfer zu fallen ist auch die Ausdauer im Granatfeuer nicht notwendig. Leichte Infanterie kann nur ganz kurz kämpfen, auf kürzere Distanzen, dann muss sie sich absetzen und zwar schnell und weiträumig.

Logistisch hätte man so für die Leichte Infanterie im Prinzip auch nur zwei Kaliber: ein Kugelkaliber und einen Typ von Gewehr(hand)granate - der zugleich auch die Handgranaten ersetzt.

Da Jäger/leichte Infanterie näher am Feind kämpfen, in anderem (dichteren) Gelände kämpfen und auch eine andere Zielsetzung haben als Panzergrenadiere etc und eben keine Fahrzeugabstützung haben (zumindest in meiner Vorstellung), sind deshalb Granatsturmgewehre für Jäger meiner Meinung nach zwar geeignet, aber insgesamt langfristig einer Kugelwafffe unterlegen, vor allem auch aus logistischen Gründen und damit der Befähigung mit der angerissenen Bewaffnung länger ohne Versorgung mit weiterer Munition auskommen zu können.

Umgekehrt stützen sich Panzergrenadiere ja auf ihre Fahrzeuge ab, sind zahlenmässig unterlegen und können aufgrund ihrer Einbindung logistisch viel mehr Munitionsnachschub abgrreifen. Das spricht stark dafür sie eben mit Granatsturmgewehren auszurüsten.

So weit meine aktuelle Idee dazu. Deine Ansicht dass man PDW und Granatwerfen keinesfalls in einer Kombiwaffe einsetzen sollte (wie es beispielsweise die Südkoraner und andere aktuell tun) teile ich vollauf.

http://www.military-today.com/firearms/k11.htm

http://www.military-today.com/firearms/zh_05.htm

http://www.military-today.com/firearms/n...n_oicw.htm

Keinesfalls also so.

Aber Granatgewehre für Jäger bedeuten eben deutlich weniger Schuss insgesamt pro leichter Infanterist (bei gleichem Gewicht). Bedingt durch die Kampfweise und die zu erwartenden Versorgungsprobleme und da Jäger ohne Fahrzeuge agieren, würde ich eben für diese - und damit für jede Territorialmiliz - dennoch Kugelwaffen mit Gewehr(hand)granaten vorziehen.
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#25
@Quintus Fabius
Ich schätze Deinen Zeilenausstoß über die verschiedenen Stränge hinweg wirklich sehr. Du argumentierst sehr nuanciert.
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#26
Bei uns stand man als Panzergrenadier nach dem Absitzen mit einem Bein bereits im Jagdkampf. Deshalb wurde man auf dem Weg zum Unteroffizier auf gewisse Situationen vorbereitet. Ich möchte ein paar Impressionen dazu teilen ...


Hier bin ich rechts im Bild beim Zubereiten von gehaltvollen Kampfmitteln:
Improvisieren von Kampfmitteln


Beim Sprung vom Sprungturm. Der Luftzug hob mir den Helm sichtlich weg vom Kopf:
12 Meter Sprungturm


Donauübersetzung. Ich litt unter dem tagelangen Schlafentzug:
Sturmboot


Apropos Schlafentzug. Hier unser Unterschlupf für eine Woche. Durchschnittstemperatur: Minus 16 Grad. Gesamtschlafenszeit: Zwei Stunden verteilt auf sechs Tage. Nach jedem in Deckung gehen, mussten uns die Ausbilder wecken oder gar hochziehen. Ich bin links mit dem PAR 70:
Unterstand


Gefangeneneinbringung war eine Art Sport. Ich halte ihm den Mund zu:
Überwältigung


Einzelne SB-Rollen habe ich einfach übersprungen:
SB-Rolle


Oder einer wirft sich rein, damit die anderen ihn überlaufen können. Wenn möglich, wirft man einen Feind rein. Hier laufe ich über einen Kameraden. So haben die 10kg Splitterschutzwesten wenigstens einen Sinn:
Stachelbandrollen


