EU vs. Großbritannien: Brexit und Folgen
#5
Deine Einzeiler sind allerdings auch nicht dicker Wink

Zu 2.) Natürlich wird UK seinen verbindlichen Verpflichtungen nachkommen müssen und auch nachkommen, das steht für mich deshalb vollkommen außer Frage, weil eine solide Rechtsauffassung in beiderseitigem Interesse ist. Auch wenn das jetzt vor allem medial hochgepusht wird, im Endeffekt muss beiden Seiten klar sein, dass es auch langfristig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geben muss. Und die wiederum kann es nur geben, wenn man einen gemeinsamen rechtlichen Standard einhält. Ich gehe allerdings fest davon aus, dass man die entsprechenden Zahlen so gegeneinander aufrechnen wird, dass medial beide Seiten damit gut leben können. Zumal ein Teil davon vermutlich aufgrund vorerst fortbestehender Sondervereinbarungen vollkommen losgelöst vom Prozess des Brexit verbucht werden.

Zu 3) Wer gleichzeitig auf die Sozialbilanz der EU-Ausländer und die durch sie besetzen Jobs hinweist, argumentiert letztlich (wenn die Argumente statthaft sind) vor allem gegen das Entlohnungsniveau im Niedriglohnbereich, ohne es offen anzusprechen. Es ist ja auch einfacher, die Probleme der unteren Einkommensschichten auf die Ausländer abzuwälzen, anstatt dem tatsächlichen Problem der immer weiter auseinandergehenden Schere zwischen Armut und Reichtum durch eine entsprechende Politik entgegen zu steuern.
Richtig ist, dass die Arbeitslosenquote unter EU-Einwanderern im Vereinigten Königreich geringer ist als unter den Briten selbst, wobei die Mehrheit bereits mit einem festen Arbeitsvertrag eingereist ist, da unter britischen Arbeitssuchenden keine entsprechend qualifizierten oder gewillten Arbeitskräfte zu finden waren. Der durchaus seriösen Langzeitstudie des UCL nach ist auch die Sozialbilanz jener EU-Einwanderer im letzten Jahrzehnt positiv gewesen, mit einem deutlichen Überschuss an gezahlten Steuern gegenüber erhaltenen Sozialleistungen. Um den Schaden für die eigene Wirtschaft gering zu halten ist es also im eigenen Interesse des UK, vernünftige Regelungen mit der EU zu treffen.

Zu 4) Dieses in den Medien weit verbreitete Argument offenbart doch nur Unwissen darüber, wie der Welthandel funktioniert, weil vollkommen ausgeblendet wird, warum es diese Handel überhaupt gibt. Schon im kleinen Maßstab hat jeder auf nationaler Ebene erzwungene Wechsel der Handelspartner negative Folgen für die eigene Wirtschaftliche Entwicklung, im großen hätte er es umso mehr, wenn es überhaupt quantitativ oder qualitativ möglich wäre. Das fängt schon damit an, dass das Handelsverhältnis UK-EU in Bezug auf Güter zwar eine für das Vereinigte Königreich negative Bilanz aufweist, jenes aber für Dienstleistungen positiv ausfällt., weshalb bereits jetzt viele Finanzdienstleister über die Verlagerung der Geschäftsstellen nachdenken oder in die Wege geleitet haben. Davon abgesehen handelt es sich bei einem Großteil des Handelsvolumens um originären Handel, der so schlicht nicht ersetzbar ist, sondern nur teurer wird. Umgekehrt gilt die gleiche Argumentation natürlich auch für die EU, weswegen Realisten den Brexit ja auch als großes wirtschaftliches Problem für beide Seiten darstellen. Im übrigens würde die recht einfältige "dann kauft UK die Waren eben woanders" natürlich ebenso umgekehrt gelten. Wäre es so einfach, würde die EU ihre Waren halt woanders verkaufen, was genauso Unsinn ist.

Zu 5) Die EU wird nicht so dumm sein, die Leute nach Hause zu schicken. Schon allein, weil geschätzt ein Drittel ohne Belastung des Arbeitsmarktes britische Wirtschaftskraft in die EU abführt - Rentner und Pensionäre. Eher würde man die Aufenthaltsbestimmungen splitten je nach Aufenthaltszweck, allerdings ergäbe das genauso wenig einen Sinn.

Zu 6) Warum sollte Polen sich auf eine Sonderregelung einlassen, die dafür sorgt, dass die Briten bekommen was sie wollen und Polen dafür die Zeche zahlen sollen, wenn Polens Blatt nicht schlechter ist als jenes des Vereinigten Königreichs? Eine Ausweisung der polnischen Immigranten würde zu großen Problemen auf dem britischen Arbeitsmarkt führen und ein deutliches Loch im Steuereinkommen verursachen.
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RE: EU vs. Großbritannien: Brexit und Folgen - von Helios - 07.05.2017, 10:18

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