Und so wird er wieder rausgeholt:
SB-Rolle Hilfe


Hier bin ich ein junger Korporal. Ich trage die Glock:
Mit Pistole


Hier als Oberwachtmeister, allerdings in Zivil. Ich schieße hier übrigens mit einer erstklassigen deutschen Pistole, die P7:
Heckler & Koch P7


Mit der Fremdenlegion hatten wir regen Austausch:
Legion


Hier bin ich noch Zugsführer. Zum Glück bin ich nicht der einzige, der so albern dreinblickt.
Schwarz-Weiß

Heute kann ich freundlicher schauen ...
Heute

PS: Ich war sechs Jahre lang beim Militär.
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#27
Hast dich aber sehr gut gehalten.

Einzelne SB-Rollen habe ich einfach übersprungen:
SB-Rolle

Oh ja, da kommen Erinnerungen hoch. Beim gleichen Unterfangen blieb ich nicht nur mit der Sohle (!) am NATO Stacheldraht hängen, so dass ich volle Kanne nach vorne stürzte, und der Länge nach hinschleuderte - die Scherzkekse welche die Rollen in der Gegend verteilten hatten diese zu allem Überdruß auch noch mit einfachen Sprengfallen gesichert (Üb-Handgranate mit Zugschnur), so dass es in dem Moment in dem ich mich wieder nach oben riss direkt hinter mir derart knallte, dass es mich gleich wieder hingeschmissen hat. Sehr zur Erheiterung meiner Kameraden, welche sich ebenfalls am Boden kringelten, vor Lachen.

Das reißt aber durchaus ein Thema an: nämlich dass heute all dergleichen kaum noch möglich ist. Man schränkt im Endeffekt jedes Üben und Ausprobieren immer mehr ein - die Vollkasko-Mentalität dieser maximal risikoaversen Versicherungsgesellschaft verunmöglicht meiner Meinung nach zunehmend jede ernsthafte militärische Übung und Vorbereitung. Damit nur ja nichts passiert, wird einfach versucht jedes Risiko auszuschließen. Kampf ist aber genau das Gegenteil.

Wenn heute einer zu dumm zum laufen ist und hinfällt, schreit er sogleich dass irgendwer anders daran Schuld sein muss und stellt sich die Frage wie er als Soldat im Adhäsioinsverfahren da Geld heraus schinden kann. Das ist meiner Ansicht nach ein ernsthaftes Problem, insbesondere für die Bildung einer Territorialmiliz. Wenn Soldaten beim Landesregiment bei einer wirklich geringfügigen Übung als erstes die Frage stellen: wie ist das versichert?! entspricht das zwar der vorherrschenden gesellschaftlichen Anschauung, ist in jedem ernsthaften Krieg aber immens nachteilig.
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#28
Ich habe tagtäglich Umgang mit den Kameraden und militärische Themen sind auch für meine jetzigen Tätigkeiten (selektiv) relevant.

Aber solche Scherzkekse, wie Du sie kulant nennst, hatten wir freilich auch - wenn wir nicht gerade selber solche waren. Ich erinnere mich, daß wir ein Dorf angreifen sollten, für dessen Verteidigung die Garde drei Tage Vorbereitungszeit hatte. Ich war auf viele "Scherze" vorbereitet, außer auf festgepanntem Draht in Halshöhe. Das hat uns im Häuserkampf wirklich entschleunigt.

Sicherheitsbestimmungen gab es nur für vordefinierte (weil vordefinierbar) Praktiken. Etwa Schießen, Sprengen, Fahren, Fliegen etc.

Mein damaliger Zugskommandant hat beispielsweise regelmäßig von der Leuchtpistole Gebrauch gemacht. Einmal direkt auf einen Hubschrauber. Und einmal auf einen Jagdkommandosoldaten, der sich aus unerfindlichen Gründen mit großem Gepäck in unserem Rayon befand. Beim Absetzen hat ihm unser Zugskommandant den Rucksack in Brand gesetzt.

Schweizer Grenadiere haben sich noch weniger gepfiffen: Um eine Handgranate durch ein Fenster des unteren Stockwerks zu werfen, haben jeweils zwei Schweizer einen dritten beim Gurt und beim Hosenröhrl gepackt, solcherart Richtung unteres Stockwerk runterhängen lassen, und nach Werfen der Handgranate wieder hochgezogen. Ich hätte kein Vertrauen gehabt ... in Gurt und Hosenbein. Solche Robustheit kann gar nicht hoch genug gelobt werden.

Kleidung und Rüstung wurde bei uns auf diese Art eher bei einer Verwundetenbergung beansprucht. Für die besagten Schweizer nicht der Rede wert.

Hier ziehe ich mit einem Kameraden einen "Verwundeten" in die nächste halbwegs vernünftige Deckung. Das Ziel war Promptheit und Geschwindigkeit in der Ausführung. Sachgerechtigkeit ist erst in Deckung vernünftig ...

Aus der Gefahrenzone raus 1

Aus der Gefahrenzone raus 2

Der Unterstand vom vorigen Posting sah übrigens so aus. Man beachte unsere einizige Heizung im Hintergrund ... eine Grabkerze:

Unterschlupf

Und so sah unser Unterstand aus, nachdem ein "Scherzkeks" mit einem Aufmerksamkeitserreger ausgeholfen hat:

Postdetonation


Heute ist das strengstens verboten und verunmöglicht. Sprengwirksames wird gar nicht erst ausgegeben. Das betrifft auch das Garottieren. Ich war gut darin. Die einzige Schwierigkeit liegt ja "nur" in der unentdeckten Annäherung:

drahtig

Oder das nächste Bild, das heute gar nicht mehr entstehen könnte: Der Kamerad hier traut sich nicht recht zu springen und fragt den Ausbilder, ob's da vielleicht einen Trick gibt, den es zu bedenken gilt. Der Ausbilder sagte: Ja, springen! Und stößt ihn runter. Man sieht hier noch den Stoß:

Stößchen

Wieviel ist dabei eigentlich passiert? Wieviel ist da auch mal schiefgelaufen? So gut wie nichts. Es gab leider auch Tote und Schwerverletzte in meiner Zeit, aber die hatten durchwegs nichts mit haarsträubender Nachlässigkeit im Umgang mit der Sicherheit zu tun. Ganz im Gegenteil. Wir haben gelernt Gefahren zu erkennen und ... Achtung, jetzt wird es brandgefährlich: Wir haben gelernt mit Gefahren umzugehen. Ist das zu fassen?!

Meine Tochter war in einem Waldorfkindergarten. Dort haben sie mit echten und scharfen Messern geschnitten und geschnitzt. Die offizielle Begründung war, daß die Kinder von Anfang an keinen sorglosen Umgang damit lernen sollen. Ich kann nur gratulieren dazu. In der Tat ist das nämlich der Effekt, die Auswirkung, der Output. Der sorglose Umgang mit tödlichen Objekten als Folge einer entmündigenden Sachwaltwalterschaft. Wir waren damals alles, nur eines ganz gewiß nicht: eine geschützte Werkstätte.
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#29
Ein bemerkenswerter Artikel im Magazin GUNS aus dem Jahr 1959. Gerade wegen der zeitlichen Nähe zum gerade erst ausgefochtenen Weltkrieg doppelt interessant:

Where are Tomorrow’s Minutemen?

“We like to think of ourselves as ‘a nation of riflemen,’ self-armed, ready and able to dash out any time and become an effective, fighting, guerrilla force in resisting any enemy who might attack our country.

“But is it true?

“Except for a very few widely scattered individuals — and possibly small groups in certain also widely scattered areas — no.

“We’re not ‘a nation of riflemen.’ Hardly 5 per cent of the men inducted into the armed forces for World War Two knew how to shoot a rifle even passably well. A stunningly high percentage had never so much as fired a rifle or handgun. And it is highly doubtful that as many as one of 100 of the men who were familiar with weapons knew enough about woodscraft to live off the land and fight effectively as guerrillas.

“If this seems to you to be a pessimistic appraisal, ask yourself this question: If this country were hit tonight and you were a survivor, what would you do?

“Involved in that question are these questions: Where would you go? With whom? How would you get there? What would you take with you? And what would you do, or try to do, after you got there?

“Time was, you remember, when the American colonies helped defeat invaders by the more or less individual efforts of the ‘Minute Men.’ Armed with gun skills and woods skills gained in Indian fighting and in getting meat for their tables, these men were a formidable force against the world’s finest soldiery. But times have changed, and men have changed with the times. How many men today could survive and fight under similar conditions?”

Where to go and how to get there would, in itself, be an insoluble problem for the average individual who hadn't done a lot of detailed and far-sighted planning. To that problem, the Civilian Defense organization could and should provide answers. But are Civilian Defense leaders thinking along these lines? If not. why not?

Why not set up, in integrated coordination with each local Civilian Defense group, local Home Guard units—call them Minutemen, if you will—-composed of men who have guns, know how to use them, and either have or stand ready to learn the woods skills and guerrilla fighting tactics needed for ''enemy harassment?"

As of now, of course, our government takes a very dim view indeed of any attempt to organize any armed force outside the formal categories of armed forces. The rule now is —dcu't do it! But . . . rules can be changed, if enough people set about to change them. Maybe it's time that men of good will and good courage began taking a long look at rules that just might, God forbid, make the difference between death and survival.

I was thinking the other day how I'd go about it, il such things were permitted. I'd begin, I think, by picking a hard core of sure prospects from among the men I know in local Rifle and Pistol Clubs, Legion organizations. and hunting groups. I'd want to know each man extremely well before I asked him lo join my cadre. I'd want to be very sure, first, that he believes in the things I believe in. I don't want any pink in this picture; after all, if the worst happens, my life may depend on the absolute loyalty of the men I choose.

I want men who own guns and know how to use them; but, on a par with that, I want men with some skill as woods-runners. Even a man who is loyal and brave and a dead shot can get you killed if he lacks woodscraft for this kind of hunting. I'd remember, though, that woodscraft can be learned; and if there was a man I wanted who didn't have it, I'd teach him.

Given a group of maybe ten good men and true, we'd meet and pick leaders. We'd also enact a set of by-laws. One such law would require every man to stand ready to produce on a moment's notice certain guns and certain quantities of ammunition. A rifle of tlie current U. S. military caliber would be a must, if only because military ammunition is easier to obtain in war time—might even be furnished.

A .22 rifle would be equally important, for use on small game for meat. A shotgun would provide additional food-getting values. And every man should have and know how to use a combat-caliber revolver or pistol.

I'd see to it that at least one man in my group was, or became, a radio "ham" and technician. If this bad dream of ours came true, there would be no power, no telephone facilities, no communications of any kind in many areas—or, at best, none available to woods-running riflemen without official insignia. It would be real nice if one of the boys owned a walky-talky. I see them advertised by companies dealing in war surpluses.

Whatever "inner circle" group you joined or formed, you would want first to join the regular Civilian Defense unit, whether they recognized your group or not. Members of Civilian Defense units are issued cards of identification which give the holder certain rights regarding movement from place to place in an emergency, and this alone would be essential. Anyway, any man fit to join my unit will be active in Civilian Defense in its other phases as well as this one. This is an obvious duty, and my men are not the kind who shirk duties.

... Of course, it will never happen. Il happened in a lot of countries, but those were foreign countries, not like our country. It can't happen here. . . .

But if it did happen ... I'd sure be glad I knew those ten woods-running riflemen! If there were enough of us—us "Minutemen of Tommorow"—there might be a tomorrow, even after the night of terror.
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#30
Vielen Dank für den interessanten Artikel.

Allgemein:

Ich will die Diskussion im Strang Leichte Infanterie hier noch ein wenig aufgreifen, da sie zu weit von der leichten Infanterie weg führt, zu Fragen der Miliz im allgemeinen:

Nelson:

Zitat:Eine Berufsarmee und ein Milizsystem sind in meinen Augen keine ideale Kombination für einen Großkrieg.

Interessant. Ich sehe das genau anders herum und in der Kriegsgeschichte gibt es etliche sehr erfolgreiche Beispiele dafür. Vielleicht fasst du den Begriff Miliz hier viel enger bzw. anders auf als ich:

Zitat:Gleichzeitig dürften die meisten Milizionäre in Deinem System als leichte Infanteristen ausgebildet sein, was bedeutet, dass sie auch nicht ohne weiteres als Reserve der größtenteils anders ausgebildeten und ausgerüsteten Berufsarmee herhalten können.

Im Prinzip sollte eigentlich absolut jeder Kämpfer zugleich leichter Infanterist sein. Aber davon abgesehen verstehe ich ein Milizsystem weitgehender: in eine solche Miliz gehören auch Polizei, Feuerwehren, Ärzte, Ingenieure, Baufirmen, zivile Schifffahrt, Speditionen, Verwaltungsstrukturen, IT und Cybersicherheit, überall wo militärische und zivile Bereiche sich überlappen bzw. wo zivile Bereiche die militärischen sinnvoll ergänzen könnten, können Milizstrukturen aufgebaut und vorgehalten werden. Jeder kann hier einbringen was er eben von seinem zivilen Bereich beisteuern kann. Im Prinzip ermöglicht die Miliz wie ich sie mir vorstelle die Erfassung aller Möglichkeiten einer Gesellschaft für die totale Kriegsführung. Sie ist leichte Infanterie und eine Struktur welche zivile Möglichkeiten erfasst und sie den Streitkräften zur Verfügung stellt. Sie ist das Volk in Waffen mit dem Ziel des Krieges.

Zitat:die Miliz hat nicht die logisitischen Strukturen und Fähgikeiten, um der Berufsarmee wirklich zu Hilfe kommen zu können.

Die zivilen Strukturen sind hierzulande eigentlich gerade im Bereich Logistik und Hilfestellungen deutlich stärker als alles was die Berufsarmee diesbezüglich auf die Beine stellen könnte. Dazu muss man diese zivilen Strukturen aber auch fassen, organisieren und schnell einsetzen können. Dafür fehlt jede Vorbereitung und der moderne Krieg ist viel zu schnell als das man es ad hoc organisieren könnte. Die Erfassung, Zusammenfassung und der Einsatz aller Mittel einer Gesellschaft benötigen daher der Vorbereitung, und der Aufstellung einer konkreten Struktur und Organisation welche dazu befähigt ist genau dies zu tun.

Zitat:Die Berufsarmee hat notwendigerweise einen zu geringen Anteil an Kämpfern, als dass sie wirklich viel reißen kann (wer hält sich schon eine große Berufsarmee, wenn er Millionen in seinen Milizen hat - und zu welchem Zweck wird diese dann ausgerüstet sein - doch vermutlich für Auslandseinsätze)

Die Berufsarmee stellt die "technischen Spezialisten" welche sich nicht aus zivilen Anwendungen rekrutieren lassen, insbesondere in Bezug auf die Verwendung von technisch aufwendigen Waffensystemen. Sie stellt damit das Bewegungsheer, die Offensivkraft, die Speerspitze, während die Miliz den Speerschaft darstellt.

leichte Infanterie hingegen können wir, wie Du hier ja sehr gut ausgeführt hast, zur Not (und einen gewissen Offiziersüberschuss vorrausgesetzt) binnen einem Jahres aus dem Boden stampfen

Das dies theoretisch machbar ist heißt nicht, dass es für uns praktisch machbar ist. Das Menschenmaterial ist eben nicht reine Verfügungsmasse und die realen Möglichkeiten des Staates sind in dieser Bundesrepublik sehr stark begrenzt wie die aktuelle Pandemie bereits aufzeigt. Zudem müsste man mit vielen alten Zöpfen ein Ende machen und vollständig neue Konzepte für die Ausbildung entwickeln und eine andere Militärkultur von oben implimentieren, was angesichts des systeminhärenten Konservatismus bei vielen Soldaten für sich schon mühsam und langwierig ist - also kurz gesagt: so schnell geht es hier und heute nicht, wie es gehen könnte.

Ein Hauptproblem ist dabei die Sozialkultur, so wie sie nun einmal ist. Diese Kultur muss geändert werden, wenn wir als Zivilisation, als Kultur, als Gesellschaft, ja selbst wenn wir nur physisch die nächsten Jahrzehnte überleben wollen. Dazu muss man Einfluss nehmen und dies geht nur indem man das Militär inmitten der Gesellschaft einpflanzt und die Grenze zwischem beiden nachhaltig verwischt und aufhebt.

Ein derart großes, komplexes und schwieriges Unterfangen würde viele Jahre benötigen, und erst dann kann man aus dieser dann daraus erwachsenen anderen Kultur innerhalb kurzer Zeit auch größere Scharen aufstellen.

Eine solche Milizstruktur (die anfangs sehr klein wäre wie keine kleine Pflanze) dient daher nicht primär der Stellung leichter Infanterie, sie dient anfangs bevor sie als Struktur und Organisation die Gesellschaft durchdrungen hat vor allem der Beeinflussung psychologischer / sozialkultureller Faktoren. Sie dient dazu die psychologische Seite der Kampfkraft wieder her zu richten. Ohne dies ist auch jede Berufsarmee sinnlos weil ihr das psychologische Fundament für ernsthafte Kriegsführung fehlt. Da sich Kriege gegen Gesellschaften insgesamt richten werden benötigt die Gesellschaft insgesamt eine größere seelische Widerstandskraft und ein größeres psychologisches Durchhaltevermögen als sie dies jetzt hat.

Warum aber dann eine Miliz und keine Wehrpflicht?! Könnte eine wahre Kultur der allgemeinen Wehrpflicht nicht genau das gleiche bewirken? Meiner Ansicht nach ist die Kultur der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland gestorben, sie ist tot. Die Wiedereinführung einer Wehrpflicht für alle ändert nicths daran, dass die für eine solche Wehrstruktur notwendige Sozialkultur in der Mehrheit der Menschen in diesem Land gar nicht mehr vorhanden ist. Man muss also der Minderheit in welcher sie noch gegeben ist eine Möglichkeit bieten, Soldat zu sein ohne fester Bestandteil der Berufsarmee zu sein = Miliz. Von dieser Minderheit aus breitet sich dass dann im Idealfall aus und nimmt mehr und mehr die Gesellschaft ein, und beeinflusst die Kultur immer weiter.

Das Endziel einer solchen Milizstruktur könnte dabei durchaus wieder eine allgemeine Wehrpflicht sein. Die Aufstellung echter Milizen könnte der Weg zurück zu einer echten Kultur der allgemeinen Wehrpflicht sein. Ohne diese Kultur aber ist eine Wehrpflichtigen-Armee aus psychologischen Gründen von geringer Kampfkraft. Die Kriegsgeschichte bietet dafür viele Beispiele, die Wehrpflichtigen würden nicht ausreichend kämpfen und der Krieg dadurch verloren werden. Unter solchen Umständen ist eine Miliz kampfkräftiger da sie aus Freiwilligen / Idealisten besteht. Sie bietet daher das Bindeglied zwischen der Berufsarmee und der Gesellschaft so weit dies eben unter diesen Umständen möglich ist und sie verankert die Berufsarmee in der Gesellschaft, ebenso wie sie eine Basis für die Rekrutierung und Aufstellung derselben bietet.

Aufgrund der immer größeren Komplexität der hochtechnischen Waffensysteme sind Berufssoldaten ebenfalls notwendig. Das kann heute von Wehrpflichtigen mit dem notwendigen hohen Können nicht mehr geleistet werden. Die weniger komplexen Belange wiederum benötigen eine größere Motivation als sie die Wehrpflichtigen haben können.
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